Was genau stellst du dir denn unter einer simulativen oder narrativen Abbildung vor
Im Kern sagst Du es ja selbst: Ein simulativer Ansatz würde womöglich versuchen, die elementare Kraft des Defilings an sich "nachzubauen" und ein Verhältnis von abgesaugter botanischer TP zu aufgedonnerten Effekten zu etablieren, während ein narrativer Ansatz es vielleicht ermöglich würde, sich in der gemeinsamen Fiktion darauf zu einigen, dass eben jetzt gerade genug Grünzeug in der Nähe ist, damit der Zauberer seinen Spruch verstärken darf.
Die 4E zäumt das Pferd von der anderen Seite her auf: Beschrieben wird der Effekt, und Welt und Vorstellung müssen sich daran anpassen. Der riesige Oger, stark wie fünfzehn Männer, wird selbst bei einem kritischen Treffer die Halbling-Diebin nicht zurückstoßen, wenn er keinen "Push"-Effekt auf seiner Attacke liegen hat.
Du fragst, was solche verschiedenen Ansätze überhaupt bringen, wenn doch sowieso alles auf Dasselbe hinausläuft. Und ich denke, es läuft darauf hinaus, was Wellentänzer in Bezug auf die Wummen in Shadowrun meinte.
Natürlich sind die Knarren im Original-Shadowrun-Regelwerk keine "echten" Knarren ("C'est ne pas une pipe"), und dennoch hat man bei einer Konversion in die 4E hinein plötzlich nicht mehr das Gefühl, eine richtige Waffe eingekauft zu haben, wenn man eine Power in Bezug auf seine Wumme auslöst.
Diese Skepsis - bzw. das offenbare Missverhältnis zwischen Darstellung und Dargestelltem - überfällt mich bei der 4E-Inkarnation des Defilings durchaus. Was auch mit der Tatsache zu tun hat, dass arkane Magie an sich eben nicht mehr der Pfad zur Göttlichkeit ist wie in früheren D&D-Versionen. Was nicht bedeutet, dass ich je wieder in diese Urzustände zurückmöchte, nur beißt sich der 'egalitäre' Ansatz der 4E, der die martialischen Klassen gleichauf setzt mit den arkanen, mit der Setting-Annahme, bei der arkanen Kunst ginge es um das Entfesseln einer besonders mächtigen Kraft, die Dinge bewerkstelligt, die auf andere Weise eben nicht erreicht werden können (Zeitstop, Wunsch, Polymorph, lololol).
Dieses Gleichgewicht der Klassen ist ein wichtiges Designelement der 4E, und aus guten Gründen sollte man sich hüten, das aus dem Fenster zu werfen, um ein Setting getreulich abzubilden. Nur: Man kann den Kuchen eben nicht aufessen und ihn behalten, und so bildet die 4E eben jede Ungleichgewichtung, die für manche Leute zu bestimmten Settings unbedingt dazugehört ("Magier werden nun mal stärker"), nicht ab - und sie sollte das auch nicht tun. Denn es fehlt ihr an dem Vorrat wirklich kranker Sachen, die einen für die mechanische Imbalance durch ein entsprechendes Effektfeuerwerk entschädigen können.
Ich persönlich kenne mich mit Diskussionen über Rollenspiele nicht genug aus, um das genau beurteilen zu können, aber ich finde die GNS-Aufteilung sehr fruchtbar. Vielleicht lässt sie sich nicht immer sinnvoll anwenden, aber um die Unterschieden zwischen Dungeon World, GURPS Fantasy und eben der 4E herauszuarbeiten, taugen sie doch allemal.
Wo stehen denn diese Regeln für Verrückheit? Es klingt zumindest interessant, wenngleich nach meinem Empfinden die 4E eben kein passendes Grundgerüst für solche Mechaniken darstellt.