Autor Thema: Drama - Welche Themen berühren denn überhaupt?  (Gelesen 3467 mal)

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Offline Tim Finnegan

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Re: Drama - Welche Themen berühren denn überhaupt?
« Antwort #25 am: 20.08.2012 | 21:14 »
So habe ich die meisten dramatischen Runden erlebt. Die Runden, wo eine lange Charakterentwicklung vorangegangen ist waren meist nicht so intensiv dramatisch.

Wie können sie das auch sein? Drama beruht auf einem Konflikt. Je brutaler dieser Konflikt alle beteiligten trifft, umso mehr Meinungen, umso mehr Reibungspunkte, umso mehr Drama.
Eine der Kehrseiten ist Antipathie bzw Hass.
In einem kurzen Spiel wird das wohl eher selten auftauchen, wir haben ja nur einen One-Shot, das macht nichts, in einem langen Spiel wird man immer einen Konsens suchen um negative Gefühle zwischen den beteiligten zu meiden.
Dementsprechend haben sich ein aus einer neutralen Situation heraus entwickelnder Konflikt und ein von vornherein geplanter Konflikt eine ganz eigene Dynamik und generieren so unterschiedliches Drama. Ähnlich sieht es mir Horror aus.
Inhalltsstoffe dieses Beitrags: 50% reine Polemik, 40% subjektive Meinung, 10% ungenau recherchierte Fakten.
Kind Dublins.

Offline Crimson King

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Re: Drama - Welche Themen berühren denn überhaupt?
« Antwort #26 am: 20.08.2012 | 22:05 »
Doofe Frage: Was ist Drama eigentlich? - Große Gefühle, Haare flattern im Wind, Sonnenuntergang und einer bricht in die Knie und ruft laut "NEEEEEIN", so was in der Art?

Drama entsteht aus dem Konflikt zwischen zwei inneren Werten eines Charakters. Und die Wirkung verstärkt sich in der Tat massiv, wenn der Konflikt auch den Spieler betrifft.

Aus meiner Sicht sind One Shots für Dramaspiel sehr gut geeignet, wenn man entsprechend ins Setup investiert. Glücklicherweise gibt es einige Spiele mit entsprechenden Regeln. Allerdings kann man Kampagnenspiel auch dramaorientiert betreiben. Ich würde das mit dem Unterschied zwischen Drama und Roman bzw. Spielfilm mit kompakter Handlung und Soap vergleichen.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
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Offline Bad Horse

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Re: Drama - Welche Themen berühren denn überhaupt?
« Antwort #27 am: 20.08.2012 | 22:16 »
Oh, Micha, mir ist's grad wieder eingefallen: Der letzte richtig dramatische Schlag in die Magengrube war bei mir, als mein Charakter, der ziemlich christlich ist, erfahren musste, dass nicht nur sein jüngster Sohn mit einem Dämonen paktiert hat, sondern dass auch eben dieser Sohn von seinem Lehrmeister (mittlerweile selbst auch ein Dämon) entführt worden ist.

Das ist ein Charakter, den ich seit 20 Jahren spiele. Und die Situation wäre nicht so dramatisch gewesen, wenn ich nicht genau gewußt hätte, welche komplexen Dinge er für seinen Sohn empfindet, und wenn er noch niemals vorher eine Konfrontation mit seinem Lehrmeister gehabt hätte.

Aber - natürlich - ist es in seinem Leben nicht immer so dramatisch.  ;)
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Offline Skele-Surtur

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Re: Drama - Welche Themen berühren denn überhaupt?
« Antwort #28 am: 21.08.2012 | 12:49 »
Bei Drama geht es im Kern immer um Verlust. Und welcher Verlust für den Charakter am schwersten wiegt, ist eine individuelle Sache. Das größte Drama ist es, eine Entscheidung zu treffen, die mit schwerem persönlichen Verlust verbunden ist.
Doomstone ist die Einheit in der schlechte Rollenspiele gemessen werden.

Korrigiert meine Rechtschreibfehler!

Offline Megan

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Re: Drama - Welche Themen berühren denn überhaupt?
« Antwort #29 am: 21.08.2012 | 17:47 »
Oh, das ist cool, Surtur, das werd ich mir merken.  :d

Callisto

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Re: Drama - Welche Themen berühren denn überhaupt?
« Antwort #30 am: 22.08.2012 | 01:01 »
Ich mag Drama das subtil entsteht. Unterdrückte Gefühle, Entscheidungen, die dem Charakter noch lange nachhängen. Drama muss nicht mit einem Knall durch den Raum fliegen. Die dramatischste Entscheidung für meinen Charakter Jo, war, als sie beschloss den Rivalen ihres Boytoys, der grade sein Leben gab um sie zu retten, sterben zu lassen. Gewürzt damit, dass ihr Boytoy ihn kurz darauf rettet. Allein deswegen muss er irgendwann wieder auftauchen. Das war aber auch kein langer Moment. Ich musste mich für den Chara schnell entscheiden und als ich mich entschieden hatte, hat der Spieler ihres Boytoys beschlossen, so kann der Rivale nicht enden. Aber für meinen Charakter hat das zwei Dinge bewirkt, erstens sie hat erkannt, dass sie keine Skrupel hat, jemanden, der ihre Beziehung gefährdet sterben zu lassen und zweitens ist ihr da auch klar geworden, warum sie ihren Boytoy überhaupt liebt, denn der hat Herz, wo sie ganz pragmatisch ist.

Das war ein kurzer dramatischer Moment, der von den Mitspielern vielleicht gar nicht so ganz erfasst wurde. Aber für mich war das ein Schlüsselmoment für den Charakter. Es gab keine Absprache darüber, keine Diskussion drüber ingame. Für mich war nur vorher klar, dass dieser Rivale auftauchen wird.

Ich mag überhaupt an der ganzen Dramarunde, dass die Charaktere - ausser ihrem boytoy - gar nicht über ihre Gefühle reden wollen. Sie beschreiben ihre Gefühle oder deuten an, dass die Charaktere grade emotional geladen sind. Aber die Charaktere wollen die Gefühle unterdrücken. Dadurch hält das Drama aber auch länger an. Denn die Charaktere selbst wollen ihren Konflikt nicht lösen. Die wollen ihn verbergen, der Konflikt wird aber trotzdem gezeigt, durch Beschreibung oder auch Erklärung des Innenlebens. Das finde ich spannend.

Offline Vash the stampede

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Re: Drama - Welche Themen berühren denn überhaupt?
« Antwort #31 am: 22.08.2012 | 09:53 »
... Ich mag überhaupt an der ganzen Dramarunde, dass die Charaktere - ausser ihrem boytoy - gar nicht über ihre Gefühle reden wollen. Sie beschreiben ihre Gefühle oder deuten an, dass die Charaktere grade emotional geladen sind. Aber die Charaktere wollen die Gefühle unterdrücken. Dadurch hält das Drama aber auch länger an. Denn die Charaktere selbst wollen ihren Konflikt nicht lösen. Die wollen ihn verbergen, der Konflikt wird aber trotzdem gezeigt, durch Beschreibung oder auch Erklärung des Innenlebens. Das finde ich spannend.

Das halte ich auch für einen wichtigen Punkt. :d

Zum einen zeigen viele Vorlagen, dass (Ver-)Schweigen einen Konflikt erst wirklich entstehen lässt. Beispiel: Würde Harry Potter am Anfang eines Buches gleich sagen, was los ist, könnten ihm die Menschen um ihn herum helfen. Er schweigt und so entsteht erst die Geschichte.

Zum anderen ist es wichtig, dass der innere Konflikt offen gelegt wird, ohne dass er direkt gelöst wird. Das kann durch eine direkte Aussage kommen oder durch die Drehbuch- und Filmmethode show it, don't tell it. Zweite ist im Rollenspiel nicht immer ganz einfach, aber möglich. Z.B. indem der Charakter eine Handlung ausführt, die seinen inneren Zwiespalt widerspiegelt. Beispiel: Der Charakter hat seine Frau verlassen. Er geht zu einem Bild von sich und seiner Frau, schaut es lange an und klappt es dann um, sodass die Bildseite nach unten liegt.
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Offline 6

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Re: Drama - Welche Themen berühren denn überhaupt?
« Antwort #32 am: 22.08.2012 | 10:05 »
Zum einen zeigen viele Vorlagen, dass (Ver-)Schweigen einen Konflikt erst wirklich entstehen lässt. Beispiel: Würde Harry Potter am Anfang eines Buches gleich sagen, was los ist, könnten ihm die Menschen um ihn herum helfen. Er schweigt und so entsteht erst die Geschichte.
Ich weiss nicht ob es weiter hilft oder richtig rein passt, aber dazu fällt mir Wolfram von Eschenbach - Parzifal ein. Dort stellt Parzifal die entscheidende Frage nicht. Dadurch läuft sein weiteres Leben komplett falsch ab, bis er nochmal die Möglichkeit bekommt, die Frage nochmal zu stellen. Ich könnte mir von daher vorstellen, dass man das Drama verstärken könnte, wenn die Umwelt auf diesen Konflikt reagiert (z.B. durch Mali auf bestimmte Würfe oder temporäre Aspekte).
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Offline Haukrinn

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Re: Drama - Welche Themen berühren denn überhaupt?
« Antwort #33 am: 22.08.2012 | 14:02 »
Um Surtur nochmal aufzugreifen und das Ganze auch mal konkret aufs Rollenspiel zu beziehen (und zwar sehr frei nach Vincent Baker):

Es geht nicht darum dass ein Charakter etwas schafft. Es geht darum was es ihn kostet etwas zu schaffen. Kostet es ihn viel, dann entsteht auch eine dramatische Situation.
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