Aber um endlich auf die Frage von Oliof zurückzukommen –
Wieso geht das besser mit TB als mit, sagen wir mal, Labyrinth Lord?
Ob es besser geht, hängt immer von den eigenen Vorlieben ab. Es ist einfach ein sehr anderes Spiel. (Caveat: Wirklich gut kenne ich von den ganzen ORS-Sachen nur LotFP. Ich bin so frei und werfe B/X, LotFP, LL etc alle in einen großen Topf und nenne das der Einfachheit halber schlicht B/X.)
Den Hauptunterschied machen die Kernregeln aus: Checks und Twists/Conditions. In B/X ist man in der Regel entweder lebendig oder tot – nicht nur wegen Sachen wie „save vs (x) or die“, sondern auch, weil HP ziemlich egal sind, solange man sie nur hat. Wenn man ein paar davon verliert, geht man die Sache vorsichtiger an, aber es hat keine Folgen im Spiel, solange man sie nur zurückgewinnt.
In TB können die Conditions dafür sorgen, daß Charaktere langsam zermürbt werden und auf dem Zahnfleisch wieder aus dem Loch herauskriechen. Die Grind-Regeln sorgen sogar dafür, daß die Conditioins ganz von alleine vollaufen, wenn man nicht aufpaßt. Das sorgt schon für ein sehr anderes Spiel.
Da kommen dann die Checks ins Spiel. Bei B/X ist die beste Strategie in der Regel die der totalen Risikominimierung – am besten geht man Gefahren einfach komplett aus dem Weg. (Wenn man könnte …) Einmal save vs poison nicht geschafft, schon kann man ein neues Spiel anfangen. Die niedrigen HP sorgen auch in Kämpfen dafür, daß sehr schnell Schluß sein kann.
Bei TB kann man Schwierigkeiten alleine deshalb nie ganz aus dem Weg gehen, weil man sich schon Checks verdienen muß, um später seine Conditions wieder loszuwerden. Die Charaktere machen also auch öfter mal tollkühne oder unüberlegte Aktionen. Das wäre in B/X Wahnsinn, aber in TB trägt es zum Spielspaß bei, weil man dem SL auf diese Weise Material in die Hand gibt, mit dem er wieder das Spiel vorantreiben kann. Und die Twist/Condition-Regel bei Proben sorgt dafür, daß eigentlich immer etwas Interessantes passiert, wenn eine Probe gewürfelt wird: ein plötzliches, unerwartetes Abbrechen des Spieles, eine Sackgasse oder ein bedeutungsloser Fehlschlag einer Probe gibt es fast nie. (Nur fast – TB ist bei weitem nicht so lieb wie Mouse Guard. TPKs sind durchaus vorgesehen und auch hier Teil des Spielvergnügens, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich.)
Auf der kleinen Ebene, aus Charaktersicht, kann also alles schiefgehen. Hunger, Pest, Elend, Rucksack verloren, im Dunkeln in die Ecke gedrängt, Schuhe weg, schwärende Wunden … Aber auf der großen Ebene, aus Spielersicht, geht es fast immer irgendwie interessant weiter. Falls, und das ist die große Voraussetzung, man eine gewisse Freude dafür entwickeln kann, wenn einen das System in die Nüsse tritt.
Besonders intensiv kann man diese Freude ausleben, wo es um zwei kritische Teile des Spielzyklus geht, nämlich dem Besuch der Stadt (Town Phase), und der Lagerphase (Camp Phase). Diese bilden das Gegengewicht zur Abenteuerphase, Camp im Kleinen und Town im Großen, und halten die Sache am Laufen (u.a. durch den Checks-Währungszyklus im Camp und durch den Resources/Treasure-Zyklus in der Stadt). Und gerade an diesen zwei kritischen Stellen sind Zufallstabellen vorgeschaltet, die den Charakteren wirklich das Leben sauer machen können, wenn sie etwa an einer Gefahrenstelle ihr Lager aufschlagen oder auch einfach nur Pech haben. Das ist schon ziemlich hinterhältig.
Ansonsten legt das System stark Gewicht auf einige Sachen, die sonst gern ignoriert werden. Encumbrance, z.B., ist ja eigentlich eine wichtige Sache in einem Dungeoncrawl, wird aber oft beiseite gelassen, weil die Handhabung einfach nur lästig und umständlich ist (evtl. Ausnahmen gibt es, etwa LotFP). TB macht daraus ein zentrales Prinzip des Spiels und eine Hauptquelle für schwierige Entscheidungen, und zwar so, daß die Handhabung wie von selbst geht: einerseits durch das ziemlich gute und einfache Inventarsystem, andererseits dadurch, daß die uninteressanten Teile des Inventars einfach durch eine Generalregel aus dem Blickfeld geräumt werden. Wer den Skill Labourer hat, hat auch immer die nötige Schaufel dabei, mit Cook sind immer Kessel und Pfanne am Start, usw. Das Inventar-System kommt also nur für die interessanten Sachen zum Tragen: Zunderbüchse, Wasserflaschen, Fackeln etc. Rüstungen konkurrieren mit Verbrauchsgütern wie etwa Lebensmitteln, Werkzeuge wie Seile konkurrieren mit Waffen oder Behältern zum Wegschleppen der Beute, und die Beute macht am Schluß allem anderen den Platz streitig. Wer zu gierig ist und lieber einen Sack Silbergroschen einpackt, statt noch Platz für eine eiserne Ration zu lassen, kann durchaus auf dem Rückweg in üble Schwierigkeiten kommen.
Andere Aspekte werden wiederum stark reduziert: Town, z.B., ist absichtlich uninteressant und kostspielig und dient nur als Durchlauferhitzer zwischen zwei Abenteuern.
Diese Antwort hat jetzt etwas länger gedauert, aber meine Pfoten sind etwas tastaturgeschädigt (ein Grund, warum ich so selten hier im Forum aktiv bin). Ich hoffe mal, das hilft weiter.