Autor Thema: Settingfrage: Die echte Welt - Oder: Warum muss es immer phantastisch sein?  (Gelesen 5036 mal)

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Shield Warden

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Das hört sich nach einer Dualität der Weltsicht an:

magisch / phantastisch / von Wundern geprägt = kindisch <-> rational / auf- / abgeklärt = erwachsen

und hat für mich einen der ersten Seite zu negativ konnotiert gegenüberstehenden Anstrich. Demnach wäre jede Einbindung phantastischer und / oder magischer Inhalte, jede Form des Mythos, der sich nicht an die bewiesenen, ach so rationalen "Fakten" hält eine Form von regressivem Eskapismus.
« Letzte Änderung: 12.12.2012 | 14:30 von Shieldkröte »

Offline Chief Sgt. Bradley

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Warum Monster und Magie:
Damit wir uns nicht bewusst machen müssen dass all die schrecklichen Dinge von Menschen und nicht von Monstern getan werden und wir im Grunde selbst dazu in der Lage wären?
Denke das trifft auch auf die zweite Frage zu. Wir brauchen dieses Sicherheitsnetz "ist ja nicht real"/"das sind ja keine Menschen".

Vielleicht wollen wir aber auch beim Rollenspiel eben auch einfach phantastisches erleben und verbinden mit der realen Welt eben keine Abenteuer.
Eventuell ist es der Reiz des neuen, des fremdartigen, des übermenschlichen
Und wenn es magisch ist trauen wir uns vielleicht auch Dinge zu tun (lies: spielen) die wir in der Realtität nie tun würden.

Warum nicht die reale Welt?

Weil in der Realität vieles scheiße ist und das brauchen wir auch nicht noch im Rollenspiel.
Hier können wir die Welt nicht per Schwerthieb ändern, im RPG schon.

Unter Umständen glauben auch viel die reale Welt wäre nicht spannend genug?
Ja, so würde ich das unterschreiben. :d
So ist es einfacher und macht mir mehr Spaß. Ich kann z.B. mit Krimi-Serien à la CSI-Hückelhoven und den anderen tausend Abwandlungen und Neuanstrichen überhaupt nix anfangen, liebe aber so fantastische Serien wie Doctor Who, Farscape, Firefly etc. Diese Genres bieten mir viel mehr Möglichkeiten.
Ich kann z.B. ein historisches Ereignis aus der realen Welt nehmen, etwas spaciges hinzufügen und das Ganze auf einem fremden Planeten mit Alienrassen spielen lassen. Schon habe ich ne geile Geschichte :)
Für die Neuen
"Sir! We are surrounded!" - "Excellent! We can attack in any direction!"
Es gibt drei Arten von Grammatik: korrekt, falsch oder Yoda
Insgesamt hab ich das vorhin einer Bekannten am Telefon beschrieben mit "Guardians of the Galaxy in XXL und geiler!"

Offline Megan

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Mir ist gerade nochwas eingefallen, was hier noch nicht so sehr erwähnt wurde: die Möglichkeit der Poesie/Metaphorik (Vermi hatte zumindest das Wort in seinem Post geschrieben).

Grundsätzlich mag ich reale Settings, aber selbst bei diesen ergänze ich gerne mal etwas, das quasi übernatürlich ist: Visionen, Träume, vielleicht eine Art Geist ...
Dadurch kann man die geistige Ebene irgendwie einfacher darstellen/ansprechen, der Geschichte und den Figuren einen viel stärkeren Symbolcharakter geben, so dass es auch jeder versteht.

Man erweitert die Geschichte um gewisse Aspekte, die durch reine Realität schwer darstellbar sind. Zumindest für mich ist das ein ziemlich wichtiger Grund, warum ich reale Settings gerne magisch anreichere.

(versteht jemand, was ich meine?  :-\)

Offline Boba Fett

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Ich bin auf eure Ansichten und Kommentare gespannt.

Ich finde es gibt durchaus interessante Epochen und Regionen, die sich gut zum Rollenspiel eignen.
Und dazu braucht man keinen übernatürlichen Bonus.
Mir fällt der kalte Krieg mit viel Spionage ein, die Wirtschaftskriege der neoliberalen Kolonialmächte und der damit verbundene "Anti-Terrorismus" Kampf des Westens gegen den radikal-islamistischen Fundamentalismus, die Kreuzzüge, die Zeit um den dreissigjährigen Krieg und die Koloniesierung Amerikas, etc. etc.

Das Problem dabei ist, dass wir im Rollenspiel schnell anfangen, zu romantisieren.
Ausgespielte Geschichten wie Spionageromane a'la John le Carré mögen realistisch sein, werden aber langweilig. James Bond macht eben mehr Spaß.
Königreich der Himmel ist spannender als Säulen der Erde... ;)

Also peppt man das ganze etwas auf.
Und wenn man das schon macht, kann man sich doch gleich der irdischen Mythen annehmen und dem Aberglauben etwas Fundament verleihen.
Denn vom Realismus entfernt man sich ja ohnehin, wenn man es actionreicher, heroischer, schwarz-weisser, romantischer, spektakulärer macht, als es in Wirklichkeit war.
Denn mal ehrlich: Im Mittelalter spielen? Naja, schon, aber doch bitte ohne Pest, Lebenserwartung, Hunger und Not, etc. etc...
Oder? ;)
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline Beral

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Das hört sich nach einer Dualität der Weltsicht an:

magisch / phantastisch / von Wundern geprägt = kindisch <-> rational / auf- / abgeklärt = erwachsen

und hat für mich einen der ersten Seite zu negativ konnotiert gegenüberstehenden Anstrich. Demnach wäre jede Einbindung phantastischer und / oder magischer Inhalte, jede Form des Mythos, der sich nicht an die bewiesenen, ach so rationalen "Fakten" hält eine Form von regressivem Eskapismus.
Die negative Konnotation steckt da aber nicht drin, die hast du selbst reingebracht. Aus dem Quell des Urvertrauens zu schöpfen ist keine Realitätsflucht. Es ist auch das Gegenteil einer krankhaften Regression.

Die Gegenüberdarstellung als Dualität ist auch nicht so hilfreich. Der Mensch entwickelt sich halt. Ein Kind ist etwas anderes als ein Erwachsener, aber welchen Mehrwert hat es, daraus die Dualität Kind <-> Erwachsener zu konstruieren?
Spielertyp: Modellbauer. "Ich habe das Rollenspiel transzendiert."

"Wir führen keinen Krieg...sind aber aufgerufen eine friedliche Lösung auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen." Gerhard Schröder.

Taschenschieber

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Ich schaue ja auch mal Filme oder lese Bücher, die in der realen Welt spielen...der Unterschied ist, dass man da nicht SELBST mitspielt...beim Rollenspiel "erlebt" man die Geschichten...in Büchern, Filmen, Videospielen lernt man die Geschichte eines anderen kennen...das ist, denke ich, der Unterschied.

Du meinst, im Rollenspiel erschaffe ich selber eine Geschichte, in Videospielen bekomme ich sie nur erzählt?

Da muss ich nämlich widersprechen. Die meisten Abenteuer der großen Systeme stehen dem diametral gegenüber. Du erlebst die Geschichte des Abenteuerautors und darfst gelegentlich mal eine Abzweigung wählen. Das können PC-Spiele aber genauso leisten.

Und vor allem: warum führt dieser von dir behauptete Unterschied dazu, dass Leute zwar Sachen aus der realen Welt lesen (d. h. miterleben) wollen, aber nicht rollenspielen (d. h. miterzählen) wollen?

Shield Warden

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Die negative Konnotation steckt da aber nicht drin, die hast du selbst reingebracht. Aus dem Quell des Urvertrauens zu schöpfen ist keine Realitätsflucht. Es ist auch das Gegenteil einer krankhaften Regression.

Die Gegenüberdarstellung als Dualität ist auch nicht so hilfreich. Der Mensch entwickelt sich halt. Ein Kind ist etwas anderes als ein Erwachsener, aber welchen Mehrwert hat es, daraus die Dualität Kind <-> Erwachsener zu konstruieren?

Ich hab gar nichts konstruiert, dir nur widergegeben, wie es sich las (und möglicherweise auch für andere liest). Wenn das nicht deine Intention war, dann ist es gut, das jetzt geklärt zu haben.

Offline sindar

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Hallo Vash,

mir wäre es Oft einfach zu langweilig. Da ich ein Spinner bin möchte ich rumspinnen. Das geht mit "Erweiterungen" einfach besser. Der Reiz ist für mich gerade das Übernatürliche, Andere, wie auch immer.
[...]
Also für mich geht es, vor allem wenn ich Leite, fast nicht Ohne. Einfach weil ich es so will :-)
Unterschreibe ich so wörtlich. :)
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Offline Grey

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Warum würzen wir die settings mit Monster und Magie? Welchen Gewinn generieren wir daraus?
Ich halte das, ehrlich gesagt, zu 90% für Tradition. :korvin: Ein gewisser Konservatismus jener Rollenspieler, die noch die Anfänge von D&D miterlebt haben. "Rollenspiel = Fantasy".

Rollenspiele, die auf phantastische Elemente verzichten, gibt es aber dennoch (wenn auch nicht viele). "Private Eye" ist da so eine Ausnahme.
Ich werd' euch lehren, ehrbaren Kaufleuten die Zitrusfrucht zu gurgeln!
--
Lust auf ein gutes Buch oder ein packendes Rollenspiel? Schaut mal rein! ;)

Offline Drudenfusz

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Für Abenteuer ohne übernatürliches in der Realität kann man einfach Urlaub machen, da bruacht man kein Rollenspiel für. Und selbst wenn es nur um Geschichten geht, scheinen mir dann Filme oder Bücher besser zu sein als Rollenspiel. Rollenspiele sind in der hinsicht eher wie Comics, also das man Geschichten mit übernatürlichen in dem Medium einfach gut machen kann und wenn es sich so anbietet warum sollte man dann drauf verzichten?
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Taschenschieber

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Für Abenteuer ohne übernatürliches in der Realität kann man einfach Urlaub machen, da bruacht man kein Rollenspiel für.

Dein Urlaub besteht also darin, komplizierte Verbrechen abzuziehen (Leverage), SPECTRE und ihren Chef, Blofeld, zu jagen (James Bond) oder mittelalterliche Heere in die Schlacht zu führen?

Mann, du hast ein interessantes Leben.

Offline YY

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Warum würzen wir die settings mit Monster und Magie? Welchen Gewinn generieren wir daraus?

Ich kann nicht sagen, warum geradezu der Zwang zum Übernatürlichen bestehen zu scheint.

Wenn ich selbst Settings erstelle, überlege ich mir im Vorfeld ziemlich genau, ob ich übernatürliche Elemente brauche oder nicht - und für das Allermeiste fällt die Antwort negativ aus.

Freilich sind da auch mal Sachen dabei, die genau wie beschrieben "XYZ - aber mit Zombies!" sind. Da ist das aber auch Kern der Sache und nicht zwanghaft reingepresstes Beiwerk.


Ich finde stark verregelte Magie insbesondere in SC-Händen sterbenslangweilig.
Wenn ich ein Magiebuch eines beliebigen klassischen Rollenspiels in die Hand nehme, kommt da alles auf, aber kein sense of wonder.

Und weitergehend: Warum wollen wir nicht die reale Welt bespielen? Was spricht dagegen?

Aus meiner Sicht nichts.

Nur weil es sich um unsere Welt handelt, bin ich doch noch lange nicht im Genre festgelegt (!).
"Larger-than-life", Schwarz-Weiß, Action - das geht "hier" auch.

Spielen in unserer Welt heißt doch nicht Zwang zu Realismus, Moralkeule, Langeweile etc. pp..


Und Aussagen in die Richtung "Kenne ich schon alles" oder "Da kann ich ja auch vor die Tür gehen" kann ich gar nicht nachvollziehen.

Dafür ist unsere Welt viel zu vielseitig und vielschichtig und dafür gibt es hier viel zu viele Dinge, die ich wohl nie tun werde und Orte, die ich wohl nie sehen werde.


Zuletzt:
Ich finde es bisweilen sogar recht angenehm, dass man sich so problemlos aus der Realität bedienen kann.
Für unsere Polizeirunde in L.A. habe ich mir z.B. ein Organigramm von der Homepages des LAPD gezogen und wir haben ziemlich viel mit Streetview u.Ä. gearbeitet - das war richtig klasse, gerade für mich als vorbereitungsfaulen SL.

Wobei unter meinen Spielern auch kein Spinner ist, der dann alles 100% genau nachrecherchiert und mit irgendwelchem "Das ist aber eigentlich ganz anders"-Geschwafel ankommt.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline Beral

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Ich finde stark verregelte Magie insbesondere in SC-Händen sterbenslangweilig.
Wenn ich ein Magiebuch eines beliebigen klassischen Rollenspiels in die Hand nehme, kommt da alles auf, aber kein sense of wonder.
Das geht mir ganz genauso.
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Offline K!aus

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Das geht mir ganz genauso.

Nachdem das schon die zweite Antwort dazu ist frage ich mich wie Magie verregelt sein soll, dass es den Sense of Wonder erhält?

Gruß,
-- Klaus.
GURPS Deathwatch
[FFG] Star Wars Jedi Ritter, Rebellen
Mein biete Thread - schau doch mal rein. :)

Offline Grey

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Ich finde stark verregelte Magie insbesondere in SC-Händen sterbenslangweilig.
Wenn ich ein Magiebuch eines beliebigen klassischen Rollenspiels in die Hand nehme, kommt da alles auf, aber kein sense of wonder.
+1. Wobei ich mir bei meinem Eigenbau-Fantasy-Regelwerk große Mühe gebe, diesen trotz allem aufkommen zu lassen, aber leicht ist es nicht...
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Offline Drudenfusz

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Nachdem das schon die zweite Antwort dazu ist frage ich mich wie Magie verregelt sein soll, dass es den Sense of Wonder erhält?
Würde sagen entweder so das man ziemlich kreativ damit sein kann, wie zum Beispiel in Mage der WoD. Oder zumindest so das die Magie irgendwas mystisches behält, liest sich nämlich in vielen Rollenspielen wie angewante Wissenschaft und nicht wie etwas mystisches, fand das der Aspect in 7th Sea für mich funktioniert hat, wo die Magie zwar klar war aber was das eigentlich für meine Seele oder die Welt bedeutet immer irgendwie im hintergrund mitgetragen wurde.
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Offline Arldwulf

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Der Zwang zum übernatürlichem entsteht unter anderem auch durch den Wunsch nach Abenteuervielfalt.

Dadurch das man Dinge einbringt die normalerweise nicht funktionieren würden erlaubt man mehr mögliche Abenteuer. Deshalb gibt es auch in Geschichten die in unserer Welt spielen oft derartige Elemente - und sei es nur der Todeslaser welcher von Mr. Bond entschärft werden muss, oder der unglaublich ansteckende Virus vor dem man die Welt beschützen muss.

Je übernatürlicher ein Element ist umso mehr ermöglicht es andere Abenteuerideen, ergänzt das was in unserer Welt möglich wäre. Denn darum geht es letztlich. Welche Art von Abenteuern wären bei uns denn möglich, komplett ohne phantastische Elemente? Ich will nicht sagen dass es keine wären - aber es ist eben eine deutlich reduzierte Anzahl.

Offline Beral

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Zu der Frage, wie man den sense of wonder in Magieregeln erhalten kann, habe ich einen eigenen Thread gestartet:
http://tanelorn.net/index.php/topic,78940.0.html
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