Also, wenn ich ein kleines persönliches Resumé ziehen müsste, ich würde sagen, die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen.
Erstmal, 4E hat für mich persönlich wahnsinnig mit seiner Aufmachung zu kämpfen.
Das Spiel will eindeutig beim MMORPG-Volk punkten, durch strategisches Spiel, bescheuerte "edgy" Spielerrassen wie Dragonborn und Tieflinge, die in einem Grundregelwerk für Fantasy meiner Meinung nach nichts zu suchen haben. Dazu noch Wimmelbildillustrationen mit gezackten Riesenschwertern tragenden glatzköpfigen tätowierten Rittern im Harlekinsoutfit die gegen Goblinhorden kämpfen, und der Weg zur Blizzard-(und ursprünglich Warhammer-)Ästhetik ist kein weiter mehr, wie ich finde.
Dass es letzten Endes aber ein D&D ist, mit HP, AC, 6 Abilities, und einem gar nicht mal so schlechten Skill System, das vergisst man schnell.
Es hindert mich eigentlich kaum was dran, das Spiel so zu spielen, wie ich es in der 2nd Ed getan habe. Und hab dazu noch ein spannendes Kampfsystem.
Jetzt kommt natürlich der 2010er-Dekaden-Rollenspieler mit seiner Forge-"System Matters"-Meinung, und sagt, dann spiele ich ja das arme System (das er/sie ja eh scheiße findet anscheinend) ja nicht so, wie es eigentlich gespielt werden "muss".
Aber das habe ich (und eigentlich keiner den ich kenne) mit 2nd Ed dann anscheinend auch nicht getan.
Komischerweise hatte ich trotzdem Spaß.
Es gibt vieles was ich an der 4th Ed schwierig finde:
Ich hasse mindestens 70% der Illustrationen. Das schaut nicht aus wie D&D ausschauen sollte.
Bestehende Settings wie FR zu ruinieren nur um sie an 4E anzupassen war eine Katastrophe.
Magier die dauern Sprüche raushauen können passen für mich nicht so richtig in die vorhandenen D&D Welten (Krynn, Faerun (pre Spellplague), Planescape, usw), weil Vancian Magic halt auch einfach eine Stimmungssache ist.
HP die sich komplett regenerieren, weil man ein paar Stunden geschlafen hat, finde ich fluffmäßig schwer unterzubringen, eigentlich bei fast allen Settings die ich spielen möchte.
Magische Gegenstände, die man regelseitig schon fest "zu bekommen hat" finde ich eine Katastrophe, weil auch hier wieder mein Fluffgefühl dagegenspricht. (Ich weiß, da gibt es Ausweichmöglichkeiten im DMG2.)
Ich finde das Regelwerk verwirrend aufgemacht.
Und und und...
Aber alles in allem, wenn man die Kraft aufbringt, sich durch all diese Sachen durchzuwuseln, und über manches hinwegzusehen, dann ist es schon D&D. Und zwar eins mit einem sehr interessanten und auch mutigem Ansatz.
Die Probleme mit dem Einfügen von 4E in bestehende Settings finde ich weniger in der Mechanik, als wie in der Stimmung des Spieles (die natürlich teilweise auch durch die Mechanik verursacht wird).
Mein Fazit:
4E wäre ein unglaublich tolles Spiel, wenn jemand das Ganze mal aufräumen täte. Dies ist bei den Essentials zwar schon teilweise passiert, aber noch nicht umfangreich genug.
Ich will ein 4E mit Kämpfer, Magier, Kleriker, Paladin, Rogue, Barde und Waldläufer. Keine tausende von "Pfaden". Ich will einfach nur einen Kämpfer, wenn der irgendwie besonders sein soll, kann ich das im Fluff und den vorhandenen Optionen selber abbilden. Da brauch ich keine Regelwerkhilfe dazu.
Dazu noch die klassischen Spielerrassen. Aber bitte nicht "edgy". Ich brauch keinen düsteren "badass" Halbling mit fiesen Messern und schwarzer Kapuze der Leute absticht.
Einfache und verständliche Punkt-für-Punkt-Charaktererschaffung, die Skills dazu, sowie die Kampfregeln.
Und das Ganze bitte ohne doofe WoW-Illus.
Das wäre ein schönes Spiel. Vielleicht passiert ja mit der 4E was ähnliches wie der 3.5 mit Pathfinder passiert ist.
Die 5E könnte vieles von dem werden, was ich da grad beschreibe, wenn ich die Playtests richtig deute. Leider ohne einige der Stärken von der 4E.
Man kann halt nicht alles haben (außer beim Döner).