Autor Thema: Einfach mal Foltern  (Gelesen 5703 mal)

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Swafnir

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #50 am: 24.02.2013 | 13:55 »
Das ist etwas was eigentlich die Gruppe regeln müsste. Bei unserer Rippers-Runde wollte ein Spieler foltern, aber mein Charakter hat das dann verhindert, weil er es Inplay nicht verantworten konnte. Damit waren dann alle Spieler am Tisch zufrieden, auch der dessen SC foltern wollte.

Andererseits haben wir mal bei einem Setting ne "böse" Runde gespielt und als es dann ans foltern ging (und wir hatten sogar den richtigen), hat der Sl es verhindert mit einem "das könnt ihr doch nicht machen". Das war dann für alle sehr unbefriedigend.

Ich denke das Thema kann spannend sein, aber es setzt eine gewisse Reife im Charakterspiel voraus. Die meisten meiner Charaktere würden dazwischen gehen, wenn ein anderer SC jemanden foltern wollen würde. Aber ich habe auch schon nen korrupten Bullen gespielt der jemanden beim Verhör mit einem Telefonbuch bearbeitet hat.

Wie sieht es mit deinen Spielern aus? Trauen die sich nicht das zu unterbinden, ist es ihnen egal, oder sehen sie es als legitimes Mittel an weil sie eher "Problemlöser" als "Charakterspieler" sind? Siehst du das Problem auf Spieler oder Charakterebene?

Offline ComStar

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #51 am: 24.02.2013 | 13:55 »
Das Problem ist doch, dass die Spieler des OP Folter als Allheilmittel zur Problemlösung/Informationsgewinnung verwenden und den OP diese einseitigen (einfallslose und langweilige) Methode stört. Sie stört ihn (nicht weil es unmoralisch ist), weil es zu einfach ist.
@Saintis korrigier mich bitte, wenn ich mit meiner Interpretation falsch liege!

Deswegen ja die Suche nach "Inplay Bestrafungen/Konsequenzen", die das Mittel der Folter weniger zuverlässig werden lässt, bzw dessen Einsatz erschwert.


Aber ich kanns nur nochmal sagen "Red mal mit deinen Leuten" (nicht um das Foltern aus dem Spiel zu verbannen, sondern um ihnen klar zu machen, dass sie es sich deiner Meinung nach zu einfach damit machen)


Ich hatte mal ein ähnliches Problem mit Geistern und Watchern bei Shadowrun(3):
Ich hatte nen Spieler der für jeden Scheiss den passenden Geist parat hatte und ihn die Arbeit erledigen ließ.
Natürlich war der Char für genau diese Methode gemaxt  ::)...
Nachdem Offplay drüber Reden nichts brachte, griff ich zu diesen extremen Methoden:

Irgendwo im Buch steht, dass Geister nur ganz genau das tun, was man ihnen befiehlt, und kein bisschen mehr oder weniger.
Da die beschworenen und kontrollierten Geister mMn die Schnautze davon voll hatten, immer die Drecksarbeit zu erledigen, hab ich als SL irgendwann damit angefangen den Wortlaut des Befehls auf die sprichwörtliche Goldwaage zu legen. Dadurch wurde es für den Spieler fast unmöglich mal eben aus dem Stehgreif einen seiner Geister zu irgendwas komplexeren zu nutzen, ohne nicht vorher einen perfekt (am besten schriftlich) ausformulierten Befehl vorzubereiten, der keine Lücken und keinen Interpretationsspielraum lies, den die Geister gegen ihn verwenden konnten. Die Geister haben Regelgetreu eben nurnoch ganz genau das gemacht, was man ihnen sagte, und nicht was der Spieler meinte.  >;D

Nach 2-3 Runden hat er seine Geister mit mehr bedacht eingesetzt.

Saintis

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #52 am: 28.02.2013 | 16:09 »

Nein, absolut richtig ComStar

Gestern ging übrigens der Abend ins Land und sie kamen nicht auf die Idee zu foltern

Offline Boba Fett

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #53 am: 28.02.2013 | 16:18 »
Ich geb mal meinen Senf dazu.
Die Überlegung, das Problem "in game" zu lösen, halte ich für falsch!

Das Problem entsteht ja nicht in den Köpfen der Charaktere (die haben keine) sondern der Spieler.
InGame Konsequenzen werden als Legitimierung des Handelns wahrgenommen und führen nicht dazu, dass derjenige den Fehler im Gedanken wahrnimmt, sondern nur überlegt, wie er die möglichen Negativkonsequenz vermeiden kann. Das bringt niemanden weiter.
Deswegen sollte man den Spielern klar machen, dass es sowas wie "Genrebeschränkungen" gibt.
Also das, was als angemessener Spielinhalt bewertet wird und das was da nicht hingehört.

Mal ehrlich, als Spielleiter hättest Du auch die absolut nicht widerlegbare Option, dass Terroristen eine Atombombe geklaut haben und diese im PKW auf der anderen Straßenseite zünden, wenn die Charaktere vorbeilaufen. Unwahrscheinlich? ja Unfair? Klar! Unmöglich? Keineswegs!
Als Star Wars Spielleiter könnte man jede Kampagne mit den Worten "Ihr seid auf Alderaan. Es wird hell! Sehr hell!" beginnen und beenden.
Trotzdem macht man das nicht. Warum? Weils keinen Spaß macht. Niemandem.

Schlußfolgerung: Du als Spielleiter setzt nicht alle Möglichkeiten ein, die Du hast, damit die Leute Spaß am Spiel haben.
Konsequenz: Die Spieler sollten das gleiche tun, denn auch Du solltest Spaß am Spiel haben dürfen.

Redet drüber! Das hilft!
Wenn nicht, ist der Spieler eigentlich im falschen Film, denn Rollenspiel ist ein Gesellschaftsspiel, das man gemeinsam und miteinander spielt. Sozialkompetenz ist Grundvoraussetzung!
« Letzte Änderung: 28.02.2013 | 16:27 von Boba Fett »
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Der Rote Baron

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #54 am: 28.02.2013 | 17:16 »
Boba Fett trifft den Nagel auf den Kopf.

Wenn man allerdings ein Setting hat, in dem die SC durchaus eine harte Gangart einlegen können und dies Folter mit einschließt (so z.B. bei einer früheren HERO Dark Champions-Runde in Hudson City), sollte man genauer hinschauen.
1) Die Spieler sind immer noch die Helden - was unterscheidet sie dann noch von den Böse? Sie können ja wohl kaum den entrüsteten dunklen Rächer mimen, wnn sie selbst jedem Taschendieb die Hände abhacken, Verkehrsrowdies abknallen und kleine Drogendealer (solche, die selber abhängig sind) zu Hackfleisch verarbeiten.
2) Es sollte im Setting klar sein, dass die so behandelten Schurken keine resozialisierbaren, selbst misshandleten Opfer sind, sonder bewusst handelnde, völlig amoralische A****löcher, die für nen freien Parkplatz ihre Mutter verkaufen würden. Dabei ist es immer gut, ihr Handeln und die Opfer dieses Handelns vorher ins Spiel zu bringen.
3) Sie sollten über Informationen verfügen, die sie NIEMALS anders preisgeben würden. Sonst MUSS es noch andere Möglichkeiten geben.
4) Die Spieler sollten erwachsen sein, sich so verhalten, wissen, was "gespielt" wird und dies auch spielen wollen.

Ansonsten zum Thema "Folter":
1) Helden machen so was nicht! "Nachdem Watson dem Bankräuber Freddy Fountain mit seinem Dienstrevolver die Frontzähneausgeschlagen hatte, fand Holmes einen sehr kooperativen, sozusagen "sprudelnden" Gesprächspartner vor." - Eher nicht!
2) Folter ist ein vergleichsweise schlechtes Mittel, um an korrekte Informationen zu kommen. Für Terror, Rache, Vergeltung, Bestrafung geeignet, für die mittelalterliche Rechtsprechung notwendig - aber für Informationen zeitaufwändig und fehlerhaft. Selbst das jahrelange Waterboarden durch die CIA erbrachte weniger Informationen als die Gegner mit Respekt zu behandeln:
http://www.germanspeakers.org/tl_files/articles/Rene-Borbonus-RESPEKT-ist-effektiver-als-Folter.pdf

Offline Zauberelefant

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #55 am: 2.03.2013 | 23:07 »
Man muß da immer dran denken, daß es um Fiktion geht. In "24" wird permanent irgendwer gefoltert. Das macht den Helden auch nicht happy, aber angelogen wird er meistens nicht. Und sowas schlägt sich natürlich auch irgendwann in RPG nieder. Obs nun stimmt oder nicht, aber das hält auch keinen davon ab, in Rüstung zu reisen...
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Offline Horatio

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #56 am: 2.03.2013 | 23:18 »
"24" hatte da tatsächlich eine krasse Entwicklung; in Staffel 1 wurde noch abgewartet, keiner wollte es tun und der Präsident der USA gibt nach langer Bedenkzeit schließlich unter Tränen grünes Licht und die Folge endet mit einem Silent Clock Moment.

In späteren Staffeln fragt man sich nach 5 min in denen der Typ nichts gesagt hat, warum da noch nicht die harten Bandagen angelegt wurden und es ist stets im Nachhinein gerechtfertigt  :-\. Ich glaube da spielte aber auch die reale amerikansiche Politik mit rein..

Aber noch mal zur Problematik:
Die Frage ist doch, warum ist es in der gemeinsamen Fiktion. Einer bringt es ja am Spieltisch rein. Wenn das die Spieler sind, dann entweder weil sie es selbst so wollen (Foltern und "nicht nett sein" gehört zu manchen Genres ja auch dazu) oder weil sie es so "gelernt" haben: Wenn man sonst keine Antworten bekommt und sich der SL "querstellt" (bewusst oder unbewusst, mit guten Intentionen oder ohne) selbst wenn der coole Wurf auf soziale Fertigkeiten kam, eskaliert man eben in der Fiktion.

Ich denke, vorausgesetzt dass nicht die erste Alternative vorliegt, ist ein Klarmachen von Seite des SL wie man "mechanisch" die Infos bekommt für die man momentan noch glaubt Foltern zu müssen, dann ist das nächste Sitzung vom Tisch, bis sie wirklich einen haben dem sie Schmerzen zufügen wollen.
« Letzte Änderung: 2.03.2013 | 23:39 von Horatio »
You see, it did not matter that setting canon and expected style was being broken,
as long as the characters in the story believed in their roles, the Story Guide believed in the consequences of any actions taken,
and the players believed in the story more than mere setting facts. Whatever the story would be in genre and message,
that would be revealed after the fact, not before.
- Eero Tuovinen: A Loveletter to a Story Gamer

Offline Zauberelefant

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #57 am: 2.03.2013 | 23:23 »
Genau. Zur Abwechslung mal einen Foltern, der "es verdient hat". Und sie dann mit den moralischen Konsequenzen konfrontieren. Moment, jetzt spielen wir aber WoD oder?
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Offline unicum

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #58 am: 3.03.2013 | 14:51 »
Mir ist gerade dazu ein buch eingefallen:
Aus dem Lensmen-Zyklus von Edward Elmer Smith.
Weis leider nicht genau welcher Band, 3 4 oder 5. Da kommt es zu einem Vorfall wo sich einer der Lensmen Agenten explizit von den übermächtigen Gegnern gefangennehmen lässt, gefoltert wird und diese darasu trozdem völlig falsche schlüsse ziehen. Der Agent wird danach wieder völlig hergestellt btw (Regenerationstanks und so). Die Bücher sind im übrigen keine grossen Schmöker. Alle 5 zusammen sind sicher weniger als der erste band Herr der Ringe. Stiel ist SF aus den 50ern halt.

Offline Oberkampf

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #59 am: 4.03.2013 | 22:03 »
Nochmal was speziell zu FATE:

Als ich an einer Konvertierung fürs Warhammer-Setting gebastelt habe, habe ich ausdrücklich einen Skill Folter eingeführt und verregelt, dass nach dessen Einsatz normales Intimidation nicht mehr möglich ist. Außerdem wird Foltern als Konflikt mit Konsequenzen ausgetragen. Hexenjäger haben nicht umsonst so einen schlechten Ruf und vielleicht die eine oder andere Geisteskrankheit.
Dans un quartier qui est triste à tuer
Prends des bombes de peinture et bombe tout
Ecris se que tu penses sur les murs!
Couleurs sur Paris...nanana...
Il est temps de changer... na nana na

Nieselregen

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #60 am: 7.03.2013 | 11:07 »
Hm viel wird oft Diskutiert das die Spieler plötzlich auf die Idee kommen jemanden zu Foltern, aber gerade bei solchen sagen wir mal Neulingen im Folterhandwerk ist doch davon auszugehen das sie sowas nie zuvor gemacht haben.Also ist es eher warschenilich das die ihr "Opfer" so misshandeln das es ihnen alles erzählt und noch viel mehr.

Ich meine damit das Folter wenn die Spieler versuchen sollten es als Allheilmittel zu nutzen eher falsche Informationen abwirft. Wenn der Spieler nicht gerade ein Verhörspezialist oder Foltermeister ist.

Andererseits gibt es genung Settings in denen Folter gut vorkommen kann, ich selbst spiele in Warhammer einen Vampir/Hexenjäger der kaum Probleme damit hat Informationen auf diese weis ezu gewinnen es ist halt immer stark Setting und auch Charakter abhängig.