Autor Thema: Powergaming ein valides Mittel zur Qualitätsmessung eines Systems?  (Gelesen 16602 mal)

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Offline Lord Verminaard

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@ 1of3: Also wenn ich es richtig verstehe, möchtest du festgehalten wissen, dass zwar dein Ausgangsbeitrag einen Zirkelschluss beinhaltet, Talasha diesen aber nicht entlarvt hat? ;)

@ Slayn: Um diese Frage dreht sich letztendlich jedwede Rollenspieltheorie, jedwedes Modell, ja, jedwede rollenspielbezogene Diskussion in diesem Forum. Da werden wir kaum hier in zwei Sätzen ein Fazit zusammen bringen. ;)
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Online Arldwulf

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gezielte Nutzung der Regeln erlaubt gewinnbringendes Spiel

Letztlich liegt hier eine der größten Schwierigkeiten, da die "gezielte" Nutzung sehr schwer zu definieren ist, und zum Teil auch auf Spielzielen basiert die von den Regeldesignern so ja gar nicht geäußert werden.

Gunware beschreibt dies imho sehr schön, ich hab es oben auch schonmal gesagt: Es gibt eben oft nicht das eine Spielziel eines Systems, den Punkt an den man hinstreben kann. Meist ist es eher ein sehr weiter Bereich der auch völlig verschiedene Richtungen abdecken kann.

Offline 1of3

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@ 1of3: Also wenn ich es richtig verstehe, möchtest du festgehalten wissen, dass zwar dein Ausgangsbeitrag einen Zirkelschluss beinhaltet, Talasha diesen aber nicht entlarvt hat? ;)

Mindestens dies. Ich sehe aber auch im ersten Beitrag noch keinen.

Offline Necoras

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Es ist doch mittlerweile offensichtlich geworden, dass 1of3 eine bestimmte Definition von Powergaming hat, die mit der Definition einiger anderer Mitleser nicht übereinstimmt. Na und?

Ich kann persönlich mit dieser weit gefassten Definition auch nichts anfangen. Das erinnert mich an die Definition des Nutzenbegriffs in manchen ökonomischen Theorien: Wenn Nutzen alles, aber auch wirklich alles sein kann, dann wird der Begriff für Theoriediskussionen wertlos.

Aber wenn man Powergaming als effektivste Verfolgung des Spielziels, das der Designer genau so im Sinn hatte, definiert - dann taugt Powergaming durchaus als ein valides Mittel zur Qualitätsmessung eines Systems. Wohlgemerkt als ein valides Mittel neben anderen...

Offline Slayn

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Das funktioniert aber nur so lange, so lange sich das Spielziel nicht ändert. Aber das Spielziel ist nicht nur ein Punkt, sondern ein (mehrdimensionales?) Konstrukt. Und deswegen kann das Spielziel Bereiche abdecken, die sich widersprechen. Und schon funktioniert die oben gemachte Aussage nicht. Im Unterschied zu Brettspielen oder anderen gewinnorientierten Spielen hat da das Rollenspiel die Nase vorn, weil sie solche Widersprüche auflösen und unterstützen kann. Selbstverständlich mit dem Nachteil, dass dieses "gewinnorientiert" dadurch unter die Räder gerät.

Erlaube mir, mit einem Beispiel zu antworten.
kennst du das Spiel Pendragon? Hier geht es gezielt darum einen englischen Ritter zur Arturs Zeiten zu spielen. Alles was du dafür benötigst, wird mitgeliefert, alle weiteren Spielziele sind ausgeschlossen, da für dieses Ziel (englischer Ritter) irrelevant. Wenn du dich auf dieses Ziel einlässt, dann ist alles in Butter und du kannst nach Lust und Laune losspielen.
Der Zusatzband "Knights & Ladies" erweitert dies um zwei Ziele, "nicht-englische Ritter" und "Ladies", wobei die existierende Regeln so angepasst werden, dass auch diese neuen Spielziele gewinnbringend integriert werden. Man könnte, wenn man wollte, jetzt auch hingehen und "Intrigen an Arturs Hof" als Spielziel einführen und auch da die Regeln anpassen und erweitern um dies Möglich zu machen.

Ich stimme dir da jederzeit zu, wenn man sagt dass eben RPG die Option hat den Spielstil zu ändern, widerspreche aber mit der Aussage dass die "gewinnorientiertheit" dabei unter die Räder gerät, so lange man in der Lage ist die neuen Ziele ebenso in allen verständliche regeln zu gießen, wie es auch die alten Regeln waren, ohne diese alten regeln zu invalidieren.
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Offline Lothax

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Wohlgemerkt als ein valides Mittel neben anderen...

Ein wichtiger Satz meiner Meinung nach, ein ganz wichtiger.
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Offline gunware

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kennst du das Spiel Pendragon?
Nein, leider nein. (Ich meine, klar, den Namen nach schon, aber nicht drin geblättert oder in der Hand gehabt.)

widerspreche aber mit der Aussage dass die "gewinnorientiertheit" dabei unter die Räder gerät,
Selbstverständlich nicht immer.
Aber ich spreche auch eher davon: http://tanelorn.net/index.php/topic,84982.msg1725643.html#msg1725643
Gerade Pendragon scheint es mir als einer der Spiele zu sein, die bereits ein starkes Thema oder Richtung haben (mindestens Deiner Beschreibung nach) und das beinhaltet eben die Grenzen, die ich nicht haben will. Und da beißt sich die Schlange in den Schwanz - aber sie bildet leider keine Möbiusschleife. Und so wie Du bei der Möbiusschleife keine zweite Seite finden kannst, kannst Du auch bei einschränkungslosen Rollenspielen kein Gewinn (im Sinne gewinnorientiert) erwarten.
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Offline Slayn

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Nenne mal bitte ein beispiel für ein einschränkungslosen RPG. Mir fällt nämlich dazu keines ein.
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Pyromancer

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Ich persönlich finde ja den Anspruch, mit einem Rollenspiel "alles" machen zu können, sehr spannend. "Da ist die Welt, da sind die Regeln, der Rest ist dein Bier." Traveller ist da z.B. ein Paradebeispiel, wo das gut gelöst ist, und das vom Überlebenskampf eines Stammes auf einem steinzeitlichen Planeten über dynastische Intrigen in einem Sternenreich bis hin zur Invasion eines Planeten mit tausenden von Schiffen und Millionen von Bodentruppen (und zwar vom SC als General bis runter zum "Schütze Arsch") kaum einen denkbaren Bereich nicht auf die eine oder andere Art regeltechnisch (und damit auch rollenspielerisch) unterstützt. Und ich habe das auch in der Praxis erlebt, dass ein Spiel innerhalb von Minuten und 1, 2 Würfelwürfen komplett den Fokus, die Stimmung, und die hauptsächlich verwendeten Regelelemente gewechselt hat - weil es halt MÖGLICH war, und weil es sich so aus der Situation ergab. Interessanterweise ist Traveller auch ein Spiel, das REGELSEITIG kaum Möglichkeiten zum Powergamen bietet. Traveller muss man SETTINGSEITG powergamen.

Und das wäre dann die vierte Gruppe von Rollenspielern, die ich oben vergaß: Denen ist es völlig egal, was regelseitig passiert, wenn eine Gruppe einen Zollbeamten besticht, damit er die Ladung des einzigen Konkurrenten für drei Monate in Quarantäne steckt. Die machen sich da auch vorher keinen Kopf drum. Die tun einfach, und wollen, dass die Regeln die Geschehnisse im Setting plausibel modellieren. Und wenn die Handelsregeln dann Angebot und Nachfrage gar nicht berücksichtigen, dann ist das blöd.

Offline Lord Verminaard

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Naja das Konzept von "settingseitigem" Powergaming (ich würde von fiktionsgetriebenem Spiel sprechen) kommt ja bei 1of3 nicht vor, er würde ja immer fragen, "wie bilden die Regeln das ab?" Dem liegt ja die Vorstellung zugrunde, dass gute Regeln alles können. Dass man also für jede gewünschte Spaßquelle nur die richtigen Spielregeln finden muss, die dann bei erfolgsorientierter bzw. effektivitätsmaximierter Spielweise sozusagen "von alleine" das gewünschte Spielerlebnis erzeugen. Und das halte ich für grundfalsch. Auf diese Weise kann man allenfalls den Anschein eines Spielerlebnisses, nicht aber das Erlebnis selbst reproduzierbar machen, weil man den gesamten Prozess entkernt und den Kern eben durch Mathematik ersetzt. Und dann bleibt eben vom Spielerlebnis (ob man es nun Spiel im engeren Sinne nennen will oder nicht) nur noch Mathematik und ein paar leere Hülsen übrig.
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Offline gunware

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ein beispiel für ein einschränkungslosen RPG
Das ist auch eher ein theoretisches Konstrukt. Jedes Rollenspiel ist (auch) irgendwie einschränkend. Meine Aussage war nur, dass je weniger von diesen Einschränkungen existieren, desto besser würde mir wahrscheinlich das Spiel gefallen. (Vorausgesetzt, die anderen Sachen stimmen auch - Regel, Welt, Thema, usw.)
Ich empfinde von den Spielen, die ich kenne, z.B. GURPS als am wenigsten einschränkend (es könnte sein, dass ich auch TORG dazu zählen könnte, aber da habe ich leider keine Erfahrung). Shadowrun und Cthulu haben eine starke Richtung; Savage World und Dračí Doupě II erlauben kein (vernünftiges) Barbiespiel; D&D und (Pathfinder) ist von Regeln her eher Richtung Hack&Slay; DSA ist am Tisch schwerfälliger;  Hero verlangt schon am Anfang zu wissen, wie es am Ende aussieht; mit Wushu kann ich nichts anfangen; Einsamer Wolf Mehrspielerbuch ist viel zu wenig komplex; - das sind jetzt so die Spiele, die mir am geläufigsten sind. Keines davon ist wirklich einschränkungslos wie ich es gerne hätte. Keins davon ist meine sich voll regenerierende Eierlegendevollmilchsau mit Whiskyzitzen. Aber teilweise so in der Reihenfolge, in der ich es jetzt aufgeschrieben habe, versuchen sich die Spiele dem Ideal zu nähern.
Das Problem ist nämlich auch die Tatsache, die ich bereits angesprochen habe:
Aber das Spielziel ist nicht nur ein Punkt, sondern ein (mehrdimensionales?) Konstrukt. Und deswegen kann das Spielziel Bereiche abdecken, die sich widersprechen.
(Fettmarkierung jetzt von mir, um den springenden Punkt zu erwischen.  ;) )

EDIT: wenn ich jetzt Pyromancers Text lese, den er geschrieben hatte, während ich meinen schrieb, dann könnte man Traveller höchst wahrscheinlich auch als einen Kandidaten dazu nehmen. Ich wollte mir Traveller schon länger anschauen, aber leider kam ich nicht dazu. Gut, dass ich ab und zu daran erinnert werde.
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Offline Zarkov

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(Ganz kurz: ich wurde zwischendurch auf diesen älteren Thread hingewiesen. Sehr lesenswert in Hinblick auf die aktuelle Diskussion. Auch wiederlesenswert.)
»… hier wirkt schon uneingeschränkt das sogenannte Lemsche Gesetz (Niemand liest etwas; wenn er etwas liest, versteht er es nicht; wenn er es versteht, vergißt er es sofort) …«*

Offline Dr.Boomslang

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Dem liegt ja die Vorstellung zugrunde, dass gute Regeln alles können. Dass man also für jede gewünschte Spaßquelle nur die richtigen Spielregeln finden muss, die dann bei erfolgsorientierter bzw. effektivitätsmaximierter Spielweise sozusagen "von alleine" das gewünschte Spielerlebnis erzeugen.
Ich hab das aber oben meine ich schon anders gesagt. Es geht nicht darum dass etwas "von alleine funktioniert", sondern dass Powergaming das Spiel nicht so leicht kaputt machen kann, und dafür gibt es nun mal bessere und schlechtere Regelwerke. Sich an die Regeln zu halten darf eben nie falsch sein, dass es nicht alles ist um ein tolles Spiel zu haben weiß doch jeder vernünftige Mensch.
Ich bin mir nicht sicher ob 1of3 das sagt was du ihm vorwirfst. Es gibt Leute die diese vereinfachende Sichtweise angenommen haben mögen, aber meinst du wirklich die Leute mit denen du hier diskutierst gehören dazu?

Offline Lord Verminaard

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Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren. :)
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Offline 1of3

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Naja das Konzept von "settingseitigem" Powergaming (ich würde von fiktionsgetriebenem Spiel sprechen) kommt ja bei 1of3 nicht vor, er würde ja immer fragen, "wie bilden die Regeln das ab?"

Stimmt. "Settingsseitig" würde ich tatsächlich so nicht akzeptieren. Natürlich kann man das tun, was ihr beschreibt. Dann spielt man aber nicht das Setting, sondern die Mitspieler. Ungefiltert.

Die Regeln benutzen sich ja nicht von allein. Sie lenken vielmehr die Teilnehmer in bestimmte Richtungen und kanalisieren die Interaktion. Wenn sich Regeln mit einem Teil nicht beschäftigen, dann haben wir es direkt mit den persönlichen Präferenzen der anderen Leute am Tisch zu tun.

Es wird dann ja gerne davon geredet, dass man "dumme Aktionen" bestraft oder "plausible Aktionen" durchwinkt etc. Das ist alles Augenwischerei. Man winkt dann die Aktionen, denen man zustimmt und straft solche ab, die man nicht mag. Wenn ich in einem solchen Szenario erfolgreich bin, dann weil ich weiß, wie meine Mitspieler ticken. Das ist auch mit viel Regelwerk günstig, hier wird es aber um so wichtiger.

Offline Lord Verminaard

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Eben. Das ist doch die Aktivität. Man verhandelt Fiktion. Ein Regelwerk ist dazu zunächst mal ein Werkzeug, unter mehreren. Setting/Kanon/Genre sind andere, deren Relevanz du glaube ich erheblich unterschätzt. Manche Spieldesigner benutzen nun das Regelwerk, um harte Vorgaben wie z.B. ein Spielziel zu implementieren und bestimmtes Spielerverhalten und/oder bestimmte fiktionale Inhalte zu inzentivieren oder zu sanktionieren. Ich persönlich halte bekanntlich nicht sehr viel von dieser Philosophie und dem Effekt, den sie erzeugt. (Edit: Okay, das stimmt so nicht ganz, manche der Spiele mag ich schon und habe sogar selbst eins geschrieben, aber jedenfalls widerspreche ich vehement, wenn diese Philosophie zur Heilslehre erhoben wird.)
« Letzte Änderung: 23.07.2013 | 19:39 von Lord Verminaard »
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Offline Bad Horse

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Kurze Zwischenfrage: Was siehst du als besser an - "Regeln kanalisieren Absicht" oder "Absicht ruft Regeln auf"?

(Ich meine folgendes: Wenn die Regeln die Absicht kanalisieren, dann wird der Spielinhalt von den Möglichkeiten, die die Regeln vorgeben, bestimmt. Bei einem Problem wird also geschaut, welche Regeln die Lösung des Problems ermöglichen, und dann überlegt, wie sich das innerhalb der Fiktion umsetzen lässt.
Wenn die Absicht die Regeln aufruft, wird der Spielinhalt von der Absicht der Spielenden bestimmt. Bei einem Problem wird geschaut, wie der Spielende es innerhalb der Fiktion lösen möchte, und dann werden entsprechende Regeln für die mechanische Umsetzung dieser Absicht aufgerufen.)
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline 1of3

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Eben. Das ist doch die Aktivität. Man verhandelt Fiktion. Ein Regelwerk ist dazu zunächst mal ein Werkzeug, unter mehreren. Setting/Kanon/Genre sind andere, deren Relevanz du glaube ich erheblich unterschätzt.

Na vielleicht bin ich da ein gebranntes Kind. Ich habe in meiner ganzen Rollenspielkarriere noch nicht erlebt, dass diese Dinge in  einem Maße relevant gewesen wären, wie es das Regelwerk war. Der Hintergrund - egal welcher - wurden weitenteils nicht gekannt. Wenn die SL was wusste, wars egal. Hätte sie sich ja auch selbst aus der Nase ziehen können. Wenn ein anderer Teilnehmer was wusste, war es auch egal, weil interessierte nicht. Schnittmengen kamen nicht vor.

Offline Lord Verminaard

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Kurze Zwischenfrage: Was siehst du als besser an - "Regeln kanalisieren Absicht" oder "Absicht ruft Regeln auf"?

(Ich meine folgendes: Wenn die Regeln die Absicht kanalisieren, dann wird der Spielinhalt von den Möglichkeiten, die die Regeln vorgeben, bestimmt. Bei einem Problem wird also geschaut, welche Regeln die Lösung des Problems ermöglichen, und dann überlegt, wie sich das innerhalb der Fiktion umsetzen lässt.
Wenn die Absicht die Regeln aufruft, wird der Spielinhalt von der Absicht der Spielenden bestimmt. Bei einem Problem wird geschaut, wie der Spielende es innerhalb der Fiktion lösen möchte, und dann werden entsprechende Regeln für die mechanische Umsetzung dieser Absicht aufgerufen.)

Die Unterscheidung habe ich mal mit "regelgetriebenes Spiel" vs. "fiktionsgetriebenes Spiel" zu umschreiben versucht. Es ist m.E. mit die wichtigste Differenzierung bei der Betrachtung von Spielstilen. Ich persönlich bevorzuge ein überwiegend fiktionsgetriebenes Spiel. Oder war die Frage an 1of3 gerichtet? Ich denke, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich ihm attestiere, ein überwiegend regelgetriebenes Spiel zu bevorzugen. ;)
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Offline blut_und_glas

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An dieser Stelle - wie auch schon weiter vorne im Thread - fühle ich mich schwer versucht den Vergleich zur Verwandschaft zu suchen:

Diesen Komplex der parallelen Ziele und Triebfedern und ihrer Beziehungen (auch mit und im Regelwerk) findet sich sehr deutlich auch im historischen Kriegsspiel.

Vielleicht hilft es der Diskussion ja weiter, das Ganze erst einmal an diesem etwas distanzierteren (und klarer abgegrenzten?) Beispiel zu untersuchen, und dann eine (Rück)übertragung vorzunehmen?

(Nur ein Einwurf.)

mfG
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Offline Slayn

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Sind wir bei "Finktionsgetriebenes Spiel" bzw. "Absicht ruft Regeln auf" nicht wieder ganz am Anfang der Rollenspiele angelangt, also bei oD&D und Traveller?
Aber mal zum Settingseitigen Powergaming, also dem Fiktionsgetriebenen Spiel, sind das nicht letztendlich auch Regeln und Konventionen? Ich sehe jetzt den Unterschied nicht so richtig ob man eine Regel nur als mathematisches Gebilde hat oder ob es eine Settingvorgabe gibt, an der man gemessen wird (Du spielst deinen Elf wie einen Elf in diesem Setting. Heute hast du ihn gut gespielt [Das entspricht einem guten Ergebnis auf die Elf-sein Probe]).
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Offline 1of3

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Ja. "Elfen haben doofe Ohren", ist im Grunde eine Regel. Übersetzt heißt das: "Du darfst nichts äußern, was vermuten lässt, das Elfen keine doofen Ohren haben."

Offline Necoras

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Ja. "Elfen haben doofe Ohren", ist im Grunde eine Regel. Übersetzt heißt das: "Du darfst nichts äußern, was vermuten lässt, das Elfen keine doofen Ohren haben."
Aber irgendwie kommt mir das trotzdem anders vor als eine mechanische Regel: Wenn ich im Doofe-Elfenohren-Setting einen Elfen mit sexy Ohren spiele, dann wäre das ja ein Regelbruch. Aber ich könnte doch durchaus so einen Elfen spielen. Er wäre halt ein Sonderling und die Ohren wären ein (Fate-)Aspekt oder ein (DSA-)Vor-/Nachteil o. ä. Mir kommt aber ein solcher Regelbruch weniger schwerwiegend vor wie etwa "Mit diesem Schwert kann ich einfach doppelt so oft attackieren".

Wo ist hier mein Denkfehler?

El God

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Ich kenne kein Regelsystem, in welchem ein Schwert, an dem der mechanische Regelteil "kann doppelt so oft attackieren", der aus der Beschreibung "Woooosh. Dieses Schwert ist sooo leicht und soooo schnell. Krass. Damit bist du sicher doppelt so flott wie deine Gegner" erwächst, ein Regelbruch wäre. Schlechter Stil ok, aber sonst?

Offline Slayn

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Aber irgendwie kommt mir das trotzdem anders vor als eine mechanische Regel: Wenn ich im Doofe-Elfenohren-Setting einen Elfen mit sexy Ohren spiele, dann wäre das ja ein Regelbruch. Aber ich könnte doch durchaus so einen Elfen spielen. Er wäre halt ein Sonderling und die Ohren wären ein (Fate-)Aspekt oder ein (DSA-)Vor-/Nachteil o. ä. Mir kommt aber ein solcher Regelbruch weniger schwerwiegend vor wie etwa "Mit diesem Schwert kann ich einfach doppelt so oft attackieren".

Wo ist hier mein Denkfehler?

Hm, das ist ja nun die Frage.
Das sich Aktionen und Handlungen in Regeln packen lassen, ist ja klar. Bestimmte Systeme packen auch ganze Handlungsabläufe in Regeln und übergeben diese vom Spieler ans System.
Warum wird also nicht strikter beim Setting der Regel-Aspekt herausgekehrt, sondern hier immer auf die Individualität des Spielers gepocht, bzw die Kritik nur über die Peer-Gruppe?

Als sehr striktes Beispiel kommen mir Pendragon, L5R und WH40K Black Crusade in den Sinn. Ersteres mit seinen Verhalltens-bezogenen Attributen, die man prüft, L5R durch Bushido, die Befolgung davon und dem Honour-Wert, der geprüft wird und letzteres durch die drei Attribute Insanity, Corruption und Infamy, die durch das Spiel entstehen und geprüft werden, also direkte Auswirkung haben.
Btw: Sanity is for the Weak!

Nachtrag: Ich kenne aber kein System das z.B. Elf-sein prüft. Boni durch die Volkswahl, ja, eine Abfrage dahinter, nein.
« Letzte Änderung: 24.07.2013 | 09:32 von Slayn »
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