Autor Thema: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag  (Gelesen 27010 mal)

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Offline Maarzan

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #25 am: 27.10.2012 | 10:10 »
So einfach ist die Sache nicht. Bloß weil man gegen Realismus, oder vielmehr zwanghaften Realismus im Rollenspiel ist, ist man nicht unbedingt für Regeluntreue, Regelbrüche oder Spielen ohne Regelmechanik. Es gibt Settings oder Genres, die wollen einfach mit "unrealistischen" Regeln bespielt werden, um zu funktionieren.

Ja, aber diesen Fall habe ich ja mit "und des weiteren um funktional von realen Vorbildern abweichen zu können die Abweichung vorher definiert werden muss, damit alle Beteiligten Bescheid wissen und weiter sinnvoll mitmachen können." berücksichtigt. Wo in Regeln und Setting abweichendes festgelegt ist, trumpft dies völlig zu Recht Realismusvorgaben nach irdischem Muster. Deshalb ist das mit dem "Feuerbälle sind aber doch auch unrealistisch" so eine bescheuerte Aussage. Feuerbälle sind über die Regeln eben ausdrücklich in die Vorstellungswelt übernommen worden.
Wo dann noch weitere Realismusgedanken greifen sind in der inneren Logik eben dieser phantastischen Elemente, soweit eben nicht vorher abgehandelt, und eben die Lücken, welche dennoch eher zwangsläufig bleiben.
Und meiner Erfahrung nach sind das die viel problematischeren Felder als wenn im Regelwerk etwas unrealsitisch aber konsistent vgeregelt ist, denn dieser Fall bleibt damit ja "entscheidungsfähig".

Wenn nun aber unabgedeckte Erwartungshaltungen verletzt werden, kommt es zu einem harten Stop, wo zumindest einer der betreffenden sagen muss: so kann ich nicht weiter agieren, da ich keine Basis für Entscheidungen mehr habe.
Deshalb würde ich von Regeln fordern möglichst breite Felder eben abzudecken und dabei die Abweichungen zur Realität verständlich zu machen, Abstraktionsverluste zu nennen (udn damit aus späteren Diskussionen heraus zunehmen) oder sich eben an der irdischen Realität zuorientieren, wenn eben keine Abweichung geplant ist.
Und von Spielleitern insbesondere ihre coolen Ideen auch einmal gegen zu prüfen um nicht am Ende den Spielern die Aufgabe zu stellen raten zu müssen, was der Speileliter cool fand um abweichend von anderen Lösungswegen den zu finden, der mit der Gedankenwelt des SL kompatibel ist.

"Schuldig" macht sich gar niemand, die Vorstellung ist hochgradig albern.

Natürlich ist das albern, aber Teil der Vorwurfsorgie des Orginals. Daher auch die " ", um zu zeigen, dass ich mich von diesem Unsinn distanziere.  
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Offline Crimson King

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #26 am: 27.10.2012 | 10:13 »
Ich mag auch keinen Realismus. Ich mag Plausibilität, und ich mag es, wenn ich eine gewisse Erwartungssicherheit habe, aber Realismus brauch ich keinen.  :)

Exakt.
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Offline DonJohnny

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #27 am: 27.10.2012 | 10:15 »
Für meinen Geschmack reichts wenn Regelsysteme "realitätsorientiert" sein. Mehr auch nicht. In dem Zusammenhang ist mir z.B. FATE realistisch genug.
SL: "Und damit wäre die Theorie, dass wir an einem Samstagabend weniger albern sind als an einem Freitagabend, widerlegt."
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Offline Chief Sgt. Bradley

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #28 am: 27.10.2012 | 10:47 »
Ich tendiere zu den Begriffen Plausibilität und Glaubwürdigkeit. Realismusabbildung führt unweigerlich zu komplizierten Regeln und da hab ich einfach keinen Bock mehr drauf. Ich will spielen, so! :)
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Offline tartex

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #29 am: 27.10.2012 | 11:07 »
Leute mit dem Realismusargument sind meiner Erfahrung nach in der Regel einfach nicht in der Lage so weit abstrakt zu denken, als dass sie ein Konzept wie Genretreue verstehen können. Habe aber auch schon seit den 1990igern keine mehr getroffen.
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Offline Grimnir

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #30 am: 27.10.2012 | 11:47 »
Ich mag manchmal (!) detaillierte Low-magic-low-power-Fantasysysteme mit geringem Abstraktionsgrad. Aber eben nur manchmal. Den Begriff Realismus versuche ich mittlerweile zu vermeiden, weil der bei manchen ein negativ besetzter Kampfbegriff ist, bei anderen ein inhaltsleeres Argument für alles, insbesondere schlechtes Design.
Selber Regelwerke schreiben zeugt IMHO von einer reaktionär-defaitistischen Haltung [...]

Vergibt Mitleidspunkte...
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Offline La Cipolla

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #31 am: 27.10.2012 | 11:52 »
Zitat
weil der bei manchen ein negativ besetzter Kampfbegriff ist, bei anderen ein inhaltsleeres Argument für alles, insbesondere schlechtes Design.

Und damit haben wir noch einmal die Essenz dieses Threads herausgekehrt.

Offline OldSam

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #32 am: 27.10.2012 | 12:01 »
Dass mitten in der Sitzung auf einmal die Frage nach dem Realismusgehalt einzelner Aktionen oder Regeln aufgeworfen wird, hat mit dem "ehrlichen" Streben nach Realismus nichts zu tun (war hier ja auch schon ein paar Mal Thema).
So was kommt nämlich erfahrungsgemäß genau dann, wenn der Einspruch erhebende Spieler gerade Nachteile für seinen SC befürchten muss.
Regeln, die derartig inakzeptabel unrealistisch sind, wie es in solchen Situationen gerne mal behauptet wird, hätten auch vorher schon auffallen können und müssen. Entsprechende Diskussionen können also zwischen den Sitzungen geführt werden. [...]
Full acknowledge!  :d
Da brauch ich nichts mehr zu ergänzen, für mich der 'essential point'.
Ansonsten kommt es für mich auf's Setting/Genre an, welchen Grad an Realismus ich da wünschenswert finde, ist recht verschieden...
« Letzte Änderung: 27.10.2012 | 12:03 von OldSam »

Offline Grey

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #33 am: 27.10.2012 | 12:07 »
Regeln, die derartig inakzeptabel unrealistisch sind, wie es in solchen Situationen gerne mal behauptet wird, hätten auch vorher schon auffallen können und müssen.
Jein. Wenn du neu in einem System bist, hast du immer irgendwann einen Erstkontakt mit bestimmten Regeln.

Beispiel: Meine erste Partie DSA 2. Ich hatte mich von hinten an einen Wächter geschlichen und versuchte, ihn K.O. zu schlagen. Mir war vorher nicht klar, daß nach den Änderungen, die die neue Edition so mit sich brachte, dafür vier(!) gelungene Würfelwürfe nötig waren.

Als ich dann also einen halben Meter hinter dem Wächter stand und ihn mehrmals verfehlte, der Wächter seinerseits mich aber auch nicht bemerkte, wie ich rechts und links von ihm Löcher in die Luft haute, beklagte ich mich denn doch über mangelnden Realismus.
Ich werd' euch lehren, ehrbaren Kaufleuten die Zitrusfrucht zu gurgeln!
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Offline Wyrδ

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #34 am: 27.10.2012 | 12:21 »
Ob ich es nun "Realismus" oder "Plausibilität" nenne ist in meinen Augen ein Stück weit Wortklauberei, denn letztlich kommt es auf das Gleiche hinaus. Von mir aus nennen wir es Planungssicherheit.

Um Streitereien von Beginn an möglichst zu vermeiden, sollte man sich als Gruppe im voraus darüber einigen, was man denn überhaupt will. Das ein Rollenspiel keine komplett detaillierte Simulation der Realität ist, sollte klar sein, weil es schlicht auch nicht möglich ist, wie vor mir schon jemand schrieb. Aber es macht schon einen Unterschied, ob ich mich als Gruppe im  "Bier & Bretzel"-Stil ( ;)) bewegen möchte oder ob ich von Beginn an ein realitätsbezogeneres Spielgefühl anstrebe.

Halbwissen ist heilbar - das macht zwar Arbeit, sollte aber keine Entschuldigung sein. Wenn ich eine Behauptung aufstelle, um ein Argument zum Realismus anzubringen, sollte ich auch eine Quelle nennen können, denn ich begebe mich höchstwahrscheinlich auf ein wissenschaftliches Gebiet, also sollte ich entsprechend vorgehen.

Wenn ich tatsächlich auf einem Gebiet Kenntnisse besitze, stoßen mir unter Umständen halt Regeln auf, die der Realität zuwider laufen. Allerdings ist es sinnvoll, sich im voraus über diese Regeln zu einigen, bevor ich z. B. den Bruchtest meines Holzschildes mitten in der Spielsitzung moniere. Das Problem sehe ich dann aber weniger im Realismus, sondern in störenden Diskussion an sich, die meist, wie bereits ein Vorredner zutreffend anmerkte, darauf basieren, dass ein Spieler eine für ihn nachteilige Konsequenz aus einer Regel/einem Würfelwurf nicht hinnehmen möchte.

Ich würde soweit gehen zu behaupten, dass manche Settings je nach persönlicher Vorliebe durch einen auf Recherche und Kenntnisse basierenden Realismus durchaus dazu gewinnen können. Das sollte aber bereits in den Regeln berücksichtigt und von Beginn an abgesprochen sein. Ich stehe z.B. auf "realistische" Settings aus Vergangenen irdischen Epochen. Der Sinn dieses Realismus ist aber zum einen ein Spielgefühl und zum anderen nichts anderes als die oben genannte "Planungssicherheit".

Ergo: Es mag stimmen, dass man im Rollenspiel keinen Realismus braucht, aber je nach persönlichen Vorlieben macht es mit Realismus halt mehr Spaß.

Übrigens sind (Mit-)Spieler, die in "Spotlights" denken und diese zählen in meinen Augen kindisch³, aber das wäre ein anderer Thread.

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Offline Feuersänger

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #35 am: 27.10.2012 | 12:36 »
Der Punkt dabei ist das etwas falsches (Leitern sind nicht das gleiche wie zwei Lanzen plus Sprossen) als Basis für eine Aussage genommen wird.

Da muss ich sagen, das mit den Lanzen höre ich zum ersten Mal. Normalerweise wird das Leiter-Argument mit dem 10-foot-pole geführt, der ja wirklich nichts anderes ist als eine Stange (typischer Verwendungszweck: den Fußboden vor einem auf Fallen abzusuchen). Bereits da ist die Annahme absurd, dass man durch _Rückgängigmachung_ einer Veredlung (Arbeitsleistung) den Wert eines Gegenstands (Leiter) _verachtfachen_ könnte. (Wer das auch noch mit Lanzen versucht, hat offenbar noch nie eine solche gesehen.)

Aber wie gesagt, das ist ein einfacher, kleiner Bug in den Preislisten; kann man jederzeit anpassen wenn man will. Selbst das ist nur notwendig, wenn man einen Buguser in der Gruppe hat.

Dass D&D unrealistisch ist, dafür gibt es Beispiele im Dutzend billiger. Z.B. die Regeln für den Jump-Skill. Bedingt durch die d20-Mechanik hat man für jeden einzelnen Sprung eine 20-Fuß (ca. 6 Meter) Varianz; d.h. mit einem +10 Modifikator liegt deine Sprungreichweite irgendwo zwischen 3 und 9 Meter.
Nun gibt es zwar sogar hier wieder Deppen, die _ausgerechnet_ anhand der Sprung-Regeln zeigen wollen, dass D&D _realistisch_ sei, aber das ist ungefähr so logisch, als würde ich beweisen wollen, dass Katzen aus Eiern schlüpfen, weil sie gerne Hühnchen essen (sic).
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Zitat von: ErikErikson
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Offline Maarzan

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #36 am: 27.10.2012 | 12:48 »
Auch der Grad dessen, wieweit man um die Ecke denken darf müßte vorher geklärt werden.

In einem Kaufabenteuer ging es wohl darum eine Geheimtür nach dem Bimetalleffekt zu öffnen. Das wir dafür aber wohl eher nicht genug Luft zum Atmen haben würden bis eien Wand dieser Dicke eine Wirkung zeigt in dem kleinen, sonst nicht verlassbaren Raum war dann zuviel gedacht.

Oder eine Vorleseszene auf einem Schiff. Als einziger mit dem Mechanikus den Rettungswurf gegen den Zauberschlaf geschafft und an Deck des Geisterschiffs geschlichen. Dort wurde in vielen Worten beschrieben wie sich der Schnee auf Deck häuft und die Masten unter der Eislast ächzen. Also habe ich mir entsprechend Gedanken gemacht um die Stabilität des Schiffes und wie ich da einiges Eis loswerde. War aber alles nur "Color". Andererorts sind aber schon Konstruktionen unter Übergewicht zusammengebrochen ... .

Auch Startrek ist da zeimlcih blöde. Du darfst dir allemöglichen kniffligen Dinge ausdenken - aber Transporter oder Replikator nicht für eine naheliegende direkte Lösung benutzen. Wo der Übergang zwischen störend trivial und klever kreativ ist, wechselt aber ständig.
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El God

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #37 am: 27.10.2012 | 21:02 »
Hier kommen immer wieder Beispiele zur Verteidigung realistischer Argumente der Spieler, die immer wieder völlig das Thema verfehlen: In der Regel hat dort bereits der SL vorher dieses Fass aufgemacht, indem er mit Halbwissen glänzen wollte (Schwert wiegt 25 kg, DESWEGEN XYZ oder Bimetall in der Tür -> einzige Lösung XYZ). Das Übel liegt also in der Grundeinstellung der Gruppe gegenüber der Frage, wie Aktionen im Regelraum und im Fiktionsraum bewertet werden.

Und nun wie versprochen zu YY:
Zitat
Nachdem dort im Eingangspost explizit darum gebeten wurde, Realismusdiskussionen zu vermeiden, habe ich einen großen Bogen um den gesamten Thread gemacht - ich kenn mich ja   

Achso, dann zähle ich das mal als Meldung für "Regeln sind da, um Realismus ins Rollenspiel zu bringen." Immerhin einer.

Zitat
So was kommt nämlich erfahrungsgemäß genau dann, wenn der Einspruch erhebende Spieler gerade Nachteile für seinen SC befürchten muss.

Der Einspruch erhebende Spieler kann anders herum auch versuchen, minimalste Vorteile zu erhaschen oder sogar um eine Probe herumzukommen.

Zitat
Entsprechende Diskussionen können also zwischen den Sitzungen geführt werden.
Denn wenn ich in der Lage bin, eine Regel ohne großen Aufwand besser/realistischer/sonstwas zu machen, dann mache ich das in Hausregelform ohne konkreten Anlass.

Wenn Realismus aber das oberste Ziel von Hausregeln wäre, würden die Hausregelsammlungen der Spielgruppen überquellen. Da kann ja jeder mal seinen Groschen in den Hut werfen und realistischere Blutungsregeln, realistischere Regeln für Gifte, eine realistischere Charaktergenerierung mit Chance auf Spontanabort unter der Schwangerschaft fordern. Im Rollenspiel wird so unglaublich viel aus der Betrachtung ausgeblendet, was nach Ansicht der Gruppe keinen Mehrwert bringt, dass man imho nicht ernsthaft von Realismus sprechen kann.

Zitat
Dort wird meistens die Betrachtungsebene/Detailschärfe gewechselt und Sachen gefordert, die das System auf seiner regulären Arbeitsebene gar nicht abbilden kann.

Wenn Realismus das Ziel ist, wie kann man dann überhaupt Detailunschärfe ertragen?

Zitat von: Blutschrei
Aber ich mein das ernst. Die Regeln sagen mir, was das Ergebnis einer Aktion ist, und ich bilde es dann in der Realität ab.

Genau hier muss man doch ins Nachdenken kommen! DAS da oben ist die richtige Reihenfolge! Die Regeln sagen X, also liefere ich in der Fiktion die Erklärung Y. Und erst wenn sich Y nicht finden lässt, weil unplausible Ergebnisse geliefert werden, muss ich X kritisieren.

Zitat von: Geoffrey
Ob ich es nun "Realismus" oder "Plausibilität" nenne ist in meinen Augen ein Stück weit Wortklauberei, denn letztlich kommt es auf das Gleiche hinaus. Von mir aus nennen wir es Planungssicherheit.

Das sind drei grundsätzlich unterschiedliche Dinge. Realismus heißt: Die Fiktion folgt tatsächlichen Naturgesetzen, Plausibilität heißt: Die Fiktion lässt sich ohne Bruch der Naturgesetze erklären und Planungssicherheit heißt: Ich kann anhand der Regeln abschätzen, wie die Fiktion sich unter bestimmten Bedingungen ungefähr verhalten wird.

Zitat
Halbwissen ist heilbar - das macht zwar Arbeit, sollte aber keine Entschuldigung sein. Wenn ich eine Behauptung aufstelle, um ein Argument zum Realismus anzubringen, sollte ich auch eine Quelle nennen können, denn ich begebe mich höchstwahrscheinlich auf ein wissenschaftliches Gebiet, also sollte ich entsprechend vorgehen.

Aber doch nicht mitten im Spiel! Von mir aus kann man sowas zwischen den Sitzungen machen, aber in der laufenden Runden bekomme ich von solchen aufgezwungenen OT-Debatten echt die Krätze.

Zitat
Übrigens sind (Mit-)Spieler, die in "Spotlights" denken und diese zählen in meinen Augen kindisch³, aber das wäre ein anderer Thread.

Ich finde Leute, die sich in einem SPIEL über mangelnden Realismus beschweren, eher kindisch. Spotlight ist ein etablierter Begriff um zu beschreiben, dass sich jemand in den Mittelpunkt stellt. Mich stört weniger, dass jemand Spotlight haben will, mich stört, dass er dies zu erreichen versucht, indem er den eigentlichen Spielfluss unterbricht und die Mitspieler mit seinem Geschwafel über Realismus belästigt.

ErikErikson

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #38 am: 27.10.2012 | 21:07 »
Kann dem Dolge nur in allen Punkten zustimmen.

Offline Feuersänger

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #39 am: 27.10.2012 | 21:51 »
Noch was zum Stichwort von YY,
Zitat
So was kommt nämlich erfahrungsgemäß genau dann, wenn der Einspruch erhebende Spieler gerade Nachteile für seinen SC befürchten muss.

Mag sein dass das vorkommt, aber ich habe das in der Vergangenheit eher andersrum erlebt: SL untersagt irgendeine Aktion oder Ansage, weil sie seiner Meinung nach "nicht realistisch" sei. Selbst wenn die Regeln das eindeutig hergeben und sogar vorsehen. Der Grund dafür wiederum ist dann wohl oft, dass der SL seine Pläne von dieser Aktion durchkreuzt sieht.

Wieder mal Beispiel D&D -- eignet sich einfach herrlich dafür, weil das System so antirealistisch ist -- dort ist es einem hochstufigen Charakter theoretisch möglich, aus großer Höhe in einen Lavapfuhl zu fallen - und zu überleben. Ohne Magie, nur mit Hitpoints.
Da kann man sich nun leicht vorstellen, wie der SL über eine Szene mit riesengroßen Lettern "Ende der Fahnenstange" geschrieben hat, und der Spieler rechnet kurz nach, merkt dass der vermeintlich tödliche Abgrund gar nicht so tödlich ist - und lässt seinen Charakter springen.
Für den SL das Stichwort: "Das überlebst du nicht." - "Aber locker, Fallschaden ist maximal 20d6, die 70 Punkte steck ich doch weg." - "Das ist aber nicht realistisch." -- und lässt den Sprung entweder nicht zu oder behauptet, der Charakter wäre jetzt tot.
Der :T:-Sprachführer: Rollenspieler-Jargon

Zitat von: ErikErikson
Thor lootet nicht.

"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

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El God

  • Gast
Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #40 am: 27.10.2012 | 21:54 »
Ja, spätestens dann sind wir an dem Punkt, wo Planungssicherheit und Realismusanspruch meilenweit auseinanderliegen.

Eulenspiegel

  • Gast
Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #41 am: 27.10.2012 | 22:17 »
Wenn Realismus aber das oberste Ziel von Hausregeln wäre, würden die Hausregelsammlungen der Spielgruppen überquellen. Da kann ja jeder mal seinen Groschen in den Hut werfen und realistischere Blutungsregeln, realistischere Regeln für Gifte, eine realistischere Charaktergenerierung mit Chance auf Spontanabort unter der Schwangerschaft fordern. Im Rollenspiel wird so unglaublich viel aus der Betrachtung ausgeblendet, was nach Ansicht der Gruppe keinen Mehrwert bringt, dass man imho nicht ernsthaft von Realismus sprechen kann.
Realistische Hausregeln werden nur dann eingeführt, wenn die bisherige Regel unrealistisch ist.

Wenn es zu einem Punkt keine Regelung gibt, muss man auch keine Hausregel einführen, man kann diese nichtgeregelte Sache ja auch ohne Regeln realistisch durchspielen.

bzgl. Vulkanbeispiel
Hier ist eben nicht klar, was Planungssicherheit ist, da wir hier eine Situation haben, wo viele Spieler nunmal intuitiv und ohne Regeldenken herangehen.

El God

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #42 am: 27.10.2012 | 22:18 »
Nö. Das widerspricht allem, was du im Ein-Würfel-Kampf-Thread so von dir gegeben hast.

Eulenspiegel

  • Gast
Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #43 am: 27.10.2012 | 22:20 »
Nein. Im Ein-Würfel-Kampf-Thread habe ich behauptet, dass es keine Regel ist, wenn der SL improvisiert, unter welchen Umständen der SC flieht.

Hier sage ich, dass ich keine Regel brauche, wenn der SC fliehen will und dass man die SC Flucht auch ohne Regel handhaben kann.

Ich sehe nicht, wie sich diese beiden Aussagen widersprechen.
« Letzte Änderung: 27.10.2012 | 22:22 von Eulenspiegel »

El God

  • Gast
Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #44 am: 27.10.2012 | 22:22 »
Du hast im Ein-Würfel-Thread sogar behauptet, dass es den Regeln widerspricht, bzw. von den Regeln nicht gedeckt ist, wenn der SL improvisiert.

Eulenspiegel

  • Gast
Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #45 am: 27.10.2012 | 22:24 »
Richtig: Ich habe behauptet, dass es von den Regeln nicht gedeckt ist!

Und wieso ist es von den Regeln nicht gedeckt?
*Trommelwirbel*
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Offline Bad Horse

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  • Username: Leonie
Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #46 am: 27.10.2012 | 22:24 »
Möchtet ihr bitte woanders ausdiskutieren, was der Euli in welchem Thread gesagt hat?  :)
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Wormys_Queue

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Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #47 am: 27.10.2012 | 23:11 »
bzgl. Vulkanbeispiel
Hier ist eben nicht klar, was Planungssicherheit ist, da wir hier eine Situation haben, wo viele Spieler nunmal intuitiv und ohne Regeldenken herangehen.

Insoweit ist das Beispiel für mich auch eine Art Lackmustest, ob ich es mit einem Spieler zu tun habe, mit dem ich überhaupt zusammenspielen möchte. Ich betreibe kein Rollenspiel, um irgendwelche Regelsysteme vollumfänglich umzusetzen, sondern weil ich Abenteuer in einer Welt erleben möchte, die man einem für mich interessanten Genre zuordnen kann. da mag es nun unterschiedliche Geschmäcker geben, aber ich kenne kein Beispiel aus den für mich interessanten Bereichen, in denen man einfach in Lava springen und dieses überleben könnte. Oder anders gesagt: In diesen Bereichen wäre ein solches Verhalten unrealistisch.

Nimmt man nun noch hinzu, dass die Sprungregeln in D&D ganz bestimmt nicht zu dem Zweck designt wurden, ebensolches Verhalten zu ermöglichen, halte ich es ehrlich gesagt für einen Exploit, dass dann trotzdem zu machen. Wer da dann mit dem Regelwortlaut gegen den "Realismus" anargumentiert, hat meiner Meinung nach nicht verstanden, worum es beim Rollenspiel eigentlich geht.
Think the rulebook has all the answers? Then let's see that rulebook run a campaign! - Mike Mearls
Wormy's Worlds - aktueller Beitrag: If I could turn back time

ErikErikson

  • Gast
Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #48 am: 27.10.2012 | 23:13 »
Wer da dann mit dem Regelwortlaut gegen den "Realismus" anargumentiert, hat meiner Meinung nach nicht verstanden, worum es beim Rollenspiel eigentlich geht.

ich hätte da auch gesagt, Regeln sind Regeln, der Char überlebts. Insofern die frage: Worum gehts denn deiner meinung nach beim Rollenspiel eigentlich?

Eulenspiegel

  • Gast
Re: [Rant] Warum ich keinen Realismus mag
« Antwort #49 am: 27.10.2012 | 23:31 »
Es geht darum, sich in eine virtuelle Welt hineinzuversetzen und sich vorzustellen, in dieser virtuellen Welt zu leben.