Autor Thema: [Wheel of Time D20] Kampf gegen den Schatten  (Gelesen 992 mal)

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Ahab

  • Gast
[Wheel of Time D20] Kampf gegen den Schatten
« am: 7.11.2012 | 16:37 »
Moin!

Wir spielen derzeit eine 1-on-1 Runde Wheel of Time, und die Informationsdichte ist sehr hoch. Darum, und weil ich mich erinnerte, dass hier einige Leute im Forum gern WoT leiten würden, sich aber nicht ganz im Klaren darüber sind, wie das aussehen könnte, habe ich beschlossen, ein Diary of Sessions zu schreiben.

Zu meinem Charakter:

Name: Rickard Vosdovan
Hintergrund: Grenzreiter aus Arafel (Grenzlande)
Hintergrund-Feat: Shadowspawn Hunter (Myrddral)
Klasse: Woodsman
Bevorzugtes Terrain: Fäule
Heimat: Shol Arbela
Waffen: Beidhändiger Kampf, Langschwert und Kurzschwert, Langbogen
Reittier: Leichtes Kriegspferd namens "Geist".

Achja: Der Drache ist bei uns (noch?) nicht wiedergeboren.
« Letzte Änderung: 7.11.2012 | 16:41 von Ahab »

Ahab

  • Gast
Re: [Wheel of Time D20] Kampf gegen den Schatten
« Antwort #1 am: 7.11.2012 | 16:40 »
Tagebuch des Grenzreiters Rickard Vosdovan

1. Session - Ein Attentat in Fal Dara


Ich befand mich gerade auf dem Weg nach Fal Dara, um eine Depesche zu Ronan zu bringen, dem Adjütanten von Lord Agelmar Jagad, als ich mitten in der Wildnis mit einer Aes Sedai zusammen stieß. Geist – mein Pferd – wurde mitten in der Nacht unruhig, und ich spähte mit gezogenen Schwertern über den Schneewall meiner Schutzburg. Trollocs hetzten durch das Unterholz des Waldes, scheinbar nur einer oder zwei. Ich schlich ihnen hinterher, um die Bedrohung auszuschalten. Wie sich herausstellte, jagten sie eine Aes Sedai durch den Wald, und ihrem Äußeren nach zu urteilen, schon seit geraumer Zeit. Ich tötete beide Trollocs und bot der Machtlenkerin einen Platz am Lagerfeuer und mein Zelt an.

In jener Nacht veränderte sich der Traum, den ich seit meiner Kindheit immer wieder hatte, zum ersten Mal. Ich erwachte nicht nur inmitten der Blumenwiese mit dem Bergpanorama der Verderbensberge nördlich von Shol Arbela, ich lief sogar darin herum und stieß auf ein bewohntes Haus.  Ich erwachte, bevor ich es betreten konnte, doch meine Erinnerungen waren so real, als sei ich wirklich dort gewesen.

Von da an reisten die Machtlenkerin und ich gemeinsam nach Fal Dara, das auch ihr Ziel war. Sie hieß Melavair Sedai, und ihr Behüter lag verwundet irgendwo in den Wäldern südlich von unserem Standort. Das Band zwischen den beiden schwächte auch sie, sodass ich sie den ganzen Weg nach Fal Dara an den Sattel fesseln musste und zwischendurch Ihre Wunden versorgen und ihr Nahrung einflößen musste. Immer wieder dämmerte sie weg oder erlitt Fieberschübe. Doch schließlich erreichten wir die Grenzstadt. Melavair Sedai trug ihre Nachrichten zu Suelin Sedai, und ich überbrachte meine Depesche dem Adjütanten des Lords. Dabei betrat ich zum ersten Mal die alten, tieferen Teile der Festung Fal Daras. Uralte Reliefs der Ogier zierten Wände und Türen, und nie zuvor sah ich etwas derart schönes. Kaum zu glauben, wenn man die gedrungene Zweckmäßigkeit der Wehranlagen dort vor Augen hat.

Auf dem Rückweg schlenderte ich durch den alten Teil der Burg, um mir die wunderschöne Handwerkskunst der Ogier anzuschauen. Dabei stieß ich auf ein Wandgemälde, welches die Oberhäupter der vier Grenzlande zeigte, wie sie sich in die Handflächen geritzt hatten und die Hände reichten. In der Alten Sprache stand darunter geschrieben: „Wir sind eins, bis in den Tod.“

Am Abend fand ein Fest statt, um die Geburt des Urenkels Lord Agelmars zu feiern. Ich nahm vorher ein ausgiebiges Bad und ruhte mich etwas aus. Da träumte ich erneut meinen Traum. Dieses Mal jedoch betrat ich das Haus und sprach mit seiner Bewohnerin, einer Frau, die sich Margarete nannte. Sie bot mir Tee an und lud mich ein, bis zum Abendessen zu bleiben. Beim Gespräch stellte sich heraus, dass sie weder die Fäule kannte noch, dass der Frühling in Arafel jemals etwas anderes gewesen sei als ein Meer von Blumen. Und sie sagte mir, dass ich keineswegs träumte, sondern tatsächlich dort sei. Sie schickte mich zur Seherin, die mir Klarheit verschaffen könne. Doch als die Haustür hinter mir ins Schloss fiel, erwachte ich. Ich hatte einen Diener gebeten, mich rechtzeitig zum Fest zu wecken, und das hatte er gerade getan.

Auf dem Weg zum Festsaal begegnete ich einigen Gesichtern, die ich lange nicht mehr gesehen hatte. Es tat gut, mich einmal wieder mit ihnen auszutauschen. Einer von ihnen war Hauptmann Torin, dem auch der Sitzplatz neben mir zugewiesen worden war. Schräg gegenüber von uns saß Melavair Sedai, und neben ihr Suelin Sedai – eine sauertöpfische Zitrone von einer Machtlenkerin, aber ich werde mich hüten, das jemals laut auszusprechen. Im Gegensatz zu Hauptmann Torin, der irgendwie nicht in der Lage zu sein scheint, seine verfänglichen Äußerungen für sich zu behalten. Die Blicke, die Suelin Sedai ihm zuwarf, reichten jedenfalls aus, um ihm das freche Grinsen aus dem Gesicht zu gefrieren. Aber auch Melavair schien ihrem Zorn zum Opfer gefallen zu sein, denn sie wirkte wie ein kleines Häuflein Elend. Auch, wenn sie mir hin und wieder einen freundlichen Blick zuwarf.

Schließlich trafen der Lord und sein Gefolge ein, und das Festmahl konnte endlich beginnen. Alle feierten und freuten sich über den neuen Krieger, der die Reihen der Grenzländer im Kampf gegen den Dunklen König auffüllen würde, wenn seine Zeit gekommen sein würde. Nur die Mutter, eine dickliche, pausbäckige Südländerin, schluchzte unaufhörlich vor sich hin, weil ihr der Gedanke scheinbar nicht so sehr gefiel.

Torin seinerseits starrte ständig auf eine saldeanische Gauklerin, die freizügig bekleidet in einer Ecke des Saals saß und die Laute spielte. Andauern stieß er mich an und sinnierte laut darüber, ob sie ihm ihren Schleiertanz zeigte, obwohl sie nicht verheiratet wären. Mir jedoch fiel darüber hinaus auf, dass diese Gauklerin alles und jeden genau taxierte.

Auch eine der Dienerinnen fiel mir ins Auge, da sie überaus nervös schien. Sie war zwar für das leibliche Wohl der Aes Sedai und Suelins Behüter Jamal verantwortlich – einem brutal aussehenden Hünen aus Arafel – doch  sie war auch eine Grenzländerin, und die hatten für gewöhnlich mehr Mumm in den Knochen.

Später am Abend ging ich auf den Balkon, um etwas Luft zu schnappen, während Hauptmann Torin die Gelegenheit nutzte, sich an Melavair Sedai heran zu machen – entweder um sie zu verführen, oder um sie dazu zu bewegen, ein gutes Wort bei der Gauklerin für ihn einzulegen. Die Dienerin fiel mir erneut auf, als sie die Ablenkung durch Hauptmann Torin nutzte, um Melavair Sedai einzuschenken. Dann zog sie sich eilig zurück und verschwand. Meinem Verdacht zufolge trat ich an Melavair heran und bat sie auf ein Wort nach draußen, mit ihrem Weinbecher. Ich berichtete ihr von meiner Vermutung, und sie wurde blass. Dann dankte sie mir und berichtete ihrerseits Suelin Sedai von meinem Verdacht.

Die Gauklerin trat daraufhin zu mir auf den Balkon hinaus und stellte sich als Adela vor. Sie war eine typische Saldeanerin, wie mir scheint: von außen bezaubern und betäubend, und wenn man sich erst einmal auf sie eingelassen haben würde, nur Schwierigkeiten. Jedenfalls warf sie sich unverblümt an mich heran und forderte mich eher weniger subtil auf, sie in der Taverne Zum Brunnen zu besuchen, wo man etwas mehr Privatsphäre genießen könne. Ich dankte ihr höflich, trug das neu erlangte Wissen zu Hauptmann Torin weiter und ging dann zu meinem Zimmer.  Auf dem Flur begegnete ich Suelin Sedai und Jamal und wurde Zeuge, wie die Machtlenkerin einen Trupp Gardisten losscheuchte, die Festung nach der Dienerin zu durchsuchen. Ich nickte Jamal zu und ging schlafen. Auf dem Boden hinterm Bett, nachdem ich einen Tisch unter die Türklinke geschoben hatte. Man kann nie vorsichtig genug sein.

Am nächsten Morgen – meine Vorsichtsmaßnehmen hatten sich als unbegründet erwiesen – ging ich hinunter in den Speisesaal und nahm ein Frühstück zu mir. Melavair Sedai fand mich dort und schenkte mir zum Dank dafür, dass ich ihr nun schon zum zweiten Mal das Leben gerettet hatte, einen kostbar gefertigten Dolch. Er war so klein, dass er für den Kampf nur wenig taugte, doch er war mit Juwelen verziert und laut Melavair Sedai ein Ter’Angreal, der mich im Angesicht der einen Macht schützen würde.

Im Laufe des Tages stromerte ich durch Fal Dara, deckte mich mit Ausrüstung für die nächste Reise ein, ließ mir einen Messerschacht in einen Stiefel nähen und sog die Atmosphäre der nördlichsten Grenzstadt ein. Als ich wieder zurück gekehrt war, bat mich Lord Agelmar, meine Abreise so lange nach hinten zu verschieben, bis er alle nötigen Informationen habe, um seine nächste Depesche zu verfassen.

Später am Tag suchte ich die Bibliothek auf, um mehr über die vergangenen Zeitalter zu lernen, denn ich vermutete, dass meine lebhaften Träume mich in verschiedene Zeitalter trugen. Auch recherchierte ich zu dem Ritual, welches das Wandgemälde abbildete. So erfuhr ich, dass die Könige und Königinnen der Grenzlande in vergangenen Zeiten immer dann ein solches Ritual vollführten, wenn die Zeit der Not am größten war. Dann erneuerten sie den Pakt, sich gegenseitig zur Hilfe zu eilen und gemeinsam für einander einzustehen. Ich erinnerte mich nicht, zuvor schon einmal von einem solchen Ritual gehört zu haben. Laut den Büchern nannte man es das „Herzblut-Ritual“.

Adela suchte mich in der Bibliothek auf und teilte mir mit, dass sie uns auf unserer Reise begleiten würde. Ich muss zugeben, dass ihre anzügliche Art mich zugleich verunsicherte und doch angenehm war. Aber Jamal tauchte auf und setzte unserer Unterhaltung ein Ende. Suelin Sedai „bat“ mich um eine Audienz, und ich ging erneut in den alten Teil der Feste hinab.

Suelin Sedai berichtete mir, dass Melavair Sedai im Süden in einer Erbsache vermitteln sollte und beim Durchstöbern des besagten Nachlasses auf ein Schriftstück stieß, welches im Kampf gegen den Dunklen König von ungeheurem Wert war. Darin stand geschrieben, dass die Rose von Manetheren, als sie die Macht an sich band und jeden Feldherren und Offizier des Schattens vernichtete – wo auch immer dieser sich gerade befand – einen mächtigen Ter’Angreal einsetzte. Dieses Wissen war so ungeheuerlich, dass Melavair das Schriftstück vernichtete und sich unverzüglich auf den Weg nach Fal Dara machte. Unglücklicherweise sprach sie mit jemandem darüber, der das Geheimnis wiederum dem Schatten zutrug – eine Aes Sedai-Schwester, wenn meine Vermutung stimmt. Der Schatten hetzte sie ohne Unterlass, bis sie schließlich meinen Weg kreuzte. Suelin Sedai bat mich, Melavair Sedai sicher zu jenem Ort im Süden zu geleiten, auf dass sie wieder mit ihrem Behüter vereint würde, der immer noch verletzt darnieder lag. Ich stimmte selbstverständlich zu.

Erneut stromerte ich durch die Gänge des alten Teils der Festung und stieß dabei auf ein merkwürdiges Tor, welches in den Stein gemeißelt schien. Doch waren die Blätter und Triebe derart fein und kunstvoll gearbeitet, dass ich mir für kurze Zeit einbildete, das Rauschen der Blätter im Wind zu hören. Selbstverständlich war es nur Einbildung.

Kurz darauf drang das Läuten der Alarmglocken durch die Stadt – irgendetwas näherte sich aus der Fäule. Ich rannte hinauf zu den Zinnen und erblickte eine gigantische schwarze Wolke, die sich widernatürlich schnell über die Berge nach Süden schob. Bei allem, was in den letzten Tagen geschehen war,  befürchtete ich, dass dies einen neuerlichen Versuch des Schattens ankündigte, Melavair Sedai nach dem Leben zu trachten. Die Zinnen waren ausreichend bemannt, also stürmte ich hinab zu Melavair Sedais Zimmer. Ich klopfte hastig, und sie öffnete mir verunsichert. Sie schien jetzt schon ein seelisches Wrack zu sein. Adela war scheinbar demselben Instinkt gefolgt wie ich, denn sie eilte ebenfalls herein, noch bevor ich die Tür hinter mir schließen konnte. Ich berichtete Melavair eilig von meiner Befürchtung, was sie kreidebleich werden ließ. Ich befahl ihr – einer Aes Sedai … sollte ich später einmal Kinder haben, werde ich das besonders oft berichten – sich unter dem Bett zu verkriechen. Sodann bezogen Adela und ich mit gezogenen Klingen Stellung neben den Fenstern und warteten. Während sich die Unheilswolke über Fal Dara schob und alles verdunkelte.

Eine dunkle Nebelschwade zog unter der Tür hindurch und verfestigte sich zu einem Myrddral. Als tauche er aus einem See auf, erhob sich der Blasse kerzengerade aus dem von schwarzem Nebel bedeckten Boden. Höhnisch fragte er, „wo sie sei“, und ich antwortete ihm mit meinen Klingen. Meinen ersten Hieben wich der Blasse mühelos aus und traf mich seinerseits mit seiner unheiligen schwarzen Klinge. Doch Adela erwischte ihn mit einem ihrer Wurfmesser und lenkte ihn für einen Sekundenbruchteil ab. Ich drehte mich und erwischte ihn mit beiden Klingen mehrfach, so dass nun aus mehreren Wunden schwarzer Eiter sickerte. Überrascht und gleichzeitig zornig zischte er mich an und schlug erneut auf mich ein. Seine Klinge brannte wie Eis. Adela traf ihn mit einem zweiten Messer, und ich setze ihm schließlich mit einer zweiten Hiebsalve ein Ende. Mit einem finalen Schlag trennte ich ihm den augenlosen Kopf vom Rumpf. Doch selbst dann mussten wir achtsam sein und seinen unkontrollierten Hieben ausweichen, bis der kopflose Körper endlich zusammenbrach und zuckend auf dem Boden liegen blieb.

Als Jamal schließlich durch die Tür herein brach, war alles bereits vorbei. Er holte Suelin Sedai herbei, die Adela und mich aufs Bett befahl und uns heilte. Sie fing bei mir an, und sofort verfiel ich in tiefen Schlaf. Und träumte erneut. Doch dieses Mal war Arafel den Grenzlanden anheimgefallen. Ich stürmte südwärts nach Shol Arbela, doch die Stadt lag in Trümmern. Ein rotes Banner mit einem gezackten Trolloc-Schwert wehte über der Stadt, und kaum näherte ich mich ihr, wurden ihre Bewohner auf mich aufmerksam. Bevor sie mich jedoch mit ihren geschwungenen Säbeln und hasserfüllten Kampfschreien erreichten, wachte ich auf. Und blickt in Adelas Gesicht, das sich nur wenige Zentimeter von meinem befand. Manchmal wünschte ich …

Ich fragte Jamal gedankenverloren, ob er manchmal Alpträume hätte, und er schien sofort alarmiert. Er fragte nach, und ich berichtete ihm von meinem wiederkehrenden Traum, und wie dieser sich seit meiner Begegnung mit Melavair Sedai veränderte. Er sagte, ich solle unbedingt deswegen zu Suelin Sedai gehen.

Adela und ich gingen gemeinsam in den Speisesaal, um unsere knurrenden Mägen zu beruhigen. Dort sagte sie mir, dass sie sich aus der Sache zurückziehen wolle. Wie es aussieht, hätte sie die Verbissenheit unterschätzt, mit welcher der Dunkle König das Wissen haben wolle, das in Melavair Sedais Kopf steckte. Sie sagte, es sei ihr zu gefährlich, und bat mich, ihr zu verzeihen. Ich sagte ihr, dass ich an meiner Aufgabe festhalten werde, und sie verabschiedete sich.

Später am Tag ging ich hinab zu Suelin Sedais Gemächer. Jamal öffnete auf mein Klopfen hin und verließ sogleich den Raum. Suelin schien mich bereits erwartet zu haben. Ich berichtete ihr erneut von meinen Träumen und der Frau namens Margarete, und was sie mir berichtet hatte. Suelin ihrerseits klärte mich über die Spiegelwelten auf, und besonders über die eine namens Tel'aran'rhiod. Sie erzählte mir, dass es vor langer Zeit solche gab, die allein Kraft ihrer Gedanken von einer Spiegelwelt zur anderen wechseln konnten, und diese Fähigkeit scheint mit mir zurückgekehrt zu sein. Sie öffnete ein Wegtor nach Tel'aran'rhiod, um es mir zu zeigen. Von dort aus wagte ich ein Experiment: ich konzentrierte mich auf Suelins Gemächer in der wirklichen Welt und erschien sogleich dort. Da ich wusste, dass mein Körper in Tel'aran'rhiod weilte, wollte ich meinen Einfluss in jener Welt austesten, in der ich mich mit meinem Geist befand. Ich nahm einen Stuhl und legte ihn auf den Tisch. Dann konzentrierte ich mich erneut, und schon war ich wieder bei Suelin Sedai. Sie öffnete ein weiteres Wegtor, und wir waren zurück mi Diesseits. Als Suelin den Stuhl sah, schien sie beinahe erschüttert. Sie sagte mir, es gebe keinerlei Berichte oder Erfahrungen, was dieses Ausmaß der Fähigkeit anbelangte. Und dass ich sehr vorsichtig sein sollte, sowohl bei meinen Versuchen als auch dabei, wem ich davon berichtete. Ich versprach ihr, mich an ihren Rat zu halten. Aber sie sagte mir, dass ich – vorausgesetzt, ich würde diese Kraft schulen – zu Großem fähig sein würde.

Was Melavair Sedai anging, so hatte Suelin ihre Meinung in der Zwischenzeit geändert. Sie hielt die zerbrochene Aes Sedai für zu unzurechnungsfähig und gefährlich, um den ursprünglichen Plan weiter aufrecht zu erhalten. Stattdessen berichtete sie mir, was Melavair herausgefunden hatte: Königin Eldrene, die Rose von Manetheren, hatte ihren unglaublichen Schlag gegen das Heer des Dunklen Königs mit der Hilfe eines Ter’Angreals durchgeführt. Nun will der Dunkle König verhindern, dass das Wissen um dieses Artefakt sich verbreitet, bzw. er will Melavair Sedais habhaft werden, um selbst herauzufinden, wo es sich befindet (was sie aber nicht weiß).

Ich verkündete Suelin Sedai, dass ich meine Energien fortan der Suche nach diesem Ter’Angreal widmen wolle. Zu lange zweifelte ich schon an dem Umstand, dass die Grenzlande nur die Symptome bekämpften, niemals aber das Böse bei der Wurzel zu packen versuchten. Dies war meine Chance, etwas zu ändern. Meine Familie und alle anderen Bewohner der Grenzlande mochten es vielleicht als Verrat an dem vom Schöpfer uns gegebenen Auftrag sehen, aber ich konnte mir diese Chance nicht entgehen lassen. Suelin nickte nur bedächtig und murmelte etwas von Tav’eren. Mein erster Impuls war, in den großen Bibliotheken nach Hinweisen auf den Ter’Angreal der Rose von Manetheren zu suchen. Suelin Sedai riet mir davon ab, nach Tar Valon zu gehen. Zu groß war die Gefahr, dass das Wissen um das Artefakt in die falschen Hände geriet. Sie empfahl mir, es in Caemlyn zu versuchen, zumal sowohl Manetheren als Caemlyn im heutigen Andor liegen. Die regionale Nähe dürfte dafür sorgen, dass sich in der großen Bibliothek von Caemlyn am ehesten Aufzeichnungen über die letzte Schlacht von Manetheren finden ließen.

Ich ritt hinab zum Flussanleger, um mich nach Reisemöglichkeiten gen Süden zu erkundigen. Wie es schien, war der Erinin bis nach Medo zugefroren. Ich wollte nicht mit einem Ritt nach Medo Zeit verlieren, um dort am besten auch noch auf ein Flussschiff zu warten. Ich entschied mich für den Landweg. Der würde mich zwar an Tar Valon vorbei bringen, aber immerhin würde ich mich auf bekannten Terrain bewegen.

Ich suchte Adela in ihrem Wirtshaus auf, um mich zu verabschieden. Ich bin nicht sicher, ob es sie traurig stimmte, aber bei diesen Saldeanerinnen weiß man ja nie, was wirklich in ihren Köpfen vorgeht. Wer weiß … in einer anderen Zeit, wenn all dies vorbei ist? Jetzt jedenfalls wollte ich sie nicht fragen, ob sie mich begleitet. Sie hatte klar gesagt, dass es ihr zu gefährlich geworden sei, und nun hatte ich vor, in das Auge des Sturms zu reiten. Warum hätte sie sich mir anschließen sollen? Und außerdem war sie vielleicht eine Klinge mehr und die meiste Zeit wohl auch eine angenehme Gesellschaft, doch sie war immer noch eine Saldeanerin und würde mir die Reise nicht unbedingt vereinfachen. Bei dem, was ich vorhatte, musste ich konzentriert und wachsam bleiben. Jederzeit.

Aber als ich allein zum Südtor Fal Daras hinaus ritt, hatte ich aus irgendeinem Grund das Gefühl, ich hätte die Saldeanerin nicht zum letzten Mal gesehen…

« Letzte Änderung: 7.11.2012 | 16:42 von Ahab »