@ Jiba:
Auch die Macht des Lektors in der Belletristik ist nicht allgemein derart groß; gerade wenn du freiberuflich da ran gehst, wirst du ja in der Regel schon mal mindestens ein Manuskript haben, von dem der Verlag sagt, dass er das will. Und umgekehrt wird der Verlagslektor bei einem Manuskript vermutlich weniger geneigt sein, zu sagen "Okay, neu!", sondern mehr oder weniger halt das nächste vom Stapel nehmen und hoffen, dass das besser ist.
Ich hab's bei einem Uni-Projekt aber mal erlebt. Da strich der Hauptverantwortliche bei einem Beitrag alles bis auf den ersten Satz durch, gab das dann an mich und meinte: "So, schreib mal neu …"
@ Thema: "Lektorat von Übersetzungen":
Neben der Tatsache, dass man den Originaltext hat (und braucht), um die Übersetzung abzugleichen, ist hier auch die Einflussnahme viel geringer. Bei einem genuin deutschen Text kann ich sagen, ändere mal hier und da den Ablauf, bei einer Übersetzung geht das nicht.
Andererseits hat man da vielleicht viel ärgerer Diskussionen um einzelne Worte, weil man durch den O-Text eine ganz andere Messlatte hat, welches Wort da "richtig" sein könnte.
Und generell:
Teilweise liest sich das ja immer regelrecht nach einer "Versus"-Haltung. Das ist auch arg verfehlt, wenn man das so sehen möchte, zumindest in meiner Selbstauffassung. Es geht hier ja nicht darum, dem sprachunfähigen Autor was zu erklären oder zu beweisen, dass der Übersetzer halt doch nicht richtig firm in der Ausgangssprache ist. Wie Scorp schon schrieb – jeder macht Fehler. Das ist unvermeidlich.
Ein gutes Lektorat entsteht konstruktiv und im Dialog mit dem Autor bzw. dem Übersetzer; u.U. gerade in der Belletristik sogar auch bei einer Übersetzung in Rücksprache mit dem originalen Verfasser; der zumindest weiß ja sicher, was er gemeint hat.
Das ist natürlich extrem zeitaufreibend. Im Rollenspielbereich kommen zudem Regelkontrolle und ggf. die korrekte Übersetzung der Regeltermini hinzu (inkl. potentieller Abweichungen in Vorprodukten), sowie unter Umständen Editionswechsel und/oder Errata.
Viele Grüße,
Thomas