Autor Thema: Unknown Armies - To Go  (Gelesen 2667 mal)

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Offline Kardinal Richelingo

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Unknown Armies - To Go
« am: 29.12.2003 | 11:13 »

Unknown Armies ist für mich das innovativste Jetztzeit-Rollenspiel. Punkt. Selten nur lässt sich eine Aussage derart klar und unzweifelhaft treffen.
Obwohl die Bücher von William S.Burroughs (Naked Lunch), Chuck Palahniuk (Fight Club), Tim Powers, die tabloid press und die real world chaos magie als „literarische“ Ideenlieferanten dienen, ist UA etwas ganz ganz eigenes. Als Filmvorbilder ließen sich übrigens die Filme Lynch, Finchers, Cronenbergs und vielleicht die Serie Akte X vorsichtig nennen lassen, aber so ganz trifft es die Stimmung des Spiels nicht. UA ist seltsam, trippig, sehr erwachsen, psychologisch, amerikanisch  und mehr als ein wenig psychotisch, immer ein wenig neben der Spur. Ich kenne kein Rollenspiel dass ich anspruchsvoller finde. Don`t get me wrong ich liebe dieses seltsame Gefühl, das nur UA aufkommen lässt. Guckst du ? http://www.unknown-armies.com/

Unknown Armies ist mittlerweile in der hervorragenden zweiten Edition erhältlich und Atlas Games bringen ganz leise so ca. jedes halbe Jahr ein neues Werk raus. Der vorliegende Band To Go, ist ebenso wie Break Today ein Hardcover, das gut gebunden ist und sicherlich lange halten dürfte. Es umfasst 160 Seiten und neben eher mäßigen Illus sind wieder einige wirklich coole, aber etwas bleiche Fotocollagen im Buch zu finden. Die Schriftgröße kommt mir überdimensioniert vor, vielleicht damit auch die geriatrischen Rollenspieler was davon haben ;)

In Form von „One Shots“ und „Weep“ liegen bereits einige Abenteuer vor, diese sind jedoch in sich abgeschlossen. „To Go“ ist die erste Kampagne für UA, und was für eine ! Was ich hier vor mir liegen habe verschlägt mir schier den Atem. Die Story hier preis zu geben wäre nicht nur unmöglich sondern auch eine Schweinerei. Das Buch liesst sich wie ein Rollenspielroman und man muss höchst aufmerksam lesen um diese zum Teil komplexe Story zu verstehen. Nach einer Zusammenfassung des Plots (die aber eher neugierig macht als Fragen klärt) folgen 15 Seiten mit NPCs, die alle sehr anfassbar sind und auf ihre Weise schräg aber realistisch wirken. Hier kann man ganz schnell mit den Namen durcheinanderkommen.
Tip, gleich Notizen machen, oder gleich ne Mindmap herstellen !
Auf den letzten 110 Seiten findet sich dann die Kampagne, die ich hier in groben Zügen darstellen werde. Ein web enahncement gibt es hier :

http://www.atlas-games.com/pdf_storage/TheGambler.pdf


SPOILER !
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Amerika erwacht und Mak Attax okkulte Fastfoodburger sind daran schuld. Aus Amerika wurde quasi ein Körper (um das zu verstehen hilft „one shots“) und die Chakren des Landes sind dabei sich zu aktivieren. Die Spieler sollen in einer Art Road Movie die verschiedenen Charges  aufsammeln und werden sich dabei mit einigen seltsamen Leuten des okkulten Undergrounds und des Unsichtbaren Klerus abgeben. Dabei werden sie eine Seite wählen und damit immer tiefer in die Mechanismen der Ascendancy involviert.

Fazit:
Das Buch liest sich einfach gut und ist sehr unterhaltsam. Die zum Teil sehr schrägen Episoden sind wohl nur für UA zu gebrauchen und man sollte den Hintergrund des Spiels gut kennen. Als Kampagne für Fortgeschrittene gibt es bisher nichts vergleichbares.
Ich muss zugeben, dass mir einige Sequenzen eher unverständlich vorkommen bzw. erst im Playtest wirklich eingeschätzt werden können. Stolze hat die verschiedensten Möglichkeiten der Abenteuerausgänge durchdacht und angerissen, das verwirrt zum Teil. Dafür ist die Kampagne aber keinesfalls railroaded, sondern bietet etwas für alle Eventualitäten. Einige flow-charts oder mindmaps hätten hier aber durchaus geholfen.

Es empfiehlt sich sich als SL auf jede Episode gut vorzubereiten. Für mich ist es sicherlich die aussergewöhnlichste Kampagne die ich besitze. Selbst wenn man nicht alles spielt kann man hier 100te an Ideen sammeln und für eigene Abenteuer verwerten. Trotz der zum Teil etwas schwer durchschaubaren Struktur, einiger Episoden die mir weniger gut gefallen, gebe ich gerne die 5 Punkte für Innovation und Schreibstil. Alleine die NPCs sind das Buch wert !
"Computer games don't affect kids; I mean if Pac-Man affected us as kids,
we'd all be running around in darkened rooms, munching magic pills and
listening to repetitive electronic music."

Kristian Wilson, Nintendo, Inc, 1989

Offline Jestocost

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Re:Unknown Armies - To Go
« Antwort #1 am: 6.01.2004 | 12:01 »
Ich habe über die besinnlichen Tage ein Unknown Armies Abenteuer auf "globaler Ebene" geleitet, d.h. die Spieler haben Angehörige eines mächtigen Kultes verkörpert, der einen besseren Menschen und dadurch eine bessere Welt erschaffen möchte. Dieses Abenteuer habe ich dann mit "To Go" gekreuzt.

Ich habe die amerikanischen Schauplätze nach Europa transportiert und die Spieler die erste Station (die Schlachtung des Goldenen Kalbes) durchspielen lassen. Das wirklich gute an ToGo - neben den abgefahrenen Ideen und Charakteren, ist gerade die Spielfreundlichkeit der Kampagne. Greg Stolze weist ziemlich gut daraufhin, auf was man sich als SL konzentrieren sollte.

Meine Spieler sind auf Dermott Arkane und Eugene LaRue aus der Einführungsgeschichte aus dem Regelbuch getroffen - und konnten sich nicht entscheiden, wem sie glauben sollten - als Avatare des Boten sagen ja beide die Wahrheit, aber beide verstehen unter Wahrheit etwas anderes. Sehr faszinierende Dialoge: das charmante Gespräch mit Dermott und ein brüsker Wortwechsel mit LaRue: Das führte dazu, dass sie den einen lieber mochten, aber mit dem anderen eher sympathisierten.

ToGo ist bestimmt keine einfache Kampagne, aber sie zeigt wirklich gut aus, um was es im Spiel gehen kann. Und was auch sehr hilfreich ist, sind die Anhänge, die beschreiben, wie sich die Spielregeln von UA ändern, wenn der eine oder andere neue Archetyp im Unsichtbaren Rat sitzt.

Ach ja, und es lohnt sich Last Call von Tim Powers zu lesen - die zweite Station mit dem Pokerspiel in Las Vegas ist eine klare Hommage..

Was wirklich helfen würde, ist eine Flowchart, die die Beziehungen unter den NSCs
"When I became a man, I put away childish things, including the fear of being childish, and the desire to be very grown up."
--C.S. Lewis, 1947

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