Autor Thema: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen  (Gelesen 12055 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Online Maarzan

  • Mythos
  • ********
  • Beiträge: 8.794
  • Username: Maarzan
Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #50 am: 22.11.2012 | 20:39 »
Ne, das war eine zweigeteilte Antwort.  Alles im grünen Bereich.
Jetzt verstehe ich dein Beispiel und der zweite Satz war dann die Antwort zu der Aussage an dem Originalbeispiel, welches mir erst durchgegangen ist.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Gummibär

  • Foren-Sheldon
  • Adventurer
  • ****
  • Beiträge: 746
  • Username: Gummibär
Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #51 am: 25.11.2012 | 18:05 »
@ Hank Scorpio

Danke für deinen guten Beitrag. :) Immersion benötigt nicht bei allen Spielern Realismus, das stimmt. Manche Spieler haben die Fähigkeit und den Willen, Genrekonventionen als Spielweltrealität zu akzeptieren. Dabei könnte ich mir vorstellen, dass manche Spieler (fast) alle möglichen Genrekonventionen akzeptieren und manche Spieler nur bestimmte Genrekonventionen. Für manche Spieler hilft Realismus also der Immersion im Gegensatz zu allen oder manchen Genrekonventionen.

Genrekonventionen sollten klar kommuniziert und als solche benannt werden. Wenn der SL sagt, er bietet ein Spiel im Genre Action an, dann hat man die Möglichkeit, sich auf die entsprechende Spielweltrealität einzustellen. Wenn der SL sagt, er hat ein Abenteuer mit viel Action, dann ist nicht klar, ob auch das Genre Action ist.

(Das mit dem „Fühlen“ wurde auch schon im Thread mit der Gedankensychronizität eingebracht, letztere ist evtl nur eine Technik(?) um ersteres, das eigentliche Ziel, zu erreichen. Allerdings müssen die Gefühle nicht zwangsläufig stark sein.)



Unter welchen Bedingungen ist man bereit, den Unglauben auszusetzen (suspension of disbelief)? Viele sagen dann: „Das liegt an den Genre-Konventionen; wer Drachen für unrealistisch und blöd hält, der spielt halt nicht in einem Fantasy-Setting.“ Ist das wirklich nur eine Geschmacksfrage?
Dennoch: Wann akzeptiere ich Genre-Konventionen als hinreichende Gründe für ein bestimmtes Phänomen und wann wird mir das zu viel und ich halte das für unrealistisch?

Das ist, glaube ich, eine Schlüssel-Frage, aus der man einen neuen Thread machen kann. Dabei würde ich folgendermaßen differenzieren:

Normalerweise existiert ein gravierender Unterschied zwischen der Wahrnehmung in Rollenspielen von Dingen, die es in unserer Realität gibt, und solchen, die es hier nicht gibt, die also fürs Spiel dazuerfunden werden. Von Dingen, die in unserer Realität gewissen Gesetzmäßigkeiten unterworden sind, erwartet man, dass sie es auch im Spiel sind, sofern nicht begründet eine andere Aussage getroffen wird.

Das macht es einfach, Magie oder persönlich für alle sichtbar auftretende Götter zu akzeptieren, aber schwierig, diese Akzeptanz aufzubringen, wenn normale Menschen nicht in der Lage sind, sich eine warme Mahlzeit zuzubereiten.

Bei Dingen, die es in der Realität nicht gibt, ist es klar, dass sie irgendeiner Genrekonvention unterliegen müssen. Selbst wenn der Drache nicht fliegen kann: Realisisch ist er nicht. Man kommt gar nicht in die Gefahr, zu überlegen, ob ein Drache realistisch ist, denn Drachen gibt es in der Realität einfach nicht.

Die Flugfähigkeit von Drachen kann man natürlich als unrealistisch bewerten, wenn das Setting die Regeln der Aerodynamik als Begründung angibt (und das tut es, wenn es nichts anderes angibt). Da der Drache an sich aber schon unrealistisch ist, gibt es überhaupt kein Problem, die Flugfähigkeit mit Magie zu begründen. Unrealistischer wird der Drache dadurch nicht, denn er ist ja eh schon unrealistisch.

Kritisieren kann man natürlich weiterhin, warum der Drache mit den Flügeln schlägt, falls er das tut...

Wenn das, was Du sagst, richtig ist, dann müsste allen Beteiligten immer klar sein, was konkret als dazuerfunden zu gelten hat und was als "real". Das mag zwar oft der Fall sein, ich würde aber bezweifeln, dass das allen ständig klar ist.

Ich denke schon, dass das klar ist, so lange die Genrekonventionen klar sind. Ich spiele normalerweise irgendeine Art von Fantasy, es ist also klar, dass Magie, Götter und fantastische Kreaturen "dazuerfunden" sind. Hast du ein Gegenbeispiel?



Ich widerspreche dem Eingangsbeitrag in zwei Hinsichten:
1. Der Detailgrad der Regeln ist unabhängig vom Realismusgefühl beim Rollenspiel.
2. Auch bspw. Soziologen haben (bisweilen erhebliche) Vorbehalte bei bestimmten Rollenspielen.

Ich glaube nicht, dass das dem OP widerspricht. Letzteres sehe ich genau so.
Du greifst Teichdragon & Co. an und äußerst jetzt Unverständnis, wenn sich einer von ihnen zu Wort meldet?

Gut gemacht.  :gaga:

Offline Skiron

  • Experienced
  • ***
  • Beiträge: 432
  • Username: Skiron
Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #52 am: 26.11.2012 | 11:29 »
Danke für deinen guten Beitrag. :) Immersion benötigt nicht bei allen Spielern Realismus, das stimmt. Manche Spieler haben die Fähigkeit und den Willen, Genrekonventionen als Spielweltrealität zu akzeptieren. Dabei könnte ich mir vorstellen, dass manche Spieler (fast) alle möglichen Genrekonventionen akzeptieren und manche Spieler nur bestimmte Genrekonventionen. Für manche Spieler hilft Realismus also der Immersion im Gegensatz zu allen oder manchen Genrekonventionen.

Vielleicht wäre es hilfreich, wenn Du Realismus unterteilst?

Also versuchst aufzuschlüsseln in welchen Bereichen jemand Realismus möchte.
Am auffälligsten finde ich bisher die Diskrepanz zwischen Realismus (Betonung auf Glaubwürdigkeit der Charaktere/NSC)
und Realismus (Naturgesetze).

Ich nehme an, beim ersten geht es um das "Mitfühlen können" und beim zweiten um das "Handeln können".

Ich schätze, dass man das auch noch unterteilen kann.
Ein sehr gutes Beispiel ist das des Soziologen, der sich Gedanken um die Gesellschaftsstruktur macht,
wenn man tatsächlich Heiler hätte, die immer heilen könnten.

Was mich zu einem weiteren Punkt von Realismus bringt.
Man kann einen Zusammenhang zwischen Phantastischer Literatur und Geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen ziehen,
wenn ersteres, die Erkenntnisse aufgreift und mit dem Gedanken spielt, was passiert, wenn es möglich ist.

Das bedeutet eine bestimmte Idee ist jetzt noch nicht real, aber die Technik/Erkenntnisse lassen annehmen,
dass sie möglich sein werden/könnten.

Als Beispiel kann man Stanislaw Lem anführen, der in den Weltraumtagebüchern mit diesen Erkenntnissen spielt,
sich also einzelne Beispiele herausgreift und durchspielt, was wäre wenn?

Bei dem Drachenbeispiel kann man anführen, dass es Flugdinosaurier gab, Biologen würden sich ev. dafür interessieren,
welche Bedingungen nötig sind, damit sich fliegende Drachen entwickeln könnten. Hierbei würden sie sich natürlich an der Realität
orientieren und könnten vermutlich sehr genau angeben, wie diese Drachen aussehen würden und welches Mittel sie zum fliegen nutzen würden.

Im Prinzip kann man sagen, dass es inzwischen schon einen eigenen Bereich gibt, der sich mit den Fähigkeiten von Tieren befasst (Bionik)
und nicht umsonst wirkt dies inspirierend auf z.B. die Gestaltung von Technik oder auch Superhelden.

Offline Arldwulf

  • Mythos
  • ********
  • Beiträge: 8.934
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Arldwulf
Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #53 am: 26.11.2012 | 12:04 »
Kritisieren kann man natürlich weiterhin, warum der Drache mit den Flügeln schlägt, falls er das tut...

Selbst das wäre schon fragwürdig als Kritik - schließlich hilft Flügelschlagen durchaus auch dann wenn der Drache sich mit Magie leichter macht (und dadurch eben doch mit seiner Flügelspannweite ausreichend bestückt ist)

Pyromancer

  • Gast
Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #54 am: 26.11.2012 | 12:54 »
Im Grundregelwerk des "Engel"-Rollenspieles haben die Macher eine ganze Seite dem Thema "Flugfähigkeit" spendiert, mit Abschätzungen von Tragflächen und Vergleich von real existierenden Vogelflügeln, mit der Folgerung, dass ein ausgewachsener Engel eine Flügelspannweite von 12-14 Metern haben müsste - und die hat er in der Spielwelt-Realität auch. Aber warum macht man sich diesen Aufwand, wo es doch eh keine Engel gibt und andere Setting-Aspekte mit "mei, is halt Magie" oder GAR NICHT erklärt werden? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich es richtig gut fand, und ich mir gewünscht hätte, dass die Macher alle anderen Aspekte der Spielwelt-Realität genauso gut durchdacht hätten.

Offline Arldwulf

  • Mythos
  • ********
  • Beiträge: 8.934
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Arldwulf
Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #55 am: 26.11.2012 | 13:36 »
Das Problem ist ja auch nicht nur die Spannweite, sondern viel mehr die niedrige Geschwindigkeit.

So ein D&D Drache fliegt teilweise mit 40km/h...da hilft auch mehr Spannweite nur sehr bedingt (bzw. müsste dann schon sehr viel mehr sein)

Gleichzeitig ist es eigentlich unrealistisch derart niedrige Geschwindigkeiten für fliegende Kreaturen anzunehmen, diese haben letztlich vor allem Balancing Gründe. Eine Lösung ist also auch einfach die echte Fluggeschwindigkeit deutlich höher anzunehmen und stattdessen die angegebene Geschwindigkeit eher als eine Art sehr kurzfristig (und anstrengend) aufrecht zu erhaltender "Kampf" Geschwindigkeit gegen Ziele am Boden zu werten. Mit höherer Geschwindigkeit reduzieren sich die notwendigen Flügelspannweiten.

Offline ArneBab

  • Legend
  • *******
  • Bild unter GPL von Trudy Wenzel.
  • Beiträge: 4.300
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: ArneBab
    • 1w6 – Ein Würfel System
Re: Warum welche Arten von Spielern Realismus wollen
« Antwort #56 am: 26.11.2012 | 18:03 »
Genrekonventionen sollten klar kommuniziert und als solche benannt werden. Wenn der SL sagt, er bietet ein Spiel im Genre Action an, dann hat man die Möglichkeit, sich auf die entsprechende Spielweltrealität einzustellen. Wenn der SL sagt, er hat ein Abenteuer mit viel Action, dann ist nicht klar, ob auch das Genre Action ist.
Die meisten Rollenspielbücher enthalten doch eine ganze Reihe Kurzgeschichten. Sie sollten die Konventionen der Spielrealität vermitteln.

Meiner Ansicht nach sollten die Regeln diese Geschichten widerspiegeln. Wenn das nicht passt, stört mich das im Spiel. So zum Beispiel geschehen bei Witchcraft.
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
Zettel-RPG — Ein Kurzregelwerk auf Post-Its — für Runden mit Kindern.
Flyerbücher — Steampunk trifft Fantasy — auf einem Handzettel.
Technophob — »Wenn 3D-Drucker alles her­stel­len können, aber nicht dürfen, dann ist Techschmuggel Widerstand und Hacken Rebellion.«