Aber letztendlich unterliegt doch alles was ich mache den Regeln.
Tut es nicht.
Gerade auch den Aspekt der "unverregelten" (ergo zu verhandelnden) (Inter-)Aktionen, der fortlaufenden Interpration des "Geschehens" sowohl im Licht der Regeln als auch der "Geschichte", noch mehr natürlich den Aspekt der Haus- und Clubregeln teilen sich Kriegsspiel und Rollenspiel.
Gibt es Kriegsspiele und -spieler, die auf diese Aspekte weniger Wert legen? Sicher. Aber auch das ist beim Rollenspiel/bei Rollenspielern nicht anders.
Die Verwandtschaft ist in meinen Augen viel näher als oft behauptet, und beschränkt sich eben gerade nicht auf Spielmaterial (Miniaturen) und Themen (Fantasy), wie auch von dir einleitend postuliert, sondern ist weitreichender und grundlegender.
Insofern halte ich Kriegsspiele (wenn sie Brettspiele sind) auch erst einmal für recht wahrscheinliche Kandidaten für Brettspiele mit Rollenspielelementen.
Ich hoffe auf einen möglichst minimalen Satz Regeln der trotzdem ein interessantes soziales Verhalten zwischen den Spielern hervorruft.
Diplomacy hast du da ja schon selbst angeführt. Minimal und sozial.
Was aber die Frage eröffnet: Ist freie Verhandlung wirklich das herausragende Merkmal des Rollenspiels, das du im Brettspiel wiederfinden möchtest? Ist das Tauschen von Rohstoffen bei Siedler von Catan demnach ein Rollenspielelement? Das führt in eine für mich merkwürdige Richtung.
Ohne jetzt das alte Fass, was Rollenspiel denn nun überhaupt sei, zu öffnen, ist dann doch erst einmal wichtig, was jetzt konkret die gesuchten Rollenspiel
elemente sind - beziehungsweise was sie sein könnten, und warum es nur
Elemente sind anstatt das ganze Spiel direkt zum Rollenspiel zu machen (also ein Rollenspiel mit Brett - statt ein Brettspiel mit Rollenspielelementen).
Wir könnten uns dazu meiner Meinung nach allerdings fast beliebige Dinge herauspicken (jeweils mit mehr oder weniger Zustimmung - bei der Abgrenzung zum Kriegsspiel zum Beispiel kann ich dir für meinen Teil ja nicht zustimmen
).
Beispielsweise könnte ich die Abwesenheit von harten Spielzielen in vielen Rollenspielen als ein besonders herausragendes Element sehen und nach Brettspielen suchen (oder solche Spiele entwickeln?), die diese Eigenschaft teilen - Spiele, bei denen das Ziel vom Spieler selbst gesetzt wird, oder (und das findest sich zuhauf) durch die Spielfigur vorgegeben wird, oder in denen die Beobachtung des Spielverlaufs das Ziel ist.
Oder vielleicht ist die Zusammenarbeit in der Gruppe für mich ein zentraler Teil der Rollenspielerfahrung? Dann wären kooperative Brettspiele die Antwort... ...was aber schon wieder zu kurz greift, es sei denn ich behaupte jedes kooperative Brettspiel erfülle diesen Anspruch gleichermaßen.
Geht es mir um die berüchtigte Immersion? Sind also Brettspiele, die sich (Fantasy hin oder her) um den Aufbau einer sehr dichten Atmosphäre/einer dichten Hintergrundgeschichte/-welt bemühen - ganz unabhängig von ihren Regeln - die Kandidaten für "rollenspielige" Brettspiele?
Geht es mir (und da können wir natürlich möglicherweise auch wieder Teile der obigen Vorschläge verbauen) um die Nachvollziehbarkeit des im Spiel dargestellten Geschehens, um eine "gute Geschichte"? Also um Brettspiele, die die Spieler dazu bringen, eine solche Geschichte zu erzählen/entstehen zu lassen?
...
mfG
jdw