Weich ist in diesem Sinne z.B., dass der Spieler selbst entscheiden darf, welchen Skill oder welchen Aspekt er einsetzen will, um ein Ziel zu erreichen. Das führt dann über Verhandlung und Begründung gegenüber dem Spielleiter zu einer Einigung.
Das ist allerdings eine andere Definition von "weich", als wenn du sagst: "weiche Regeln sind welche, deren Gültigkeit und genaue Abwicklung unklar/Verhandlungssache sind". Ich glaube, das ist ein wichtiger Unterschied: Wenn du dir Beispielsweise FATE anguckst, hat das an sich sehr harte Regeln - es ist ziemlich klar definiert, was man auf der regeltechnischen Ebene mit gelungenen Proben erreichen kann (Aspekte erzeugen, Stress erzeugen, Spin erzeugen ...). Es ist auch ziemlich klar, was das Reizen der erzeugten Aspekte auf spieltechnischer Ebene für Vorteile bringt. Wenn jemand tatsächlich versuchen sollte, die Regeln von FATE zu missbrauchen, indem er auf "Plot lösen" würfelt, könnte der SL ganz mechanisch reagieren und sagen: "Okay, der Plot hat den Aspekt gelöst. Auf deinen nächsten Wurf gegen den Plot erhältst du +2." Das macht natürlich keinen Spaß, weil man damit die Abwicklung der Regeln von dem Geschehen auf der In-Game-Ebene ablöst, anstatt beide miteinander zu vermitteln.
Der "regelmissbrauchende" Spieler kann diese Art von "Missbrauch" aber gar nicht deshalb versuchen, weil er so ein harter Regelfuchs ist, der die weichen Regeln mit seiner machistischen Faust zermatscht; Stattdessen will er sich durch den Raum der In-Game-Fiktion aus dem sehr festen Regelgerüst herausstehlen, um dann an einem vorteilhafteren Punkt wieder in es einzusteigen. Kurz: Die Regeln sind überhaupt nicht weich, sondern dieser Spieler ist aalglatt (oder möchte es gerne sein).
Wenn mann aber Regeln wie die von FATE hart auslegt, dann hat dieser aalglatte Spieler eigentlich nichts von seinem Manöver, weil es ihm letztlich immer nur den durch die Regeln festgelegten mechanischen Vorteil verschaffen wird. Der einzige Erfolg ist, dass der Spieler durch seinen Versuch, sich über den Raum der Fiktion aus den Regeln zu stehlen, letztlich eine Entkoppelung von Fiktion und Regeln erzwingt, weil er die permanente Vermittlung von Fiktion und Regeln durch eine punktuelle ersetzen will.
"Harte" Regeln, also solche, die keine Fertigkeit für "Plot lösen", sondern eher eine für Brustschwimmen und eine andere für Kraulen haben, verhindern ein solches Verhalten der strategischen Entkopplung von Fiktion und Regeln einfach dadurch, dass sie ihre Regeln sehr eng an die Vorgänge in der Fiktion knüpfen. Sie sind aber als Regeln deshalb nicht unbedingt härter; im Gegenteil würde ich vermuten, dass sie eher schwammig sind, weil in ihnen schon angelegt ist, dass alle möglichen Faktoren der Fiktion (Strömung des zu überquerenden Flusses, Wetterverhältnisse, was weiß ich) sie in einer Art und Weise beeinflussen können, die durch die Regeln (die ja niemals jeden Faktor einer Situation abdecken können) nicht genau festgelegt ist; eher allgemein gehaltene Regeln tendieren dagegen dazu, als ziemlich verbindlicher Entscheidungsmechanismus zu funktionieren, in dessen Abwicklung die Fiktion mit all ihren Aspekten dann eingelassen wird, ohne dass jedes Detail der Fiktion dabei regeltechnische Auswirkungen hätte; und wenn ein Detail Auswirkungen hat, dann normalerweise innerhalb eines festgelegten Rahmens (behindernde Faktoren erschweren um 2, erleichternde Faktoren erleichtern um 2).
Regeltechnisch betrachtet sind die als "weich" erachteteten Spiele (wie FATE, PDQ, Polaris) in meinen Augen eigentlich die mit den eher harten, verbindlichen Regeln, während als "hart" betrachtete Systeme wie DSA4 oder Rolemaster eher weiche oder zumindest leicht aufzuweichende Regelgerüste haben. (Bei der Einordnung von D&D ab 3 aufwärts wäre ich mir in diesem Schema allerdings nicht so sicher ...)