Gut fände ich da auch ein oder zwei Kapitel "wie man's nicht macht".
Klar, die Don'ts gehören bei so einem Sachbuch eindeutig dazu. Allerdings nicht so knallhart formuliert und mit facepalmigem Fokus auf "Das und das ist alles Blödsinn!", wie es bei Project Rho rüberkommt. Anstatt den SF-Autor vor Wände rennen zu lassen, will ich ihm Wege aufzeigen.
Die Science Fiction des Golden Age bescherte uns einen Überfluß an optimistischen Visionen - technisch wie gesellschaftlich. In den Fünfzigern bis Siebzigern galt der Grundtenor: "Alles ist möglich!" ... was zu einem naiven, teilweise arg rosa angestrichenen Welt(all)bild führte, in dem ein Urlaub auf einem hundert Lichtjahre entfernten Paradiesplaneten für jede
amerikanische terranische Familie zur jährlichen Routine gehörte.
Seit den Achtzigern wurde hier mehr und mehr gegengesteuert, und spätestens seit Ende der Neunziger suhlt sich die SF im tiefschwarzen Schmodder endloser Mahnungen. In den letzten zehn Jahren liegt der Schwerpunkt (technisch) darauf, wie unglaublich schwierig es sein wird, auch nur bis zum Mars zu kommen. Gesellschaftliche Visionen überbieten einander an Düsternis - Utopie ist out, Dystopie ist in. Neben dem Alltag kommender Jahrhunderte laut Reynolds, Sheffield und Corey nehmen sich die meisten Romane, die sich in den Siebzigern mit der Möglichkeit der nuklearen Apokalypse auseinandergesetzt haben, wie fröhliche, bunte Italo-Western aus. Was noch annähernd dem Geist des Golden Age mit seinen galaxienumspannenden Epen entspricht, hat sich inzwischen verschämt das Etikett "Science Fiction" abgeknibbelt und nennt sich ganz offen "Space Fantasy" - oder, im Langtext: "Bleib mir doch mit der Wissenschaft vom Leib, ich will einfach nur vom Weltall träumen!"
Und wenn "Wissenschaft" und "Träumen" im Genre der Science Fiction inzwischen als unversöhnliche Gegensätze wahrgenommen werden, ist irgendwann mal was schrecklich falsch gelaufen.
Ich für meinen Teil habe die Mahner satt - sowohl die gesellschaftlichen "alles wird immer schlimmer"-Mahner als auch die wissenschaftlich/technischen "stell dir das bloß nicht machbar vor"-Mahner. Wenn ich mir tatsächlich das Mammutprojekt eines solchen Sachbuchs vornehme, dann mit der Zielsetzung, Visionären ein Werkzeug in die Hand zu geben, um solche Visionen zu erschaffen, die eines Tages tatsächlich Wirklichkeit werden könnten. Dabei ist mir völlig wurscht, ob es Wunschtraumvisionen à la "geeinte Welt" und "galaktische Föderation" werden oder Horrorvisionen à la "sie haben das unaussprechliche Etwas auf dem verbotenen Planeten geweckt". Hauptsache, Visionen!