Autor Thema: Das "Toolbox"-Versprechen  (Gelesen 2419 mal)

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Offline D. M_Athair

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Das "Toolbox"-Versprechen
« am: 7.10.2013 | 22:48 »
... bin gerade ein wenig auf den Kopf gefallen, darum keine passende Einleitung.  ~;D


Fakt ist, dass Spiele wie DSA 4, Rolemaster Fantasy oder auch Legend of the five Rings 4th von sich behaupten ein Werkzeugkasten zu sein. Man könne Regeln rausstreichen, manches weglassen, stellenweise Neudefinitionen vornehmen, etc.

Nur: Erfüllen die genannten Spiele das Verspechen "Werkzeugkasten"? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht?
Dabei stellt sich auch die Frage, was ein Werkzeugkasten ist und leisten können soll. Und: Braucht ein Werkzeugkasten eine Bedienungslanleitung? Wenn ja, wie soll die aussehen?

Was mir noch aufgefallen ist: HERO (BRB), Savage Worlds (GERTA, SW:EX) und andere "generische"/"universale" Regelwerke haben nicht den "toollit"-Anspruch. Woher kommt das?
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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #1 am: 7.10.2013 | 23:45 »
Ich blubbere jetzt einfach mal, um das Thema hochzuhalten...find ich nämlich recht interessant und es soll nicht in der Versenkung verschwinden  :D

Hinten angefangen:
Was mir noch aufgefallen ist: HERO (BRB), Savage Worlds (GERTA, SW:EX) und andere "generische"/"universale" Regelwerke haben nicht den "toollit"-Anspruch. Woher kommt das?

Bei Savage Worlds ist die - mMn weitgehend korrekte - "Lehrmeinung" die, dass es nur einige wenige Punkte im Regelwerk gibt, an denen man ohne größere Nebenwirkungen drehen kann.
Dementsprechend ist die Bandbreite des Systems begrenzt.

Da ist auch öfter die Rede vom "Stallgeruch" von SW; den empfinde ich auch so, will heißen:
Fast egal, was man damit spielt, es ist und bleibt eben zum allergrößten Teil Kern-SW mit einigen kleinen Änderungen und anderer Farbe an der Hauswand.

Dabei stellt sich auch die Frage, was ein Werkzeugkasten ist und leisten können soll.

Ich gehe es mal andersrum an und sage, was ein Werkzeugkasten nicht ist. Er ist nicht das fertige Produkt, das man mit diesem Kasten bauen kann.

Heißt so viel wie:
Ein System ist nur dann ein "richtiger" Werkzeugkasten, wenn die verschiedenen Werkzeuge, d.h. Regelvarianten usw., großteils gleichberechtigt nebeneinander stehen.
Das erkenne ich zumindest bei DSA4 (die anderen kenne ich kaum) nicht; dort gibt es einen klar erkennbaren default bzw. offizielle und/oder allgemein anerkannte Handhabungsweisen.
Man biete mal auf einem Con DSA4 an und erkläre den Spielern zu Beginn der Sitzung, was man alles geändert hat.
Von deren Gesichtern schließe man dann auf den Anerkennungsgrad der Werkzeugkastennatur von DSA4 :D


Bei einem "richtigen" Werkzeugkasten kommt man gar nicht drum herum, sich im Vorfeld Gedanken zu machen, was man zulässt oder nicht.
Diesen (meist eher theoretischen) Aufwand würde ich als Voraussetzung für das Vorliegen eines Toolkits ansehen. Ist man mit dem Ding vertraut, ist das wohl keine große Aktion - weglassen ist eh leicht und aus Vorhandenem auswählen kriegt man auch hin, wenn man das Ziel kennt.
Trotzdem muss zumindest im Raum stehen, dass es auch eine gleichwertige andere Variante gegeben hätte.


Was die Leistungsfähigkeit angeht:
Ohne echte Variabilität und ohne wirkliche, gleichwertige Variationsmöglichkeiten ist der Werkzeugkasten wohl eher ein Bit-Satz.
DSA4 kann man z.B. an einigen Stellen weniger komplex machen.

Aber dadurch entsteht kein wirklich anderes Spielgefühl im Vergleich zu einer eingespielten Gruppe, die mit mehr (allen?) Regeln spielt.

Da kommt bei DSA vielleicht noch erschwerend hinzu, dass es eine zwar eher diffuse und unreflektierte, aber zweifelsfrei vorhandene Grundhaltung gibt, wie/was man damit so spielt.

Es geht doch kaum einer wirklich her und spielt mit dem DSA-Regelsatz etwas völlig anderes als das, was man in den offiziellen Abenteuern so vorfindet (deren schiere Anzahl und Verfügbarkeit trägt sicher auch dazu bei, die oben genannte Grundhaltung zu zementieren).


Und: Braucht ein Werkzeugkasten eine Bedienungslanleitung? Wenn ja, wie soll die aussehen?

Ich denke da sofort an GURPS4. Da gibt es jede Menge Quellenbücher, in denen so gut wie keine neuen Regeln drinstehen. Stattdessen wird einem "nur" erklärt, wie man die Regeloptionen des Grundregelwerks für welche Zielsetzungen nutzen kann und welche anderen Varianten noch denkbar sind.


Das wirkt im Vergleich zu regeltechnisch mit jedem Quellenbuch expandierenden Systemen wie DSA oder SR erstmal etwas befremdlich, aber bei Licht betrachtet finde ich es wesentlich sinnvoller.
Diese Quellenbücher sind also die Bedienungsanleitung für den jeweiligen Bereich.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #2 am: 8.10.2013 | 00:19 »
Ich tue mir schwer, bei den genannten Systemen den Werkzeugkasten-Effekt, den ich als solches auch erkenne, zu sehen.
Liegt wahrscheinlich daran, dass ich da vorbelastet bin, aber "Werkzeugkasten" gibt mir, als SL, für jede Situation etwas in die Hand, mit der ich diese Situation (über Regeln) lösen kann.
Die genannten Systeme, ja, auch die Universalsysteme, sind "Inklusive", d.h. in meinen Augen haben sie Alle Regeln so sehr subsumiert, das es zwar leicht fällt eine bestehende regel zu modifizieren, nur der Ansatz "Rulings, not Rules", den ich eben mit einer richtigen Toolbox verbinde, fehlt.
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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #3 am: 8.10.2013 | 00:42 »
Ich bin mir nicht sicher, ob GURPS sich wirklich für eine Werkzeugkiste hält.
Grundsätzlich gefällt mir aber die Idee, die Bedienungsanleitung nach dem Motto "so baue ich ein GURPS betriebenes Space-Opera-Spiel". Wobei das (mindestens tendenziell) zu Lasten eines "gleich" einsetzbaren Regelwerkes geht, oder?

Die 3 genannten Spiele zeichen sich ja gerade dadurch aus, dass sie ein fertig spielbares Regelwerk liefern.

@ Rolemaster: Mit dem Kampfhandbuch und dem Zauberbuch, ... kann ich das Spiel erweitern. Das muss ich aber nicht. Andererseits finde ich es ohne konkrete Hilfestellung schierig aus dem GRW Sachen rauszunehmen. Dass es geht, steht mMn außer Frage, das machen genug Leute. Jedoch: Nur am (unerklärten!) Beispiel und über Systemmastery das zu lernen ...  :-\

@ L5R: Da gibt's auch nur stellenweise fertig benutzbare Stellschrauben. Beispielsweise beim Wundsystem (das auf Cinematisch, Standart und Gritty eingestellt werden kann.) Das große Steckenpferd "zeitlinien-/metaplot-neutrales Setting" wird wenig, bzw. nur punktuell und nicht überblicksartig erklärt.



Was ich mir von einem "fertigen" Spiel, das auch Werkzeugkasten sein will erwarte:
  • Regeloptionen werden angeführt und erklärt (positives Vorbild: SW:GE(R) mit den Regeln aus früheren SW-Editionen)
  • Es gibt irgendwo eine Zusammenschau, die beispielhaft erklärt, was für ein Spiel man erhält, wenn man Option X, Y und Z anstelle der Standartregeln verwednet. Eine umfassende Darstellung darf es gern zusätzlich als eigenes Produkt geben.

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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #4 am: 8.10.2013 | 10:30 »
Das einzige Spiel, das ich tatsächlich als Werkzeug-Kasten bezeichnen würde, ist Fate. Das tut gar nicht erst so, als wolle es ein fertiges Spiel sein. Da muss man eine Fertigkeitsliste festlegen, Anzahl der Aspekte vereinbaren, sich ein Setting suchen etc.

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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #5 am: 8.10.2013 | 10:32 »
Das einzige Spiel, das ich tatsächlich als Werkzeug-Kasten bezeichnen würde, ist Fate. Das tut gar nicht erst so, als wolle es ein fertiges Spiel sein. Da muss man eine Fertigkeitsliste festlegen, Anzahl der Aspekte vereinbaren, sich ein Setting suchen etc.

seconded.

das einzige System, dem ich das Attribut "toolbox" zuspräche.

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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #6 am: 8.10.2013 | 11:10 »
Och, da würde ich noch einen ganzen Schwung anderer Systeme hinzufügen, die letztendlich davon ausgehen, das man das Spiel erst mal für die Spieler zu Ende baut und anpasst, sowie die Hilfsmittel dazu liefern. Traveller fällt mir da ein, ebenso vieles aus der Retro-Angehauchten-Ecke, etwa ACKS oder SWN.
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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #7 am: 8.10.2013 | 11:22 »
Aber bei den Spielen kann ich mir das Buch nehmen und einen Charakter machen oder? Also ohne die Runde zu kennen, in welcher der benutzt werden könnte. Das ist der Unterschied, den ich meine. Klar lassen sich diverse andere Systeme tunen, hacken und driften.

Offline D. M_Athair

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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #8 am: 8.10.2013 | 11:24 »
Das einzige Spiel, das ich tatsächlich als Werkzeug-Kasten bezeichnen würde, ist Fate.
Verspricht das Spiel denn auch ein Werkzeugkasten zu sein? Und: Warum ist FATE kein "Baukasten-System" wie Fudge oder HERO oder GURPS?



Zur Erklärung:
Spiele mit der Selbstbezeichnung "Werkzeugkasten" meinen mit dem Begriff ja, dass sie Mittel bereit stellen relativ große Standartabweichungen von der Voreinstellung zuzulassen/zu fördern.
In dem Sinn werden ja auch mehrere OSR-Spiele als EIN Werkzeugkasten verwendet, wenn z.B. die Proto-Fertigkeiten-Regelung von LotFP auf LabLord übertragen wird. d20 wird auch so verwendet

Spiele, die nicht spielbereit sind, die man umfangreich auf Setting und Genre anpassen muss, ehe an Losspielen zu denken ist, würde ich eher als Baukästen verstehen.


(Savage Worlds hat mMn beide Elemente drin. Ich kann z.B. baukasten-mäßig das gesammte Magiesystem austauschen aber auch im Sinne eines Werkzeugkastens die Schadensregelung modifizieren. Die Punkte an denen Veränderungen im System sinnvoll möglich sind, sind mMn aber zu eingeschränkt, als dass man einerseits von einem Werkzeugkasten oder andererseits von einem Baukasten sprechen könnte.)
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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #9 am: 8.10.2013 | 11:31 »
Aber bei den Spielen kann ich mir das Buch nehmen und einen Charakter machen oder? Also ohne die Runde zu kennen, in welcher der benutzt werden könnte. Das ist der Unterschied, den ich meine. Klar lassen sich diverse andere Systeme tunen, hacken und driften.

Bevor wir aneinander vorbei reden, nimm ACKS als Beispiel: Das Kapitel fängt an mit Beispielen dafür, was eine Klasse ist, geht weiter zu "Kampagnen"-Klassen und verdeutlicht an Beispielen, wie diese Klassen für eine bestimmte Kampagne gestrickt wurden und verweist dann auf die Regeln mit denen man für die eigene Kampagne passende Klassen bauen soll.
Sicher kann man mit den Beispiel-Klassen direkt losspielen, ist aber nicht direkt der Sinn der Sache. Den Fakt ob ein Spiel ab Buch spielbar ist, finde ich dabei nicht ganz so interessant wie die Aussage die getroffen wird ob man das eigentlich soll.
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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #10 am: 8.10.2013 | 11:41 »
OK. Danke für die Aufklärung zu ACKS. :)

Verspricht das Spiel denn auch ein Werkzeugkasten zu sein? Und: Warum ist FATE kein "Baukasten-System" wie Fudge oder HERO oder GURPS?

Zur Erklärung:
Spiele mit der Selbstbezeichnung "Werkzeugkasten" meinen mit dem Begriff ja, dass sie Mittel bereit stellen relativ große Standartabweichungen von der Voreinstellung zuzulassen/zu fördern.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was die meinen. "Stellenweise Neu-Definitionen vornehmen", wie du es beschreibst, ist nun kein Alleinstellungsmerkmal. Das kann ich theoretisch bei jedem Spiel. Ich wollte sagen, was ich damit meinen würde, würde ich das sagen. Ob es einen Unterschied zwischen Bau- und Werkzeugkasten gibt? Ich weiß nicht.

Wenn ich darüber nachdenken halte ich den Vergleich mit dem Werkzeugkasten für die Zusammenstellung eines Regelwerks für sinnvoller. Man legt sich Prozesse, Vorgehensweisen zurecht, die man benutzen will. Es ist ja nicht so, dass man Klötzchen sucht und kombiniert, damit sie hübsch aussehen. Es geht bei Regeln also eher um Wirksamkeit, denn um Ästhetik.


Insofern wäre das, was Slayn für ACKS beschreibt vielleicht eher ein Baukasten. Wenn man Klassen baut, dann um eine Botschaft zu vermitteln: Here be Dragon Knights. Was man da baut, ist nicht Mittel, sondern hat Wert.

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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #11 am: 8.10.2013 | 12:00 »
Insofern wäre das, was Slayn für ACKS beschreibt vielleicht eher ein Baukasten. Wenn man Klassen baut, dann um eine Botschaft zu vermitteln: Here be Dragon Knights. Was man da baut, ist nicht Mittel, sondern hat Wert.

Naja, es geht ja noch einen Schritt weiter, indem es erklärt, wie diese Regeln zustande kommen und wie man sich auch diese Regeln selbst baut. Gleiches gilt z.B. auch für das Magie-System, indem es erst einen zauber vorstellt, dann die Regeln, mit denen dieser Zauber erschaffen wurde und dann erklärt, wie man sich eben diese Regeln für sich selbst bastelt.

Ähnlich tiefgreifend sieht es doch an und für sich bei Traveller aus, das im Grunde seine eine Kernmechanik erklärt und von dort an ausbaubar ist, mit vielen Beispiel-Modulen und aber auch Erklärungen, wie man sich ab der Stelle alles selbst bauen kann.
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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #12 am: 8.10.2013 | 12:30 »
Wenn ich darüber nachdenken halte ich den Vergleich mit dem Werkzeugkasten für die Zusammenstellung eines Regelwerks für sinnvoller. Man legt sich Prozesse, Vorgehensweisen zurecht, die man benutzen will. Es ist ja nicht so, dass man Klötzchen sucht und kombiniert, damit sie hübsch aussehen. Es geht bei Regeln also eher um Wirksamkeit, denn um Ästhetik.
Hmm ... da ist was dran. Was mir gerade auffällt ist, dass "Werkzeugkasten" in mindestens zwei Varianten benutzt werden kann:
  • Der Werkzeugkasten als Summe von Hilfsmitteln, um ein Spiel "richtig" einzustellen.
  • Der Werkzeugkasten als Summe von Hilfsmitteln, um ein System zu konstruieren.

Oder: In meinem Werkzeugkasten kann ich feinmechanisches Werkzeug, grobmechanisches oder beides haben.
Je nachdem wie mein Werkzeugkasten bestückt ist, kann ich damit Dinge bauen, Einstellungen/Feintuning vornehmen oder Reparaturen durchführen.


... insofern hab ich ein bißchen das Gefühl wir reden von Schlagbohrer und Modellbau-Handbohrer.
=> Konsequenzen für die Diskussion: Hinschauen, wie die jeweiligen Werkzeugkästen ausgestattet sind und ob man damit jeweils sinnvoll arbeiten kann.

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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #13 am: 8.10.2013 | 12:41 »
@Athair:

Bei dieser Unterscheidung wäre ich sehr vorsichtig.
Regeln sind mehr als das nackte Regelwerk und beinhalten auch die, ich nenne es jetzt mal, Tischregeln.
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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #14 am: 8.10.2013 | 12:52 »
Bei dieser Unterscheidung wäre ich sehr vorsichtig.
Regeln sind mehr als das nackte Regelwerk und beinhalten auch die, ich nenne es jetzt mal, Tischregeln.
Nö, warum? Für die Ausstattung der "Toolbox" und die Anwendungsmöglichkeiten der Werkzeuge ist die Gruppe völlig egal.
Erst wenn es an die konkrete Benutzung geht wird die Spielrunde wichtig. Aber das wäre ein anderes Thema.

Das Toolbox-Versprechen wird von manchen Regelwerken gegeben. Hinzuschauen, ob und wie sie dieses Versprechen erfüllen, das find ich hier interessant. Stumpfe oder unbrauchbare Werkzeuge brauch ich nämlich mit der Spielrunde nicht zu benutzen.
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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #15 am: 8.10.2013 | 13:10 »
Das Regelwerk von L5R 4th definiert den Begriff der "Toolbox" erst einmal in Abgrenzung zu anderen Spielen, namentlich Karten- und Brettspielen.
Anders als in diesen gehe es bei einem Rollenspiel nicht um die Befolgung von Regeln, sondern auf deren Auswahl und Verwendung durch den GM.
Deshalb sei es elementar wichtig, ein Vertrauen zwischen Spielern und GM herzustellen, und nicht, sich auf die Regeln als Schiedsrichter verlassen zu wollen.

Einschränkung der Story in Folge von vorhandenen Regeln oder "abusive builds" haben in einem solchen Spiel keinerlei Platz. Demzufolge wird dem GM die Befugnis zugestanden, jedes Regelelement und jedes Charakterbauteil aus dem Spiel zu nehmen, wenn es ihn zu stören anfängt, oder Aspekte des Spiels, die normalerweise durch Regeln abgebildet werden, durch sein eigenes Urteil zu ersetzen.
Schon bei den Regeln zur Charaktererschaffung in einem früheren Kapitel wird deutlich, dass der GM beinahe alle Dinge erlauben oder verbieten kann.

Er darf auch das Gleichgewicht zwischen den Schulen verändern, um die Spanne zwischen ihnen zu vergrößern oder zu verkleinern.
Anschließend werden Möglichkeiten besprochen, verschiedene Spielgefühle - von Anime bis hin zu grimmigem Realismus - durch Veränderungen an den Regeln abzubilden.
Diese Vorschläge haben massive Auswirkungen auf die Balance des Spiels und schwächen oder stärken Schulen und andere mechanische Einheiten des Spiels, ohne dass darauf näher eingegangen würde. Den Teilbereich, der sich den Spielvarianten widmet, finde ich deshalb unausgegoren.  

Das Setting selbst soll sich an die Vorlieben der Gruppe orientieren. Im zweiten Spielleiterhandbuch der zweiten Edition wurde explizit darauf eingegangen, Rokugan die Anmutung anderer Rollenspielwelten zu geben, wo die Leute toleranter gegenüber anderen Rassen sind und so Nezumi und Naga ganz normale SCs werden können.  
"Du wirst direkt in diesem Moment von einer Zilliarde grünkarierter Kakerlakeneinhörner in Tweedanzügen umzingelt, die mit Fallschirmen aus gebeiztem Vanillepudding aus der nächstgelegenen Dattelpalme springen und dich zu ihrer Avonberaterin krönen - und die Krone ist aus Dr. Frankensteins bösartig mutiertem Killernougat! Streich dir 78000 Hirnschadenspunkte ab und mach sofort eine Jodelimprovisation!"

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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #16 am: 8.10.2013 | 13:13 »
Nö, warum? Für die Ausstattung der "Toolbox" und die Anwendungsmöglichkeiten der Werkzeuge ist die Gruppe völlig egal.
Erst wenn es an die konkrete Benutzung geht wird die Spielrunde wichtig. Aber das wäre ein anderes Thema.

Das Toolbox-Versprechen wird von manchen Regelwerken gegeben. Hinzuschauen, ob und wie sie dieses Versprechen erfüllen, das find ich hier interessant. Stumpfe oder unbrauchbare Werkzeuge brauch ich nämlich mit der Spielrunde nicht zu benutzen.

Sorry. Wie so oft schreibe ich nur ca. 50% von dem, was ich mir gerade Denke.
Was mich gerade eben irritiert ist folgendes: Sowohl du als auch 1of3 bezieht auch auf ein Regelsystem als wichtigen Aspekt. Viele Systeme aber haben genau eine Core Mechanic, die sich in ganz einfache Worte fassen lässt im Kern und ziehen diese strikt durch.
Ich frage mich dabei, wollt ihr jetzt eine Anleitung wie man ein Inkludierendes System baut und schleißt das automatisch ein Exception-Based Design aus?
Das ist für mich hier unschlüssig. Ebenso unschlüssig finde ich es, wenn die Dritte Komponente, eben die Tischregeln, nicht behandelt werden.
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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #17 am: 8.10.2013 | 13:38 »
Sorry. Ich kann dir grad nicht folgen. Was  meinst du mit "inkludierendes System"? Und was sind die ersten beiden Komponenten, wenn "Tischregeln" die dritte sind? Sind Tischregeln Hausregeln?

Ich kann dir aber versichern, dass ich für meinen Teil hier eigentlich gar nichts will. ;)

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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #18 am: 8.10.2013 | 14:09 »
Sorry. Ich kann dir grad nicht folgen. Was  meinst du mit "inkludierendes System"? Und was sind die ersten beiden Komponenten, wenn "Tischregeln" die dritte sind? Sind Tischregeln Hausregeln?

Ich kann dir aber versichern, dass ich für meinen Teil hier eigentlich gar nichts will. ;)

Bei einem inkludierenden System steckt man die äußeren Rahmenbedingungen ab und verortet alles Weitere innerhalb dieses Frameworks. Beispiel: Fate Core.
Bei einem Exception-Based Design hast du einen Grundpunkt, sagen wir mal eine Kernmachanik und man baut von diesem Punkt beginnen raus.

Ich finde den vor dir genannten Punkt hier ganz witzig, denn du deutest ja an dass die Baustein-Mentalität, die beim Exception-Based Design entsteht nicht so gut sein kann, wie das Gesamt-Werk, das bei Inkludierenden Model besteht, wobei da im Endeffekt kein Unterschied besteht.

Deswegen der Hinweis auf die Tischregeln, also die Realität am Spieltisch, bei der es sich wirklich entscheidet wie die Regeln nun wirklich genutzt werden. Die Meinungen, Haltungen und Erwatungen der Mitspieler eben.

Meiner Erfahrung nach lässt sich das Exception-Based Design, was du eben als Bausteine abtust, viel besser als Toolbox nutzen als das Inkludierende Design.
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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #19 am: 8.10.2013 | 14:24 »
OK. Unterschied seh ich. Liegt mir allerdings fern da qualitative Unterschiede zu unterstellen. Eigentlich hatte ich da gar nicht drüber gesprochen.

Die Unterscheidung in Werkzeuge und Erbautes hatte ich im Zweck gesehen. Wenn ich Fanpost in mein Spiel tue, dann ist das ein Werkzeug. Ich will es nicht nehmen, um damit etwas zu sagen. Anders wenn ich dem Spiel Regeln für Raumschiffe verpasse. Das sagt: "Es gibt Raumschiffe und sie sind so."

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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #20 am: 8.10.2013 | 14:33 »
@1of3:

Nur eine Annahme: Du hältst am Narrative Mindset fest, deswegen ignorierst du dabei, das andere Mindsets andere Voraussetzungen haben um zu funktionieren.
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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #21 am: 8.10.2013 | 14:41 »
Man könne Regeln rausstreichen, manches weglassen, stellenweise Neudefinitionen vornehmen, etc.
Wenn das die Definition von Werkzeugkasten sein soll, das kann man mit jedem System machen, da Rollenspielsysteme eben kein Werkzeug und keine Maschine sind, deshalb ist die Analogie auch meist recht unpassend.

Wenn man diese Analogie aber trotzdem mal weiter denken möchte würde ich nicht sagen, dass die meisten Rollenspiele ähnlich funktionieren wie ein guter Werkzeugkasten. In einem Werkzeugkasten sind die Werkzeuge drin die einem häufige Aufgaben deutlich erleichtern, da geht es nicht ums Weglassen oder Umdefinieren, ganz im Gegenteil, da geht es darum ob ein passendes Werkzeug für die gegebene Aufgabe auch verfügbar ist. Sowas können nur wenige Rollenspiele leisten, dazu ist Rollenspiel zu komplex, daher sind Spiele mehr wie Rezepte oder Anleitungen. Ein Werkzeugkasten hingegen kann keine Anleitung enthalten, da seine Verwendung von den Bedürfnissen definiert wird, die von den Fähigkeiten des Benutzers abhängen. Jedes Werkzeug bräuchte seine eigene Anleitung und das Zusammenspiel ist Expertensache.

Die meisten Spiele sind für mich entweder mehr wie ein Messerset, zig sehr ähnliche Werkzeuge für immer die gleiche Aufgabe, aber keins oder nur wenige sind wirklich nötig und es ist auch eigentlich egal was man benutzt, es funktioniert immer irgendwie, oder sie sind wie ein Besteck, bei dem alle Teile gebraucht werden und aufeinander abgestimmt sind. Erstere nennen sich gerne Werkzeugkasten.

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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #22 am: 8.10.2013 | 14:47 »
Nur: Erfüllen die genannten Spiele das Verspechen "Werkzeugkasten"? Wenn ja, inwiefern?
Ohne die Spiele näher zu kennen würde ich behaupten das sie den Ansatz eines "Werkzeugkasten" erfüllen können.
Wobei bei sie einen "top down" anstelle eines "bottom up" Ansatz bieten.
Ich persönlich bevorzuge hinsichtlich Rollenspiele ein "top down"-Ansatz .

Zitat
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Weil sie davon ausgehen das die Spieler nicht mehr am System selbst herum schrauben sondern einfach das System einsetzten?.
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Re: Das "Toolbox"-Versprechen
« Antwort #23 am: 10.10.2013 | 23:25 »
Ich bin überrascht, das RuneQuest noch nicht genannt worden ist (vor allem RQ3). Das ist nie wirklich als Toolbox promotet war, hat aber mit Call of Cthulhu, Elric/Sturmbringer, Nephilim usw. Ableger, die die Regeln mehr oder weniger Detailreich übernommen haben.
Rein Praktisch hat das besser funktioniert als bei einigen Systemen, die als Toolbox angekündigt waren ;)

Aber da kann man auch gleich noch mal Rolemaster von oben aufgreifen, MERP (u.a.) war ja auch eine vereinfachte Version