Bisher nur ein Band erschienen. Typisches Fantasy-Setup: Bedrohung durch untoten Overlord, der ganze Heere auslöscht, Verrat und Intrige in den eigenen Reihen. Da hineingezogen wird eine typische Abenteurergruppe, die sich als die Geißeln von Enharma ausgeben, einer berüchtigten, gewissenlosen und effektiven Assassinentruppe. Die Hochstapler spielen allerdings nicht in der Liga der richtigen Profis, was eigentlich die Komik der Geschichte ausmachen soll.
Die Geschichte ist nett, hat auch halbwegs Hand und Fuß und kommt mit ein paar gut gemeinten Einfällen daher. Aber leider packen einen die Figuren nicht so richtig, und der Witz mit den Hochstaplern tritt häufig in den Hintergrund, vor allem in den Actionszenen. Gerade da hätte sich ein Witzgewitter wie bei entsprechenden Stellen in "Mantel und Degen" angeboten.
Allerdings ist das Teil sehr schön gezeichnet, und ich bin gespannt, ob die Geschichte in den nächsten Bänden (soll, glaube ich, eine Trilogie werden) noch die Kurve kriegt.
Ein hübscher Zweiteiler vom bretonischen Land. Nach zwanzig Jahren kehren die Dorfadlige und ihr bürgerlicher Mann in ihr gemeinsames Heimatdorf zurück, nachdem sie in Paris gelebt haben. Dort holt sie die Vergangenheit im wahrsten Sinne des Wortes ein, und zwar durch ein wenig Nachhilfe der Dorfhexe. Geheimnisse, Verwicklungen, aufbrechende Leidenschaften, Mord, Drama und Landleben. Abgesehen davon, dass mich der Zeichner schon mit der Serie Albatros begeistert hat, ist Kapuzinerschule ein schöner, atmosphärischer Comic. Beim Gedanken an Der Große Tote, bei dem Dijan ebenfalls mitgearbeitet hat, hätte ich mir zwar noch etwas Umwerfenderes erwartet, aber hier bekommt man durchaus schon ziemliche gehobene Comic-Kost geboten.
Das erste Abenteuer in diesem Band der Gesamtausgabe erzählt das Finale der im ersten Band begonnen Geschichte um die turbulenten Ereignisse auf dem Planeten Terango. Die restlichen drei Abenteuer spielen wieder auf der Erde und stehen für sich. Sie haben eher so Akte X-Flair. Mysteriöse Folgen eines Strahenlexperiments, eine Invasion von unsichtbaren Außerirdischen und von schurkischen Wissenschaftlern geschaffene Superbabys. Nach wie vor extrem spaßig.
Es ist einfach unglaublich, wie es Schuiten gelingt, über Dinge wie Stadtplanung oder -- wie bei Atlantic 12 -- Lokomotiven spannende, philosophische, absolut poetische Comics zu schaffen! Nachdem Lokführer Van Bel über dreißig Jahre lang die Lok Atlantic 12 gefahren hat, werden Dampflokomotiven endgültig ausrangiert und verschrottet. Erst will er die Lok in seiner eigenen Garage verstecken, doch er wird erwischt. Also macht er, der nicht mehr lange zu leben hat, sich auf eine lange Reise zu einem gigantischen Auto- und Lokomotivenfriedhof. Dabei begegnet ihm die stumme Diebin Elya und entpuppt sich als eigenwillige und mysteriöse Helferin.
Wie auch in den geheimnisvollen Städten verlegt Schuiten die Geschichte um die historische Lok in eine metaphorische, unwirkliche Fantasiewelt. Van Bel sträubt sich gegen jede Modernisierung, das Abschaffen der Dampfloks und der Ausbau eines Netzes von oberirdischen Seilbahnen bricht ihm im Grunde das Herz. Wie auch in vielen anderen Comics von Schuiten scheint hier eine kafkaeske Sicht auf die Moderne durch: Niemand weiß, weshalb das Wasser ansteigt und allmählich die Schienennetze überschwemmt, und von allen Seiten wird Anklage gegen "sie" erhoben, weil "sie" nichts dagegen tun, weil "sie" die Seilbahnen bauen, etc. Der beängstigende Fortschritt und das Zutreiben der Gesellschaft auf den Untergang werden als etwas Unpersönliches begriffen.
Unheimlich stark auch die poetische Kraft der Bilder: das steigende Wasser, das alte Infrastrukturen lahmlegt und Auslöser und Sinnbild der Krise zugleich ist, und die lange Reise in der Seilbahn, die Abgehobenheit, das nicht mehr auf festem Boden stehen.
Ich bin absolut geflasht von diesem Band. Besitzer des Buches, eines Windows PCs und einer Webcam können die Comiclektüre auf
http://www.atlantic12.de/ übrigens noch virtuell erweitern. Leserstimmen zufolge muss das ganz toll sein, da ich von den drei benötigten Artefakten allerdings nur das Buch besitze, konnte ich mir nicht selbst ein Bild davon machen.
Noch mal was vom Zeichner von Albatros und Kapuzinerschule, diesmal getextet von Arleston. Bisher nur ein Band. 1887 wird in einem Pariser Bordell für die Reichsten der Reichen die Jungfräulichkeit eines dreizehnjährigen Mädchens versteigert. Uff. Das ist schon mal grenzwertig. Chimaira ist aber ein durchtriebenes Mädchen, das seine Situation kalt berechnend ausnutzt, um seine Pläne zu verwirklichen und sich für eine misshandelte Kindheit zu rächen.
Nebenbei geht es noch um den Bau des Panamakanals und den des Eiffelturms.
So. Arleston will, das merkt man dem Comic deutlich an, und auch nur deswegen ist es überhaupt lesbar, eine kritische Auseinandersetzung mit der Ausbeutung von Frauen, Kindern und Arbeitern um die Jahrhundertwende erzählen. Und im Grunde macht er das auch gar nicht so schlecht. Ich finde sogar, dass sich die Lust am Leiden der Protagonisten in Grenzen hält. Und trotz der scheinbar lieblichen, verharmlosenden Zeichnungen werden die Härten nicht kaschiert.
Dennoch fehlt Arleston - und wenn man seine anderen Werke kennt, wundert einen das nicht - das Einfühlungsvermögen, der nötige Takt für ein solches Thema. Ich hätte mir für diese Geschichte eine "weibliche" Handschrift gewünscht - und diesen Kommentar bitte nicht im Sinne einer sexistischen Rollenzuschreibung missverstehen.
Von daher: gute Zeichnungen, guter Storyaufbau, viel Drama, eigentlich nichts zu meckern. Nur leider schrabbt der Comic wegen des heiklen Themas der Kinderprostitution nur allzu knapp an einer ekligen Katastrophe vorbei. Ich bin sehr zwiegespalten.
Dafür stimmt hier natürlich wieder alles. Meiner Meinung nach vielleicht die beste aktuelle Comic-Serie. Traumhaftes Artwork, zwei Comic-Altmeister in bester Laune, was Bildern und Geschichte auf jeder Seite anzumerken ist. Zwar plätschert die Handlung über das Leben in einem kanadischen Dorf in den 20er Jahren mehr oder weniger dahin, aber das mit großer Beobachtungsgabe, mit Humor und vor allem dem Einfühlungsvermögen, das anderen Werken fehlt (siehe oben). Großartig.