Ich kann's mal versuchen:
Trivialliteratur ist Literatur, die mindestens zwei der vier folgenden Kriterien erfüllt:
leicht verständlich geschrieben
behandelt gut zugängliche Themen wie Liebe, Rache, Familie etc.
präsentiert klare Wertebilder, moralische Fragen werden entweder garnicht gestellt oder eindeutig beantwortet
enthält keine offensichtlichen weiterführenden Interpretationsflächen
Alles andere wäre dann Hochliteratur.
Die Masse der Fantasyliteratur erfüllt alle vier Kriterien. Bei SciFi sieht das etwas anders aus.
Die Kriterien sind etwas willkürlich gewählt und beschäftigen sich mit rein inhaltlichen Aspekten beschäftigen; die sprachliche und formale Ebene berücksichtigst du nicht. Deshalb mein Versuch:
Vorbemerkung:
Eine klare Trennlinie ist nicht möglich. Was zur Hochliteratur zählt, wird erstens nach literaturwissenschaftlichen (also objektivier- und überprüfbaren) Maßstäben untersucht, kann zweitens erst mit einem gewissen Abstand bewertet werden und ist drittens dem Konsens der Gesellschaft (und vor allem der Literaturwissenschaft) unterworfen.
Ich würde den Begriff der "Hochliteratur" insgesamt nicht zu hoch hängen, auch wenn mir andererseits die Galle hochkommt, wenn mir jemand Werke wie "Twilight" als hochwertige Literatur anpreisen will.
Einige Punkte erscheinen mir für eine Definiton wichtig:- "Hochliteratur" behandelt menschliche Erfahrungen, Konflikte oder grundlegende Lebensfragen, und zwar mit einer möglichst hohen Reichweite (die Erfahrungen sind so grundlegend, dass sie von den meisten Menschen nachvollzogen werden können). Das Werk muss, so alt es sein mag, etwas mit mir zu tun haben.
- Das Werk bietet etwas genuin Neues (siehe oben), folgt also nicht völlig einem vorgegebenen Schema, sondern bietet in irgendeinem Bereich einen wertvollen neuen Ansatz, sei es in Sprache, Form oder Thema. Es muss sich lohnen, gerade dieses Werk zu lesen, es muss ein Kriterium geben (jenseits des rein Inhaltlichen), das ich so nirgendwo anders finde. (Bsp.: Faust-Dramen gibt´s wie Sand am Meer, Goethes Faus ist durch seine handwerkliche Qualität einzigartig.)
- Der Umgang mit Sprache, Form und Aufbau des Werkes erfolgt auf einem hohen handwerklichen Niveau. Das muss nicht heißen, dass die Sprache zwangsläufig "gestelzt" wirkt, aber man kann sprachliche und formale Qualität durchaus nach vielen Kriterien objektiv beurteilen. Mit Hochliteratur kann ich ein halbes Jahr im Unterricht arbeiten und bin immer noch nicht fertig damit, Trivialliteratur lese ich durch und habe nichts weiter dazu zu besprechen.
- Die intertextuellen und kulturellen Bezüge sind wichtig. Entweder das Werk hilft, den Autor in seinem Gesamtwerk besser zu verstehen oder es passt sich in die Kulturgeschichte ein durch möglichst zahlreiche Bezüge zu früheren Werken, Themen, Epochen (-> Verknüpfung mit der Vergangenheit).
- Das Werk hat eine Wirkungsgeschichte, beeinflusst, prägt oder verändert den Zeitgeist, indem es z.B. das "Gefühl" oder die Grundthemen seiner Zeit genau trifft, kritisch hinterfragt oder ganz neue Anstöße gibt (-> Verknüpfung mit der Zukunft).
Die Liste ist sicherlich nicht vollständig, aber das fällt mir ganz spontan dazu ein.
Warum z.B. selbst Tolkien oft nicht zur "Hochliteratur" zählt, liegt wohl daran, dass die einzelnen Werke nach literarischen Kriterien großteils einfach nur schlecht geschrieben sind.
Und letztlich ist die Verknüpfung zu unserer Welt ein wichtiger Faktor, selbst für fantastische Literatur, und eben den Weg gehen Fantasy-Romane oft nicht.
Kafka z.B. erschafft nicht einfach surreale Welten, er zeigt, wie surreal die von ihm erlebte wirkliche Welt ist. Das ist ein riesiger Unterschied.
Dichtung ist letztlich verdichtete Wirklichkeit. Fantasy verliert oft den Bezug zur Wirklichkeit.
Und zum Schluss eine einfache Faustregel: Gute Literatur wird besser, je öfter man sie liest bzw. je genauer man sie untersucht, Trivialliteratur wird dagegen schlechter, je öfter man sie liest bzw. je genauer man sie untersucht.
- oh Mann, ist der Beitrag lang. Sorry
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