Nimm doch mal "Sure Strike" heraus.
So ein Pech, dass ich Reaping Strike schon rausgenommen hatte, sonst hättest du bestimmt das als Beispiel ausgewählt, richtig?
Verrückt: Alles mit automatischem Sondereffekt, wogegen der Gegner keine Chance zur Gegenwehr hat. Also im Prinzip alle anderen. Das kann man wegen mir auf höheren Stufen machen, wos eh schon gonzo wird, aber nicht auf Stufe 1. Und schon gar nicht, ohne dass der Charakter dafür keine Ausgaben (z.B. in Form eines Talentes) hat.
Was du dringend verstehen musst, ist dass das Power Niveau eines Systems sich nicht am Verhältnis zwischen Charakteren und ihren Gegnern bemisst, sondern am Verhältnis zwischen Charakteren und einem normalen Menschen (die ja in all diesen Spielwelten dem normalen Erdenmenschen entsprechen). Für das Power Niveau der Marvel-Superhelden ist nicht entscheidend, dass sie sich mit Galaktus etc. rumschlagen müssen (und können), sondern dass sie Götter im Verhältnis zu den normalen Erdlingen sind. Analog dazu im Vergleich der Fantasy-Rollenspiele
Kein normaler Mensch kann einem anderen im offenen Kampf Schaden zufügen, ohne dass der Gegner die Möglichkeit zur Gegenwehr hat. Kann der 3.5-Kämpfer auch nicht. Der 4E-Kämpfer schon (Cleave).
Kein normaler Mensch kann einem anderen im offenen Kampf einfach so durch die Gegend schieben, ohne dass der Gegner die Möglichkeit zur Gegenwehr hat. Kann der 3.5-Kämpfer auch nicht. Der 4E-Kämpfer schon (Tide of Iron).
Kein normaler Mensch kann einem anderen im offenen Kampf einfach umwerfen, ohne dass der Gegner die Möglichkeit zur Gegenwehr hat. Kann der 3.5-Kämpfer auch nicht. Der 4E-Kämpfer schon (Spinning Sweep).
Kein normaler Mensch kann dem Partner den Rückzug aus einer brenzligen Situation garantieren, ohne dass der Gegner die Möglichkeit zur Reaktion hat. Kann der 3.5-Kämpfer auch nicht. Der 4E-Kämpfer schon (Covering Attack).
Und nicht nur, dass der 4E-Kämpfer diese Sachen alle kann, er macht auch noch jedesmal den normalen Schaden dazu. Der 3.5-Kämpfer hingegen muss sich entscheiden, ob er Schaden machen oder ob er eines dieser Spezialmanöver durchzuführen versuchen will (jedesmal mit dem Risiko des Scheiterns). Und wohlgemerkt, es geht noch nicht mal darum, ob ein Kämpfer der 1. Stufe diese Dinge können tun sollte (das ist Geschmackssache), es geht lediglich darum, dass der eine es kann, und der andere nicht. Daraus folgt: Power niveau Kämpfer 4E > Power niveau kämpfer 3E. Wenn man dann zum Ausgleich die Gegnerstärke anhebt, senkt man damit nicht etwa das Powerniveau, sondern beweist lediglich, dass das gestiegene Powerniveau diese Maßnahme notwendig macht.
Mit derselben Argumentation würde ich übrigens auch begründen, warum das Power Niveau des PFRPG höher ist als dass von 3.5. Auch da könnte man nämlich so Dinge einwenden wie: "Aber dafür sind die Pathfinder-Goblins ja auch stärker als die 3.5-Goblins", was sogar stimmen würde (wenn der Unterschied auch eher graduell ist). Nur ist das nicht der anzuwendende Maßstab. Der ist und bleibt: Was kann ein normaler Angehöriger des Volkes, dem auch der SC angehört? und was kann der SC darüber hinaus?
Sonst kommt nachher noch einer und behauptet, das Powerniveau von DSA sei höher als das von D&D, weil da die Goblins so richtig Probleme machen können.
Wo Wormys-Queue Recht hat, dass ist, dass in der 3e auf niedrigen Stufen ein einzelner Treffer oft ausreichte, um ein Monster oder einen Spielercharakter zu töten oder aus dem Kampf zu nehmen, wodurch Kämpfe auf diesen Stufen sehr schnell abgehandelt wurden.
Um die Schnelligkeit gehts gar nicht. Die kann sich ja auch gegen die Charaktere auswirken. Man geht halt anders in den Kampf, wenn man weiss, dass ein kritischer Treffer reichen kann, um den Rest des Kampfes sterbend am Boden zu liegen. Aber wenn ich ein theoretisches Kampfsystem einführe, bei dem jeder Gegner pro gelungenem Angriff genau 1 Schadenspunkt erzielt und die Trefferwahrscheinlichkeit für alle (SC wie Monster) auf 10% festlege, sind wir uns glaube ich einig, dass es ewig dauern würde, wenn der SC 100 TP und der Gegner 20 TP hätte. Dennoch hätte der Gegner keine echte Chance, einen solchen Kampf jemals für sich zu entscheiden oder den SC wenigstens ernsthaft in Gefahr zu bringen.
Crimson King hats ja angedeutet und die Designer haben das selbst immer wieder mal betont: in 3.5 war für viele Spieler der sogenannte Sweet Spot in etwa die Stufen 3-12, weil vor Stufe 3 die SC zu leicht den Löffel abgaben und nach Stufe 12 der Verwaltungsaufwand immer höher wurde und die Zahl der Balancerisiken gewaltig zunahm. Was die 4E nun versucht hat, war, diesen Sweet Spot auf den kompletten Stufenbereich auszudehnen. Mit der Folge, dass hochstufige 4E-Charaktere deutlich abgeschwächt im Vergleich zu ihren 3.X-Pendants erscheinen. Aber eben auch mit der Folge, dass die niedrigstufigen Charaktere etwas aufgepimpt wurden, um ihre Überlebenschancen zu erhöhen (so nette Sachen wie Second Wind, Short und Extended Rests und das ganze Zeug, was den 4E-Charakteren das Leben deutlich erleichtert haben wir ja noch gar nicht gesprochen, und auch diese heben das Machtniveau der Charaktere).
Kann man ja bewerten wie man will, aber tut doch bitte nicht so, als wäre das ja gar nicht alles wahr und die 4E-Charaktere schon auf Stufe 1 oh so viel schwächer als die in 3.5.