Die echte Welt - Oder: Warum muss es immer phantastisch sein?
Boah – da spielt, glaube ich, eine ganze Menge mit rein.
1. MoralRealität heißt, sich mit reellen Konsequenzen auseinandersetzen zu müssen. Menschen sterben und hinterlassen Familie. Da muss ich mich moralisch absichern und man kann ganz furchtbar reinfallen. Willst du als SL jemandem den Spaß vermiesen? Dann offenbare am Ende der Sitzung, dass der Charakter den Falschen getötet hat. Einen Unschuldigen. Na toll! In dem ich möglichst irreale Probleme schaffe, kann ich einen irrealen moralischen Kompass anwenden.
2. Frust nicht vermehrenWarum will niemand im Spiel reelle Probleme lösen? Ein Spiel um das Geldverdienen, das Vorankommen im Beruf. Ein Spiel um Hartz iV und die Entfremdung der Familie, um Drogenprobleme, Depressionen, gesellschaftlichen Werteverlust. Klar – weil ich nur verlieren kann. Löse ich die Probleme im Spiel, trage ich den Frust in der Wirklichkeit vor mir her, verliere ich, habe ich im Spiel den gleichen Frust wie im Leben. Auch das funktioniert allenfalls ansatzweise, wenn ich literarisch überzeichne. Indem ich eine möglichst irreale Welt schaffe, kann ich Distanz zum Leben bringen. Ich kann Probleme lösen, die meine eigenen klein erscheinen lassen und auch keine Rückschlüsse auf mein Leben zulassen. Das muss nicht immer Eskapismus sein, aber man will zumindest kein Spiel spielen, um hinterher noch frustrierter zu sein, als zuvor.
3. Faszination!Ich kenne die Realität. Ich kenne ihr hässliches Gesicht und die Freuden. Das Übernatürliche lässt mich mehr erleben, lässt mich Dinge erleben, die ich in Realität nie erleben würde. Ich kann wieder Kind sein und staunen, kann Großes schauen und tun. „Larger than Life“ ist eine Faszination an sich.
4. Ein Bedürfnis nach mehrMenschen scheinen das Bedürfnis nach dem Übernatürlichen zu haben. Religionen zeugen davon, ebenso wie die vielen Esotherikmessen. Ich persönlich würde kein Rollenspiel ohne Magie spielen! Selbst in Hard-Sci-Fi möchte ich irgendwo ein wenig Magie drin haben. Das bin ich jetzt nur persönlich, aber viele Menschen suchen danach, etwas zu erleben, das irgendwie „magisch“ ist.
5. Ein Bedürfnis nach ActionWir wollen oft, dass es kracht. Dass es kawummst. Warum explodieren in Krimis Autos? Warum springen die Helden durch Scheiben oder werden von Pistolenkugeln durch die Gegend geschleudert? Das ist auch Magie, denn mit der Realität hat das nichts zu tun. Aber mit Zauberei und Plasmawaffen kawummst es halt noch mehr. Und wenn ich Zombies köpfe, darf ich mich dabei sogar noch moralisch erhaben fühlen. Win-Win!