Das solltest du nicht so schnell übergehen. Denn das Beispiel ist eigentlich sehr schön. Du hast völlig recht, die 15 stellt einen Wert dar der Aussagt wie gut jemand klettern kann.
Jetzt nimm mal an jemand kann aber diesen Wurf umgehen. Indem er zum Beispiel einfach hinauf fliegt. Dies ist fraglos die bessere und schnellere Lösung. Und sie führt letztlich dazu das die Fähigkeit zu klettern irrelevant wird.
Das finde ich nicht. Nur weil ein Charakter irgendetwas besser kann, verliert dadurch die Fähigkeit des eigenen Charakters nicht an Wert. Das mag dem Spieler so erscheinen und er mag angelascht davon sein, dass der Magier immer alles reißt und er selbst zum Zuschauerdasein verdonnert ist - es wertet die Fähigkeiten seines SC per se aber noch nicht ab.
Das ist noch kein Problem. Es kann durchaus vorab auch für die Spieler ersichtlich gewesen sein dass Spieler B den mächtigeren Charakter spielt. Zum Problem wird es erst wenn das System beide als gleich darstellt und sie es nicht sind.
Ja, dem stimme ich zu. Das hat aber nichts mit Balancing zu tun, sondern nur mit Transparenz.
Ich habe noch nicht alles gelesen, aber nur mal mein erster Gedanke: wenn man Balancing nicht braucht, wofür dann überhaupt noch Regelmechaniken im Rollenspiel?
Um Rahmenbedingungen zu schaffen, die es den Spielern erlauben, die Fähigkeiten und Kompetenzen ihres Charakters abzuschätzen. Balance kann ein Teilaspekt dieser Rahmenbedingungen sein, muss es aber nicht.
Womit wir ja eigentlich wieder bei "meinem" Kernproblem angekommen wären: Mittlerweile wird Balancing als ALLES(tm) verstanden. Das ist so aber nicht richtig.
Balancing ist nur der kleine Teilbereich der Regeln (bzw. das Konzept in den Regeln), der darauf abzielt, dass am Spieltisch ein mechanisches Gleichgewicht der Kräfte hergestellt wird. Der also insofern für Fairness am Spieltisch sorgen will, dass allen Spielern im Rahmen des Regelwerks die gleichen Einflussmöglichkeiten und Erfolgsaussichten für den Spielverlauf zur Verfügung gestellt werden.
Das macht Balancing. Balancing ist nicht "ich weiß, was mein Charakter kann" - das ist der Aspekt "Transparenz" in einem Regelwerk.
Ja, zweifellos. Man kann nur Regeln machen die faire Teilnahembedingungen begünstigen. Das ist ganz selbstverständlich.
Vielleicht kommt jene Überbetonung, die dir so aufstößt, auch daher, dass man über Regeln gut reden kann. Ich kann gut feststellen, dass Nachteile in Gurps-Manier weniger geeignet sind dramatische Situationen zu fördern als solche, wo man Punkte erst bekommt, wenn die Nachteile zuschlagen. Das heißt nicht, dass nicht auch mit Gurps-Nachteilen oder ganz ohne ganz toll Rollenspiel gemacht wird, aber das lässt sich dann nur vor Ort in der Situation bewerkstelligen. Aussgen über Regeln lassen sich auch Interetz-Foren gut treffen.
Ich denke auch, dass Balancing im Forensprech noch einmal mehr Aufmerksamkeit bekommt als am Spieltisch, muss aber dennoch in meinem persönlichen Umfeld immer wieder feststellen, dass das Phänomen mittlerweile einfach auch immer mehr in den Rollenspielalltag ausstrahlt und sich auch in Gesprächen am Tisch der Begriff mehr und mehr breit macht als allumfassende "Maßzahl" für die Qualität eines Systems oder einer Runde.
Wie auch dort, habe ich auch hier nicht erwartet, dass ich mit meiner Aussage, dass Balancing nicht der entscheidende Faktor ist, sondern dass die weichen Faktoren in der Spielrunde die größere Rolle spielen und viel mehr darüber entscheiden, ob eine Sitzung jetzt gelungen ist oder nicht.
Ich streite nicht ab, dass Balancing in seiner idealtypischen Ausprägung dafür sorgt, dass mechanisch betrachtet alle SC "gleichwertig" sind. Dennoch hilft selbst dieses ideale Balancing kein bisschen dabei, folgende Konflikte am Spieltisch aufzulösen:
- Es gibt unterschiedliche Spielertypen.
- Die Stimmungen und Launen von Spielern variieren.
- Missverständnisse sind unvermeidbar.
- Einen 100% objektiven und fairen SL gibt es nicht.
- Im subjektiven Gerechtigkeitsempfinden des jeweiligen Spielers, muss die objektiv gegebene Gerechtigkeit nicht zwangsläufig auch als solche erkannt werden.
Und ich bin mir sicher, es ließen sich noch weitere Punkte finden, die durch perfektes Balancing ebenfalls nicht gelöst würden.
Von ganz banalen Faktoren, die mechanisches Balancing nicht lösen kann, wie dem Maß in dem ein SC für ein Abenteuer "geeignet" ist, will ich gar nicht erst reden.
Deshalb weiterhin mein Appell:
Reduziert nicht jegliche Diskussion auf den Faktor Balancing. Redet lieber mehr darüber, woran es wirklich hakt und was ein Gefühl von Ungerechtigkeit aufkommen lässt.