Ich kann die Situation sehr schnell in "ungewinnbar" abgleiten lassen, wenn ich das will.
Bin ich nicht so der Meinung.
Das beißt sich MMN mit der Grundprämisse "Be a fan of the characters."
Wenn ich das beherzige, bin ich grundsätzlich offen für alle seltsamen Dinge die ein Char so tut um mit einer harten Situation klar zu kommen. Das heißt im Gegensatz NICHT, dass jede Herangehensweise grundsätzlich eine Erfolgschance hat...wenn der Drache eben nun 40 Meter groß ist, kann ich ihn vll gar nicht mit meinem Schwert verletzen, das ich ihm via Hack and Slash auf den Zeh haue (der Move triggert nicht). Aber vielleicht kann ich ihm ein Dynamitfass in den Schlund werfen, oder ihn über die mit Ballisten ausgestattete Zwergenfeste locken, oder was auch immer...
Das wird so auch von den Regeln unterstützt.
Wenn etwa ein Spout Lore Wurf mit 10+ gelingt, MUSS ich als SL etwas interessantes UND nützliches über die derzeitige Situation sagen. So kann dann der Drache schnell von "unbesiegbar" zu besiegbar wenn man ihn im Auge trifft werden.
Als SL hatte ich schon das Gefühl, dass ich extrem viel machen kann - irgendein Move deckt's schon ab
Ich finde, was ich als SL machen kann wird weniger durch die Moves bestimmt (dachte ich auch zuerst) als viel mehr durch die Prinzipien. Siehe Beispiel oben.
Also so quasi: fast (?) jede SL-Aktion die die aus einer der Prinzipien entspringt deckt sich mit einem Move, aber nicht jede SL-Aktion die sich vll mit einem Move deckt lässt sich auf die Prinzipien zurück führen und ist daher empfehlenswert.
Dann stellt sich natürlich die Frage: warum die komplizierten (von mir aus auch: verregelten) Moves? Für mich haben sie ganz konkret am Spieltisch zwei Bereicherungen gebracht:
1. Ich kann mich von den Moves inspirieren lassen. Beispiel: im oben geschilderten Spiel wollte der Paladin eine Falle auschalten, welche dabei war seine Kollegen aufzuspießen. Er hat gesehen dass ein Bösewicht die Falle aktiviert hat indem er einen bestimmten Stein gedrückt hat. Ich habe ihm gesagt, dass er nicht mehr genau weiß welcher das war (Reveal an unwelcome truth). Er hat sich entschieden, seinen Körper mit voller Kraft gegen die Wand zu hauen, um quasi zufällig den richtigen Stein schnellstmöglich zu treffen. Der Defy Danger Move (STR) war 6-, daher durfte ich eine harte Konsequenz austeilen.
Hier wirds nun spannend: wenn ich die Moves NICHT gehabt hätte, hätte ich ihm vielleicht einfach ein bisschen Schaden oder so gegeben ("du kommst unglücklich auf und hörst ein unangenehmes Knacken im Bereich deine Schulter, verbunden mit einem scharfen Schmerz.") DW sagt mir natürlich NICHT, dass ich das nicht darf. Die Moves habe noch nie meine Inspiration eingeschränkt. Wie ich oben geschrieben habe: im Prinzip lässt sich jede konkrete Aktion mit einem Move "rechtfertigen".
ABER: so hatte ich eine List und dachte mir: naja, mal schaun ob da noch was interessanteres drauf ist (Prinzip: Think dangerous! HP-Verlust hätten dem Paladin jetzt nicht sooo viel ausgemacht). Da steht dann z.B. der Move: Seperate them. Also beschreibe ich, wie die Wand nachgibt und der Paladin in einen Schacht dahinter stürzt.
Zu recht könnte man sagen: das hätte jeder (erfahrene, einfallstreiche) SL auch so machen können. Ich hätte es wohl nicht gemacht, weils mir in der Situation nicht eingefallen wäre. Wer immer extrem inspiriert ist und wem immer spannende Sachen einfallen, der braucht solche Listen nicht. Die 90% normal-SL wie mir, denen halt manchmal nur drei mal hintereinander "Äh, du kriegst 1d4 Schaden" einfällt nützt es meiner Meinung nach.
2. Grund warum Moves was bringen: sie sind quasi die Vorspultastes zu interessanten Situationen. Das ist wesentlich kontroverser als das oben beschriebene Inspirationsargument. Grund: das ist meiner Meinung nach eines der "Indie"-Elemente des Spiels weils sehr stark in richtung "Aggressives Scene Framing" (
http://tanelorn.net/index.php/topic,41669.0.html) geht.
Kaum jemand hat was gegen Inspiration (Punkt 1) aber das ist schon ein bisschen haariger. Beispiel: ich habe in einem anderen Spiel mal beschrieben, dass die Spieler eine weite Schneelandschaft sahen, als sie aus dem Dungeon kamen. Gefordert war natürlich laut Regeln ein "softer" SL-Move, weil die Spieler mich erwartungsvoll anschauten und fragten: ja was ist denn da draußen? Dann sah ich auf meine Moves und dachte mir: irgendwie fehlt da noch was zum Move. Das passiert im Gegensatz dazu dass man denkt: das widerspricht einem Move, sehr häufig. Was man gesagt hat ist vll der Anfang eines Moves, aber eben kein ganzer. Also sagt ich noch: "außerdem hört ihr hinter euch aus der Höhle das dumpfe Schlagen von Kriegstrommeln!" (Show signs of an approaching threat).
So ein Vorgehen mögen manche Spieler vll darum nicht, weil es eben ein bisschen die Möglichkeit zu dem nimmt was manche "ROLLENspiel" (im Gegensatz zu "rollenSPIEL") nennen. Es gibt nicht so die Zeit, dass jemand sagt: meine Kleriker sinkt auf die Knie und bedankt sich bei Thor dass wir lebend dem Eislabyrinth entkommen sind. Statt dessen wir sehr stark zu den Punkten vorgespult, an denen etwas "Interessantes" (bewusst in Anführungszeichen, da extrem subjektiv) passiert.
DAS muss man dann in der Tat mögen.
Ob das alles was mit Old School zu tun hat: keine Ahnung. Da hab ich nicht gespielt, geschweige denn gelebt. Vielleicht wars so an den US-Spieltischen in den 80ern, vll nicht. Ist mir eigentlich auch egal.