Autor Thema: Balance: Begriffsdefinition und Diskussion über die Notwendigkeit  (Gelesen 13222 mal)

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Offline Maarzan

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Damit Balancing überhaupt Sinn macht, muss es mehrere Optionen geben, die man gegeneinander ausbalancieren kann (im Fall von strategischem, effektivitäts- und Hintergrundbalancing). Damit hier eine Balance existiert, reicht nicht die bloße Existenz mehrerer Optionen: Sie müssen auch halbwegs gleichwertig sein, um eine echte Entscheidung treffen zu können.

Eher umgekehrt: Sie müssen auf mehreren Ebenen unterschiedlich sein, so dass eine Entscheidung darin besteht, dass man die Situation so zu beeinflussen versucht, dass die Situation sich zum eigenen Vorteil neigt. Wenn z.B. alle Waffen dieselben Werte haben, dann ist in einem Standardkampf eben die Wahl der Waffe irrelevant.
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Offline rettet den wald

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Eher umgekehrt: Sie müssen auf mehreren Ebenen unterschiedlich sein, so dass eine Entscheidung darin besteht, dass man die Situation so zu beeinflussen versucht, dass die Situation sich zum eigenen Vorteil neigt. Wenn z.B. alle Waffen dieselben Werte haben, dann ist in einem Standardkampf eben die Wahl der Waffe irrelevant.

Ok, wo genau liegt der Widerspruch zwischen "gleichwertig" und "auf mehreren Ebenen unterschiedlich"? Ich sehe keinen.
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Offline Gorilla

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Die Frage zu Schach hast du ja auch gleich selbst beantwortet. Dankeschön ;)
Ich spiele auch etliche Brettspiele gern, die das "Balancing" ganz gut hinkriegen, aber das sind auch Brettspiele und keine Rollenspiele. Und selbst die schaffen's nicht 100%ig.

Einfluss auf die Spielwelt hat man beim (klassischen) RP immer in genau dem Maße, in dem der SL es zulässt. Völlig unabhängig von allen anderen Faktoren.
Da kann das System noch so "balanciert" sein (oder sich um den Anschein bemühen, dass es das wäre), wenn das Abenteuer/die Szene/die Session es nicht zulässt, kommen manche Charaktere einfach nicht zum Zug. Umgekehrt kann der SL jedem SC in einem noch so "unbalanciertem" System beinahe beliebig Einflussmöglichkeiten gewähren.
Und genau aus diesem Grund ist mechanische Balancing" beim RP völlig irrelevant.

Offline Maarzan

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OK, da hatte ich dann ggf. die Aussage "gleichwertig" überinterpretiert.
Mit gleichwertig habe ich da den gelegentlich geäußerten Wunsch assoziert, dass jemand für eine Wahl nicht "bestraft" werden darf, also jede Waffe letztlich gleich gut sein soll (d.h. identische Werte) und z.B. keine Klasse im Kampf schlechter sein soll als andere.
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Offline rettet den wald

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Die Frage zu Schach hast du ja auch gleich selbst beantwortet. Dankeschön ;)
Ich spiele auch etliche Brettspiele gern, die das "Balancing" ganz gut hinkriegen, aber das sind auch Brettspiele und keine Rollenspiele. Und selbst die schaffen's nicht 100%ig.

...Das Ziel ist auch nicht wirklich das "perfekte Balancing". Das Ziel ist "gutes Balancing". Schach hat "gutes Balancing".



Einfluss auf die Spielwelt hat man beim (klassischen) RP immer in genau dem Maße, in dem der SL es zulässt. Völlig unabhängig von allen anderen Faktoren.
Da kann das System noch so "balanciert" sein (oder sich um den Anschein bemühen, dass es das wäre), wenn das Abenteuer/die Szene/die Session es nicht zulässt, kommen manche Charaktere einfach nicht zum Zug. Umgekehrt kann der SL jedem SC in einem noch so "unbalanciertem" System beinahe beliebig Einflussmöglichkeiten gewähren.
Und genau aus diesem Grund ist mechanische Balancing" beim RP völlig irrelevant.

Ein SL der willkürlich Spielereinflussmöglichkeiten gewährt oder beschränkt, ist in meinen Augen kein besonders guter SL. Ich gehe hier von einem SL aus, der allen Spielern die gleichen Chancen geben möchte, sich einzubringen. Problem: Die meisten SLs haben schwierigkeiten, hier absolut neutral zu sein, selbst wenn sie es wollen. Hier hilft mechanisches Balancing.



OK, da hatte ich dann ggf. die Aussage "gleichwertig" überinterpretiert.
Mit gleichwertig habe ich da den gelegentlich geäußerten Wunsch assoziert, dass jemand für eine Wahl nicht "bestraft" werden darf, also jede Waffe letztlich gleich gut sein soll (d.h. identische Werte) und z.B. keine Klasse im Kampf schlechter sein soll als andere.

Stimmt, du sollst für deine Wahl nicht bestraft werden, zumindest nicht bei der Charaktereffektivität. Bei den Waffen sehe ich das deutlich weniger kritisch, da du Waffen ja prinzipiell im Laufe des Spiels austauschen kannst, wenn du damit nicht mehr zufrieden bist (im Gegensatz zu Charakterwerten). Es sollte verschiedene Waffen mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen geben, von denen zumindest einige eine echte Daseinsberechtigung haben sollten.

Charakterklassen sollten tatsächlich alle gleich gut sein, wenn auch nicht notwendigerweise gleich gut im Kampf.
« Letzte Änderung: 14.03.2013 | 23:39 von rettet den wald »
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Eulenspiegel

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Ich versuche zu zeigen, dass die Unterscheidung in #2 und #3 unnütz ist. Genau.
Jemand spielt zum Beispiel nicht Zwerge, weil diese effektiv sind, sondern, weil er Zwerge cool findet. Die Entscheidung, einen Zwergen zu spielen, ist also keine Strategie sondern einfach ein Ausdruck dessen, was er sich gerne vorstellt. Der zweite spielt gerne einen Zuckerbäcker. Nicht, weil er das als tolle Strategie ansieht, sondern weil er sich schon immer für Bäckerei begeistert hat.

Die Entscheidung, welchen Charakter man spielt, hat nicht unbedingt etwas mit Strategie zu tun. (In Spielen wie D&D kann es Bestandteil der Strategie sein. - In vielen anderen Spielen ist es das nicht.)

Einfluss auf die Spielwelt hat man beim (klassischen) RP immer in genau dem Maße, in dem der SL es zulässt.
Ja, aber das System kann den SL dabei unterstützen, es kann nichts dazu beitragen oder es kann dem SL sogar Steine in den Weg legen.

Online 1of3

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Jemand spielt zum Beispiel nicht Zwerge, weil diese effektiv sind, sondern, weil er Zwerge cool findet. Die Entscheidung, einen Zwergen zu spielen, ist also keine Strategie sondern einfach ein Ausdruck dessen, was er sich gerne vorstellt. Der zweite spielt gerne einen Zuckerbäcker. Nicht, weil er das als tolle Strategie ansieht, sondern weil er sich schon immer für Bäckerei begeistert hat.

Ich stimme dir unbedingt zu. Aber die Opposition passt nicht. Vielleicht möchte der Spieler ja mit seinem Ritter nicht flankieren, weil das nicht ritterlich ist. Das fällt aber laut der Einteilung im Startbeitrag in Strategie, ist also keine Angelegenheit zum Balancen.

Das ist gerade der Witz: Zu sagen, dass etwas Strategie ist, bedeutet, dass man die Notwendigkeit von Balancing ausschließt. Balancing muss nur da stattfinden, wo keine Strategie herrschen soll. Man kann sich hier nur noch einigen, dass gewisse Optionen dann eventuell verschwendetes Papier waren.

Diese Trennlinie, was nun aber der Strategie anheim gestellt wird und was nicht, ist aber nicht von vornherein klar. Man kann eben sagen, dass z.B. die Rassenwahl schon kein Balancing nötig hat, sondern Strategie sein soll. Oder anders herum als im Starbeitrag kann man festlegen, dass die Waffenwahl gebalancet sein soll. Das ist alles in Ordnung, aber eben nicht klar.

Genau genommen, kann man das auch für #1 fahren. Da geht es um Herausforderungen und dass die angemessen sein sollen. In der Sandkiste wäre das keine Frage: Da soll man sich überlegen, ob man die Herausforderung will, das ist die eigentliche Herausforderung. Auch hier wird also ein möglicher Gegenstand des Balancings dem strategischen Bereich zugeschlagen.

Insofern macht es keinen Sinn, in diesem Zusammenhang überhaupt über Strategie zu reden. Balancing kann nur da sein, wo Strategie nicht ist.

Eulenspiegel

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OK, unter Balancing der Strategie habe ich etwas anderes verstanden:
Mal anhand dreier Beispiele:
1. Möglichkeit: Manöver X ist das beste Manöver überhaupt. Ein No-Brainer. Es ist klar, dass man immer Manöver X anwenden muss.

Das ist langweilig, da man hier nicht überlegen muss.

2. Möglichkeit: Manöver X und Manöver Y sind absolut gleichartig. Es ist vollkommen egal, ob ich Manöver X oder Manöver Y anwende, da beide Manöver immer gleich effektiv sind.

Auch das ist langweilig, da man hier nicht überlegen muss.

3. Möglichkeit: Manöver X und Manöver Y sind gleichwertig, aber nicht gleichartig. Das heißt, in manchen Situationen ist Manöver X besser und in anderen Situationen ist Manöver Y besser.

Das ist schon spannender, da man hier in jeder Situation neu überlegen muss, ob man nun Manöver X oder Manöver Y anwendet. (Am besten so, dass nicht gleich offensichtlich ist, welches Manöver in welcher Situation besser ist.)

Und das, was unter 3. Möglichkeit beschrieben ist, ist das, was ich unter "Balancing der Strategie" verstehe.

Online 1of3

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Gut. Dann sehe ich nun klarer, was mit "Strategie" gemeint sein könnte. Es geht um fest umrissene Handlungsoptionen, die jedem Spieler offen stehen. (Man beachte aber den Einwand zum Ritter und seinem ritterlichen Verhalten.)

Worin unterscheidet sich aber  jetzt Manöver X, das jeder nehmen kann, von Manöver A, das nur meinem Charakter offen steht? Doch wohl in nichts, wenn ich es bin, der Manöver X anwendet. Den Charakter gibt es ja sowieso nicht. Es gibt nur Spieler, die Einfluss auf das Spiel nehmen. Die Einflussmöglichkeiten eines Spielers zusammen sind dann einerseits A, B, C speziell für ihn oder sie und X, Y, Z und für alle. Das die einen zufällig an einem so genannten Charakter hängen, das ist Banane.

Auch dann gibt es keinen Unterschied zwischen #2 und #3.

Eulenspiegel

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Beim Ritter, der keine Flankenmanöver ausführen kann, sehe ich das so:
"Darf kein Flankenmanöver ausführen" ist ein Nachteil, der durch entsprechende Boni ausgeglichen werden muss, wenn man auf Balance wert legt.

Nehmen wir zum Beispiel mal an, das Flankenmanöver gibt +2 auf die Attacke und ist aber nur in 50% der Fälle anwendbar. Frontalangriff gibt +0, lässt sich aber immer durchführen.

Der Ritter bekommt nun den Nachteil, dass er kein Flankenmanöver ausführen darf. Dafür bekommt er den Vorteil, dass er +1 auf den Frontalangriff bekommt.
Damit hätten wir den Ritter auf Charakterebene ausbalanciert.

Disclaimer: Im Beispiel haben wir auf der Strategie-Ebene noch nicht Flankenmanöver gegenüber Frontalangriff ausbalanciert. Dies könnte man evtl. dadurch erreichen, dass man für den Flankenangriff 1 Runde lang den Kampf verlassen muss (um in die Flanke zu gelangen).

Manöver, die nur bestimmten Klassen offen stehen:
Für die Charakter-Balance ist es wichtig, dass entweder jede Klasse ein Spezialmanöver hat oder der Vorteil des Spezialmanövers durch einen Nachteil ausgeglichen wird.
Nehmen wir z.B. D&D 3:
Der Schurke hatte den Vorteil, dass er doppelten Schaden anrichten konnte, wenn er sich unter bestimmten Voraussetzungen den Gegner von hinten genähert hatte. (Ihn musste vorher ein Schleichenwurf gelingen oder ähnliches.)
Als Nachteil hat der Schurke aber keine schwere Rüstung tragen dürfen.

Dadurch ist das Spezialmanöver aus Charaktersicht ausbalanciert.

Kommen wir nun zur Ausbalanzierung aus der Strategiesicht:
Es wäre sehr langweilig, wenn der Schurke bei jedem Angriff einen Critical Strike ansetzen sollte. Daher hat der Critical Strike den Nachteil, dass er eine Runde Vorbereitung benötigt und eine höhere Chance hat zu misslingen. (Es muss ein Schleichenwurf und ein Angriffswurf gelingen.)

Daher lohnt sich der Critical Strike gegen einzelne starke Monster (Endbosse), aber gegen schwache Monster ist er sinnlos.

Bei mittelstarken Monstern gilt es sich also zu entscheiden, ob er den Critical Strike ansetzt oder doch lieber einen normalen Angriff.
« Letzte Änderung: 15.03.2013 | 00:41 von Eulenspiegel »

Offline rettet den wald

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Ich stimme dir unbedingt zu. Aber die Opposition passt nicht. Vielleicht möchte der Spieler ja mit seinem Ritter nicht flankieren, weil das nicht ritterlich ist. Das fällt aber laut der Einteilung im Startbeitrag in Strategie, ist also keine Angelegenheit zum Balancen.

Das ist gerade der Witz: Zu sagen, dass etwas Strategie ist, bedeutet, dass man die Notwendigkeit von Balancing ausschließt. Balancing muss nur da stattfinden, wo keine Strategie herrschen soll. Man kann sich hier nur noch einigen, dass gewisse Optionen dann eventuell verschwendetes Papier waren.

Ok, ich wollte nicht sagen, dass strategisches Balancing unwichtig ist. Ich bin nur der Meinung, dass strategisches Balancing wesentlich weniger kritisch ist als Charaktereffektivitätsbalancing.



Diese Trennlinie, was nun aber der Strategie anheim gestellt wird und was nicht, ist aber nicht von vornherein klar. Man kann eben sagen, dass z.B. die Rassenwahl schon kein Balancing nötig hat, sondern Strategie sein soll. Oder anders herum als im Starbeitrag kann man festlegen, dass die Waffenwahl gebalancet sein soll. Das ist alles in Ordnung, aber eben nicht klar.

...Ein Spiel bei dem es ein Merkmal eines guten Spielers ist, die richtige Rasse auswählen zu können, stelle ich mir als ziemlich dämlich vor. Ich bin immer noch der Meinung, dass der Unterschied relativ klar ist: Die Fähigkeit der Spieler, über ihre Charaktere Einfluss auf die Spielwelt zu nehmen, wird über Charaktereffektivitätsbalancing geregelt. Die konkreten Entscheidungen, die ein Spieler trifft, um Einfluss auf die Spielwelt zu nehmen, werden über das strategische Balancing geregelt. Ersteres sagt sozusagen "Gleiche Chancen für alle!", letzteres sagt "Es soll mehr als einen effektiven Weg zum Sieg geben!".

Natürlich kannst du sagen, dass auch der Charakterbau schon Teil deiner "Strategie" ist, aber hier bin ich skeptisch: Wenn du dir wirklich gut ausbalancierte RTS wie StarCraft ansiehst, ist die Wahl deines Volkes dort Teil deiner Strategie? Kann sein, aber meistens ist es persönliche Präferenz. Ob du ein guter Spieler bist, soll nicht davon abhängen, welche Präferenzen du hast, sondern wie gut du sie zum Tragen bringen kannst. Ähnliches gilt meiner Ansicht nach für (taktisches) Rollenspiel.



Genau genommen, kann man das auch für #1 fahren. Da geht es um Herausforderungen und dass die angemessen sein sollen. In der Sandkiste wäre das keine Frage: Da soll man sich überlegen, ob man die Herausforderung will, das ist die eigentliche Herausforderung. Auch hier wird also ein möglicher Gegenstand des Balancings dem strategischen Bereich zugeschlagen.

Die Auswahl der Herausforderung macht der SL (oder das System). Die entscheidung, ob diese Herausforderung angenommen oder abgelehnt wird, treffen die Spieler. Ersteres wäre Balancing von Herausforderungen (was in einer Sandbox durchaus ignoriert werden kann), letzteres wäre eine strategische Entscheidung der Spieler (die nicht gebalanced sein muss).



3. Möglichkeit: Manöver X und Manöver Y sind gleichwertig, aber nicht gleichartig. Das heißt, in manchen Situationen ist Manöver X besser und in anderen Situationen ist Manöver Y besser.

Das ist schon spannender, da man hier in jeder Situation neu überlegen muss, ob man nun Manöver X oder Manöver Y anwendet. (Am besten so, dass nicht gleich offensichtlich ist, welches Manöver in welcher Situation besser ist.)

Und das, was unter 3. Möglichkeit beschrieben ist, ist das, was ich unter "Balancing der Strategie" verstehe.

Genau das verstehe ich auch unter strategischem Balancing.









EDIT:


Worin unterscheidet sich aber  jetzt Manöver X, das jeder nehmen kann, von Manöver A, das nur meinem Charakter offen steht? Doch wohl in nichts, wenn ich es bin, der Manöver X anwendet. Den Charakter gibt es ja sowieso nicht. Es gibt nur Spieler, die Einfluss auf das Spiel nehmen. Die Einflussmöglichkeiten eines Spielers zusammen sind dann einerseits A, B, C speziell für ihn oder sie und X, Y, Z und für alle. Das die einen zufällig an einem so genannten Charakter hängen, das ist Banane.

Hier gibt es einige Dinge zu beachten:
-> Erstens sollten sowohl X, als auch Y, als auch Z eine echte Daseinsberechtigung haben, auch im Vergleich mit den Manövern A, B und C (es sei denn es handelt sich um explizite Upgrades von X, Y oder Z). Das ist strategisches Balancing.
-> Zweitens sollte der Zugang zu den Manövern A, B und C in etwa gleich viel Einfluss auf das Spielgeschehen ermöglichen. Das ist Charaktereffektivitätsbalancing.

Meine Aussage war also: Dass der Zugang zu A, B und C gleichwertig ist, ist mir wichtiger, als dass X, Y und Z gleichwertig sind (auch wenn das ebenfalls wichtig ist).
« Letzte Änderung: 15.03.2013 | 00:57 von rettet den wald »
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OK. Wenn ich das also richtig verstehe, gibt es #1 die Möglichkeit die Einflussmöglichkeiten des Spielers gegen die Engine/die SL/etwas, das nicht Spieler ist zu balancieren, #2 die Möglichkeit gegen andere Startsituationen zu balancieren, #3 die Möglichkeit gleichsam gegen sich selbst zu balancieren: Man hat mehrere Dinge, die man tun kann, und soll unter diesen auswählen. Damits nicht zu langweilig wird, sollen diese Dinge balanciert sein.

Das kann ich zwar aus dem Eingangsbeitrag nicht so recht herauslesen, aber mit der Erklärung klingt das ganz vernünftig.


Was StarCraft angeht: Keine Ahnung. Ich spiel an Computer-Spielen z.b. League of Legends. Da spiel ich bevorzugt Support. Welchen Supporter ich nehme, hängt für gewöhnlich davon ab, was mein Carry nimmt und tun möchte (sofern sie mir das vorher sagt).

Offline rettet den wald

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OK. Wenn ich das also richtig verstehe, gibt es #1 die Möglichkeit die Einflussmöglichkeiten des Spielers gegen die Engine/die SL/etwas, das nicht Spieler ist zu balancieren, #2 die Möglichkeit gegen andere Startsituationen zu balancieren, #3 die Möglichkeit gleichsam gegen sich selbst zu balancieren: Man hat mehrere Dinge, die man tun kann, und soll unter diesen auswählen. Damits nicht zu langweilig wird, sollen diese Dinge balanciert sein.

Das kann ich zwar aus dem Eingangsbeitrag nicht so recht herauslesen, aber mit der Erklärung klingt das ganz vernünftig.

JA! Ganz genau! :)
Meine Ausdrucksweise war wohl etwas missverständlich... Du hast es gerade wesentlich schöner zusammengefasst als ich.
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Also, mal ein paar Einwürfe von mir (weil das eins meiner Lieblingsthemen ist).

- Balancing in verschiedene Gruppen zu unterteilen ist kein schlechter Schritt, denn es macht klar, dass man einiges in der Mechanik ausbalancieren kann und anderes nicht oder nur eingeschränkt.

- Screentimebalancing ist bei klassischen Rollenspielen mMn tatsächlich unmöglich, denn es ist Spielleitersache. Es gibt Methoden, den Einfluss des Spielleiters zu minimieren (Zufallstabellen, stark ausformulierte Würfelsysteme), aber letztlich bleibt es Spielleitersache, wieviel Zeit er einem Spieler zum Reden und einem Charakter zum Handeln gewährt.

- In moderneren Rollenspielen versucht man, dieses Problem durch einen Screentime-Verteiler (Erzählrechte) zu lösen. Damit fängt man sich ein neues Problem ein: Mechanisch gleich verteilte Rechte passen nicht zu unterschiedlich aktiven Spielern.

- Mechanisches Balancing kann nur dann eine Rolle spielen, wenn man sich darauf geeinigt hat, WAS man mit dem Spiel (oder der Abenteuerserie/Kampagne/dem Spielabend) spielen will. Das heißt, VORHER muss eine Entscheidung getroffen werden, welche Szenen gespielt werden sollen, welche Szenenergebnisse wie offen und bedeutsam sind, wann dafür zufallsbasierte Mechanismen angewendet werden und wann Vergleiche zwischen Werten oder Bauchgefühl entscheiden. DIES IST ZENTRAL!

- Strategie und Taktik sind tatsächlich die "Feinde" des Balancing. In den meisten Fällen nehmen wir das hin, weil wir Strategie/Taktik als die Eigenleistung des Spielers ansehen und hoch schätzen. In den Fällen, in denen wir das aus irgendeinem Grund nicht hinnehmen, schimpfen wir über "Powergaming".

- Spielsysteme, die mechanisch gut ausbalanciert sind, machen erstmal Strategie schwieriger. (Unter Strategie im Rollenspiel verstehe ich die regelmechanisch planvolle Ausgestaltung eines Charakters oder einer Gruppe zur Erledigung erwartbarer Herausforderungen, die spielmechanisch abgehandelt werden. Zu deutsch, guten = effektiven, effizienten Charakterbau.) In schlecht ausbalancierten Systemen springen dem strategischen Spieler die mechanischen Vorteile ins Gesicht, während sie in gut ausbalancierten mit der Lupe gesucht werden müssen. (D&D3.x hat einen anderen Trick gewählt, um trotz dürftigen Balancings Strategie zu erschweren: Es gibt eine Unmenge an Bastelmaterial, dass es eine Heidenarbeit ist, sich den besten Built zusammenzustellen, wenn man nicht in Foren spitzelt.)

Soweit erstmal dazu.
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Online 1of3

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Zitat
- Screentimebalancing ist bei klassischen Rollenspielen mMn tatsächlich unmöglich, denn es ist Spielleitersache. Es gibt Methoden, den Einfluss des Spielleiters zu minimieren (Zufallstabellen, stark ausformulierte Würfelsysteme), aber letztlich bleibt es Spielleitersache, wieviel Zeit er einem Spieler zum Reden und einem Charakter zum Handeln gewährt

Da haben auch die anderen Teilnehmer ein Wörtchen mitzureden. Habe schon Runden gehabt, wo einzelne Spieler*innen einfach nciht zu Wort gekommen sind. Da kann man was machen, aber dazu müssen alle an einem Strang ziehen. Tatsächlich habe ich auch schon Spielleiter getroffen, die es gar nicht als ihre Aufgabe sehen, auf sowas zu achten. Da ist die Spielleitung dann dafür verantwortlich Orte zu entwerfen und SLCs zu spielen. Was die Spieler*innen damit machen, interessiert die Spielleitung nicht.

Und natürlich kann man regelseitig eine gleichmäßige Verteilung von Spotlight befördern. Entweder auf die ganz harte Tour, indem man es szenenweise approportioniert, oder auf indirekterem Wege, etwa in dem Mann Spielwelt oder Aufgabenstellungen in Bereiche einteilt. Wenn man letzteres Verfahren wählt, scheint es mir fatal zu sagen, dass es doch alles an der Spielleitung liege, diese Bereiche auch abzurufen. Wenn diese Bereiche vom Spiel vorgesehen sind, aber im Spiel nicht auftauchen, hat da jemand Mist gebaut. Das ist letztlich ein Regelbruch.

Kurz: Zu sagen, dies oder das sei Sache der Spielleitung ist nie zielführend. SLs gibt es nicht. Die unterscheiden sich selbst innerhalb von so genannten klassischen Rollenspielen wie Tag und Nacht.

Offline Gorilla

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Kurz: Zu sagen, dies oder das sei Sache der Spielleitung ist nie zielführend. SLs gibt es nicht. Die unterscheiden sich selbst innerhalb von so genannten klassischen Rollenspielen wie Tag und Nacht.

Ich denke doch, dass es (zumindest bei klassischen RPs) Sache der Spielleitung ist. Das mag sich theoretisch zwar anders lesen und selbst manche klassische RPs mögen sich tolle Sachen einfallen lassen, wie Spielanteile in jeglicher Form gerecht verteilt werden. Das ist und bleibt dann dennoch eine schlussendliche Aufgabe "des SL", diese Punkte dann auch zu erfüllen, indem er auf die jegliche Situation am Spieltisch eingeht. Die Vorlieben dabei unterscheiden sich von Gruppe zu Gruppe, von Spieler zu Spieler, selbst von Sitzung zu Sitzung.
Darüber hinaus bieten die allermeisten klassischen RPs keine Regeln für die Spielleitung, oft bestenfalls die "10 Gebote der Spielleitung" o.Ä. - das sind aber Gebote und eben keine Gesetze, sprichkeine Regeln. Zumindest keine Regeln, die auch mechanisch in das System eingebunden sind.

Auch wenn ich dir bei einer rein theoretischen Betrachtung beinahe vollumfänglich zustimmen kann, in der Praxis hilft das kaum weiter.


SLFs Post kann ich tatsächlich beinahe genau so unterschreiben.

Offline Praion

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Ich finde ja "Balancing von Strategie" irgendwie unverständlich, kann mir das jemand genauer erklären?


Balance von Screentime ist direkt von allen Spielern abhängig wenn es keine Regel gibt, die sowas angeht. Beispielsweise Szenen oder Rundenstruktur.
Man kann als Spieler daran arbeiten den anderen zu mehr Spotlight zu verhelfen aber wenn sich das System dazu ausschweigt ist das hinfällig bzw ignorierbar.

Wir haben wie gesagt noch fiktionale Balance, sprich manche Charaktere können einfach wesentlich mehr in der Fiktion verändern oder das Spiel in eine gewisse Richtung bewegen, einfach weil sie dort sind.

Beispiel:
Der Paladin in DW hat einen Quest Move mit dem er schwören kann etwas bestimmtes zu tun/zu töten/zu finden etc.
Sagt er jetzt in der ersten Session er will den großen Nekromantendrachen XYZ töten dann gibt es den einfach mal in der Welt und er wird wichtig sein.

Ein Hardholder in Apocalypse World ist quasi Bürgermeister Diktator einer kleinen Stadt/Festung. Er legt am Anfang fest wie diese Siedlung aussieht und die Probleme die diese Siedlung hat werden für das Spiel relevant sein. Spielt jeder nur einen Charakter der Primär mit sich selbst beschäftigt ist sind diese Big-Picture Sachen nicht so wichtig. Dafür ist ein Hardholder auch nicht so gut darin Leute umzulegen oder zu überreden wie andere Klassen.

In Trad. Spielen kommt sowas aber meistens nicht vor (weil Murderhobos) und das Nutzen der Elemente der Backstory sind von SL Gnade abhängig.
Ggf. kommt sowas dann auch nur kurz vor und wird dann verworfen weil man jetzt ein Modul am anderen Ende der Welt spielt. Da nützt einem sowas nichts. Wenn der Charakter jedoch auf sowas primär aufgebaut ist dann nimmt der SL einem Teile der "Charakterstärke" (subjektive Gesamtheit der Möglichkeit den eigenen Willen in der Geschichte zu haben (oder so)).

Deswegen finde ich sowas durchaus wichtig.

Okay, dann haben wir noch Mindshare-Effectivness.
Das ist etwas nebulös und seltsam.

Vielleicht ein Beispiel.
Wir haben 3 Klassen in einem Spiel. Alle machen genau gleich DPS, können gleich gut Leute bequatschen und Rätsel lösen.
Eines ist ein Krieger, einer ein Dieb und eines ein Bauernjunge der sich in einem 7 Meter Drachen verwandeln kann.

Wer davon ist am interessantesten? Wer führt am ehesten dazu, dass Leute Uhhhhh machen und sich genauer anschauen was der Charakter macht?

Mindshare-Effektivität ist so eine Mischung aus
inhärenter coolness, Protagonisten Faktor und Interessantheit und Erkennungswert. 

Ein Teil davon ist sicher Spieler können, sich das zu erarbeiten aber bestimmte Klassen/mechanische Konstrukte neigen einfach mehr dazu der Kern der Gruppe, der eigentliche Held, die wirklich coole und interessante Sau zu sein.

Die Frage, ob man sowas balancen muss, muss jeder für sich selber stellen, aber wenn es Regelelemente gibt - die einfach cooler und beliebter sind als andere (ohne besser zu sein) dann sollte man sich vielleicht Gedanken machen.

Vielleicht noch ein Beispiel.
DSA Magierakademien:

Niedrige MSE: Belhanka, Neersand, Nostria, Thorwall
Hohe MSE: Olport, Fasar (vor allem die Beherrscher, die anderen nicht so sehr), Punin, Kunchom, (Brabak)
(Meine Ansicht, sicher gibt es für jede Akademie Leute die da total für brennen)

Nun gut, ein paar davon sind auch mechanisch wirklich gut, beispielsweise Fasar. Aber würde man den Fluff von Fasar druch den von Neersand ersetzen, wären die auf einmal nicht so cool. Wenn Punin die Akademie von Licht und Dunkelheit wäre, dann wäre das nicht so cool.
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Kurz: Zu sagen, dies oder das sei Sache der Spielleitung ist nie zielführend. SLs gibt es nicht. Die unterscheiden sich selbst innerhalb von so genannten klassischen Rollenspielen wie Tag und Nacht.

Beachte bitte die Einschränkung: Zugegebenermaßen ist der Begriff "klassisches Rollenspiel" etwas schwammig. Ich rede vom Rollenspiel zu einem bestimmten Zeitpunkt, an dem es Mode war, dem Spielleiter alle möglichen Aufgaben zuzuschieben. Das ist auch die Zeit, in der das Bild vom "genialen Spielleiter" und "Spielleiter als Künstler" populär wurde, weil es tatsächlich eine gewisse Kunstfertigkeit braucht, um unter bestimmten Bedingungen (ohne Regelhilfe) ein Screentimebalancing herzustellen und allen Spielern die Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen, die sie individuell brauchen, um am Spiel Spaß zu haben.

Sowas über Gruppenabsprache oder Regelmechanik erreichen zu wollen (und ggf. auch zu können) ist ein eher neues Phänomen. Ich erlebe noch oft genug, dass es, wenn etwas nicht zu 100% flutscht, heißt: "Der Spielleiter hätte da XYZ tun müssen..."
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Ich finde ja "Balancing von Strategie" irgendwie unverständlich, kann mir das jemand genauer erklären?
Gerne.
Bei balancing von Strategie geht es darum, dass nicht immer die gleiche Handlungsoption sinnvoll ist. Es geht darum, dass man nicht zig Pseudo-Wahlmöglichkeiten hat, sich aber letztendlich doch immer wieder für das gleiche entscheidet, da dies die einzige sinnvolle Strategie ist. Bei Balancing der Strategie geht es also darum, dass je nach Situation eine andere Strategie die effektivere ist. Es gibt keine Stratege, die immer die beste ist.

Btw, eine kurze Metabetrachtung:
Bei den Strategien  #2 und bei #4 geht es darum, dass kein Spieler benachteiligt ist. Wir haben dort ein Balancing zwischen den Spielern.
Bei #1 haben wir ein balancing zwischen der Spielergruppe und der Umwelt.

Bei #3 (Balancing von Strategie) geht es um ein Balancing innerhalb der Entscheidungsoptionen des einzelnen Spielers. Das heißt, Spieler 1 kann wert auf ausbalancierte Strategien haben und daher einen SC mit ausbalancierten Strategien spielen und Spieler 2 kann ausbalancierte Strategien doof finden und deswegen einen SC ohne ausbalancierte Strategien spielen. Beie Spieler können wunderbar miteinander in der gleichen Gruppe spielen, da das Strategie-Balancing nicht die anderen Mitspieler betrifft.

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- Mechanisches Balancing kann nur dann eine Rolle spielen, wenn man sich darauf geeinigt hat, WAS man mit dem Spiel (oder der Abenteuerserie/Kampagne/dem Spielabend) spielen will. Das heißt, VORHER muss eine Entscheidung getroffen werden, welche Szenen gespielt werden sollen, welche Szenenergebnisse wie offen und bedeutsam sind, wann dafür zufallsbasierte Mechanismen angewendet werden und wann Vergleiche zwischen Werten oder Bauchgefühl entscheiden. DIES IST ZENTRAL!

Das Thema hat es auch schon im anderen Thread gegeben. Meine Meinung dazu: Grundsätzlich ja, es gibt allerdings Fähigkeiten, die relativ unabhängig vom konkreten Szenario effektiver sind als andere. Ein Kampfskill ist in nahezu allen Szenarien effektiver als ein Kochen-Skill. Mechanisches Balancing kann daher zwar nicht 100%ig stimmen, weil der Systemdesigner eben nur begrenzten Einfluss auf die gespielten Szenarien hat, aber derartige eher allgemeine Einschätzungen können schonmal einen ersten Annäherungsschritt darstellen.



- Strategie und Taktik sind tatsächlich die "Feinde" des Balancing. In den meisten Fällen nehmen wir das hin, weil wir Strategie/Taktik als die Eigenleistung des Spielers ansehen und hoch schätzen. In den Fällen, in denen wir das aus irgendeinem Grund nicht hinnehmen, schimpfen wir über "Powergaming".

Ich mag Strategie und Taktik, und ich mag Balancing. Persönliche Meinung von mir: Wenn die Spieler die Möglichkeit haben sollen mit ihrer Strategie zu glänzen, ist ein zumindest halbwegs gleichberechtigter Startpunkt Grundvoraussetzung. Einen Kampf zu gewinnen, bei dem du eh schon von vornherein alle Vorteile auf deiner Seite hast, sagt nicht viel über deine Fähigkeiten aus... Und einen Kampf zu verlieren, einfach nur deswegen weil du von vornherein schon massiv benachteiligt warst, ist unbefriedigend.



- Spielsysteme, die mechanisch gut ausbalanciert sind, machen erstmal Strategie schwieriger. (Unter Strategie im Rollenspiel verstehe ich die regelmechanisch planvolle Ausgestaltung eines Charakters oder einer Gruppe zur Erledigung erwartbarer Herausforderungen, die spielmechanisch abgehandelt werden. Zu deutsch, guten = effektiven, effizienten Charakterbau.) In schlecht ausbalancierten Systemen springen dem strategischen Spieler die mechanischen Vorteile ins Gesicht, während sie in gut ausbalancierten mit der Lupe gesucht werden müssen. (D&D3.x hat einen anderen Trick gewählt, um trotz dürftigen Balancings Strategie zu erschweren: Es gibt eine Unmenge an Bastelmaterial, dass es eine Heidenarbeit ist, sich den besten Built zusammenzustellen, wenn man nicht in Foren spitzelt.)

Die planvolle Ausgestaltung deines Charakters sollte meiner Ansicht nach eben nicht das Entscheidende für deinen Erfolg sein. Dein Erfolg sollte davon abhängen, wie du deine Vorteile effektiv einsetzt, und nicht davon, ob du diese Vorteile schon von vornherein hast oder eben nicht.




Ich finde ja "Balancing von Strategie" irgendwie unverständlich, kann mir das jemand genauer erklären?

Ich persönlich finde Eulenspiegels Erklärung sehr passend. Wenn es noch weiteren Erklärungsbedarf gibt kann ich dann ja immer noch was sagen.



---



Ok, ich fasse also nochmal kurz die bisherigen Erkenntnisse zusammen:
-> Herausforderungsbalance balanciert die Fähigkeiten der Spieler mit ihrer Umwelt.
-> Charaktereffektivitätsbalance und Charakterhintergrundsbalance balancieren die Einflussmöglichkeiten der Spieler gegeneinander.
-> Strategische Balance balanciert die möglichen Handlungsweisen eines einzelnen Spielers gegeneinander.
-> Screentime Balance balanciert die Aufmerksamkeit der Gruppe unter den einzelnen Spielern.

Können wir das hier mal als gemeinsamen Ansatzpunkt für weitere Diskussionen hernehmen?




EDIT:
Nochmal zur Mindshare-Effektiveness: Ich will gar nicht in Zweifel ziehen, dass so ein Effekt existiert, ich ziehe aber stark in Zweifel, dass das in Konkurrenz zu Effektivität und Hintergrund in die Balance mit einbezogen werden soll. Ok, der Bauernjunge ist interessanter... Und daher muss er unbedingt schwächer sein?

Ich persönlich würde eine Lösung, bei der das System dich dafür bestraft, einen interessanten Charakter zu spielen, für unbefriedigend halten.
« Letzte Änderung: 16.03.2013 | 02:25 von rettet den wald »
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Das Thema hat es auch schon im anderen Thread gegeben. Meine Meinung dazu: Grundsätzlich ja, es gibt allerdings Fähigkeiten, die relativ unabhängig vom konkreten Szenario effektiver sind als andere. Ein Kampfskill ist in nahezu allen Szenarien effektiver als ein Kochen-Skill. Mechanisches Balancing kann daher zwar nicht 100%ig stimmen, weil der Systemdesigner eben nur begrenzten Einfluss auf die gespielten Szenarien hat, aber derartige eher allgemeine Einschätzungen können schonmal einen ersten Annäherungsschritt darstellen.

Naja, das Phänomen, das du beschreibst, ist jedenfalls extrem abhängig vom Regelwerk. Der Witz ist, dass "Kampf" in vielen Spielen quasi ein Spiel im Spiel mit eigenen Regeln ist. Elemente, die im Kampf eine Rolle spielen lassen sich daher nur schlecht mit solchen für das Freie Spiel vergleichen.

Wenn man es doch tut, wirken Kampfwerte tatsächlich wichtiger. Das hat zwei Gründe:
- Sobald man sie einmal benutzt, benutzt man sie häufiger, denn der Kampf hat mehrere Runden. Im Freien Spiel werden Spielwerte jedoch isoliert angewendet.
- Die Wirkungen eines Kampfwertes sind häufig strenger definiert, als die von Werten im Freien Spiel. Man weiß daher, was man für sein "Geld" bekommt. Anders herum, kann ein Kampf auch strengere Konsequenzen haben.

Die Nützlichkeit von Kampf-Skills, die du hier erkennst, kann daher auf vielfältige Weise planiert werden. Ein hübsches Beispiel ist z.B. Freemarket. Dort gibt es erstens kein Kampfsubsystem, zweitens ist es ziemlich nutzlos Leute umzubringen (dann wird ihr letztes Beackup in einen neuen Klon geladen).

Wenn man dagegen ein Kampf-Spiel haben möchte und ein davon abgegrenztes Freies Spiel, ist die erste Regel beim Balancing: Die haben nichts mit einander zu tun bzw. die nötigen Werte zu erlangen, bringt die Bereiche niemals in Konkurrenz miteinander.
« Letzte Änderung: 16.03.2013 | 07:18 von 1of3 »

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Die planvolle Ausgestaltung deines Charakters sollte meiner Ansicht nach eben nicht das Entscheidende für deinen Erfolg sein. Dein Erfolg sollte davon abhängen, wie du deine Vorteile effektiv einsetzt, und nicht davon, ob du diese Vorteile schon von vornherein hast oder eben nicht.

Nur kurz zur begrifflichen Klarstellung: Ich habe hier "meine" Begriffe von Strategie und Taktik verwendet, nicht ganz die im Thread angegebenen. Strategie ist (bei mir) die langfristige Planung. Dabei spielt eben auch Charakter- und Gruppenbau eine Rolle. Taktik ist die unmittelbare Planung und Anwendung in der konkreten Szene, z.B. im Kampf. Das fällt unter Deinen Punkt 4 ("Strategisches Balancing"). Der Effekt ist aber nahezu identisch (und ich finde ehrlich gesagt nichts besser oder schlechter): Balancing macht Strategie und Taktik schwieriger, weil die regeltechnisch zur Verfügung stehenden Optionen nicht eindeutig besser oder schlechter sind.

Die mMn geeignete Lösung hat Eulenspiegel ja schon genannt: Man gestaltet Situationen (Kämpfe) so, dass situationsbezogen eine taktische Option einer anderen überlegen ist. Beispiel: Wenn gezielte Angriffe (Malus auf Angriff, Bonus auf Schaden) und rücksichtslose Angriffe (Malus auf eigene Abwehr, Bonus auf Schaden) ausbalanciert sind, sind beide etwa mechanisch gleichwertig - im normalen Kampf. Im Kampf gegen Untote sind aber gezielte Angriffe auf den Kopf wirkungsvoller, wenn es einen zusätzlichen Schadensbonus/Effekt gibt (Zombie: Kopftreffer tötet sofort; Vampir: Pfahl ins Herz tötet sofort usw.), während im Kampf gegen z.B. Schwärme oder Zauberer rücksichtslose Angriffe die bessere Taktik sind (ggf. verursachen Schwärme Schaden ohne Trefferwurf, Zauberer greifen nicht die normale Abwehr an usw.).

Es gibt auf der Taktik-Ebene allerdings noch ein zweites Problem, das auf der strategischen Ebene nicht in dem Maß vorkommt (bestenfalls unter Punkt 1.5 im OP): Es gibt Taktikerspieler, die nicht von den Regeln vorgesehene/abgehandelte Effekte für taktische Entscheidungen einfordern. Bei mir persönlich ist das im Kampf nicht mehr so häufig der Fall, aber bei Fertigkeitsanwendungen kommt es (bei mir) vor, dass der Spieler beschreibt, unter Anwendung welcher Hilfsmittel er sein Ziel erreichen will und dann Boni einfordert, die im Regelwerk nicht vorgesehen sind.

Was den Nutzen von Kampfskills angeht: Ich habe Runden erlebt, in denen es bei durchschnittlich 6 h Spielzeit pro Treffen nur alle 2 Treffen zu einem Kampf kam, der (teilweise aufgrund langsamer, detaillierter Kampfregeln) in 3/4 - 1 h ausgespielt wurde. Deswegen halte ich die meisten Kampfregeln und Kampffertigkeiten für völlig überbewertet.
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Nochmal zur Mindshare-Effektiveness: Ich will gar nicht in Zweifel ziehen, dass so ein Effekt existiert, ich ziehe aber stark in Zweifel, dass das in Konkurrenz zu Effektivität und Hintergrund in die Balance mit einbezogen werden soll. Ok, der Bauernjunge ist interessanter... Und daher muss er unbedingt schwächer sein?

Ich persönlich würde eine Lösung, bei der das System dich dafür bestraft, einen interessanten Charakter zu spielen, für unbefriedigend halten.

Wer hat das den gefordert?
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Naja, das Phänomen, das du beschreibst, ist jedenfalls extrem abhängig vom Regelwerk. Der Witz ist, dass "Kampf" in vielen Spielen quasi ein Spiel im Spiel mit eigenen Regeln ist. Elemente, die im Kampf eine Rolle spielen lassen sich daher nur schlecht mit solchen für das Freie Spiel vergleichen.

Wenn man es doch tut, wirken Kampfwerte tatsächlich wichtiger. Das hat zwei Gründe:
- Sobald man sie einmal benutzt, benutzt man sie häufiger, denn der Kampf hat mehrere Runden. Im Freien Spiel werden Spielwerte jedoch isoliert angewendet.
- Die Wirkungen eines Kampfwertes sind häufig strenger definiert, als die von Werten im Freien Spiel. Man weiß daher, was man für sein "Geld" bekommt. Anders herum, kann ein Kampf auch strengere Konsequenzen haben.

Hmm... Den ersten Punkt kann ich so nicht unterschreiben. Nimm einen Heilkunde-Skill, zur Behandlung von tödlichen Verletzungen: Du wendest ihn zwar nur relativ selten an, weil nur relativ selten jemand tödlich verletzt ist, aber wenn du ihn anwendest, dann ist es extrem wichtig, ob du den Wurf schaffst oder nicht. Daher: Es stimmt zwar, dass ein Skill umso nützlicher ist, je häufiger er benutzt wird, aber das ist in meinen Augen nicht das entscheidende Kriterium. Das entscheidende Kriterium ist, wie wichtig es ist, eine Probe zu schaffen. Auch wenn du jede Ingame-Stunde auf Orientierung würfelst, um herauszufinden, ob du -10% Geschwindigkeit kriegst, ist Orientierung ein ziemlich nutzloser Skill, wenn du nicht unter Zeitdruck stehst.

Beim zweiten Punkt stimme ich dir zu: Werte sind umso nützlicher, je klarer ihre Wirkung definiert ist. Es hindert einen Systemdesigner allerdings nichts daran, auch den Werten fürs "Freie Spiel" möglichst klare Wirkungen zuzuweisen. Anhand dieser klar definierten Wirkungen kann man dann die Balance aufziehen.



Wenn man dagegen ein Kampf-Spiel haben möchte und ein davon abgegrenztes Freies Spiel, ist die erste Regel beim Balancing: Die haben nichts mit einander zu tun bzw. die nötigen Werte zu erlangen, bringt die Bereiche niemals in Konkurrenz miteinander.

Ich bin der Meinung, dass eine Unterteilung hier unnötig ist. Du kannst auf Effektivität beim freien Spiel verzichten um besser im Kampf zu werden und umgekehrt.



Schön wärs! Denn das stumpfsinnige abspulen immer gleicher Routinen geht den meisten anderen irgendwann hart auf die Eier, inklusive dem Spielleiter.

Ok, wenn jemand in früheren Editionen von D&D einen Kämpfer spielt, dann fühle ich persönlich mich nicht davon gestört, wenn er nix anderes macht als normale Angriffe... Wer mehr Auswahlmöglichkeiten haben will, spielt eben einen Spellcaster.



Nur kurz zur begrifflichen Klarstellung: Ich habe hier "meine" Begriffe von Strategie und Taktik verwendet, nicht ganz die im Thread angegebenen. Strategie ist (bei mir) die langfristige Planung. Dabei spielt eben auch Charakter- und Gruppenbau eine Rolle. Taktik ist die unmittelbare Planung und Anwendung in der konkreten Szene, z.B. im Kampf. Das fällt unter Deinen Punkt 4 ("Strategisches Balancing"). Der Effekt ist aber nahezu identisch (und ich finde ehrlich gesagt nichts besser oder schlechter): Balancing macht Strategie und Taktik schwieriger, weil die regeltechnisch zur Verfügung stehenden Optionen nicht eindeutig besser oder schlechter sind.

Man könnte "strategische Balance" auch in "taktische Balance" umbenennen, wenn das passender ist... Und "schwierigere" Strategie und Taktik halte ich durchaus für wünschenswert, da der taktische Anspruch vieler Rollenspielsysteme durch die extrem offensichtlichen optimalen Handlungsweisen quasi nicht vorhanden ist.



Es gibt auf der Taktik-Ebene allerdings noch ein zweites Problem, das auf der strategischen Ebene nicht in dem Maß vorkommt (bestenfalls unter Punkt 1.5 im OP): Es gibt Taktikerspieler, die nicht von den Regeln vorgesehene/abgehandelte Effekte für taktische Entscheidungen einfordern. Bei mir persönlich ist das im Kampf nicht mehr so häufig der Fall, aber bei Fertigkeitsanwendungen kommt es (bei mir) vor, dass der Spieler beschreibt, unter Anwendung welcher Hilfsmittel er sein Ziel erreichen will und dann Boni einfordert, die im Regelwerk nicht vorgesehen sind.

Sowas kannst du als Systemdesigner natürlich nicht ins Balancing einfließen lassen. Musst du allerdings auch gar nicht: Hier kann meiner Ansicht nach ruhig jede Gruppe für sich entscheiden, wie sie das handhaben möchte. Wichtig ist nur, dass das unmodifizierte System halbwegs ausbalanciert ist.



Was den Nutzen von Kampfskills angeht: Ich habe Runden erlebt, in denen es bei durchschnittlich 6 h Spielzeit pro Treffen nur alle 2 Treffen zu einem Kampf kam, der (teilweise aufgrund langsamer, detaillierter Kampfregeln) in 3/4 - 1 h ausgespielt wurde. Deswegen halte ich die meisten Kampfregeln und Kampffertigkeiten für völlig überbewertet.

...Und in anderen Runden gibt es jede Session mindestens einen Kampf. Dort sind Kampfskills nicht überbewertet.



Wer hat das den gefordert?

Ich hab den (im anderen Thread) von dir verlinkten Post so verstanden, dass Batte Babes nicht so gut sein dürfen wie die anderen Klassen, weil ihre Mindshare-effectiveness höher ist. Kann mich aber auch irren.
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