Du betrachtest das Thema ja nun von zwei Seiten, Tümpelritter. Anfangs schreibst Du aus Deiner Spielersicht und später aus SL-Sicht.
Ich schätze, ich mache das, was wohl die meisten RSPler tun: Ich leite so (oder versuche es zumindest), wie ich mir wünsche, dass ein SL leiten würde, wenn ich selbst Spieler wäre
Wenn ich also aus SL-Sicht schreibe, dann in diesem Fall nur, um zu sagen, dass ich als Spieler es von einem Spielleiter so gerne geleitet hätte. Aber worauf ich eigentlich hinaus wollte (seit meinem ersten Post), ist der Punkt, dass die Frage nicht ohne den Abenteuer - und Spielstilkontext beantwortet werden kann. Ich bin zwar allgemein für hohe Transparenz, aber ich sehe durchaus Bedingungen, wo der Sonderfall gilt, dass man Mosnterwerte nicht kennen darf, um das Abenteuer ideal spielen zu können.
Darum eben die Unterscheidung:
1)
Spieler entscheiden selbstständig, welche Konfrontationen sie eingehen oder meiden, zum Beispiel: Dungeoncrawl.
Dann müssen den Spielern Informationen über die Kampfstärke der potentiellen Gegner zur Verfügung stehen (im Idealfall durch "in character"-Recherche, aber mit tauglichen Infos, die mehr sind als Spielweltcolour wie "Oger sind sehr stark").
2) Das Abenteuer schreibt die Konfrontationen vor, die Spieler entscheiden nur innerhalb der entsprechendenSzenen, wie sie mit der Bedrohung umgehen. Zum Beispiel: Reiseabenteuer.
Dann reicht es aus,w enn die Infos während der Szene peu a peu offengelegt werden.
3) Der Sonderfall Ermittlungsabenteuer.
Hier kann es wichtig sein, dass die Spieler eben bis zu gewissen Schlüsselinformationsszenen nicht wissen, über welche Stärken oder Schwächen ein NSC verfügt, selbst in einigen Szenen nicht, in denen sie mit speziellen NSCs interagieren (weil diese z.B. bluffen und ihre wahren Talente verstecken). Das könnte der Fall bei dem Mafiosi-Beispiel sein.
Das Mafiosi-Beispiel ist aber wieder im Kontext zu sehen. In einem System mit gut ausgebauten Social Combat Regeln (z.B. DF) kann der Mafiosi ja durch einen erfolgreichen Wurf bluffen (und meinem SC einen Aspekt oder eine Konsequenz 'reindrücken), und dann ist es egal, ob ich als
Spieler weiß, dass er blufft oder nicht, solange klar bleibt, dass mein Charakter es nicht weiß und mein Charakter ein regelgestütztes Risiko eingeht, wenn er den Bluff anzweifelt (FATE: So eine Konsequenz kann weh tun, ein Aspekt allgemein gereizt werden, was mich einen Fatepunkt kostet).
Was sich aber herauskristallisiert: es scheint ein eklatanter Mangel an Vertrauen gegenüber dem SL verbreitet zu sein. Das finde ich total schade! Denn Helden sind sich nicht immer allem bewusst, sie sind nicht immer in der superioren Rolle, sie kontrollieren nicht alles und für die Spieler gilt doch genau das Selbe. Als Spieler lasse ich mich auf die Welt des SL ein, sein Abenteuer und seinen groben Plan. Er gibt mir Freiheiten und ich lebe mit den von ihm aufgezeigten Konsequenzen. Ohne dieses Thema würde für mich ein erheblicher Teil dessen wegfallen, was unseren Spielspaß ausmacht. Denn auch das Ausgeliefertsein kann Spaß bringen. Vertrauen vorausgesetzt.
Natürlich hat das auch mit einem generellen Misstrauen gegenüber dem Spielleiter
als soziale Rolle (nicht notwendigerweise als Person!) zu tun. Nicht jeder von uns ist Spiderman und hat immer seinen Onkel Ben im Ohr, Ämter mit (Erzähler-)Allmacht haben dagegen allgemein eine Tendenz zum Korumpieren in sich.* Bei geheimniskrämerei kann ich den verdacht einfach nicht abschütteln, der SL will gar nicht richtig
spielen.
Persönlich glaube ich, dass es allgemein nicht besonders spannungsfördernd ist, Spieler über die Spielbedingungen im Dunkeln zu lassen. Generell finde ich es nicht schlimm, sondern oft sogar vorteilhaft, wenn das Spielerwissen größer ist als das Charakterwissen. Wenn ein Spieler seinen Charakter in einen fast aussichtslosen Kampf hineinstürzen lässt, ist es (meiner Ansicht nach, YMMV) viel dramatischer, wenn er sich als Spieler dieser Gefahr bewusst wahr (die Werte des Gegners zumindest grob kannte), als wenn er über die Gefahr nicht informiert war.
*Darum verschwendeten die ARSler auch so viele Wörter über SL-Ethik. Ich habe meine Zweifel daran, ob Moralapelle allein ausreichen, ich hab das Misstrauen lieber institutionalisiert.