Ich habe die Südmeer-Verdammten gerade frisch gelesen und bin auch sehr angetan. Mir gefällt es gerade ausnehmend gut, dass der Abenteuerplot im Grund simpel ist - das ist mir lieber als drei mal um die Ecke, und dann lässt sich das doch wieder nur als Vorleseabenteuer abhandeln. Umso merkwürdiger fand ich es, dass diese doch recht einfache Handlung mit so umfangreichen Fließtexten dargestellt wird - hätte da nicht die Hälfte der Seiten gereicht? Dann hätte man, das wäre mein zweiter, gewichtigerer Kritikpunkt, Platz für umfangreichere und bessere Karten gehabt (Karte der Blutbucht und Umgebung, ein handliche Auflistung, wer von den Piraten wann wo ist, damit man es nicht aus dem Fließtext rausflöhen muss, Schiffs/Deckpläne im bespielbaren Format ...) und noch grafische Aufbereitungen von Beziehungsnetzwerken und (I-Tüpfelchen!) Kampftaktiken der diversen Gegner reinpacken können. Die Kampfwerte hab ich mir nicht genauer angeguckt, aber ich hatte sofort das Gefühl, dass ein Kampf gegen 10 Piraten mit DSA4 doch endlos dauern muss, oder? Da hätte ein kurzer Vorschlag zur Zusammenfassung in Minion-Gruppen und/oder eine Veranschaulichung der Aufspaltung in mehrere Gegnerwellen bzw. ein simples Moralsystem gut gepasst. Dafür gibt es ein taktisches Schifsskampfsystem, ob's taugt, weiß ich nicht, aber die Geste zählt ja
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Gut gefallen hat mir der grundsätzliche Wille zu verschiedenen Wegen (auch wenn's manchmal eher Rhetorik ist bzw. Verzicht auf die übliche offensive Aufforderung zur Gängelei), die Zufallstabellen (!), die gelungene Mischung aus verschiedenen Anteilen (Kommandounternehmen, Reise, Dungeon, Kampf, Erforschung, Interaktion/Stadt) und auch die Anlehnung an "Fluch der Karibik". Der Film schreit nach einer Rollenspielumsetzung, DSA hat's umgehend hingekriegt. VdS ist für mich ein gradliniges, aber gerade darum sehr gelungenes, klassisches Rollenspielabenteuer, das das meiste richtig macht. Der Grad an Freiheit ist tatsächlich für DSA-Verhältnisse recht hoch, natürlich keine Sandbox, klar, aber das ist ja auch nicht das Produktversprechen hier. Was aber, muss man sagen, auch daher rührt, dass es eben an den meisten Stellen nur überschaubare plausible Entscheidungen der SC gibt ... aber wenn das mehr DSA-Abenteuer zumindest so hindeichseln würden,wär ja schon viel gewonnen. Nur die Umsetzung per Spielmaterial hätte besser sein können, gerade, was die Darstellung von Infiltrations/Kampfmissionen angeht. Wie bei allen DSA-Abenteuern fallen mir die äußerst umfangreichen Fließtexte auf, in denen wichtige Infos geradezu versteckt sind. Das erhöht zwar die Lesefreude für die SL, aber die Spielbarkeit fördert's nicht. Ebenfalls typisch scheint mir das Auswalzen der NSC-Hintergründe, wobei die dann gar nicht soooo interessant oder spielrelevant sind ... finde ich ein bisschen Augenwischerei, da wird eine Tiefe suggeriert, die gar nicht da ist. Ein Absatz pro NSC hätte auch genügt .. oder eben wirklich dolle Storys. Ach was, so dolle Storys gibt's gar nicht, nee, ein Absatz reicht auf jeden Fall.
Würd ich spielen und es würd mir sogar Spaß machen. Das ist echt viel mehr, als ich über die meisten Kaufabenteuer sagen kann.