Ist dies aber nicht der Punkt, dass Magie ihren Sense of Wonder nur dann erhalten kann, wenn du sie Spieler nicht zugänglich machst? Denn sobald du sie Spielern zugänglich machst, bedeutet dies, dass sich Leute damit beschäftigen, sie erforschen, strukturieren und ausüben. Wie du selbst sagst, kann Magie für diese Leute damit profan werden oder den Sense of Wonder auf eine andere Stufe heben, weil die Magier erst richtigtm den Zauber der Magier (dummes Wortspiel) voll erfassen (können?).
Ich denke, dass Magie ihren Sense of Wonder auch erhalten kann, wenn sie besser verstanden wird. Auch wenn man etwas versteht, kann es wunderbar sein.
Ich weiß, dass die Wahnsinnigen Effekte bei einem Sonnenuntergang durch verschiedene Luftschichten und Streuungen des Lichtes zustande kommen, dadurch wird er aber nicht weniger wundervoll, sondern eigentlich noch viel spannender.
Nur weil Wissenschaft für Außenstehende trocken wirkt, heißt das nicht, dass sie das für Wissenschaftler auch ist. Die dann vielleicht Stundenlang darüber erzählen können, wie wahnsinnig flexibel der Verdauungstrakt der Zecken ist. Nur gibt es heute irgendwie die Ideologie, dass Wissenschaft trocken sein muss. Sonst ist sie ja nicht exakt. Es gibt aber Gründe dafür, warum Physiker sich oft zu Musik hingezogen fühlen.
Sobald man Konzepte wirklich vor sich sieht und nicht nur Zahlen und Formeln repliziert, ist die wissenschaftliche Betrachtung eines Konzeptes mindestens genauso wundervoll wie die mystische. Und für Außenstehende mindestens ebenso mystisch.
Um das mal zu veranschaulichen:Stell dir einen Tisch vor. Er wiegt 30kg und ist aus Holz.
Berühr ihn. Spürst du die Fasern? Wie sie in eine Richtung laufen, als wollten sie einen Weg markieren. Sie sind die Erinnerung an den Baum, der dieses Holz geformt hat. Er wäre eine ganze Geschichte für sich, doch lass uns tiefer gehen.
Stell dir vor, du bist eine Ameise. Die Fasern werden zu Hubbeln, auf die du deine Beine setzt, und der Tisch wird eine riesege Fläche. Jetzt siehst du erste Strukturen in der Faser. Ein Staubkörnchen.
Betrachte das Staubkörnchen. Aus seiner Oberfläche siehst du noch kleinere Strukturen, wie die Zacken von Bergen. Und in diesen Strukturen leben kleine Wesen, die sich mit Häärchen einen Weg ertasten. Und diese Wesen leben auch auf den Fasern, erfühlen ihre Oberfläche.
Jetzt stell dir vor, du wirst eines dieser Wesen. Wieder verändert sich deine Wahrnehmung. Du fühlst kleine Öffnungen, verschmiert mit einer hubbelligen Substanz, die deine Fasern nicht durchdringen können. Viele kleine Teilchen, die sich aneinander festzuhalten scheinen, doch nicht mit jedem gleich stark. Diese Teilchen spüren den Zug jedes anderen Teilchens, und je länger sie werden, desto stärker halten sie sich aneinander fest.
Und ganz innen berühren sie auch das grobe Holz des Tisches, schmiegen sich in seine Täler und Hohlräume. Sie spüren, dass das Holz nicht nur aus einer Art Teilchen besteht. Manche der Teilchen sind größer, andere kleiner, und manche halten besser zusammen, andere schlechter. Sie sind elastisch. Wenn sich zwei verbinden, ändern beide ihre Größen und ihre Struktur. Ihre Oberflächen verändern sich.
Doch diese Oberflächen sind nicht fest. Sie fließen und verändern sich beständig, und manches Mal können deine Berührungen sie fast ohne Widerstand durchdringen, doch nur für Augenblicke. Wenn du dann Widerstand fühlst bemerkst du noch winzigere Teilchen, die dich mit ungeheurer Kraft zurückdrücken, obwohl sie sich selbst fast mühelos bewegen. Und hinter ihnen ist… nichts.
Ganz lange nichts.
Bis wir tief in der Mitte der großen Teilchen ein großes Teilchen finden, das sich fast gar nicht bewegt. Es sitzt hier, fest und unverrückbar und gibt den kleinen Teilchen am Rand die Kraft, alles äußere wegzudrücken. Es ist größer als die winzigen Teilchen. Viel größer und viel schwerer. Um es genauer zu betrachten, sehen wir es als eines der winzigen Teilchen an.
Sie spüren beständig die Kraft dieses schweren Zentrums, das sie mit seiner Kraft in feste Bereiche zwingt. Sie können mit anderen winzigen Teilchen tauschen, und wenn zwei dieser schweren Teilchen sich einander nähern, verändern sich die Bereiche, die die winzigen Teilchen bereisen können. Aber die Bereiche sind nicht glatt. Wenn die winzigen Teilchen sich auf diesen Bereichen dem Zentrum nähern, spüren sie schwache Hügel und Täler im Zentrum, wo sie ihm näher kommen können oder weiter weg bleiben müssen. Und auch diese Hügel sind Teilchen. Sie sind größer als die winzigen Teilchen und viel schwerer. Und sie hängen aneinander in einer Art, die die winzigen Teilchen nicht verstehen. Sie spüren nur, dass diese großen Teilchen, aus denen das Zentrum besteht, irgendwie zusammenbleiben und sich kaum bewegen.
Daher blicken wir tiefer, wandern von dem winzigen Teilchen durch eine Unendlichkeit des Nichts, bis wir dieses Zentrum erreichen. Wir werden Teil eines der größeren Teilchen, das hier mit vielen anderen sitzt. Und wir spüren ungeheure Kräfte, die es ständig versuchen festzuhalten und wegzuschleudern. Ungeheure Kräfte, die in einem Gleichgewicht sind, das so fragil ist, dass ein einziges fehlendes Teilchen eine Katastrophe verursachen würde.
Und wir spüren, dass es zwei Arten von Teilchen hier gibt: Einige pressen die anderen mit schrecklicher Kraft zurück und ziehen sie gleichzeitig an - jedoch schwächer. Und andere ziehen sie nur an. Diese anderen bilden den Klebstoff, der all diese massiven Anhäufungen geballter Kraft zusammenhält. Doch so unverrückbar sie auch wirken, während sie in ihrem fragilen Gleichgewicht verharren, so sind sie doch nicht immer gleich. Immer wieder verändert sich die Kraft eines anderen für Augenblicke, doch nur so kurz, dass kein anderer darauf reagieren kann. Und wenn wir tiefer in diese zwei so unterschiedliche Arten der Teilchen blicken, finden wir erneut neue Strukturen.
Unter ihrer so festen, fast unbewegten Oberfläche rumort es. Drei ständig bewegte Teilchen tanzen hier, und es sind Teilchen der gleichen Art. Der einzige Unterschied zwischen den Teilchen schrecklicher Abstoßung und den nur haltenden Teilchen ist Verteilung der Teilchen. In dem haltenden Teilchen sind es zwei der einen Art und eines der anderen, in dem mit grausamer Gewalt zurückpressenden Teilchen ist es eines der einen Art und zwei der anderen.
Und um diese drei ständig bewegten Teilchen tobt ein Sturm aus roher Kraft, der sie hin und zurück wirft, aus dem sich beständig weitere Teilchen formen und wieder vergehen. Die Gewalten dieses Sturmes sind so groß, dass sie das gesamte Zentrum mit Leichtigkeit zerschmettern könnten, doch wie die winzigen Teilchen, die sich eine Unendlichkeit entfernt auf festen Bereichen im Nichts bewegen, so hat auch der Sturm seinen festen Bereich, und wann immer eine Gewalt in die eine Richtung wütet, wüten auch Kräfte in die andere Richtung. Wann immer ein schweres Teilchen vergeht, entsteht binnen Augenblicken aus den in dessen Tod freigesetzten Gewalten ein neues Teilchen gleicher Art, so dass dieser Sturm von außen eine feste Form zu haben scheint.
Doch in der Wirklichkeit des Sturms ist nichts fest, nichteinmal die Anzahl der Teilchen im Sturm. Wir erkennen das nur nicht mehr, wenn wir wieder nach außen wandern, weil sich all diese Gewalten ausgleichen und Anomalien in der ungeheuren Anzahl an Teilchen in der Faser und in der ungeheuren Anzahl der Fasern des Tisches untergeht. Wir spüren nicht, dass nur die Hälfte der 30kg an Masse im Tisch eine feste Form hat.
Was wäre, wenn das bei Magie nicht so wäre?
Wenn diese schrecklichen Gewalten im Inneren von Magiern aus dem Gleichgewicht gebracht würden, so dass all die mystischen Hintergründe in jeder Situation wichtig würden und so auch kleine Änderungen große Effekte hätten.
Ein Magier, der die Gewalt des Sturms freisetzt und in ein neues Gleichgewicht bringt, in dem diese Gewalten den Effekt bewirken, den er sich wünscht, in dem sich aber ein kleiner Missklang zu einem ganz neuen Ton steigern kann.
So wie auch in der Kunst die Feinheiten des Spiels den Gesamtklang ändern und aus einem sanft träumenden ein trauriges Stück machen können, ohne auch nur die Noten umzuschreiben.
PS: Ich bin hier einen Weg von Materialwissenschaften über Biologie und Festkörperphysik bis Quantenphysik gegangen. Falls ihr Fehler in meinen Bildern findet, schreibt sie bitte!