- Bücher mit Hintergrundinformationen und dem Schwerpunkt auf Setting und Stimmung, weniger auf Regeln.
Regelfreie Settingsbeschreibungen kann man auch für nicht-storyteller Spielweisen als Steinbruch benutzen und wurden auch übergreifend für alle Spielstile publiziert. Wahrscheinlich ist Stimmung hier der Kernbegriff.
- Die Geschichte wird gemeinsam erzählt, es gibt keinen vorgegeben Ablauf der Handlung, die in eine bestimmte Richtung zwingt.
Genau die beiden Sachen sehe ich ausdrücklich nicht als ein Merkmale des Storytellings.
Die Freiheit/Offenheit der Geschichte ist nur sehr gering vorhanden und mehr Offenheit wird nicht gewünscht! Bei einem Storytelling-Spiel kann es vorkommen, dass Spieler nach dem Spiel entschuldigend fragen, ob sie mit ihren SC-Aktionen den Plot gesprengt haben. In keinem anderen Spieltypus ergibt diese Frage (die mir tatsächlich auf einem Con gestellt wurde) Sinn.
Gemeinsames Erzählen hat meistens ein offenes Ende als Vorbedingung (es sei denn, man erzählt ausdrücklich "rückblickend"). Wenn aber kein offenes Ende angestrebt wird, stören andere Erzähler der Hauptgeschichte nur. Die Rolle der Spieler besteht beim Storytelling nicht darin, Story zu produzieren, sondern ihre Charaktere schauspielerisch in die bestehende Story hineinzuinterpretieren.
Man sollte das offene Ende aber auch nicht als Goldenes Kalb verehren. Erspielte Enden können unbefriedigend sein, und auch gemeinsam "regelfrei" herbeierzählte Enden (oder Storyverläufe) können langweilig, antiklimatisch oder im schlimmsten Fall genreverfehlend (!) werden. Vor diesen Risiken versuchen sich die Storytelling-Spieler zu schützen, indem sie die Hauptlast der Ausgestaltung einer Person (Abenteuerautor = SL) oder höchstens zwei (Autor + SL) überlassen.
- Der Ablauf der Geschichte ist anfangs nicht definiert, dafür aber Hintergrund und die gewünschte Atmosphäre, die im Spiel erzeugt werden soll.
Sowas würde ich z.B. eher bei den Indie-Spielen sehen.
- Die Story ist wichtiger als es die Charaktere (SCs wie NSCs) sind.
Das ist ein ganz großer Knackpunkt, der ja dieses berühmte "impossible thing before breakfast" berührt. Eine gute Story braucht gute (passende, glaubwürdige) Charaktere, mit denen der Rezipient mitfiebern kann (oder die er hassen/fürchten usw. kann). Starwars ohne Luke Skywalker und Darth Vader (oder Leia und Han Solo)? Vergiss es!
Storytelling kann versuchen, diese Abhängigkeit der Story von den Charakteren auf verschiedene Möglichkeiten zu lösen. Eine idealtypische Art besteht darin, die Story um NSCs kreisen zu lassen, da diese eben passend zur Story gestaltbar sind. Die andere besteht darin, die SCs stark auf Storykompatibilität zu entwerfen. Eine dritte darin, die Story für die Charaktere zurechtzufeilen, aber das ist dann schon fast an der Grenze zu den Indie Spielen, wo die Story den Spieler-Charakteren untergeordnet ist.
- SCs sind ProtagonistInnen mit Problemen und Kanten.
- Die Spielweise ist frei und wird durch so wenig Regeln wie möglich beschränkt/definiert.
- Balancieren erfolgt nicht über Werte, sondern über die Geschichte.
Den Punkten würde ich zustimmen, wobei OS(R) (und teilweise auch Indie) ebenfalls den Einfluss der Regeln begrenzen wollen bzw. "schlanke Regeln" propagieren. Storytelling kann aber auch mit sehr umfangreichen Regelwerken (DSA, oWoD) betrieben werden, wenn die Regeln eben nur für Angelegenheiten gelten, die
neben der Hauptstory stattfinden.
Storytelling und OS(R) treffen sich meiner Meinung nach in der Frage nach der Stärke des Spielleiters. Beide Spielweisen wollen einen starken Spielleiter, ordnen dieser Rolle aber unterschiedliche Aufgabenbereiche zu. Der SL ist bei den OSR-Spielern eher ein Schiedsrichter (Referee in LotFP trifft das sehr gut) und bei den Storytellern ein... Storyteller (Überraschung!).
Die "forgigen"/Indie-Spiele wollen (so mein Eindruck) gegenüber dem Storytelling die Erzählung über die Regelsysteme abhandeln oder die Erzähleraufgabe auf die Spielgruppe verteilen, was bis hin zum spielleiterlosen Rollenspiel reicht.
Versuch einer Abgrenzung:
OS ist weltorientiert.
ST ist charakterorientiert.
Irgendwann kam so grob aus der Forge Ecke dann noch die Story-Orientierung. Indie Spiele mit konkreten Handlungsideen, an denen sich alles andere messen lässt. Mir würde in ganz krasser Form beispielsweise Lady Blackbird einfallen.
Sehe ich bei OS ähnlich, bei den anderen beiden Varianten gerade umgekehrt. Bei ST steht die
Story im Mittelpunkt, bei Indie (zumindest denen, die ich kenne/gelesen habe) die
Spielercharaktere. Natürlich kommen bei allen dreien Story, Charaktere und Spielwelt(en) vor, aber eben mit unterschiedlicher Betonung.