Also auf dem PC läufts bisher angenehm flüssig und sieht fantastisch aus. Bugs sind mir bisher (nach ca. 4 Stunden) noch nicht aufgefallen und die Story finde ich zumindest bisher angenehm immersiv.
Woran machst du das fest? Also, den Faktor Immersion?
Zu Grafik ist mir noch was eingefallen (finde ich eigentlich einen eigenen Thread wert): Ich habe für mich gemerkt, dass mein Problem mit dem immer stärkeren Dreh zu Photorealismus der ist, dass ich zwar drüber staunen kann, wie
echt es aussieht, aber immer weniger drüber staune, wie
ausdrucksstark es eigentlich ist. So hat Seraph etwa darüber gesprochen, dass bei CP2077 die Orte mit viel Liebe zum Detail ausstaffiert sind. Daran hat die Grafikabteilung des Studios sicher einen großen Anteil (irgendwer muss die Assets ja gestalten und irgendwer hat auch die NSC optisch entworfen). Aber letztlich ist es vor allem auch ein Verdienst der Level-Design-Abteilung, die da aus der Lore der Writing- und Game-Design-Abteilung das visual Storytelling für das Spiel destilliert hat. Dabei weiß ich natürlich nicht, wie das Team genau aufgebaut war in seinen Abhängigkeiten... und wie stark der Director in diese Prozesse involviert war (aber ein echtes "Autoren-Spiel" ist CP2077 sicher nicht).
Und hier komme ich zu meinem Punkt: Viele Spieler und Kritiker sagen halt in der sich immer weiter überdrehenden Grafikspirale gerne mal so Dinge wie "Das ist die beste Grafik, die ich je gesehen habe!" Dabei kippt halt gerne mal die Komplexität dessen, was gute Grafik ausmacht. Ein höherer Grad an Realismus, feinere Grafiken, flüssigere Bewegungen - das alles macht für mich persönlich noch keine gute Grafik. Ich betrachte Grafik da deutlich high-leveliger:
- Wie ist das Spiel grafisch tatsächlich designt? Was drücken bestimmte Design-Entscheidungen in der Grafik aus? Ich möchte gerne wissen, warum Grafiker bestimmte Dinge auf bestimmte Art und Weise umsetzen. "Sieht halt schöner aus!" reicht mir da nicht. "Sieht halt realistischer aus!" reicht doppelt und dreifach nicht!
- Unterstützt die Grafik das Gameplay und trägt es die Story vernünftig? "Realismus" kann ein positiver Faktor sein, muss aber nicht. Tatsächlich ist bei vielen Spielen ein Wegbewegen vom Realismus sogar absolut essentiell. "Worms" funktioniert ausschließlich in 2D - nicht in 3D, nicht in 2D/3D... nur in 2D. Weil es quasi ein satirischer Cartoon ist. "Return to the Obra Dinn" sieht phantastisch aus, gehört vielleicht sogar in meine Top10 der Spiele mit der besten Grafik. Ich spiele mit meiner Frau gerade wieder "Rayman Legends"... DAS ist tolle Grafik, meine Fresse; das ist, historisch gesehen, mindestens so gut wie die Grafik von "Assassin's Creed: Black Flag" aus derselben Generation! Nicht jedes Spiel, selbst nicht die Spiele, die etwas über die zeitgenössische Welt erzählen wollen, müssen realistisch sein. Ich bin für jedes Game dankbar, das davon abweicht. Ich bin für jedes Game dankbar, das mit 16 Farben eine Expressivität und auch Lesbarkeit erreicht, die AAA-Open-World-Spiele mit ihrer überladenen UI oder Spielwelt nicht erreichen.
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Bringt die Grafik etwas Neues in die Industry oder nicht? Das kann eine neue Engine sein. Aber das ist eigentlich nicht, was ich meine. Ich mag Spiele, die sich grafisch was trauen. Damit meine ich solche, die sich im Grafik
design was trauen! Bei einem realistischen Spiel können die Charaktere zum Beispiel gerne aussehen wie echte Menschen. Dann aber bitte wirklich wie
echte Menschen und nicht wie irgendwelche Hollywood-Schönheiten. Die selbst wenn sie versuchen, einen realistischen Grafikstil aufrecht zu erhalten, mit Brüchen arbeiten.
Ich habe für mich festgestellt, dass ich viele Spiele mit vermeintlich "schlechter" Grafik grafisch gut designt finde. Und ich bei realistischen Games zunehmend zu mir sage: "Ja, der Wald sieht sehr detailliert aus... aber was sagt er mir eigentlich? Warum schaue ich nicht gleich ein Foto eines Waldes an?" Ich mag es, wenn Grafik reduziert, zusammenfasst, umdeutet, eben auch als solche ein Storytelling-Werkzeug ist. Das kann sie auch sein, wenn sie realistisch ist. Aber doch muss sich jedes Spiel fragen: Warum bin ich realistisch in der Präsentation? "Es machen ja alle so..." kann nicht die Antwort darauf sein. Ich weiß bis heute nicht, warum man "Battlefield 1" unbedingt einen photorealistischen Grafikanstrich verpassen musste?