Im zweiten Weltkrieg war es üblich, sich in Straßen nach Möglichkeit direkt an Hauswänden zu bewegen, um nicht von Querschlägern etc. getroffen zu werden. Später fand man dann heraus, dass es dazu eigentlich besser ist, etwa 1m Abstand von Hauswänden zu halten.
1) Wenn einem dieser 1 Meter ein zu hoher Detailgrad ist, dann verzichtet man einfach darauf. Ingame Taktiererei bedeutet NICHT, auf maximal möglichen Detailgrad zu spielen. Die ingame Taktiererei sagt nichts über den bevorzugten Detailgrad aus.
2) Falls man auf einen so hohen Detailgrad spielen möchte, dass es einen Unterschied macht, ob man an der Wand gepresst ist oder 1 Meter Abstand hat:
Man kann dies durch settingspezifische Regelung lösen:
Wenn man zur Zeit des 2. WKs spielt, gibt es nur einfache Regelungen für Querschläger, die dafür sorgt, dass man an der Wand weniger Querschläger abbekommt.
Wenn man dann in einer späteren Zeit spielt, kann man noch eine zusätzliche Regelung einfügen, die besagt, dass Querschläger im Mauerwerk dazu führen, dass kleine Teile der Mauer weggesprengt werden und jeden im Umkreis von 1 Meter treffen.
Durch diese Regelung hätte man dann sichergestellt, dass sich Soldaten im 2.WK in der Nähe der Mauern aufhielten und moderne Soldaten dies nicht mehr tun.
Eine weitere Variante wäre, dass der SL diese Zusatzregel vor den Spielern verheimlicht. Das heißt, die Spieler kennen nur die Regeln, die auch zu diesem Zeitpunkt ihren SCs bekannt sind.
Sprich: Die SCs aus dem 2. WK wissen, dass es Querschläger gibt. Daher kennen die Spieler auch die Regeln für Querschläger.
Die SCs wissen aber nicht, dass Querschläger kleine Mauerteile heraussprengen und jeden in 1 Meter Umkreis verwunden. Daher wird die Mauerspreng-Regelung vor den Spielern geheim gehalten. (Die Spieler können aber herausfinden, dass sie manchmal zusätzlichen Schaden bekommen, obwohl sie von keinem Querschläger getroffen wurden bzw. sich der Zusatzschaden nicht durch Querschläger erklären lässt. Ingame würden dass dann auch die SCs herausfinden.
Disclaimer:
Das ist aber nur relevant, falls man auf diesem extrem hohen Detailgrad spielen möchte. Meistens wird zwar ein hoher Detailgrad gewünscht, aber kein so extrem hoher Detailgrad.
Irgendjemand muss festlegen, was da passiert. Entweder die Regeln, oder der SL.
Und irgendwo muss es auch eine überlegene Taktik geben, ansonsten könnte man sich taktische Überlegungen ja sparen.
Ja, optimalerweise legen die Regeln fest, was passiert. Und ja, sehr wahrscheinlich gibt es eine Taktik, die überlegen ist. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass bekannt ist, welche Regel überlegen ist.
Vergleiche das doch einmal mit dem Erfinder von Schach oder Go. Dieser Erfinder hatte die Regeln festgelegt. Die Regeln bestimmen, was passiert. Dennoch wusste damals noch keiner mit Sicherheit, was denn nun die optimale Regel ist: Einige Spieler damals dachten, es wäre optimal, die Bauern in der Mitte zuerst vorzuziehen. Andere dachten, es wäre optimal, möglichst schnell seine Türme frei zu spielen. Wieder andere dachten, es wäre optimal, möglichst schnell die gegnerischen Bauern zu vernichten.
Keiner wusste damals, was der optimale Zug beim Schach ist. Und trotzdem hat das Spiel Spaß gemacht. Und auch heutzutage ist das optimale Spiel noch unbekannt. Dennoch gilt es als extrem taktisches Spiel.
Das gleiche, was für Schach gilt, würde auch für das RPG gelten: Nur weil der optimale Zug nicht bekannt ist, heißt es noch lange nicht, dass er nicht existiert und dass das Spiel nicht taktisch sei.
Du hast es im Prinzip bei den meisten (antiken sowie modernen) anspruchsvolleren Brettspielen, dass der optimale Zug unbekannt ist, aber dennoch Taktik existiert.
Ich würde sogar sagen: Wenn bekannt wäre, was der optimale Zug wäre, dann gäbe es keine Taktik mehr, weil ja jeder einfach den objektiv optimalen Zug spielen würde.
Ich frage mich nur immer, warum Taktiker dazu auf der Ebene der Naturgesetze argumentieren, aber vollkommen bling bzgl. des social contracts einer Spielgruppe sind. Wenn ich knobeln will, dann suche ich mir doch ein anderes Übungsfeld als einen mir wohlstgesonnen Spielleiter, der mir im Endeffekt sowieso ein Erfolgserlebnis geben muss, damit ich nicht nach 2 Session aus Frust nimmer auftauche.
Wenn ich einen zu gutmütigen Spielleiter habe, dann macht es dem Taktiker auch keinen Spaß.
Genau so, wie sich ein Schachspieler freut, wenn er beim Schach gewinnt, genau so freut sich der Taktiker, wenn er beim RPG gewinnt. Und genau so wie sich der Schachspieler ärgert, wenn er beim Schach verliert, so ärgerts ich der Taktiker, wenn er beim RPG verliert. Und wenn der Schachspieler 10mal hintereinander gegen den gleichen Spieler knapp verloren hat, ist das nur ein Ansporn, noch härter zu trainieren, um beim nächsten Mal zu gewinnen. Und wenn der Taktiker 10mal hintereinander verliert, ist das nur ein Ansporn, noch härter zu trainieren, um beim nächsten Mal zu gewinnen.
Und genau so wie der Schachspieler fuchsteufelswild wird, wenn er erfährt, dass sein Gegenüber absichtlich verloren hat, so wird der Taktiker fuchsteufelswild, wenn er erfährt, dass ihn der SL absichtlich hat gewinnen lassen.
Oder geht es dir ums wohlige Schauern, wenn man das Gefühl hat, im Spiel was fürs "echte" Leben gelernt zu haben?
Ich kann natürlich nur für mich sprechen. Aber ja: Mir persönlich geht es zu einem großen Teil auch darum. (Aber nicht nur. Ich liebe auch Co-Sims und German Board Games.)