Autor Thema: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln  (Gelesen 9001 mal)

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Offline rettet den wald

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Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« am: 22.07.2013 | 16:31 »
Dieser Thread kommt von hier: http://tanelorn.net/index.php/topic,84951.0.html


Im verlinkten Thread ist die Frage aufgekommen, ob ein Würfelwurf (beziehungsweise allgemein die Anwendung eines Skills oder einer Regelmechanik) vom Spieler oder vom Spielleiter ausgehen soll/kann. Dieser Thread soll sich jetzt näher mit diesem Thema beschäftigen.


Persönliche Meinung von mir: Beide Ansätze sind legitim.

Wenn ein Spieler die Punkte für seinen Charakter in bestimmte Skills gesteckt hat, sollte er auch in der Lage sein, diesen Skill aktiv ins Spiel einzubringen, auch wenn der SL gerade keine Probe dafür verlangt. Natürlich sind bestimmte Skills dabei an bestimmte Situationen gebunden: Um "Boote fahren" einsetzen zu können, braucht man erstmal ein Boot. Sollte das allerdings gegeben sein, sollte der Spieler seinen Skill voll zur Anwendung bringen können, ohne dabei darauf angewiesen zu sein, dass der Meister eine Probe verlangt. Dabei sollte wenn möglich vom System die nötige Klarheit geschaffen werden, was mit dem Boote fahren Skill so alles möglich ist. Das verhindert einerseits, dass der Spieler hinterher enttäuscht ist, weil sein Skill aufgrund der Interpretation des Meisters weniger effektiv ist als er sich das vorgestellt hat, und andererseits dass der Meister hinterher frustriert ist, weil der Spieler sich seinen Skill deutlich effektiver vorstellt als der Meister und sich auch nicht von dieser Vorstellung abbringen lässt. Ein gutes Beispiel dafür sind die Kampfregeln der meisten Systeme: Es ist in den meisten Fällen sowohl Spieler als auch SL klar, wie die Spieler ihren Kampfskill konkret ins Spiel einbringen können. Normalerweise läuft ein Kampf im Rollenspiel nicht so ab, dass ein Spieler zuerst sagt "Ich nehme mein Schwert und bring den Typen um!", gefolgt vom Meister der sagt "Moment, dafür musst du zuerst auf Schwertkampf würfeln um zu treffen, und das musst du auch noch mehrmals machen bis seine Hitpoints auf 0 sind.". Üblicherweise sagt der Spieler einfach "Ich attackiere den Typen." und würfelt dabei auch schon seine Attacke. Der Meister muss die Leute daran üblicherweise nicht erinnern, sondern sie machen es von selbst. Anmerkung: Wenn der SL als Antwort auf "Ich nehme mein Schwert und bring den Typen um!" nicht die Kampfregeln auspacken würde, sondern je nach Situation entweder mit "Ok, der Typ ist tot." oder "Nein, er weicht aus und entkommt." antworten würde, dann wäre Schwertkampf ein unglaublich nutzloser Skill... Ungefähr so wie Boote fahren in einem System ohne Festlegung, was man mit Boote fahren denn eigentlich machen kann.

Wir stellen also fest:
-> Wenn der Spieler sagt "Ich attackiere den Typen." und seine Attacke würfelt, geht die Regelanwendung vom Spieler aus. Und das ist gut so.
-> Wenn der Meister als Reaktion auf "Ich bring den Typen um!" sagt "Nein, da musst du zuerst ein paar mal Würfeln!", dann geht die Regelanwendung vom Meister aus. Und das ist gut so.



...Soweit zumindest meine persönliche Ansicht zu dem Thema. In diesem Thread geht es darum, weitere Meinungen dazu zu sammeln, und diese zu diskutieren.
« Letzte Änderung: 22.07.2013 | 16:34 von rettet den wald »
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Offline Slayn

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #1 am: 22.07.2013 | 17:29 »
Hallo.

Ich denke, bevor man die Frage stellt "Wer würfelt", sollte man doch erst mal die Frage angehen "Warum würfelt man?" und "Was bedeutet ein Ergebnis?".
Hierbei die gleiche Grundannahme wie bei rette den wald: Man würfelt, wenn man sich bezüglich des Ausgangs einer Sache nicht einig wird, meist um die Simulation der Welt entscheiden zu lassen.
Ich erweitere jetzt diese Grundannahme um eine Ausgangsposition: Alles was mein Charakter unter normalen Umständen, ohne Stress, zu schaffen vermag, vermag er normal, ohne zu Würfeln, zu schaffen.

Warum würfelt man jetzt also?
Vom Spielleiter gefordert: Es herrscht Stress oder es geht um einen Erfolg, dies wird durch die Probe geklärt.
Vom Spieler gefordert: Die Aktion soll mehr schaffen als nur "normal" zu sein.
Wenn wir einander in der Dunkelheit festhalten .. dann geht die Dunkelheit dadurch nicht vorbei
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ErikErikson

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #2 am: 22.07.2013 | 17:35 »
Ich denke, bevor man die Frage stellt "Wer würfelt", sollte man doch erst mal die Fragen angehen, "warum würfeln wir, wie würfeln wir, was ist ein Würfel und wer sind wir?" Schoppenhauer sagt, der Mensch ist nur ein Würfel in Gottes Hand. Erheben wir uns deshalb über die Schöpfung, wenn wir uns gottgleich selbst ans Würfeln wagen? Fällt unser Babel dann irgendwann in sich zusammen wie ein schlecht gebauter Dread-Turm? Was der Mensch nicht selbst schafft ,wird geschaffen, und alles was gewürfelt werden kann ,wird auch in einer von n Dimensionen gewürfelt. Daher stellt sich mir zunächst die Frage nach dem Würfel an sich, denn jeder Würfel ist nur so gut wie die Hand, die ihn führt.

 

Offline Zarkov

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #3 am: 22.07.2013 | 18:01 »
Zuerst mal, Danke für’s Abspalten. Dieses Thema ist nämlich wirklich interessant.
Achtung, es folgt ein Roman.

Eine verbreitete Antwort auf diese Frage lautet wohl: Der SL verlangt eine Probe, wann immer er will. Meiner Meinung nach kein sehr guter Ansatz, aber bei vielen im Kopf drin, zusammen mit „Der SL hat immer Recht“. Das ist eine Art universeller Sozialkontrakt, wenn man so will …

Schaut man nun einmal in ältere Regelwerke hinein, findet man meist einen Absatz etwa in der Art: „Wenn ein Charakter in der Spielewelt etwas unternimmt, dessen Erfolg nicht sicher ist, wird gewürfelt.“ Oft wird noch unterschieden zwischen trivialen und automatisch gelingenden Aktionen (auf dem Gehweg zur Ecke gehen) und Aktionen unter schwierigen Umständen (auf dem Gehweg zur Ecke gehen, während man beschossen wird.) Die Verantwortung für diese Entscheidung, was mißlingen kann und wann gewürfelt werde muß sowie die Durchführung der Probe werden in der Gegel an den SL delegiert. (Ich habe gerade auf gut Glück in Heavy Gear, Cyberpunk 2020, Pendragon und Call of Cthulhu reingeschaut.)

Das funktioniert durchaus, wenn der SL seine Arbeit ordentlich macht und mit den Spielern einig ist. Im Effekt führt das aber oft dazu, daß für die irrelevantesten Aktionen gewürfelt wird, nur weil das Ergebnis unsicher ist. Was ist irrelevant? Alles, was das Spiel nicht voranbringt oder uninteressant ist. Bei einer Verfolgungsjagd im Wald Würfe verlangen, ob ein Charakter die vorbeihuschenden Bäume taxonomisch korrekt bestimmen kann, dient nicht dem Spiel, solange nicht eine wichtige Information daran hängt.

(Es kann durchaus legitim sein, mit Würfen colour zu schaffen, wenn alle Beteiligten das gut finden. Manche Leute würfeln halt gerne und haben Freude daran, beiläufige Fakten in der Spielewelt mittels Würfen zu bestimmen oder zu erschaffen.)

Das Problem bei Würfen ist, daß viele traditionelle Regelwerke mit Fehlschlägen nicht gut umgehen. So können auch triviale Würfe dazu führen, daß das Spiel ausgebremst wird und in einer Sackgasse landet, weil der Fehlschlag in der Fiktion einfach nicht auszubügeln ist. Im Spiel am Tisch kommt es dann auf den SL, entweder Sackgassen zu vermeiden und Fehlschläge interessant zu gestalten, oder alles wieder hinter der Kulissen hinzubiegen.

An dieser Stelle kommen wir zum Punkt, an dem ich Vincent Baker gut finde. Mit Dogs in the Vineyard bin ich nämlich zum ersten Mal auf ein Regelwerk gestoßen, daß mich zum Nachdenken über das traditionelle Prinzip gebracht hat. Es wird nämlich ausdrücklich vorgegeben, wie der SL das Spiel (dieses Spiel – nicht alle Spiele!) vorantreiben soll, und wann zu würfeln ist. Das Leitprinzip lautet „roll dice or say yes“ (S. 137; Zitat  folgt eingeklappt).
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Das Regelwerk schreibt also genau vor, wofür nicht zu würfeln ist (kein Konflikt zwischen Charakteren? Say yes.), und wann gewürfelt werden muß (Konflikt? Roll dice).

Mein nächster Schritt war dann Burning Wheel, und, ausgehend davon, eine ganze Reihe weiterer nicht-traditioneller Systeme. Wichtig ist der folgende Punkt:

Rollenspiele können sich grundlegend unterscheiden. Ein wichtiger Punkt, in dem sich diese Unterschiede manifestieren, ist die Verteilung der Aufgaben, Pflichten und Rechte, hier also: Wer darf wann eine Würfelprobe verlangen? Wofür und mit welchen Konsequenzen? Die Antwort unterscheidet sich von Spiel zu Spiel und kann nicht verallgemeinert werden. Manche Spiele gestehen dem SL das Recht zu, unter ganz spezifischen Bedingungen eine Probe zu verlangen. Manche verpflichten ihn, unter diesen Umständen eine Probe zu verlangen. Andere gestehen dem Spieler das Recht zu, eine Probe durchzuführen. Manche verlangen einen Gruppenkonsens, oder einen Interessenskonflikt zwischen SL und Spielern. (Falls es denn überhaupt diese klassische, explizite Rollenteilung gibt.) Beispiel anhand von Mouse Guard im
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Und beim Gruppenkonsens kommt noch dazu, daß der Text des Regelwerkes ja eigentlich nie identisch sein kann mit dem System, wie es dann tatsächlich am Tisch gespielt wird, also sich von Druckerschwärze auf Papier zur sozialen und verbalen Interaktion über einen Zeitraum hinweg sich zwangsläufig etwas ändern muß. Regeln müssen ausgelegt und angewendet werden, und es gibt immer Punkte, die nicht ganz klar sind.

Also. Wer hat das Recht, eine Probe zu verlangen?

Die Antwort muß immer lauten: Kommt drauf an.

a) Was steht im Regelwerk? Wann ist zu würfeln, und wer legt es fest? Unterscheidet sich von Regelwerk zu Regelwerk. Manche, vor allem ältere Regelwerke, legen das auch gar nicht groß fest.

b) Was besagt der social contract der Gruppe? Wie wird der Text des Regelwerkes im Spiel umgesetzt, so daß er von allen Beteiligten akzeptiert wird? Unterscheidet sich von Gruppe zu Gruppe, manchmal sogar von Sitzung zu Sitzung.

Kurz und gut: Eine einheitliche Regelung, die immer, für alle und für jedes Spiel bestimmt, wer würfeln darf, wann und warum und worauf und mit welchen Konsequenzen, kann es nicht geben.

Und darum spiele ich Pendragon sehr andes als Mouse Guard und lasse im ersteren auch gerne mal zu, daß „nur für die Farbe“ gewürfelt wird. „Magst du auf Courtesy würfeln, um zu sehen, wie dein Ritter sich so benimmt bei dem hohen Anlaß?“ Mögliche Antworten: „Oh ja, gerne!“ oder „Och nö, wenn’s um nichts geht …“ Von Vorschlägen und belanglosen Würfen steht nichts im Regelwerk, das ist hier aber ein beliebter Teil unseres Systems und trägt sehr zum Spaß bei.
»… hier wirkt schon uneingeschränkt das sogenannte Lemsche Gesetz (Niemand liest etwas; wenn er etwas liest, versteht er es nicht; wenn er es versteht, vergißt er es sofort) …«*

Offline 1of3

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #4 am: 22.07.2013 | 18:02 »
Wir müssen uns dazu über den Zweck von Mechanismen unterhalten. Slayn hat eine Theorie schon vorgestellt: "Simulation der Welt". Ich sage: Sobald Entscheidungen über Zahlen getroffen werden, sind diese zum Gewinnen da.

Es ist möglich Rollenspiele ohne nummerisches Regelwerk zu betreiben. Man kann sogar trotzdem Zufallsprozesse haben, etwa indem an Tarotkarten zieht oder spezielle wie bei Engel. Man kann auch Würfel benutzen, um so eine inspirierende Wirkung zu entfalten. Durance tut das. Interessant wird es, sobald sich über die Verteilung von Punkten Gedanken machen kann. Dann ist es rational, diese effektiv zu verteilen. Das ist eine ganz normale Reaktion und eine sehr berechenbare.

Spiel-Design bedeutet, die Mechanismen so zu kreieren, dass die Teilnehmer dem Spielziel folgen. Gute Regeln sind die Karotte vor der Nase der Teilnehmer. Eine "Pflicht zu würfeln" bzw. eine "Pflicht Regeln anzuwenden" ist daher nicht sinnvoll. Es muss die Verlockung geben, die Regeln zu benutzen.

Das besprochene Problem nun, erhob sich unter der Annahme, dass es eine SL gibt. Das ist nicht von Natur aus. Die SL ist eine Regel. Sie ist zudem eine sehr wenig sagende Regel, wenn man nicht genau beschreibt, was das im vorliegenden Spiel soll. Die Person, die zufällig SL macht, ist Teilnehmer*in wie die übrigen. Auch sie muss ihre Karotte kriegen.

Die meisten Rollenspiele sind nun keine, also keine Spiele. Sie haben nämlich kein Ziel. Ähnlich wie ein Ball kein Ziel hat. Ich kann ihn werfen, kicken, pritschen, aber das macht noch kein Spiel. Für ein Spiel braucht es mindestens ein Spielziel, es kann mehrere geben.

Die meisten Rollenspiele betrachten, die SL nicht als Spieler*in, sondern gleichsam als Teil des Regelwerks. Man spielt also nicht DSA oder Gurps. Das geht nicht. Man kann DSA bei Petra oder Gurps bei Lukaz spielen oder umgekehrt. Erst die SL macht das Rollenspiel zum Spiel.

Man kann dieses Modell akzeptieren. Die wenigsten tun das. Sie fordern daher, dass die SL fair sein soll, dass sie dies oder jenes tue, weil das richtig sei. Das sind dann SL-Tipps. Es gibt dagegen erstaunlich wenig "Spieler-Tipps". Spieler brauchen nämlich keine, Spieler kriegen Karotten. Ich sage: Gebt der SL ne Karotte und lasst sie spielen.

Das funktioniert nicht, wenn die SL würfeln lassen darf. In diesem Fall wird sie zur Karottengeberin und gerade dadurch wieder in jene Zwitterstellung zum Regelwerk gebracht.

Offline Dr.Boomslang

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #5 am: 22.07.2013 | 18:28 »
Ich sage: Sobald Entscheidungen über Zahlen getroffen werden, sind diese zum Gewinnen da.
Nur diese kleine Ergänzung: Zahlen können allgemein der Objektivität dienen, wie jede Abstraktion. Deshalb werden sie ja auch in der Wissenschaft benutzt, weil Zahlen häufig eine andere Realität zeigen als die Vorstellung eines Menschen. Das kreative Moment im Rollenspiel ist es dann diese unterschiedlichen Realitäten wieder in Übereinstimmung zu bringen. Wenn es ums Gewinnen geht braucht man natürlich Objektivität, aber eben nicht nur da.
Mit anderen Worten Zahlen sind notwendige Bedingung für echten Wettkampf aber keine hinreichende. Nicht jeder der Zahlen benutzt nutzt sie zum Gewinnen.

Wenn ich dich hier richtig verstehe sollte es also eher heißen: Sobald Entscheidungen über Zahlen getroffen werden, kann man die zum Gewinnen benutzen (und irgendwer wird es wahrscheinlich auch versuchen).

Offline 1of3

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #6 am: 22.07.2013 | 18:52 »
Du verstehst mich hervorragend. Und dass jemand die Zahlen in gewinnorientierter Weise wählen wird, ist auch völlig in Ordnung. Als Spieldesigner*in kann man sich freuen, wenn das passiert, denn gewinnen lässt sich nur, wie das Design es vorsieht. Gute Spiele werden durch Powergaming besser.

Offline Lothax

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #7 am: 22.07.2013 | 19:08 »
Gute Spiele werden durch Powergaming besser.

Nicht falsch verstehen... bei diesem Satz rollen sich meine Zähennägel ein und ich bekomm Atemnot. ^^ Jeder wie er will, kein Thema.

Aber unter dieser Prämisse wäre Powergaming ein "Testvehikel" für die Qualität eines Systems. Mag sein, dass ich dich falsch verstehe, aber in diesen Hals ist es bei mir gerade gerutscht. Wenn dem so sein sollte, sorry. Aber können Systeme nur dann hochqualitativ sein, wenn sie von Powergaming profitieren (das Pferd von der anderen Seite aufgezäumt).

Zum Thema an sich, um nicht ganz OT zu werden... für mich hat beides eine Berechtigung. Die Spieler und der Spielleiter entwickeln den Plot gemeinsam. So denn die Spieler von alleine die Würfel tanzen lassen... prima. Nur habe ich die Erfahrung gemacht, dass für Spieler der Würfelprozess auch immer ein wenig heikel ist, da eine Aktion durch die Würfel auch daneben gehen kann. Das heißt, es gibt - und das ist meine Meinung - durchaus eine gewisse psychologische Bremse auf Spielerseite, die Würfel in allen relevanten Situationen "zu befragen". Natürlich kann jetzt auch die Frage auftauchen, wer nun entscheidet, was relevant ist und was nicht. Und wieder gehe ich von beiden Seiten aus. In manchen Situationen ist der Spielleiter sicher weniger befangen, als der Spieler. Vorsicht: nicht immer trifft der Spielleiter eine weise Enscheidung und kein Spielleiter ist vor Fehlern gefeiht. Dennoch sehe ich es durchaus auch als Spielleiteranngelegenheit an, manchmal einen Wurf "einzufordern" oder diesen durch ein paar motivierende Worte stattfinden zu lassen. Genau so wie es OK ist, wenn das die Spieler von sich aus machen.
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Offline 1of3

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #8 am: 22.07.2013 | 19:16 »
Aber unter dieser Prämisse wäre Powergaming ein "Testvehikel" für die Qualität eines Systems. Mag sein, dass ich dich falsch verstehe, aber in diesen Hals ist es bei mir gerade gerutscht. Wenn dem so sein sollte, sorry. Aber können Systeme nur dann hochqualitativ sein, wenn sie von Powergaming profitieren (das Pferd von der anderen Seite aufgezäumt).

Ich tu es dir glatt noch falscher in den Hals. Powergaming ist der Zweck eines jeden Spiels. Die Frage ist eben, was das im einzelnen Spiel bedeutet.

Offline Lothax

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #9 am: 22.07.2013 | 19:20 »
Hmmm, OK... dann differieren unsere Meinungen tatsächlich.  ;D Aber falscher Thread um das zu diskutieren nehme ich an.
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Offline aingeasil

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #10 am: 22.07.2013 | 19:23 »
Das Problem bei Würfen ist, daß viele traditionelle Regelwerke mit Fehlschlägen nicht gut umgehen. So können auch triviale Würfe dazu führen, daß das Spiel ausgebremst wird und in einer Sackgasse landet, weil der Fehlschlag in der Fiktion einfach nicht auszubügeln ist. Im Spiel am Tisch kommt es dann auf den SL, entweder Sackgassen zu vermeiden und Fehlschläge interessant zu gestalten, oder alles wieder hinter der Kulissen hinzubiegen.
Ich denke eher, dass das Problem darin besteht, dass es zwar in vielen Systemen eine Abstufung des Erfolges gibt (geschafft, besser geschafft als der Durchschnitt, gut bis sehr gut geschafft, außerordentlich gut geschafft, etc.), aber ein Fehlschlag immer ein Fehlschlag ist. Und ein Fehlschlag ist immer mehr oder weniger desaströs (von einem sogenannten Botch rede ich jetzt gar net). Da ist es vom System her oft egal, ob man es nur knapp nicht geschafft hat oder ziemlich offensichtlich die Probe verhagelt hat - daneben ist nun mal daneben, "ein bisschen" gibt es kaum. Ja, es gibt mittlerweile Ansätze, dies zu relativieren, aber sowas muss von den Spielern des Systems ausgehen - die wenigsten Systeme bieten eine Vorlage, wie man sowas machen kann (z. B. das Schloss knacken klappt zwar, der Charakter braucht nur mehr Zeit als erwartet und dadurch kann etwas in der Umwelt passieren anstatt dass das Schloss einfach nicht aufgeht)
Am besten sieht man das meiner Meinung nach gerade bei Kämpfen: Der eine Charakter trifft sehr gut und macht deshalb mehr Schaden als normal - der andere Charakter trifft grade so nicht, darf aber keinen Schaden machen. Net mal halbierten oder ein Viertel.

Und dieses "Fehlschlag = klappt net" führt dann meist in die Sackgasse. Denn gerade SLs aus dem sehr klassischen bereich tun sich anscheinend schwer darin, aus den alten Denkmustern auszubrechen.

Vom psychologischen Effekt, den ein Fehlschlag auf den Spieler hat, will ich jetzt gar net anfangen. (Trennung Spieler- und Charakterwissen und so)

Offline tartex

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #11 am: 22.07.2013 | 19:26 »
Nur habe ich die Erfahrung gemacht, dass für Spieler der Würfelprozess auch immer ein wenig heikel ist, da eine Aktion durch die Würfel auch daneben gehen kann. Das heißt, es gibt - und das ist meine Meinung - durchaus eine gewisse psychologische Bremse auf Spielerseite, die Würfel in allen relevanten Situationen "zu befragen".

Lass das "immer" weg. Ich z.B. liebe den Nervenkitzel in einer brenzeligen Situation einen unwahrscheinlichen Wurf schaffen zu müssen, um meinen Charakter nicht krepieren zu sehen.  Muss nicht immer Tod sein, aber eine unerwartete Wendung zum Schlechten turnt micht sehr an.
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Offline Grey

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #12 am: 22.07.2013 | 19:39 »
Wenn eine Aktion nicht danebengehen darf, warum dann überhaupt würfeln?

An der Stelle sehe ich weniger ein Problem beim Regelwerk als beim Autor des Spielmoduls (bei Eigenbau-Szenarien also beim SL selbst). Wenn an irgendeiner Stelle im vorgesehenen Plot ein Wurf verlangt wird, müssen alle möglichen Ergebnisse abgedeckt sein. Sprich, auch nach einem Scheitern des Wurfes muß es wohldefiniert weitergehen.

Und auch bei schnell improvisierten Würfen sollte derjenige, der ihn ansetzt, vorher sowohl für das Gelingen als auch für das Mißlingen eine Vorstellung von den Konsequenzen haben. Als SL fordere ich nur dann zu einem Wurf auf, wenn die aktuelle Szene an einem Scheideweg ankommt und ich ergebnisoffen ermitteln will, wohin es weitergeht; "Pro Forma"-Würfe, bei denen ich davon ausgehe, daß sie eh gelingen werden, habe ich mir abgewöhnt. Und als Spieler führe ich nur dann spontane Würfe aus, wenn sich mein Char gerade "danach anfühlt", als gehe er an eine Grenze und wisse selbst nicht, was dabei herauskommt.

(Womit ganz nebenbei auch meine Ansicht zur Frage aus dem OP dargelegt sein dürfte, wer einen Wurf ansetzen darf und wann. Bei allem, was nur den SC betrifft, darf der Spieler jederzeit würfeln; bei allem, wo es um Interaktion mit der "neutralen" Spielwelt geht, darf der SL jederzeit einen Wurf verlangen.)
Ich werd' euch lehren, ehrbaren Kaufleuten die Zitrusfrucht zu gurgeln!
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Lust auf ein gutes Buch oder ein packendes Rollenspiel? Schaut mal rein! ;)

Offline 1of3

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #13 am: 22.07.2013 | 19:42 »
Ich sollte noch mal auf den wirklich lesenswerten Beitrag von Zankov eingehen. Zunächst einmal Danke für die Erklärung zu Mouse Guard. Das Spiel kannte ich noch nicht. Mäuse hatten mich nicht so angesprochen. Ich kann mich auch vielen deiner Ausführungen anschließen.

Ich möchte eine Sache ergänzen:

An dieser Stelle kommen wir zum Punkt, an dem ich Vincent Baker gut finde. Mit Dogs in the Vineyard bin ich nämlich zum ersten Mal auf ein Regelwerk gestoßen, daß mich zum Nachdenken über das traditionelle Prinzip gebracht hat. Es wird nämlich ausdrücklich vorgegeben, wie der SL das Spiel (dieses Spiel – nicht alle Spiele!) vorantreiben soll, und wann zu würfeln ist. Das Leitprinzip lautet „roll dice or say yes“ (S. 137; Zitat  folgt eingeklappt).
[...]

Das Regelwerk schreibt also genau vor, wofür nicht zu würfeln ist (kein Konflikt zwischen Charakteren? Say yes.), und wann gewürfelt werden muß (Konflikt? Roll dice).

Das tolle an DitV ist: Die Frage wird irrelevant. Ich muss nicht abwägen, ob dies ein interessanter Konflikt ist. Interessant nach welchen Maßstäben? Der Konflikt wird interessant, weil jemand die Würfel die zieht. "Say yes or roll dice" ist gerade keine Frage und kein Anlass zu abzuwägen. Es ist Aufforderung eines dieser Dinge zu tun, gerne auch aus dem Bauch heraus. Es erlöst die SL aus dieser buddhaften Haltung, eben zu Würfeln, wenn es angemessen ist. Würfel, wenn du würfeln willst! Scheiß ihnen in die Schuhe, lass alles raus aus deinen Schläuchen!

Bei DitV werden auch die Dogs würfeln wollen, weil es so toll ist.

Offline La Cipolla

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #14 am: 22.07.2013 | 19:57 »
Ich sehe die Theorie (leidlich interessant ... okay), aber irgendwie keine allgemeinen Praxis-Vorteile. "Empowering" etc. ist für mich btw. immer noch Theorie, zumindest im Spielkontext. Das kann man zu leicht mit Vorlieben abschmettern.
Erklärung nebenbei:

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Im tatsächlichen Spiel kenne ich, zumindest was Systeme mit starkem SL angeht, fast nur Mischformen. Einige Spieler kündigen den Großteil ihrer Würfe selbst an, andere sind eher passiv. Einige Proben kommen von den Spielern, andere vom SL. Und tatsächlich entsteht das auch ganz organisch. In manchen Regelwerken steht deutlich "der SL legt die Probe fest", in anderen eher "der Spieler führt eine entsprechende Probe durch" ... am Ende kommt es aber trotzdem wieder bei den Mischformen raus. Vielleicht ist das einfach die natürlichste Variante, wenn der SL ganz klassisch "der Mann mit dem Plan" ist, die anderen aber auch ihren Anteil an der Geschichte haben.
Das hat, um mal bei der Praxis zu bleiben, auch den ungemein nützlichen Vorteil, dass nur der SL eine wirklich tiefgehende Regelkenntnis braucht, zumindest bei komplexeren Systemen.

Die Frage ist also: Kommt die Theorie aus irgendeinem Nischenspielverständnis, das nur wenige Leute teilen und so gut wie keiner praktiziert? Würde zumindest erklären, warum es so fremdartig erscheint (und wieso es im anderen Thread eher fehl am Platz war).
Da kann es dann natürlich auch voll mit bunten Vorteilen sein ... die das entsprechende Spiel unterstützen.
« Letzte Änderung: 22.07.2013 | 20:00 von La Cipolla »

Offline Praion

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #15 am: 22.07.2013 | 20:28 »
Wenn eine Aktion nicht danebengehen darf, warum dann überhaupt würfeln?

1. Wenn gewürfelt wird kann per Definition etwas schief gehen
2. Es könnten Dinge passieren die mit der direkten Aktion des Charakters nichts zu tun haben "Du hast deine Kletternprobe um auf den Baum zu kommen verpasst - oben wartet ein Killerhörnchen"
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Offline Agent_Orange

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #16 am: 22.07.2013 | 20:38 »
Meine Meinung:

Nur würfeln, wenn es drauf ankommt. Das ist auch das, was ich in den vielen allgemeinen Ausführungen in zahlreichen Regelwerken so lese bzw. verstehe.
Das ist selbstreend eine Wertungsfrage und muss von Einzelfall zu Einzelfall neu bewertet werden.

In vielen Regelwerken wird darauf hingewiesen, dass der Spielleiter letztlich darüber entscheide bzw. entscheiden solle, wann überhaupt gewürfelt werden solle. In der Spielpraxis dürfen und müssen meines Erachtens Spieler solche Entscheidungen selbst treffen.

Etwa mit Blick auf "charaktergerechtes Spiel". Nicht selten komme ich zum Beispiel zu dem Ergebnis, dass ich in einer Spielsituation meines Charakters mehrere gleichwertige Handlungsmöglichkeiten sehe und ich mich nicht entscheiden kann, was meine Figur tun soll. Dann mache ich eine "Gewissens-" oder "Entscheidungsprobe", anstatt zu hadern und eine Aktion zu verschenken.

Dann gibt es Situationen, in denen gerne mal Dinge "ausgespielt" werden sollen - zum Beispiel Verhandlungen, Bluffen, Honig ums Maul schmieren oder manchmal auch solche Sachen wie "Spuren lesen" oder "Verborgenes Erkennen"; da sage ich als Spieler: Sorry, nee - dafür habe ich einen Skill ... Wenn der Spielleiter mich dann nicht würfeln lässt, versuche ich mich zwar an dem "Ausspielen"; wenn's dann aber nicht hinhaut, weil ich nicht auf die Ideen oder rhetorischen Strategien zurückgreifen kann, die möglicherweise meinen Spielercharakter ausmachen, dann fühle ich mich "um ein valides Spielergebnis" (die Würfel hätten entscheiden können oder müssen oder sollen) regelrecht betrogen.

Diese Sache mit "Sozialkontrakt" oder "Spielgruppenvertrag" möchte ich nicht diskutieren ... In letzter Konsequenz 'einige' ich mich mit dem Spielleiter (und nicht mit der Spielgruppe) darauf, dass ein bestimmtes Spiel gespielt werden soll; gegebenenfalls kommen noch Hausregeln dazu, die ich im Zweifelsfall auch akzeptiere. Dann ist meine einzige messbare Erwartungshaltung, dass die Spielregeln des Spiels eingehalten werden.

In kurz: Es wird nach wertender Betrachtung gewürfelt; die Entscheidung über eine abzulegende Probe treffen Spieler, Spielleiter oder beide.

AO
Rollenspiele vor Gericht (mit besten Dank für den Hinweis an Boba Fett)
Randzeichen: 41 - 66

Persönliche Anmerkung: Es ist ein erstinstanzliches Landgerichts-Urteil. Hinsichtlich einzelner Fragen beschränkt sich das Urteil auf Verweise; der Kläger hat "schlampig" gearbeitet. Fraglich ist deshalb, ob einzelne Urteilsaspekte in höherer Instanz anders bewertet worden wären.

Offline Zarkov

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #17 am: 22.07.2013 | 21:46 »
Das tolle an DitV ist: Die Frage wird irrelevant. Ich muss nicht abwägen, ob dies ein interessanter Konflikt ist. Interessant nach welchen Maßstäben? Der Konflikt wird interessant, weil jemand die Würfel die zieht. "Say yes or roll dice" ist gerade keine Frage und kein Anlass zu abzuwägen. Es ist Aufforderung eines dieser Dinge zu tun, gerne auch aus dem Bauch heraus. Es erlöst die SL aus dieser buddhaften Haltung, eben zu Würfeln, wenn es angemessen ist. Würfel, wenn du würfeln willst!

Naja, genau genommen ist es eine einfache Ja/Nein-Verzweigung. Gibt es in der aktuellen Situation einen Konflikt? D.h., will in der Fiktion ein Dog was von einem anderen Dog oder einem NSC, was dieser nicht will? Wenn ja: Würfeln. Ansonsten nicht. Die Frage wird deshalb irrelevant, weil es in der Regel absolut offensichtlich ist, wenn ein Konflikt besteht. Wenn ein Spieler etwas will und es nicht anstandslos bekommt, kann er sofort die Würfel zücken.

DitV hat halt auch keinerlei task resolution system, sondern ausschließlich conflict resolution. Die ganze task resolution wird durch „say yes“ und den Rahmen der glaubwürdigen Fiktion ersetzt. Man kann also eigentlich nur für Konflikte würfeln …  ~;D
(Übrigens ein Grund, warum ich diese Unterscheidung durchaus für sinnvoll halte.)
»… hier wirkt schon uneingeschränkt das sogenannte Lemsche Gesetz (Niemand liest etwas; wenn er etwas liest, versteht er es nicht; wenn er es versteht, vergißt er es sofort) …«*

Offline Menthir

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #18 am: 23.07.2013 | 11:53 »
In meinen Runden (klassische Aufteilung Spielleiter-Spieler) gibt es auch immer die Mischform. Wenn Spieler proaktiv spielen, dann werden sie selbst die Würfe nehmen (mit der Ausnahme, wenn sie zu große Sorge vor dem Scheitern haben, dann versuchen sie die Würfe unter den Tisch fallen zu lassen), der Spielleiter ergänzt dann mehr oder weniger eben durch Aussage jene zu würfelnden Würfe, die der Spieler entweder nicht bedenkt oder eben ignoriert.

Letztendlich fehlt in unseren Runden aber sicher die Bereitschaft, die Würfelrecht-/-Pflichtzuschrebungen, die das Regelwerk implizit und explizit vorgibt, bleibend zu übernehmen. Weder der Spielleiter hat völlige Willkür über diesen Punkt, noch die Spieler. Am Ende läuft es eigentlich immer darauf hinaus, dass die Spieler dann würfeln, wenn sie es für nötig halten und der Spielleiter Würfe ergänzen lässt, wenn die Spieler es nicht für nötig halten, der Spielleiter jedoch.
Grundsätzlich werden dabei unnötige Würfe weitestgehend vermieden oder es wird zumindest versucht, zudem wird über gewisse Würfelwürfe beizeiten auch verhandelt, ob sie nun wirklich nötig sind oder nicht. Gewürfelt wird grundsätzlich aus zwei Bestrebungen hinaus. Um irgendeinen sich ergebenden Konflikt zwischen Spieler und Spielwelt zu lösen (von einer einfachen Kletterpartie bis zu einem komplexen Handgemenge und darüber hinaus), oder um ein bisschen Würze und Chaos reinzubringen. Zufallselemente, welche die Pläne der Spieler und des Spielleiters untergraben können. Die zweite Art von Würfen ist aber nicht verpflichtend und wird meist vom Spielleiter oder Spieler genutzt, wenn er sich gedanklich in einer Sackgasse wähnt oder sich selbst in Routine verfallen sieht und das gerne durch frische Ideen und Entwicklungen durchbrechen will.

Wie das genau methodisch gelöst wird, kann sehr unterschiedlich sein. Möglich ist, dass jeder Spieler (außer betroffener Spieler) verdeckt auf einen Zettel irgendeine Entwicklung schreibt, und die quasi dann mit Nummer versehen wird und erwürfelt wird vom betroffenen Spieler (Spielleiter nimmt daran teil, wenn er will oder kann auch so neue Entwicklungen einbauen). Es kann aber auch abstruse Dinge umfassen, wie das Auswürfeln von Wörtern im Wörterbuch, welche dann innerhalb dieser Szene verwendet werden müssen. Gerade als Spielleiter nutze ich gerne zufällige Elemente, um meine Runden nicht zu linear zu gestalten und nicht zu sehr an meinen Vorstellungen festzuhalten. Das kann alles sehr spontan und ganz unterschiedlich gehandhabt werden.

Grundsätzlich gilt aber bei allen Würfen, dass jeder das Recht hat zu würfeln. Bei dem Beispiel, dass ein SL eine soziale Szene ausgespielt haben will, ist der Spieler schon dazu verdammt, diese Szene auszuspielen, gerade wenn sie plotrelevant ist (bei Verkaufsarien wird häufig davon abgesehen), aber nie kann der SL dem Spieler das Recht nehmen, den Würfel zu nehmen und die Fertigkeit seines Charakters zu nutzen. Die Pflicht zu würfeln betrifft auch alle Teilnehmer. Diese Pflicht ist aber nicht allumfassend und hängt auch ein wenig an der Situation und kann aufgeweicht werden. Klassische Fertigkeitswürfe, in denen der Spieler so gut ist, dass er sowieso bestünde, werden nicht gewürfelt. Jede Situation, in der ein Scheitern jedoch realistisch, konfliktbasierend und spielrelevant ist, muss gewürfelt werden.
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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #19 am: 23.07.2013 | 11:59 »
Sobald Entscheidungen über Zahlen getroffen werden, sind diese zum Gewinnen da.
...
...
Das funktioniert nicht, wenn die SL würfeln lassen darf. In diesem Fall wird sie zur Karottengeberin und gerade dadurch wieder in jene Zwitterstellung zum Regelwerk gebracht.
Ich weiß es nicht, ob ich es richtig verstehe, vielleicht bin ich total auf dem Holzweg, aber irgendwie scheint es mir nicht richtig zu sein. Für mich - ich weiß es nicht, wie ich es am besten beschreiben soll - klingt es irgendwie so, als ob ein Farbenblinder eine Zusammenfassung über die Schönheit der Farben machen würde. (Das klingt jetzt viel negativer, als ich es ausdrücken will, aber mir fällt leider kein besserer Vergleich ein, tut mir leid.) Mir kommt das so vor, dass Du dadurch nur eine (kleine/große?) Teilmenge von Rollenspiel beschreibt. Nur bestimmte Aspekte und Mechaniken. Vielleicht ist das aber genau der Unterschied, den Du in dem anderen Thread gemacht hattest. Nach Deiner Definition sehe ich das Rollenspiel wahrscheinlich nicht als Spiel, sondern als Spielzeug. Da könnte etwas dran sein und für die Missverständnisse sorgen. Deswegen ist es für mich nicht vollständig, wenn Du über Spiel sprichst und ich über Spielzeug - und beide sprechen wir über Rollenspiel.
« Letzte Änderung: 23.07.2013 | 12:03 von gunware »
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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #20 am: 23.07.2013 | 12:05 »
Nach Deiner Definition sehe ich das Rollenspiel wahrscheinlich nicht als Spiel, sondern als Spielzeug.

Das trifft wohl für die meisten Rollenspiele da draußen zu. Das kritisiere ich.

Offline gunware

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #21 am: 23.07.2013 | 12:26 »
Das kritisiere ich.
Aber warum? So will ich doch "meine" Rollenspiele haben. Was gibt es daran zu kritisieren?
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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #22 am: 23.07.2013 | 12:27 »
Nun, ich meine nicht.

Offline gunware

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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #23 am: 23.07.2013 | 12:44 »
 wtf?
Auf die Frage "warum" kommt mir diese Antwort
Nun, ich meine nicht.
irgendwie unbefriedigend vor. Ich meine es ernst, ich verstehe nicht, warum es kritikwürdig ist?
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Re: Das Recht zu würfeln, die Pflicht zu Würfeln
« Antwort #24 am: 23.07.2013 | 12:50 »
Sie entsprechen nicht meinen Ansprüchen. Welchen Grund kann es für Kritik sonst geben?