Nur beim Verhältnis von Kritik und Lob kann ich Dir nicht komplett folgen. Wertschätzendes Feedback erübrigt sich ja alleinig nicht dadurch, dass man sich besser auskennt. Vielmehr müsste man doch eigentlich um viele Schwierigkeiten wissen und daher gelungene Beiträge umso mehr zu würdigen imstande sein. Stichwort: jüngere DSA-Abenteuer. Hunderte Posts gibts hier im Forum darüber, wie scheiße und misslungen die Drachenkampagne doch ist. Von G7 mal ganz zu schweigen. Immerhin (!!!) ein kurzer Thread findet sich im Vergleich zu einer der besten Rollenspielkampagnen überhaupt, nämlich zur Quanionsqueste. Diverse andere Perlen aus der jüngeren Vergangenheit gingen komplett unter. Das kann ich halt nicht nachvollziehen und interpretiere das als unausgewogen negative Rezeption von DSA und allem, was dranhängt.
Diese überbordende negative (wobei häufig auch Konstruktive) Kritik gründet sich aber daher, dass für alte Hasen gefühlt immer wieder die selben Fehler gemacht werden (wurden). Und da geht es mir bei meinen Schülern einfach genauso: Wenn ich schon zigmal gesagt habe, dass sie beim Rechnen DEN Fehler bitte im Auge behalten sollen und sie ihn in der Arbeit dann partout wieder machen, ist mein Geduldsfaden auch nicht mehr der Beste. Zumal sie vorher Besserung geloben, es bei einer kurzen Überprüfung auch durchaus drauf haben, ABER dann offenbar nicht gut genug für die Klausur lernen und dort den Fehler - da wo es drauf ankommt - wieder reinbrutzeln.
Und so ist das mit DSA, da bittet man zu Beginn erst, die NSCs sollten doch bitte etwas fähiger sein, irgendwann beschwert man sich dann halt nur noch drüber, dass die Tipps und Bitten immer noch kein Gehör fanden und irgendwann lästert man dann halt nur noch drüber, dass schon wieder der gleiche Fehler bei der Abenteuerumsetzung gemacht wurden. Weil man sich einfach veräppelt fühlt und Kritik zuvor den Effekt hatte, als habe man Brazoragh ins Horn gekniffen.
Erst wenn die Meckerei dann massiv um sich greift, kommt ein Einlenken von Seiten der Redax, wobei das meist auch bei den gelobten Besserungen bleibt und die Umsetzung dann immer noch auf Jahre warten lässt. Zumal konstruktive Kritik gerne auch unter den Teppich gekehrt oder abgewiegelt wird.
Klar müssen die Verantwortlichen nicht auf das Hören, was das Fandom sagt, aber wenn die Kritik fundiert ist und dann doch immer wieder die selben Fehler gemacht werden (Wiedergeborene Mada im Orkland? Super-Mary-Sues als Begleitchar für Abenteuer? Unfähige NSCs und massives Railroading, obwohl es für den Verlauf des Abenteuers eigentlich unnötig wäre? Logikfehler en masse, weil Abenteuer nicht getestspielt wurden?) hat man irgendwann keinen Bock mehr.
Warum nun aber so lange am kritisieren fest gehalten wird (wie in meinem Fall ja auch):
Man hat wirklich massiv Zeit und Geld in das Hobby investiert, daher bleibt an der Stelle - selbst wann man vom System weg will - irgendwie ein Wunder Punkt zurück. Zumindest ich fühle mich massiv enttäuscht von etwas, das ich einmal sehr sehr mochte - das ist wie bei den ehemaligen Rauchern, das sind auch die schlimmsten Nichtraucher. Merke: Jeder Lästerer ist ein verloren gegangener Fan. Denn nur die, die mal echte Fans waren, können so ausdauernd Lästern. Und das ist doch eigentlich traurig, dass sich DSA da seine Läster-Kurve selbst aufgebaut hat. Ist ja nicht so, dass hier Leute lästern, die einfach nur über das Hobby anderer abziehen wollen. Dazu kennen sich die Lästerer verdächtigerweise viel zu gut mit dem System aus. So gut, dass sie es selbst lange gespielt haben müssen (mag einige Ausreden geben). *
Daher sag ich immer: Seid froh, dass ihr mit dem jetzigen DSA gut klar kommt und wir reden uns wieder, wenn ihr mal den Punkt of No Return erreicht habt, wo DSA etwas so sehr geschrottet hat, dass ihr euch mit Grausen abwendet.
*An der Stelle möchte ich aber auch nochmal drauf hinweisen, dass hier auch das nach außen vertretene Bild der jeweiligen DSA-Verlage nicht unbedingt das Beste war, da gelang es den Autoren und öffentlichkeitswirksam Agierenden einfach nicht, das Publikum für sich einzunehmen. Stattdessen hat man eher weiter polarisiert zugunsten der Fans und die Kritiker gerne selbst mit abgewatscht, anstelle zu befrieden und zu begeistern. Ich denke da mit Grausen an Diskussionen ob der Druckqualität kurz nach dem Wechsel von DSA zu Ulisses. Aber auch an anderen Stellen (und sorry wenn ich es erwähne: Auch die Reiter haben sich da nicht nur mit Ruhm bekleckert) wurde da leider viel verschenkt.