Der Report der Magd
Das letzte Abenteuer habe ich in der Rolle von Bertha verbracht, der geschwätzigen Zofe von Birthe. Hier ist ihr Bericht (höchst subjektiv, und so richtig kapiert hat sie auch nicht alles):
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Ich hab dir doch erzählt, dass ich jetzt bei diesen seltsamen Herrschaften auf der anderen Seeseite arbeite – das sind vielleicht Gestalten. Und das Haus ist auch noch gar nicht fertig, alles eine große Baustelle. Aber sie bezahlen gut, und ich musste einfach mal wo anders hin. Ich kann ja nicht immer im gleichen Haus wie meine Mutter arbeiten, ich bin ja schließlich schon 16!
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Die Herrschaften? Ja, die sind merkwürdig. Der Herr, der Herr Michael, ist ein mächtiger Krieger, er hat auch schon gegen einen Drachen gekämpft, aber verloren. Und die Herrin, die Herrin Birthe, redet ganz komisch, manchmal verstehe ich fast gar nicht, was sie sagt, und sie kommt aus dem Norden und ist Händlerin, obwohl ihr Mann gar kein Händler ist, sondern Krieger. Obwohl die Frau eines Kriegers ja auch keine Kriegerin ist, sondern seine Frau. Auf jeden Fall bin ich jetzt ihre Zofe. Das ist ganz erträglich, aber ich muss immer in ihrer Nähe sein, und sie schimpft sehr viel, und oft weiß ich gar nicht, warum sie schimpft, und manchmal verstehe ich sie gar nicht. Aber sie schlägt mich nicht, und meistens ignoriert sie mich, und wenn sie mich irgend wo hin schickt dann mach ich immer ganz langsam, damit ich nicht so viel in ihrer Nähe sein muss.
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Ja, Kinder haben sie auch, einen Sohn. Der ist der Merkwürdigste von allen, redet wie ein Erwachsener, und die Herrschaften kümmern sich gar nicht um ihn und er ist immer alleine und schnitzt an Stöckchen herum.
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Ja, da hast du recht. Aber es sind ja noch viele andere Leute da. Die Maria, das ist die Köchin, das ist die, die hier in Konstanz bei den Meiers gearbeitet hat, von der hab ich ja erst gehört, dass die Herrschaften in Uhldingen Bedienstete suchen. Und die Gabriele und die Frederike und die Bettina, die kommen aus Uhldingen, und der Thomas, das ist der Bruder von der Bettina, und der Hans, den kennst du auch, … ja genau, der Hans, und die Silvia, die kennst du ja auch. Und dann gibt es noch den Ralf und den Max, das sind keine Knechte, sondern das waren mal Räuber, aber bekehrte, die haben der Herr Michael und der Herr Lothar und der Herr Ilai vor dem Galgen gerettet und die sind jetzt gar keine Räuber mehr sondern gute Christenmenschen, aber viel arbeiten tun sie nicht, aber räubern tun sie auch nicht. Und dann gibt es noch die Bauarbeiter.
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Ach so, der Herr Lothar! Der Herr Lothar ist ein Ritter! Der war mit unserem Kaiser Friedrich – Gott hab ihn selig – im Heiligen Land und hat gegen die Muselmanen gekämpft. Und als er dann zurückgekommen ist, da hat sein bester Freund und seine Frau... aber das ist eine längere Geschichte, die erzähl ich dir ein ander mal, ich will dir ja eigentlich erzählen, was ich in den letzten Wochen so erlebt habe, und da war der Herr Lothar gar nicht dabei, der hat sich nämlich bei der Wildschweinjagt schwer verletzt und deswegen wohnt er jetzt auch bei uns, und ich glaube, die Herrin hat ein Auge auf ihn geworfen, zumindest haben sie zusammen gesungen und er hat eine wunderschöne Stimme, und ich verstehe gar nicht, warum er ins Kloster ist, ins Kloster Salem nämlich, und deswegen war meine Herrin nämlich auch da. Dem Abt dort, der Herr Eberhard von Rohrdorf, hat nämlich bei den heidnischen Ungarn ein satanisches Buch bestellt, und der Buchhändler, der Händler Georg aus Lindau, der ist samt Buch entführt worden, nur ein paar Tagesreisen entfernt, wegen dem Schnee wahrscheinlich.
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Ja, genau. Das hab ich mich auch gefragt: Was will denn der Abt mit einem satanischen Buch? Meine Herrin hat mir dann geschumpfen und gesagt, das ist überhaupt kein satanisches Buch und ich habe das falsch verstanden, aber warum sagt der Abt dann, dass das ein satanisches Buch ist und dann ist sie wütend geworden und ich hab meine Klappe gehalten. Auf jeden Fall war der berühmte Klaus der Kopfgeldjäger auch da und meine Herrin hat mich geschickt, den Boten auszuhorchen, der bei dem Überfall auf den Händler dabei war, der wusste aber auch nichts, und dann sind wir aufgebrochen, den verschwundenen Händler zu suchen, obwohl meine Herrin ja keine Kriegerin ist, aber vielleicht hat ihr Mann ihr ja beigebracht, wie man kämpft und verschwundene Händler findet, der Herr war auf jeden Fall nicht dabei, der war ja noch in Uhldingen.
Wir sind also nach Buchhorn gereist, die Herrin, der Klaus der Kopfgeldjäger, der Max und ich, und der Balthasar war auch dabei, den hat der Abt als Spitzel mitgeschickt.
Und es lag ja noch überall Schnee, und wir sind trotzdem nach Buchhorn gereist, und es war sehr, sehr anstrengend. In Buchhorn haben wir dann in dem Gasthaus übernachtet, wo auch der Händler Georg mit dem satanischen Buch übernachtet hat und entführt wurde, und ich hab mich auch gleich nützlich gemacht und in der Küche die Mägde gefragt, was denn passiert ist, die wussten aber auch nichts, nur, dass der Händler Georg in Lindau einen Konkurrenten hat, den Händler Simon, und da hab ich mir gleich gedacht, dass da bestimmt der Simon hinter der Entführung steckt, und so falsch war das auch nicht. Der Händler Simon und der Händler Georg, die hassen sich nämlich, weil sie sich vor 20 Jahren um eine Frau gestritten haben, die wunderschöne Lotte, die hätte fast den Georg geheiratet, und hat dann doch den Simon geheiratet, und später ist sie dann gestorben, und wahrscheinlich hat der Georg sie aus Rache vergiftet, aber beweisen konnte man nichts, aber der Simon hatte schon einen Grund, den Georg zu hassen, und wegen diesem Hass hat der Simon in Lindau auch keine Freunde, bis auf Thomas den Goldschmied, der ist auch der Bürgermeister.
Das haben mir zumindest so die Mädge in der Küche erzählt.
Und dann hat mir der Karl, das ist der Küchenjunge, erzählt, dass er die Leute gesehen hat, die den Georg entführt haben, und sie hatten Augen, die haben rot geleuchtet, und sie haben geredet und gesagt, dass sie zu Simons Haus gehen wollen, und da war ich mir sicher, dass der Simon hinter der ganzen Entführung steckt.
Aber dann wurde es noch komplizierter: Es ist nämlich nicht nur der Händler Georg entführt worden, sondern auch ein Adeliger, der Manfred von Hohenfels, und das ist der Hexenmeister, der die Räuberbande angeführt hat, die der Herr Lother und der Herr Michael besiegt hatten, und dabei wurde der Herr Lothar ja verhext. Und der ist also auch entführt worden, und dann wusste ich gar nicht mehr, was der Händler Simon aus Lindau mit einem entführten Hexenmeister zu tun hat.
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Nein, ich denk mir das nicht aus, das ist wirklich so passiert!
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Doch, wirklich! Und dann sind wir weitergereist nach Lindau, und da wollte die Herrin Birthe in einer Hafenkneipe absteigen, im "Roten Hahn", und das haben wir dann auch gemacht und meine Herrin hat mir den Auftrag gegeben, mich auch da umzuhören, und dann hab ich erst gemerkt, dass da ganz unanständige Frauen arbeiten, aber sie waren ganz nett zu mir, und ich hab herausgefunden, dass der Händler Simon eine fiese, dicke Haushälterin hat, die heißt Martha, und ein Lagerhaus hat er auch, und als der Max sich im Lagerhaus umsehen wollte, da wurde er überfallen und geschlagen, von bösen Satanisten, und sie wollten ihn in eine Kapelle bringen, aber vorher konnte er sich befreien und ist geflohen, und dann sind wir zu der Kapelle gereist.
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Na, die Kapelle eben, diese entweihte Kapelle bei Ittenhausen, hinter Buchhorn, da sind wir alle hingereist, und ich bin dann rein in die Kapelle und habe alle drei Satansjünger überrascht, und zum Glück waren dann auch ganz schnell Max und Klaus da und haben sie überwältigt, und ich hab mir dann ein Schwert genommen und hab an der Tür Wache gestanden, und die anderen sind in die Krypta unter der Kapelle, nur der Max ist oben bei mir geblieben, und dann kam noch ein Satansjünger und hat die Tür aufgemacht, und ich hab versucht, mit dem Schwert auf ihn zu schlagen, und dann hat Max ihn mit einem Streich erledigt, da war er tot. Die anderen haben in der Krypta das satanische Buch gefunden, aber auch den Hexenmeister Manfred von Hohenstein, oder Fiorex, wie er sich auch nennt, der war da mit einem magischen Halsband an die Wand gefesselt, und durch das magische Halsband konnte er nicht zaubern, und dann haben meine Herrin und der Hexenmeister sich ganz lang unterhalten und er hat sie so beschwatzt, dass wir zur Wasserburg sind, wo seine Spießgesellen waren, und auf einmal waren ein Dutzend von Fiorex' Männern und nur zwei von uns, und auch mein Schwert hätte mir nichts genutzt, wenn sie uns angegriffen hätten. Wenigstens hatten wir das satantische Buch mit dem Balthasar zurück nach Salem geschickt. Wir sind dann mit nach Lindau, weil einer der Satanisten verraten hatte, dass sie im Lagerhaus von Simon ein Ritual abhalten wollten und da den Georg opfern, und diesmal sind wir im "Goldenen Ring" abgestiegen, das ist das beste Haus in Lindau, aber dann mussten wir nochmal umziehen, weil nämlich auf einmal der Abt von Salem auch da war, der war aber nur auf der Durchreise, weil er wegen dem Kaiser nach Rom musste, aber er hat uns einen Priester geholt und der Fiorex hat bei ihm gebeichtet, ich hab aber nicht hören können, was genau er da gebeichtet hat, obwohl ich an der Türe gelauscht habe. Und dann haben wir Simon geholt, zuerst war aber nur die Martha, seine fiese Haushälterin da, und dann sind wir alle zusammen zum Lagerhaus, und da war zwar nicht der Georg, aber ein Dämon, der saß auf dem Dach und hat sich in eine Krähe verwandelt, aber der Max hat ihn mit einem Messer geworfen und dann hat er sich in einen Menschen verwandelt, das war der Sören, der oberste Satanist, und dann haben wir ihn gefangen, und dann wurde er auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Den Georg haben wir dann auch noch gefunden, auf einem Boot, und da habe ich dann wirklich mit dem Schwert gegen einen Satansjünger gekämpft, und jetzt hab ich das Schwert von dem auch noch. Wir haben uns dann überlegt, dass nur die Martha den Schlüssel für das Lagerhaus dem Sören gegeben haben kann, aber die Martha war geflohen, sie ist dann aber ein paar Tage später wieder aufgetaucht, aber passiert ist ihr nichts und sie arbeitet immer noch bei Simon. Da frage ich mich schon, ob da der Simon nicht doch hinter der ganzen Sache gesteckt hat und mit der Martha gemeinsame Sache macht, aber passiert ist nichts.
Und als wir dann zurückgereist sind nach Uhldingen, da haben uns noch dämonische Wölfe verfolgt, mit rotglühenden Augen, aber der Klaus konnte sie vertreiben, bevor sie aus dem Gebüsch herausgekommen sind. Und das ist die ganze Geschichte, wie wir den Händler Georg gerettet haben und dem Abt sein Buch wiedergebracht haben obwohl das Buch jetzt in Salem ist und der Abt in Rom, da nützt ihm das Buch auch nichts.
Und der Fiorex tut jetzt im Kloster Buße, und das Halsband trägt er immer noch, das geht nämlich nicht ab, und seine Schergen wohnen bei uns auf der Baustelle, und deswegen bin ich auch froh, dass ich ein paar Tage da weg bin, weil die sind schon noch unheimlich, und ich weiß gar nicht, was meine Herrin mit denen so will, und das ist die ganze Geschichte.
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Nein, das ist wirklich so passiert! Ich kann dir meine Schwerter-Sammlung zeigen, wenn du mich einmal in Uhldingen besuchst, das ist dann der Beweis! Aber jetzt erzähl du mal, ich hab gehört, die Käthe hätte...