Autor Thema: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel  (Gelesen 6079 mal)

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Pyromancer

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Damit Rollenspiel mir Spaß macht muss es mich emotional ansprechen. Wenn es mir egal ist, was in der Fiktion passiert, dann brauch ich auch nicht spielen. Für einen One-Shot taugt als Motivation auch mal ein "gewinnen wollen" oder "sanfte Neugier, was wohl als nächstes passiert". Damit es richtig gut wird brauche ich aber mehr. Dafür brauche ich einen emotionalen Bezug zum Charakter oder zum Geschehen. Da muss ich mitfühlen und mitleiden, da muss es mich mitnehmen, da muss ich mich mit den Dingen, die passieren, in irgend einer Art und Weise identifizieren können.

Abgrenzung:
"Atmosphäre"
Ein ähnliches Thema ist die sogenannten "Atmosphäre", die manch einer zu erreichen versucht, in dem er sogenannte "atmosphärische Beschreibungen", Dekorationen, Kerzenlicht, Hintergrundmusik etc. einsetzt. Brauch ich nicht, bringt mir nichts. Falls die Bemühungen um "Atmosphäre" in den Einsatz von stinkenden Räucherstäbchen, Schalmeien-Gedudel oder ellenlange SL-Monologe/Vorlesetexte entartet, schadet es sogar.

Method Acting
Auch verwandt ist das sogenannte "Method Acting", bei dem man versucht, sich so weit wie möglich in seinen Charakter hineinzuversetzen und nur noch aus der Warte seines Charakters wahrzunehmen und zu handeln. Kann man machen, muss man aber nicht. Ich "bin" nicht mein Charakter, ich bin nur nah dran. Wenn andere am Tisch "drin" sind schadet das so lange nicht, bis nicht das "mein Charakter ist aber so"-Geweine anfängt.

Emotionale Manipulation
Meist unpassend, aber verzeihlich ist das plumpe Diktat der Emotionen der Charaktere durch den SL. "Du wirst traurig." Äh ja, nein.
Schlimmer ist die verdeckte Manipulation, bei der der Spielleiter bewusst versucht, an bestimmten Stellen bestimmte Emotionen in den Spielern zu provozieren. Damit ursupiert er eine Machtposition, die ich ihm im Rollenspiel nicht zugestehe, er schwingt sich zum Herren über die Emotionen der Spieler auf, anstatt gemeinsam, als Mitspieler in diese Emotionen einzutauchen.
Dabei sind die Grenzen hier sehr fließend. Eine Szene mit dem Potential, Emotionen hervorzurufen (akzeptabel) kann sich auf den ersten Blick kaum von einer Szene mit der Absicht, eine bestimmte Emotion zu provozieren (nicht akzeptabel) unterscheiden. Letztendlich ist da Vertrauen in und Fingerspitzengefühl vom SL gefragt. Die Type Mensch, die hinterher damit prahlt, wie sie drehbuchmäßig die passenden Emotionen in den Spielern geweckt hat, kann ich bei mir am Spieltisch nicht brauchen.


Wie erreiche ich nun aber diesen emotionalen Anspruch?
Ein paar Punkte, die für mich ganz stark dazugehören:

Menschliche Charaktere
Pappaufsteller taugen schlecht als Identifikationsfigur. Wenn mein Krieger den 387sten gesichtslosen, bösen Ork schnetzelt, dann ist der emotionale Impakt gleich null. Die Figuren in der Spielwelt brauchen Profil, brauchen Tiefe, brauchen nachvollziehbare Motivationen. Erst dann hat die Interaktion (die auch mit Schwert oder Plasmakanone erfolgen kann) mit ihnen Bedeutung. Das gilt umso mehr für die Spielercharaktere, die ja meist im Zentrum des Geschehens stehen.

Glaubwürdige Spielwelt
Die Welt, in der diese Charaktere interagieren, muss glaubwürdig sein, am besten ist sie sogar realistisch. Die reale Welt ist eine Umgebung, mit der ich gewohnt bin zu interagieren, zu der ich leicht einen Bezug herstellen kann. Je mehr die fiktive Spielwelt Bezug nimmt auf die Realität, desto leichter fällt es, auch zu ihr einen Bezug herzustellen. Dort, wo die Spielwelt von der Realität abweicht sollten diese Abweichungen durchdacht und ohne allzu große Logik-Lücken sein. "Suspension of Disbelief" ist da ein Stichwort. Bei mir ist es so, dass ich zwar den größten Unsinn als Prämisse akzeptieren kann, bei den Folgerungen aus diesen Prämissen aber sehr empfindlich bin. Auch hier: In One-Shots stört mich das nicht groß, eine Kampagnenwelt, die keinen Sinn ergibt geht aber gar nicht.
"Realistische" Regeln haben damit nur in sofern zu tun, als dass ich Regeln, die nicht glaubwürdige Ergebnisse liefern oder dem Kontext der Spielwelt widersprechen, vermeide. "Der Spieler sagt an, der Spielleiter entscheidet nach gesundem Menschenverstand, was passiert" ist z.B. in meinen Augen eine ziemlich gute Regel, so lange sich der GMV des SLs nicht groß von meinem GMV unterscheidet.

Charakterrelevante Handlung
Das, was passiert, muss mit den Charakteren zu tun haben. Einen x-beliebigen Dungeon plündern oder einen x-beliebigen Mordfall aufklären ist öde. Damit es interessant wird muss für die Charaktere etwas auf dem Spiel stehen, muss es für sie einen wichtigen Unterschied machen, ab die Sache so oder anders ausgeht. Motivation ist hier ein großes Thema, das eng mit dem Thema "menschliche Charaktere" zu tun hat. Menschen tun Dinge aus bestimmten Gründen, nicht "weil das eben das Abenteuer ist". Eine Abstimmung von Charakteren und Kampagne ist hier fast schon zwingend, damit die Kampagne nicht am Charakter oder der Charakter nicht an der Kampagne vorbeiläuft.

Ergebnisoffenheit
Das ist ein sehr merkwürdiger Punkt: Wenn ich einen Film sehe oder ein Buch lese, dann kann ich mitfiebern, obwohl ja schon von Anfang an feststeht, was passiert. Wenn beim Rollenspiel der Verlauf schon feststeht, dann klappt das bei mir mit dem Mitfiebern nicht, zumindest nicht so richtig.
Anektodisch dazu waren die besten Spielerlebnisse meiner Rollenspiel-Frühzeit auch allesamt reine SC-interne Momente, wo man eben wusste, dass das jetzt nicht nach dem Skript des SLs laufen kann, und die Würfel auch offen fallen und nicht hinter dem Schirm.

Exkurs - Spannung ohne Fiktion
Ein spannendes, fesselndes Spielerlebnis ist auch ohne emotionalen Bezug zu einer fiktionalen Handlung möglich, z.B. bei abstrakten Brett- und Kartenspielen. Auch hier wächst die Spannung in dem Maße, wie der Einfluss von Zufall und Glück schrumpft. Nur dann kann auch die Spannung hoch sein, wenn das Ergebnisses in hohem Maße von den Entscheidungen der beteiligten Personen beeinflussbar ist. In sofern passt das Stichwort "Ergebnisbeeinflussbarkeit" besser als das Stichwort "Ergebnisoffenheit".
Eine Szene, deren Ausgang rein von einem Würfelwurf abhängt, ist allenfalls mäßig spannend, auch wenn das Ergebnis offen ist - es ist eben nicht beeinflussbar. Anders sieht es nur aus, wenn der Würfelwurf der Endpunkt einer Entscheidungskette ist, die von allen beteiligten Personen beeinflusst werden konnte.

Fazit:
Damit ich langfristig Spaß an einer Rollenspiel-Runde habe müssen dort menschliche Charaktere im Mittelpunkt stehen, die in einer glaubwürdigen Spielwelt relevante Dinge beeinflussen können.

Das sind natürlich notwendige, keine hinreichenden Bedingungen.

Offline gunware

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #1 am: 30.11.2012 | 14:46 »
Pyromancer, schön geschrieben. Bis auf die Tatsachen, dass es sich um menschliche Chara handeln sollte und dass es notwendige Bedingungen sind (so streng sehe ich es einfach nicht), kann ich es locker abnicken und sagen, dass die Aussage auch für mich stimmt.
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Offline Oberkampf

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #2 am: 30.11.2012 | 15:16 »
Ich kommentiere das mal aus meiner Sicht, wenn das ok ist?

Damit Rollenspiel mir Spaß macht, muss es spannend sein. Alles andere, was die Spannung nicht stört, ist ok und z.T. willkommene Beigabe, aber wegen der Spannung spiele ich. Hoher emotionaler Anspruch erhöht für mich die Spannung im Rollenspiel.

Atmosphäre:
Sehe ich teilweise ähnlich, da gibt es für mich nahezu No Gos (Räucherstäbchen, gedämpftes Licht) und kleine Ärgernisse (Musik). Aber ich sehe auch ein paar Atmosphäresachen positiv, z.B. gemeinsame Beschreibung einer Szene, wenn Spielern Elemente beigetragen werden.

Emotionale Manipulation:
Auch hier größtenteils Zustimmung, allerdings kann ich in Grenzen nachvollziehen, dass SLs manchmal den SCs (nicht den Spielern!) bestimmte Emotionen zuschreiben (z.B. Furcht in Horrorrollenspielen bei gescheiterten Rettungswürfen, oder auch Ärger nach erfolgreichen Provokationsproben von NSCs usw.). Niemals jedoch ohne Regelgrundlage!

Method Acting:
Das beschriebene Problem ist in meinem Kopf unter "Immersionsproblem" abgespeichert, ansonsten auch da weitgehende Zustimmung.

Menschliche Charaktere:
Zustimmung hinsichtlich der nachvollziehbaren Motivation, auch und gerade bei NSCs. Kultisten, die mal wieder irgendwo die Welt zerstören wollen, weil sie halt Kultisten sind und Das Reine Böse (tm) verehren , das die Welt zerstören will, weil es Das Reine Böse (tm) ist, das muss auf Dauer nicht sein. Profil und Tiefe sind aber gefährliche Sachen bei NSCs. Hier ist viel Fingerspitzengefühl erforderlich, damit der NSC nicht den SCs die Hauptrolle klaut.

Glaubwürdige Spielwelt:
Wenn die Spielwelt einigermaßen konsistent ist, das Genre nicht vergessen wird und die Spielwelt bzw. ihre Verwaltung durch den SLs nicht den Regeln widerspricht, reicht mir das vollkommen aus. Regeltreue ist aber extrem wichtig. Über einige Dinge in der Spielwelt will ich mir einfach keine Fragen stellen (Ökonomie auf Mittelerde? Oder in D&D-Welten?), sondern akzeptiere Genrekonventionen.

Charakterrelevante Handlungen:
Das ist der Knackpunkt für mich. Rollenspiel sollte sich um die Spielercharaktere drehen: Ihre Interaktion mit der Welt. Ihre Geschichte. Ihre großen Taten oder tragischen Missgeschicke!
Daraus ergibt sich auch die Notwendigkeit des ergebnisoffenen Spielens (und für mich: die Notwendigkeit des Würfelns).

Ergebnisoffenheit:
Für die Spannung ein wichtiger Punkt. In einem Buch kann es spannend sein, wie der Autor eine problematische Situation auflöst - im Rollenspiel ist das (nur?) dann spannend, wenn die Auflösung nicht vorgegeben ist. An der Stelle treffen für mich 2 wichtige Momente zusammen: Entscheidungen (der Spieler/SLs) und Zufall (Würfel). Ich brauche beides, damit es spannend bleibt.

Exkurs - Würfeln ohne Fiktion:
Es gibt im Rollenspiel Szenen, deren Ablauf hauptsächlichvom Würfeln vorgegeben ist: Verfolgungsjagden, Kämpfe, ausgedehnte Skillproben sind in der Regel überwiegend Würfelangelegenheiten. Man kann den Würfel aber auch für noch mehr Angelegenheiten nutzen. Die Spannung bleibt erhalten, wenn man das Ergebnis des Würfels ernst nimmt und auf seiner Basis die Fiktion gestaltet/die Spielwelt beschreibt. Würfelwürfe ohne Konsequenzen in der Spielwelt sind bedeutungslos und der Spannung nicht zuträglich, deswegen sollte man sie nach Möglichkeit vermeiden.
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Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #3 am: 2.12.2012 | 02:24 »
Schlimmer ist die verdeckte Manipulation, bei der der Spielleiter bewusst versucht, an bestimmten Stellen bestimmte Emotionen in den Spielern zu provozieren. Damit ursupiert er eine Machtposition, die ich ihm im Rollenspiel nicht zugestehe, er schwingt sich zum Herren über die Emotionen der Spieler auf, anstatt gemeinsam, als Mitspieler in diese Emotionen einzutauchen.
Dabei sind die Grenzen hier sehr fließend. Eine Szene mit dem Potential, Emotionen hervorzurufen (akzeptabel) kann sich auf den ersten Blick kaum von einer Szene mit der Absicht, eine bestimmte Emotion zu provozieren (nicht akzeptabel) unterscheiden. Letztendlich ist da Vertrauen in und Fingerspitzengefühl vom SL gefragt. Die Type Mensch, die hinterher damit prahlt, wie sie drehbuchmäßig die passenden Emotionen in den Spielern geweckt hat, kann ich bei mir am Spieltisch nicht brauchen.

Da würde mich ein wenig mehr interessieren, wie Du zwischen akzeptabel und inakzeptable unterscheidest bzw. eher unterscheiden willst, ganz tischpraktisch. Viele Provokationen beginnen als Angebot verkleidet, und manch Angebot mag sich individuell als Provokation erweisen, obwohl die Intention nicht gegeben war.
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Zitat von: korknadel
Rollenspiele sollen bei Dir im besten Fall eine gewisse Schwermut, Resignation und Melancholie hervorrufen.

Zitat von: Dolge
Auf Diskussionen, was im Rollenspiel realistisch ist und was nicht, sollte man sich nie unter gar keinen Umständen absolut gar überhaupt vollständig nicht einlassen.

Offline Auribiel

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #4 am: 2.12.2012 | 02:56 »
Als fast-nur-SL möchte ich dazu einige Anmerkungen machen:

anstatt gemeinsam, als Mitspieler in diese Emotionen einzutauchen.

In die Emotionen mit einzutauchen kann allerdings schwierig sein, wenn man nur "nebenbei"-NSCs führt. Das hat sicher auch mit Übung und Erfahrung zu tun, aber ich zumindest kann reinen NSCs, die ich nicht mit ein wenig Herzblut unterfüttern kann (in dem Wissen, dass sie hin und wieder auftauchen etc.) nicht so emotional darstellen, wie ans Herz gewachsene (N)SCs. Da fällt es mir als SL zuweilen einfach schwerer, in die Emotionen abzutauchen, als den Spielern, die den Vorteil haben, allein ihren geherzten SC zu führen.


Zitat
Die Figuren in der Spielwelt brauchen Profil, brauchen Tiefe, brauchen nachvollziehbare Motivationen. Erst dann hat die Interaktion (die auch mit Schwert oder Plasmakanone erfolgen kann) mit ihnen Bedeutung. Das gilt umso mehr für die Spielercharaktere, die ja meist im Zentrum des Geschehens stehen.

Ich als SL würde mir - entschuldige! - nicht die Mühe machen, NSCs massiv mit Hintergrund und Motivation zu unterfüttern, wenn die einzige Begegnung sich auf Schwert + Plasmakanone bezieht! ;) Wenn's nur Kanonenfutter sein soll, dann bitte, dürfen sich auch die SCs mal verzärteln.


Zitat
Charakterrelevante Handlung
Das, was passiert, muss mit den Charakteren zu tun haben. Einen x-beliebigen Dungeon plündern oder einen x-beliebigen Mordfall aufklären ist öde. Damit es interessant wird muss für die Charaktere etwas auf dem Spiel stehen, muss es für sie einen wichtigen Unterschied machen, ab die Sache so oder anders ausgeht. Motivation ist hier ein großes Thema, das eng mit dem Thema "menschliche Charaktere" zu tun hat. Menschen tun Dinge aus bestimmten Gründen, nicht "weil das eben das Abenteuer ist". Eine Abstimmung von Charakteren und Kampagne ist hier fast schon zwingend, damit die Kampagne nicht am Charakter oder der Charakter nicht an der Kampagne vorbeiläuft.

Ja, ja und ja! Wobei hier das Problem allerdings (zumindest in meiner Runde) meist das Problem ist, dass es an der rechtzeitigen Kommunikation hapert. Wenn ich als SL etwas vorbereite, dann reicht es mir nicht, wenn ich erst am selben Tag den Hintergrund der SCs zugeschanzt bekomme. Außerdem hat man als SL immer das Problem: Was machen, wenn man das Abenteuer passgenau auf die SCs zuschneidert und dann am Spielabend ausgerechnet der SC mit dem stärksten Bezug ausfällt, weil der Spieler absagt? :(


Ansonsten stimme ich dir da zu. Sehr schön geschrieben! :)



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Offline Bad Horse

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #5 am: 2.12.2012 | 20:07 »
Da würde mich ein wenig mehr interessieren, wie Du zwischen akzeptabel und inakzeptable unterscheidest bzw. eher unterscheiden willst, ganz tischpraktisch. Viele Provokationen beginnen als Angebot verkleidet, und manch Angebot mag sich individuell als Provokation erweisen, obwohl die Intention nicht gegeben war.

Das würde mich auch interessieren.

Ich als SL würde mir - entschuldige! - nicht die Mühe machen, NSCs massiv mit Hintergrund und Motivation zu unterfüttern, wenn die einzige Begegnung sich auf Schwert + Plasmakanone bezieht! ;) Wenn's nur Kanonenfutter sein soll, dann bitte, dürfen sich auch die SCs mal verzärteln.
Solange die nur als "Kanonenfutter" herumhüpfen und tot umfallen, ist ihre Motivation einigermaßen egal.

Aber sobald die SCs einen von denen gefangen nehmen und befragen, sollte da schon ein bisschen Profil sein. Das kann dann ja auch entsprechend den Umständen improvisiert werden.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Auribiel

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #6 am: 2.12.2012 | 20:19 »
Aber sobald die SCs einen von denen gefangen nehmen und befragen, sollte da schon ein bisschen Profil sein. Das kann dann ja auch entsprechend den Umständen improvisiert werden.

Da stimme ich dir auch absolut zu. ;)
Es ging nur um den "gesichtlosen Ork" - manche NSC müssen mehr oder weniger gesichtslos bleiben, wenn der SL sich nicht ständig die Arbeit für umsonst machen will. Und beim improvisieren reicht mir eine Namensliste, dann zieh ich mir etwas marvelöses aus dem Ärmel. ;)
Einge der so entstandenen NSC sind mittlerweile zu Haupt-NSCs aufgestiegen.  >;D
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Pyromancer

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #7 am: 2.12.2012 | 21:52 »
Da würde mich ein wenig mehr interessieren, wie Du zwischen akzeptabel und inakzeptable unterscheidest bzw. eher unterscheiden willst, ganz tischpraktisch. Viele Provokationen beginnen als Angebot verkleidet, und manch Angebot mag sich individuell als Provokation erweisen, obwohl die Intention nicht gegeben war.

Ich weiß natürlich nicht, zu welchen Gelegenheiten mich schon Meister-Manipulatoren von mir unbemerkt in bestimmte emotionale Zustände gedrängt haben. Bei langjährigen Runden stellt sich das Problem auch weniger, weil man sich da eben kennt und sich auch "von Spielleiter zu Spielleiter" austauscht über Techniken und Vorgehensweisen. Es war auch im Verlauf eines solchen Fachgesimpels, wo mir, ich war damals noch junger Frisch-SL, ein "alter Hase" voller Stolz erzählt hat, was er auf Con-Runden so mit seinen Spielern abzieht. Da verläuft halt irgendwo eine geistige Trennlinie zwischen dem Selbstbild des SL als primus inter pares einerseits und dem SL als Meister andererseits.

In die Emotionen mit einzutauchen kann allerdings schwierig sein, wenn man nur "nebenbei"-NSCs führt. Das hat sicher auch mit Übung und Erfahrung zu tun, aber ich zumindest kann reinen NSCs, die ich nicht mit ein wenig Herzblut unterfüttern kann (in dem Wissen, dass sie hin und wieder auftauchen etc.) nicht so emotional darstellen, wie ans Herz gewachsene (N)SCs. Da fällt es mir als SL zuweilen einfach schwerer, in die Emotionen abzutauchen, als den Spielern, die den Vorteil haben, allein ihren geherzten SC zu führen.
Halbwegs aktuelles Beispiel: Ich spielte das Telefonat aus, im dem ein Arzt dem SC mitteilte, dass seine Kinder gestorben sind. Das hat mich emotional mitgenommen. Nicht, weil ich den Arzt mit Herzblut gespielt und emotional unterfüttert hatte. Sondern weil mir persönlich das Schicksal des SCs am Herzen lag und ich mit ihm und dem Spieler, den das auch nicht kalt gelassen hat, mitfühlen konnte.

Bis auf die Tatsachen, dass es sich um menschliche Chara handeln sollte...
Menschliche Charaktere können natürlich als Rasse auch Zwerge, Vulkanier oder Werwölfe sein. ;D
« Letzte Änderung: 2.12.2012 | 21:56 von Pyromancer »

Offline gunware

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #8 am: 3.12.2012 | 11:09 »
Menschliche Charaktere können natürlich als Rasse auch Zwerge, Vulkanier oder Werwölfe sein. ;D
Bei denen ist es kein Problem, sie (einigermaßen) menschlich zu sehen. Aber wie ist es mit C3PO? Nagas? Zentauren? Obsidianern? K.I.T.T.? Drachen? Um ein paar Beispiele zu nennen, bei denen ich die Bezeichnung "menschlich" nicht unbedingt nehmen würde - oder höchstens noch als stark an der Grenze annehmen würde und trotzdem noch spielbar wären.
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Offline Nocturama

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #9 am: 3.12.2012 | 11:45 »
Bei denen ist es kein Problem, sie (einigermaßen) menschlich zu sehen. Aber wie ist es mit C3PO? Nagas? Zentauren? Obsidianern? K.I.T.T.? Drachen? Um ein paar Beispiele zu nennen, bei denen ich die Bezeichnung "menschlich" nicht unbedingt nehmen würde - oder höchstens noch als stark an der Grenze annehmen würde und trotzdem noch spielbar wären.

Es geht nicht darum, ob diese Wesen menschlich aussehen oder eine menschliche Kultur führen, es geht darum, ob sie als Träger für uns als Menschen nachvollziehbare Emotionen taugen. Dann können sie auch belebte Kerzenleuchter oder körperlose Geister sein.
Deshalb ist der Roboter in der Art von Data menschlich, der sich fragt, ob er mehr ist als nur ein programmiertes Gehirn. Killbot1000 in der Art von Terminator 1 dagegen nicht, der nie seine Rolle reflektiert und einfach nur eine Tötungsmaschine ist.

Die meisten von dir aufgezählten Wesen haben eben doch die grundlegend menschlichen Emotionen wie Liebe, Hass, Trauer, Wut, alles Sachen und das macht es möglich, dass wir Empathie für sie empfinden.
You're here for two things: to fucking ruin someone's shit, and to play a friendly game of make-believe.

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Offline gunware

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #10 am: 3.12.2012 | 11:55 »
Die meisten von dir aufgezählten Wesen haben eben doch die grundlegend menschlichen Emotionen wie Liebe, Hass, Trauer, Wut, alles Sachen und das macht es möglich, dass wir Empathie für sie empfinden.
Eben. Und trotzdem habe ich jetzt nicht an sie gedacht, als an etwas, was zu  Pyromancer "menschliche Charaktere" passt. Deswegen habe ich die Aussage aus meiner Sicht für mich relativiert. Nichts mehr und nichts weniger.
« Letzte Änderung: 3.12.2012 | 11:57 von gunware »
Ich bin der letzte Schrei der Evolution, als sie mich erschaffen hatte, schrie sie: "Oh Gott, was habe ich denn gemacht?!"

Pyromancer

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #11 am: 3.12.2012 | 12:17 »
Das mit dem "menschlich" ist natürlich auch so ein Punkt, wo es keine eindeutige Grenze gibt. Je weiter weg man vom "Menschen an sich" geht, desto schwieriger ist es, einen emotionalen Bezug herzustellen. Es muss aber auch nicht jeder Charakter menschlich sein. Die Interaktion mit dem "Unmenschlichen" kann ja auch interessant sein, so lange irgendwo ein "menschliches" Wesen beteiligt ist.

Offline ArneBab

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #12 am: 3.12.2012 | 17:42 »
Die Interaktion mit dem "Unmenschlichen" kann ja auch interessant sein, so lange irgendwo ein "menschliches" Wesen beteiligt ist.
Oder wenn wir uns so weit in ein unmenschliches Wesen einfühlen können, dass wir dessen fremde Emotionen erspüren können. Es wird schwieriger, den Bezug herzustellen, aber es kann gehen.
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Offline Skiron

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #13 am: 9.01.2013 | 16:10 »
Danke für das schöne Posting und kann ich für mich in weiten Teilen bestätigen.  :)

Zur Atmosphäre:
Ich denke, dass die Umwelt auf den Menschen wirkt, also auch Hilfsmittel und Techniken in dieser Hinsicht funktionieren,
selbst wenn man sie nicht mag. Weil man es peinlich oder lächerlich findet, oder es tatsächlich negativ wirkt. ;-)

Deshalb finde ich hier wichtig, warum wird welches Mittel eingesetzt?
Und erzielt es überhaupt die gewünschte Wirkung. Ausprobieren kann man in der Hinsicht gerne alles mögliche,
wär nur gut, dann darüber zu sprechen, wie die Wirkung war.

Kerzenlicht, mag ich  ;D, sorgt dafür ruhiger zu werden und die Situation angenehm zu finden und mich zu focusieren.
Räucherstäbchen, kommt drauf an, ich mag Düfte, wenn er mir also gefällt, der Duft finde ich das auch angenehm und
sorgt für Entspannung, kann allerdings auch das Gegenteil bewirken.
Ellenlange Monologe: Werden bei bestimmten Vortragsweisen schnell langweilig, anstrengend und nervig.
Hintergrundmusik wirkt auf mich sehr stark, dementsprechend kann es die unterschiedlichsten Empfindungen hervorrufen,
kann auch ablenkend auf mich wirken.

Zum Charakterdarsteller, ich mag es wenn Charaktere einen eigenen Willen haben und somit nicht nur taktisch auf der Metaebene
gespielt wird. Allerdings ist es mir weitgehend nicht möglich aus dem Charakterspiel Rückschlüsse zu ziehen, was ein Spieler damit spielen will und mag. Von daher wäre mir dann lieber, der Spieler nennt, was er mit dem Charakter spielen will.

Soviel erstmal, gute Themen brauchen eben Zeit.

Offline Maarzan

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #14 am: 9.01.2013 | 18:12 »
Hört sich für mich im Kern nach etwas unscharfer Nachentdeckung von "Narrativismus/Story now" an, bzw. der Theorie, dass packendes Spiel für manche Leute an dem Ansprechen und zur Konfrontation mit auch für sie als Spieler emotional und moralisch packenden Fragen und Konflikten hängt, an.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Skiron

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #15 am: 9.01.2013 | 19:58 »
Ich glaube es hängt mehr damit zusammen, was einen Spieler/Spielleiter emotional bewegt, auch unabhängig von der Story
oder Konflikten und Dramen. Dafür reicht eigentlich schon persönliches Interesse an dem was man tut, oder dem was andere tun oder erzählen. Und was ich für fast essenziell halte ist die Entscheidungsbeeinflussbarkeit, bzw. Entscheidungen treffen zu können
und diese Entscheidungen haben eine Relevanz.

Offline Drudenfusz

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #16 am: 13.01.2013 | 00:55 »
Kann mich auch für das emotinale und ewig Menschliche im Rollenspiel begeistern und sehe dies auch als eine der wichtigsten Spaßquellen für mich, do sollte man erwhnen das manch eine Runde versucht dies zu Anspruchsvoll zu machen (ist mit möchtegern anspruchsvollen Indy-Filmen häufig genau das gleiche Problem), das plötzlich das was einem eigentlich gefällt doch nur langweilig präsentiert wird, weil man das Gefühl nicht los wird das es zu ernst genommen wird Anspruchsvoll zu sein.
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Offline Skiron

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #17 am: 3.04.2013 | 14:25 »
Emotionale Manipulation
Meist unpassend, aber verzeihlich ist das plumpe Diktat der Emotionen der Charaktere durch den SL. "Du wirst traurig." Äh ja, nein.
Schlimmer ist die verdeckte Manipulation, bei der der Spielleiter bewusst versucht, an bestimmten Stellen bestimmte Emotionen in den Spielern zu provozieren. Damit ursupiert er eine Machtposition, die ich ihm im Rollenspiel nicht zugestehe, er schwingt sich zum Herren über die Emotionen der Spieler auf, anstatt gemeinsam, als Mitspieler in diese Emotionen einzutauchen.
Dabei sind die Grenzen hier sehr fließend. Eine Szene mit dem Potential, Emotionen hervorzurufen (akzeptabel) kann sich auf den ersten Blick kaum von einer Szene mit der Absicht, eine bestimmte Emotion zu provozieren (nicht akzeptabel) unterscheiden. Letztendlich ist da Vertrauen in und Fingerspitzengefühl vom SL gefragt. Die Type Mensch, die hinterher damit prahlt, wie sie drehbuchmäßig die passenden Emotionen in den Spielern geweckt hat, kann ich bei mir am Spieltisch nicht brauchen.

Die Aussage "Dein Charakter empfindet so und so" finde ich nicht schlimm, wenn ich die Möglichkeit habe zur Korrektur oder Modifizerung.
Manchmal kann dies sogar eine Anregung sein oder gute Idee, die ich gerne für meinen Charakter aufgreife. Ist für mich dann auch von Mitspielerseite ok.

Emotionale Manipulation, die in mir Gefühle bewirken sollen, ob ich dies will oder nicht, empfinde ich als "benutzt" werden
und damit als Vertrauensbruch. Es gibt in der Hinsicht für mich inzwischen auch keinen Unterschied mehr zwischen SL und Spielern,
die dies tun. Ein absolutes No Go für mich im Rollenspiel und ein Kriterium mich gegen das Spielen mit jemandem
zu entscheiden.

Im Unterschied finde ich es gut, wenn Spieler oder Spielleiter offen aus Interesse provozieren.
Denn dies signalisiert mir deutlich, Bereiche, die einen Spieler selbst emotional ansprechen und dass auch die Bereitschaft da ist mit den Emotionen im Spiel umzugehen, in Form eines gemeinsamen Einlassens auf die Situation.

Menschliche Charaktere
Pappaufsteller taugen schlecht als Identifikationsfigur. Wenn mein Krieger den 387sten gesichtslosen, bösen Ork schnetzelt, dann ist der emotionale Impakt gleich null. Die Figuren in der Spielwelt brauchen Profil, brauchen Tiefe, brauchen nachvollziehbare Motivationen. Erst dann hat die Interaktion (die auch mit Schwert oder Plasmakanone erfolgen kann) mit ihnen Bedeutung. Das gilt umso mehr für die Spielercharaktere, die ja meist im Zentrum des Geschehens stehen.

Menschliche Charaktere finde ich auch ziemlich wichtig.
Müssen allerdings keine Menschen sein.  ;D
Für mich bekommen diese ihre Menschlichkeit am meisten durch ihre Beziehungen zu anderen Charakteren oder NSC
und durch ihr emotionales Verhalten. Ich für mich habe festgestellt, dass es hier wirklich gut ist, wenn Spieler Charaktere
spielen können, die sie interessieren und sie mögen. Also wenn das was sie mit ihren Charakteren spielen können sie auch selbst fesselt,
neugierig macht und sie Spaß daran haben, die Emotionen der Charaktere auszuloten, mit ihren Schwächen umzugehen und den Stärken
und Beziehungen zu anderen aufbauen.

Charakterrelevante Handlung
Das, was passiert, muss mit den Charakteren zu tun haben. Einen x-beliebigen Dungeon plündern oder einen x-beliebigen Mordfall aufklären ist öde. Damit es interessant wird muss für die Charaktere etwas auf dem Spiel stehen, muss es für sie einen wichtigen Unterschied machen, ab die Sache so oder anders ausgeht. Motivation ist hier ein großes Thema, das eng mit dem Thema "menschliche Charaktere" zu tun hat. Menschen tun Dinge aus bestimmten Gründen, nicht "weil das eben das Abenteuer ist". Eine Abstimmung von Charakteren und Kampagne ist hier fast schon zwingend, damit die Kampagne nicht am Charakter oder der Charakter nicht an der Kampagne vorbeiläuft.

Ich sehe das eher auf der Ebene der Spieler (Spielleiter ist mitgemeint).
Die Spieler müssen es relevant finden, was ihre Charaktere tun.
Sie müssen die Möglichkeit haben, dass das was sie mit ihren Charakteren tun ihnen die Möglichkeit gibt
Entscheidungen zu treffen, bei dem sie selbst interessiert sind an einem ungewissen Ausgang.
Sie müssen mit ihren Charakteren die Möglichkeit haben etwas zu erleben, was ihnen selbst Spaß macht.
Sie müssen die Möglichkeit haben einzubringen, was sie selbst fasziniert.
Sie müssen die Möglichkeit haben von ihren Mitspielern das einzufordern, was sie an diesen mögen und ihnen Spaß macht.

Man muss natürlich gar nichts.  ;D
Aber ich glaube inzwischen wirklich, dass es sinnvoll ist, weniger darauf zu achten "richtig" zu spielen, als
sich gegenseitig eine gute Orientierung zwischen mag man und mag man nicht zu geben, mit einer Toleranzgrenze um sich selbst
und auch die Mitspieler aus der Reserve zu locken zu können.

Und ich denke ein Teil davon ist auch, dass man neugierig auf seine Mitspieler ist, dass man Interesse
und Freude an ihrem Spiel hat und neugierig auf ihre Entscheidungen ist.

Ich finds immer noch ein tolles Thema und würde gerne mehr Gedanken dazu lesen.  :)

Offline Skiron

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #18 am: 3.04.2013 | 14:53 »
Das würde mich auch interessieren.

Ich glaube man erkennt es zuerst an einem Gefühl der Ohnmacht und Wut, dass man zuerst nicht lokalisieren und identifizieren kann.

Man selbst hat Emotionen (die man nicht haben möchte!), derjenige, der die Emotionen bewußt versucht in einem zu erzeugen, hat keine Emotionen, ist also in der Situation nicht emotional involviert und genießt es, dass man den Emotionen ausgeliefert ist. Ist ein Machtspiel.

Und ich denke es ist auch schwer das zu erkennen, man kann das eigentlich nur innerhalb einer bestimmten Zeit
und in dem man offen darüber redet. Ich denke meist wird das auch nicht zugegeben, man kann es nur an den Handlungen
ablesen. Wenn also trotz der Hinweise, dass man mit bestimmten emotionalen Situationen nicht umgehen kann oder will,
verweigert wird, darauf Rücksicht zu nehmen.

Offline sangeet

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #19 am: 3.04.2013 | 23:07 »
Zitat
Ja, ja und ja! Wobei hier das Problem allerdings (zumindest in meiner Runde) meist das Problem ist, dass es an der rechtzeitigen Kommunikation hapert. Wenn ich als SL etwas vorbereite, dann reicht es mir nicht, wenn ich erst am selben Tag den Hintergrund der SCs zugeschanzt bekomme. Außerdem hat man als SL immer das Problem: Was machen, wenn man das Abenteuer passgenau auf die SCs zuschneidert und dann am Spielabend ausgerechnet der SC mit dem stärksten Bezug ausfällt, weil der Spieler absagt? Sad

http://www.amazon.de/Plot-Structure-Techniques-Exercises-Crafting/dp/158297294X/ref=sr_1_cc_2?s=aps&ie=UTF8&qid=1365022892&sr=1-2-catcorr

Der Vorschlag hier von James Scott Bell, ist , das man sich die Plot´s  aufmalt, also Zeitlinien, und dann schaut wo man überlappungen einbauen kann. Der Vorteil ist also das man einen Sideplot eines Charakters mit dem Hauptplot verheiratet, oder den Sideplot zum Hauptplot für alle Spieler macht.  Evtl kann man dann später wieder Abzweigen, aber man muss halt über beide Zeitlinien Brainstormen. Und ständig was wäre wenn Fragen stellen, an den Punkten wo es am meisten sinn macht. Das man nur möglichkeiten Aufzeichnet ist auch Klar, und keine "so wird es laufen" Zeitlinie möchte auch. Schau Dir das Buch mal an, es liefert wirklich hilfreiche Ideen. Selbst wenn es um die Familie eines SC´s geht, kann Die doch etwas dazu beitragen, das "Der eine Ring" vernichtet wird, oder ähnliches. (Oder besser, noch dagegen arbeiten , oder oder oder...)

Alles schließt Nichts mit ein.

Offline Falke359

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #20 am: 4.04.2013 | 00:21 »
Ich würde als wichtigen Punkt unterstreichen, dass es "menscheln" muss, dass also Charakterspiel umso besser funktioniert, je mehr man urmenschliche Erfahrungen, Interessen, Verhaltensweisen zugrunde legt. Elfen, Zwerge oder Orks (oder Vulkanier, Klingonen und Ferengi) dienen ja letztlich nur dazu, bestimmte menschliche Eigenschaften schärfer und betonter ausspielen zu können (Intellekt, Aggressivität...).

Ein Sci-Fi-Setting wie Traveller funktioniert für mich z.B. deshalb besonders gut, weil der Alltag der Menschen sich trotz technologischem Fortschritt nicht großartig vom heutigen Alltag unterscheidet.

Insgesamt ein guter und lesenswerter Beitrag, den ich nur unterstreichen kann.  :d
Früher war mehr Lametta.

Eulenspiegel

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #21 am: 4.04.2013 | 02:31 »
Emotionale Manipulation, die in mir Gefühle bewirken sollen, ob ich dies will oder nicht, empfinde ich als "benutzt" werden
und damit als Vertrauensbruch. Es gibt in der Hinsicht für mich inzwischen auch keinen Unterschied mehr zwischen SL und Spielern,
die dies tun. Ein absolutes No Go für mich im Rollenspiel und ein Kriterium mich gegen das Spielen mit jemandem
zu entscheiden.
Ist nicht im Prinzip alles eine emotionale Manipulation?

Letztendlich ist doch schon "Es tauchen 5 Gegner auf." eine emotioanle Manipulation: Es steigert mein Adrenalin, ich bekomme glänzende Augen und will Monster bashen.

Der Auftrag "Rettet die Prinzessin" erweckt den Beschützerinstinkt in mir. etc.

Für mich gehört emotionale Manipulation einfach zum RPG und ich kann mir ein RPG ohne emotionale Manipulation nicht vorstellen. Aber ich spiele auch supergerne Horror-RPGs, wo ich vom SL verlange, dass er Grusel in mir erzeugt.

Pyromancer

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #22 am: 4.04.2013 | 10:09 »
Jedem Tierchen sein Plaisierchen. Bei meinem "Augenöffner-Erlebnis" in dieser Hinsicht waren die Spieler des SLs hinterher auch ganz hin und weg.
 
Aber es ist für mich eben ein Unterschied, ob man sich gemeinsam, SL und Gruppe, auf Emotionen einlässt, oder ob der SL von außen die Gruppe emotional manipuliert.

Die Frage: "Ist nicht im Prinzip alles eine emotionale Manipulation?" bitte ich bei Bedarf in einem separaten Thread zu erörtern - ich selbst sage: Nein, ist es nicht.

Offline Thandbar

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #23 am: 4.04.2013 | 10:31 »
Wenn es richtig verstanden habe, wendest Du Dich vor allem gegen das emotionale Diktat. Und das wirkt gerade bei Horrorspielen überhaupt nicht. "Du hast jetzt Angst." "So?"
In einer grusligen Erzählung wirkt es ja meistens auch überhaupt nicht, wenn der Autor einfach nur behauptet, der Held fürchte sich. Das Erwecken von Angst funktioniert ja viel untergründiger, durch das Arrangement der Szene und die bedrohliche Atmosphäre, die aufgebaut wird. Insofern würde ich den Begriff der "Manipulation" gar nicht so negativ besetzen und sehe es ein wenig so wie Eulenspiegel. Wenn der Spielleiter geschickt an meinen Fäden zieht und wirkungsvoll bestimmte Gefühle in mir triggert, finde ich das überhaupt nicht schlimm. Nur - wenn er es plump macht, funktioniert es eben einfach nicht.
"Du wirst direkt in diesem Moment von einer Zilliarde grünkarierter Kakerlakeneinhörner in Tweedanzügen umzingelt, die mit Fallschirmen aus gebeiztem Vanillepudding aus der nächstgelegenen Dattelpalme springen und dich zu ihrer Avonberaterin krönen - und die Krone ist aus Dr. Frankensteins bösartig mutiertem Killernougat! Streich dir 78000 Hirnschadenspunkte ab und mach sofort eine Jodelimprovisation!"

Offline Skiron

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Re: Emotionaler Anspruch als Spaßquelle im Rollenspiel
« Antwort #24 am: 4.04.2013 | 12:22 »
Glaubwürdige Spielwelt
Die Welt, in der diese Charaktere interagieren, muss glaubwürdig sein, am besten ist sie sogar realistisch. Die reale Welt ist eine Umgebung, mit der ich gewohnt bin zu interagieren, zu der ich leicht einen Bezug herstellen kann. Je mehr die fiktive Spielwelt Bezug nimmt auf die Realität, desto leichter fällt es, auch zu ihr einen Bezug herzustellen. Dort, wo die Spielwelt von der Realität abweicht sollten diese Abweichungen durchdacht und ohne allzu große Logik-Lücken sein. "Suspension of Disbelief" ist da ein Stichwort. Bei mir ist es so, dass ich zwar den größten Unsinn als Prämisse akzeptieren kann, bei den Folgerungen aus diesen Prämissen aber sehr empfindlich bin. Auch hier: In One-Shots stört mich das nicht groß, eine Kampagnenwelt, die keinen Sinn ergibt geht aber gar nicht.
"Realistische" Regeln haben damit nur in sofern zu tun, als dass ich Regeln, die nicht glaubwürdige Ergebnisse liefern oder dem Kontext der Spielwelt widersprechen, vermeide. "Der Spieler sagt an, der Spielleiter entscheidet nach gesundem Menschenverstand, was passiert" ist z.B. in meinen Augen eine ziemlich gute Regel, so lange sich der GMV des SLs nicht groß von meinem GMV unterscheidet.

"Die reale Welt ist eine Umgebung, mit der ich gewohnt bin zu interagieren, zu der ich leicht einen Bezug herstellen kann."

Das ist für mich der wesentliche Punkt um mich emotional auf eine Welt einlassen zu können.
Ich möchte sie haptisch und sinnlich erfahren in dem ich sie anfassen kann, mich in ihr bewegen, und vor allen Dingen sie verändern kann.
Verändern ganz banal, in dem ich die Gegenstände bewegen und anfassen und anschauen und benutzen kann, also mit der Umwelt interagieren kann mit meinem Charakter. In dem die Begegnungen die ich mit den Bewohnern der Welt habe, eine Spur hinterlassen. In dem ich Beziehungen innerhalb der Welt aufbauen kann. Indem die Dinge, die mich selbst interessieren Gestalt gewinnen. Als Spielerin in dem ich sie beschreiben darf und auch welche Emotionen sie in mir bewirkt.

Das seltsame für mich ist, dass sie diese Gestalt erst durch das gemeinsame Spiel gewinnen können.
In einer Art Wechselwirkung.
In dem ich "einbauen" kann und darf, was ich mag und was nicht, meine Mitspieler einbringen und einbauen, was sie mögen und nicht mögen.
In dem wir gemeinsam auf unsere Plausibilität achten.

Ergebnisoffenheit
Das ist ein sehr merkwürdiger Punkt: Wenn ich einen Film sehe oder ein Buch lese, dann kann ich mitfiebern, obwohl ja schon von Anfang an feststeht, was passiert. Wenn beim Rollenspiel der Verlauf schon feststeht, dann klappt das bei mir mit dem Mitfiebern nicht, zumindest nicht so richtig.
Anektodisch dazu waren die besten Spielerlebnisse meiner Rollenspiel-Frühzeit auch allesamt reine SC-interne Momente, wo man eben wusste, dass das jetzt nicht nach dem Skript des SLs laufen kann, und die Würfel auch offen fallen und nicht hinter dem Schirm.

Exkurs - Spannung ohne Fiktion
Ein spannendes, fesselndes Spielerlebnis ist auch ohne emotionalen Bezug zu einer fiktionalen Handlung möglich, z.B. bei abstrakten Brett- und Kartenspielen. Auch hier wächst die Spannung in dem Maße, wie der Einfluss von Zufall und Glück schrumpft. Nur dann kann auch die Spannung hoch sein, wenn das Ergebnisses in hohem Maße von den Entscheidungen der beteiligten Personen beeinflussbar ist. In sofern passt das Stichwort "Ergebnisbeeinflussbarkeit" besser als das Stichwort "Ergebnisoffenheit".
Eine Szene, deren Ausgang rein von einem Würfelwurf abhängt, ist allenfalls mäßig spannend, auch wenn das Ergebnis offen ist - es ist eben nicht beeinflussbar. Anders sieht es nur aus, wenn der Würfelwurf der Endpunkt einer Entscheidungskette ist, die von allen beteiligten Personen beeinflusst werden konnte.

Ergebnisoffenheit ist für mich inzwischen die Umsetzung der Konsequenzen von Entscheidungen im Spiel durch Würfelwürfe.

Die Entscheidungen treffen für mich nicht die Würfel (oder sollten es nicht) sondern die Spieler für ihre Charaktere.
Die Würfel bestimmen eigentlich nur die Konsequenzen für den Charakter aus den Entscheidungen des Spielers, allerdings nur wenn sie auch entsprechend umgesetzt werden.

Konkret und banal, wenn ein Spieler für seinen Charakter darauf würfelt, dass dieser für die Runde ein feines Essen kochen will und würfelt, der Wurf wird verhauen, dann spielt man mit dem Charakter, im günstigen Fall, warum der Charakter das Essen kochen verhauen hat und die Mitspieler stellen mit ihren Charakteren dar, wie diese damit umgehen schlechtes Essen vorgesetzt zu bekommen und der Spieler stellt für den Charakter dar auf welche Weise er dafür gesorgt hat, oder durch welche Umstände das Essen nicht so gut geworden ist.
(oh, ich hab geplaudert und dabei ist mir das Essen angebrannt).

Im Fall, dass es besonders gut gelingt, natürlich ebenso.
Oder wenn es ok, war, dann eben dieses Ergebnis.

Für mich sehr faszinierend ist es, dass manchmal Konsequenzen aus Würfelwürfen für den Charakter innerhalb der Spielewelt Entscheidungen der Spieler und der ganzen Gruppe notwendig machen, möchte man Ergebnissoffenheit und das Würfelwürfe Konsequenzen für den Charakter haben können.

Ich persönlich möchte Konsequenzen für meine Charaktere, sogar negative, weil ich es interessant finde, wie man mit Situationen umgehen kann.
« Letzte Änderung: 4.04.2013 | 13:39 von Skiron »