Ich komme aus einem Elternhaus, in dem schon Wasserpistolen ganz böse waren und bei ganz vielen Fernsehserien das Problem war, dass die so gewalttätig sind, ach was, Fernsehen war überhaupt ganz schlecht, und mein Bruder musste sein Jedi-Sammelalbum immer unter dem Bett verstecken und die Figuren waren eh tabu. Übrigens, tartex, ich kann deine Gewaltspielzeugarmut noch toppen: Wir waren so pädagogisch ausgeräubert was Knallbummspielzeug angeht, wir hatten "Star Wars" nur als Mitschnitt der Tonspur auf Kassette.
Weil: Gewalt. Mein Weg zum Rollenspiel-Meth war die Auslage in einem Spielwarenladen, wo die ganzen DSA-Cover rumstanden. Ich wollte unbedingt wissen, was das ist. Hab mir aus der Bücherei dann ZauberZeit und Spielbücher besorgt. Das war auch schon ziemlich böse, aber halt irgendwie okay, weil aus der Bücherei und aus Büchereien kam in der Welt meiner Eltern grundsätzlich nichts Böses. Komischerweise haben sie mir die DSA-Grundbox und später Mers und Cthulhu geschenkt, aber immer so, dass ich ein schlechtes Gewissen hatte. Meine Eltern waren schon arg neurotisch. Man hätte meinen können, sie schenken mir Pornos zu Weihnachten oder so: "Na gut, wenn DU das unbedingt brauchst ... wir hätten dir ja auch einen neuen Büchereiausweis geschenkt oder keinen Fernseher oder was anderes tolles, aber na ja."
Dass ich dann im Rollenspielladen und später auf dem Unicon rumhing, war auch ganz böse. Da gab es nicht nur Gewalt, sondern auch Comichefte, in denen Frauen mit Kettensägen zerstückelt werden. Das stimmte allerdings wirklich, war mir aber egal, ich wollte eh nur mit männlichen Helden große Schwerter schwingen und abends am Lagerfeuer kameradschaftlich zusammenrücken. Das hat meine Eltern irgendwie nie misstrauisch gemacht; auch vor Drogen hatten sie nie Angst, Gewalt, das war immer das schlimmste. Dementsprechend ist die ödeste Rollenspielrunde meines Lebens auch "Silvanas Befreiung" mit meinen Eltern, wo sie sich geweigert haben, auch nur irgendwas umzubringen. Warum die Orks denn böse wären? Dass ich Orks einfach an und für sich böse fand bzw. irgendwie dachte: "Ja, manno, wenn ihr die nicht umhaut, kommt doch das Spiel nicht in Gange, wenn ich in Wirklichkeit welche treffen würde, würde ich die auch nicht umbrigen" -das war der Beginn von Rollenspieltheorie oder so.
Drogen und Sex kamen später, wobei da eher Comics dran schuld waren. In U-Comics war eigentlich immer irgendwas drin, was mich nicht schlafen ließ bzw. mit einflüsterte, dass es mit Drogen noch witziger wäre bzw. über das ich mich mit 16 kaputt gelacht habe, wenn ich rote Augen hatte. "Das ist gar keine echte Hose" hat mir mal einen halben Milzriss beschert vor lauter Lachen. den Rest von dem Gag weiß ich nicht mehr. Tja. Hexenmeister vom flammenden Berg und die ganzen anderen FFs hatte ich auch, aber halt aus der Bücherei, da kam kein Verdacht auf, warum ich mir so lange mit glasigen Augen das Cover von "Die Höhlen der Schneehexe" angestarrt habe. Aus der Bücherei können keine verwirrenden Sachen für vorpubertierende Jungs kommen. Ich meine, die "Höhlen" der Schneehexe - hallo? Mutti? Mitgedacht? Na ja.
Meine lange währende Abneigung gegen D&D rührt wohl daher, dass meine Mutter mich mal genötigt hat, "Die Rückkehr der Regenbogendrachen" mit ihr zusammen durchzuspielen, das war so eine Rose Estes-Spielbuch ohne Würfeln. Ich meine, D&D und ohne Würfeln und dann noch so ödipale Dynamiken. Kein Wunder, dass ich irgendwann PtA gespielt habe. Kurz gesagt, Rollenspiel war schon irgendwie der erste Schritt raus aus der linken Spießerhölle. Nintendo durfte ich auch erst nicht und später dann doch. Es ist nicht zu fassen.