Das hat aber nichts mit Spielbalance zu tun.
Finde ich doch. Die Vereinfachung lag ja gerade darin, für den Spieler über das Eindampfen der Skilloptionen die Gefahr zu verringern, seinen Charakter zu verskillen, also einen relativ zum Spiel gesehen unbalancierten Charakter zu erschaffen.
Genau hier verstehe ich dich nicht. Denn je stabiler der Turm ist, umso eher kann ich doch Steine in beliebigen Formen einbauen. Auf den instabilen Turm kann ich nur noch eine bestimmte Steinform setzen - alles andere bringt ihn zum Einsturz. Je wackliger der Turm, je kleiner der Spielraum.
Ich versuchs mal zu erklären. Für mich heisst stabil soviel wie: funktioniert für meine aktuellen Bedürfnisse (die von Spielrunde zu Spielrunde variieren können). Wenn man wie ich von unendlich vielen unterscheidbaren Bedürfnissen ausgeht, heisst das, dass man letztlich unendlich viele Türme braucht, um diese angemessen zu befriedigen. Und selbst wenn es den einen Turm gäbe (woran ich nicht glaube), wäre noch der fähigste Architekt nicht in der Lage, diesen in einer einzigen Bauanleitung zu beschreiben.
Ein gutes System in meinem Sinne ist nun ein System, dass mir mittels einer möglichst großen Anzahl an Bausteinen und entsprechend gefassten Regeln ermöglicht, möglichst viele dieser Türme abzubilden. Dazu gehören wohlgemerkt auch sehr instabile Türme und letztlich sogar Türme, die beim kleinsten Hauch einstürzen, weil sie eben Bausteine verwenden, die gar nicht zueinander passen (runde und eckige eben), sprich Türme, die man mit allerlei Hilfsmitteln abstützen muss.
Und das Problem, das ich mit der Spielbalance als Fokus eines Regelsystems habe, ist, dass dadurch typischerweise nicht nur die Bruchbauten aus dem Spiel entfernt werden (auf die könnte ich zur Not ja noch verzichten), sondern eben auch ein Teil der "nur" instabilen Türme (und auf die zu verzichten bin ich nicht bereit, einfach weil mit ihnen die entsprechenden Optionen verloren gehen).
Du scheinst ja nun der Auffassung zu sein, dass ein System möglich sei, dass es ermögliche, diese ganzen vielen instabilen Türme zu integrieren und ihnen dabei gleichzeitig dieselbe Stabilität zu verleihen, wie sie die stabilen Türme bereits besitzen. Ich halte das für völlig unmöglich bzw. zumindest bisher realiter für nichtexistent. Und solange das letztere der Fall ist, ziehe ich mein unvollkommenes, potentiell Bruchbauten produzierendes Regelsystem jedem "balancierteren" System vor, das leider den Nachteil hat, dass man damit nur Türme bauen kann, mit denen ich zu spielen keine Lust habe.
Was genau deinem Argument mit den Runden Steinen entspricht. "wähl doch den Ninja, der ist doch fast so wie der Schurke" ist letztlich nix anderes als "wähl doch den eckigen Stein, der ist fast so wie der Runde". In einem ausbalanciertem System ist dieser Kompromiss nicht notwendig.
Ist gar nicht mein Argument. Mein Argument ist: Spiel ruhig den Schurken (runder Stein) mit dem Magier (eckiger Stein) zusammen. Pass halt nur auf, weil der so entstehende Turm etwas instabil ist und einstürzen kann. Wenn man nicht aufpasst.
Ich geb dir recht: In einem balancierteren System ist diese Warnung vielleicht unnötig, weil das System alle Klassen als ovale Steine darstellt. Problem: Ich will nicht nur mit ovalen Steinen spielen, weil man damit nicht so viele verschiedene Türme bauen kann, als wenn die Steine alle unterschiedlich geformt sind.
Fazit: Meine ganze Argumentation baut auf einer Grundannahme auf, die du gar nicht widerlegen kannst, weil du dazu den einen Turm konstruieren müsstest. Da es sich dabei mathematisch gesprochen um ein NP-vollständiges Problem handeln dürfte, bin ich mir sogar sehr sicher, dass du das nicht hinbekommen wirst.
P.S. Der einzige Sinn von Spielbalance ist es, zu verhindern, dass sich die Spieler mit Mitteln der Regeln gegenseitig übertrumpfen. Vielfalt hat mit Spielbalance überhaupt nichts zu tun, und schon gar nicht ist Balance die Grundlage dafür.