Ein Projekt, an dem ich schon sehr lange brüte, sind Regeln für dynamische Bedürfnisse. Es hapert an der Operationalisierung.
Nehmen wir als Beispiel das Bedürfnis nach Energie. Unser Körper braucht Energie und wir geben sie ihm in Form von Nahrung. Wir kennen alle die Dynamik dieses Prozesses: Futtern befriedigt das Bedürfnis, dann ist es eine Zeitlang still, dann meldet es sich wieder und drängt uns dazu, wieder zu futtern. Und so weiter, ein Leben lang.
Nehmen wir stark vereinfacht an, dieses Bedürfnis orientiert sich am Blutzuckerspiegel. 4-5 Zuckerwürfel im Blutkreislauf seien optimal. Das ist der
Soll-Wert. Solange 4-5 Zuckerwürfel durch unser Blut schwimmen, ist das Bedürfnis still. Nehmen wir an, gerade haben wir 4 Zuckerwürfel intus. Das ist der
Ist-Wert. Solange Soll-Wert und Ist-Wert übereinastimmen, ist alles in Butter. Das ist gerade der Fall. Wir gehen unseren Aufgaben nach, tüdelü, trallala. Drei Stunden vergehen, wir haben Energie verbraucht, im Blut schwimmen nur noch 3 Zuckerwürfel. Der Ist-Wert entspricht jetzt nicht mehr dem Soll-Wert. Das Bedürfnis meldet sich jetzt zu Wort, indem es uns ein Hungergefühl beschert. Je größer die Diskrepanz zwischen Soll- und Ist-Wert, desto lauter schreit das Bedürfnis nach Befriedigung. Gut, wir spüren Hunger und reagieren darauf, indem wir etwas futtern. Unser Blutzuckerspiegel steigt auf 5, das Bedürfnis schweigt wieder. Wenn wir uns den Wanst vollschlagen und der Blutzuckerspiegel über 5 klettert, meldet sich das Bedürfnis erneut zu Wort, diesmal mit einem Völlegefühl, das uns signalisiert: Hör jetzt auf, du Arsch.
Was macht also ein Bedürfnis aus? 1) Es gibt einen festen Soll-Wert, der zeigt, was uns gut tut. 2) Es gibt einen Ist-Wert, der leider vergänglich ist. Wenn der Ist-Wert höher oder tiefer als der Soll-Wert ist, ist das nicht gut für uns.
Der fixe Soll-Wert und die Vergänglichkeit des Ist-Werts sorgen für eine Dynamik, die niemals endet. Setzt man Bedürfnisse nach diesem Modell als Charaktereigenschaften ein, entsteht für den Charakter aus den Soll-Ist-Diskrepanzen eine Motivation. Genau das reizt mich daran - die Regeln geben dem Charakter eine direkte Motivation.
Stellen wir uns ein Rollenspiel vor, bei dem wir Löwen in der afrikanischen Savanne spielen. Da passt mein Beispiel mit dem Nahrungsbedürfnis thematisch gut rein.
10-15 kg Fleisch im Magendarmtrakt des Löwen sind ideal. Das sei der Soll-Wert. Weniger ist schlecht, da macht sich das Hungergefühl bemerkbar. Mehr ist auch nicht gut, da tut der Magen weh. Eine der Aufgaben des Löwenlebens besteht nun darin, den Ist-Wert möglichst im Soll-Bereich zu halten.
Mein Problem: Wie bringe ich die Zeit ins Regelwerk? Der Ist-Wert verändert sich über die Zeit und das muss irgendwie abgebildet werden.
Mögliche Lösung: Wir legen die Rate des Aufbrauchens in Einheiten pro Zeit fest. Zum Beispiel 3 kg pro Tag.
Folge: Im Spiel muss man für jeden neu angefangenen Tag den Regler des Ist-Werts um 3 nach unten schieben.
Nachteil?: Die Regel verlangt nach einer zeitchronologischen Spielweise im immergleichen Rhytmus.
Könnt ihr soweit noch folgen?