Verbaut kann sehr viele Facetten abdecken. Neben den bereits besprochenen Aspekten, kann sicher dazu kommen, was Luxferre als döschig bezeichnet. Das ist in meiner Spielrunde eigentlich der häufigste Grund für Anpassungen.
Interessanterweise kommt das vor, obwohl alle Gruppenmitglieder sich auf Thema und Rahmen eines Szenarios oder einer Kampagne einigen. Beispielsweise kam es vor, dass alle vehement eine pseudohistorische Wikingerkampagne mit Fokussierung auf nordische Mythologie und Christentum forderten. Nach zähen Verhandlungen hat sich dann die Gruppe darauf geeinigt auf der Insel Albion (heutiges GB) zu spielen und zu einem Haufen Wikinger zu gehören, welche die angelsächsischen Klosterlandschaften unsicher machen wollte. Dazu wollten sie dann aber aus Gewohnheit und zur tieferen Beschäftigung gerne das Pathfinderregelwerk ein bisschen ausbeuten. Nach den gemeinsamen Vorgaben baut der Spielleiter nun das Szenario. Es kommt zum Charakterbau, der immer gemeinsam abläuft und schon immer mit den Ideen der Spielwelt einhergeht und, und auf einmal fragt der erste, ob nicht doch ein Drow möglich wäre und ein zweiter Spieler möchte doch lieber einen Kelten spielen. Und auf einmal war es eine Drow aus dem Paris des 9. Jahrhunderts und ein Pikte, der die Christianisierung seiner Volksbrüder rückgängig machen wollte. Der letzte Spieler wollte dann kein einzelner Wikinger sein und wurde dann Angelsachse.
In einer Runde wurde sich auf eine Händlerrunde geeinigt mit dem Fokus auf Spionage und Wirtschaftspionage, am Ende konnte keiner der Charaktere wirklich handeln im wirtschaftlichen Sinne, noch war er zur Spionage geeignet. In beiden Fällen war es aber kein absichtliches Untergraben der Vorgaben des Spielleiters oder der eigenen Vorgaben, sondern hatte sich durch einen Prozess teils bewusst, teils unbewusst verschoben.
Hier kann in Bezug auf das gemeinsam gebaute Spiel gesagt werden, dass die Charaktere in gewisser Hinsicht sicher verbaut waren und dass ein guter Spielleiter den Spielern dann neu entgegenkommen muss, andererseits ist es genauso, dass die Spieler dem Spielleiter oder Organisator des Spielrahmens (oder in welcher hierarchischen Stufe dieser auch zur Gruppe stehen mag) oder im Zweifelsfall der Gruppe selbst eben entgegenkommt und sich auch den Gegebenheiten anpasst. Was ich hier erzähle, ist sicher nicht mehr als eine triviale Erkenntnis und sie schwang in vielen Beiträgen hier bereits mit, aber ich wollte sie nochmal auf den Punkt bringen:
Das Verbauen von Charakteren ist ein Akt, der aus den Punkten der bespielten Thematik, dem Zwiespalt aus geäußerten und dann tatsächlich umgesetzten Vorstellungen der Spieler, dem Zwiespalt aus geäußerten und dann tatsächlich umgesetzten Vorstellungen des Spielleiters (oder artverwandten Positionen) und nicht zuletzt und erheblich auch durch die expliziten und impliziten Möglichkeiten des Systems und teils auch der prägenerierten Spielwelt sowie der Unwissenheit oder Wissenheit im Umgang mit System und Spielwelt, entsteht. Sollte das Verbaute nach den allgemeinen Konventionen und Ansprüchen der Gruppe nicht passen oder nicht gefallen, ist dies in Gemeinschaftsarbeit durch Anpassung und Veränderung zu beheben.Ich selbst empfinde Fate da als relativ unproblematisch, ob Mitspieler und Gruppe den Aspekt anders interpretieren. Die eigene Interpretation kann ja danebenstehen, solange sie sich nicht ausschließt, und gibt dann eben mehr Möglichkeiten, was sogar ein Idealfall für die Nutzbarkeit des Aspektes ist. Wenn es sich tatsächlich stark widerspricht, kann und muss man das dann sicher ausdiskutieren, was wiederum auch einen positiven Effekt für den Charakter haben kann. Aber in diesem Beispiel, wie auch dem des "Meisterdiebes", finde ich, dass auch nachträgliche Veränderungen und Entwicklungen nicht schlimm sind und eben das Entgegenkommen von Spielern und Spielleitern gleichermaßen erfordert. Es ist eben noch kein Meisterdieb vom Himmel gefallen.
Problematischer ist es sicher immer, wenn man einen Nichtoptimierten in einer Schar Optimierter hat oder einen Optimierten in einer Schar Unoptimierter. Beides führt zu Frust und für einen Teil der Gruppe zur Langeweile. Hier wären dann wieder der Ausgleich gefragt, den Spieler und Spielleiter gleichermaßen zu erledigen haben.
Gleichermaßen ist auch nicht nur der Spielleiter dafür verantwortlich, dass er den Charakteren (unabhängig von der Gesamtstärke nach Regelwerten) Spotlights verpasst, sondern dafür sind auch die Spieler mit zuständig, und ebenso gilt es vorsichtig mit den von 6 angeführten Antispotlights umzugehen, denn wenn dies jedes Mal in einen Redesign des Charakterblattes ausarten sollte/dürfe/könnte oder gar tatsächlich "Meisterdiebe" nur an der Perfektion ihres Fertigkeiten gemessen werden, könnte das bei manchen Spielleitern problematisch werden. Weil die Imperfektion nicht gänzlich ausgeglichen werden kann, und man immer wieder Feinheiten finden wird, in der der Meisterdieb kein Meisterdieb ist.