Den größten Einfluss hatte wohl das Marketing. Es gab am Anfang eine Phase in der man praktisch sagte: Schaut her das ist jetzt alles besser und wie ihr früher gespielt habt war total doof und hat überhaupt keinen Spaß gemacht.
Überspitzt gesagt natürlich, so kam es damals herüber. Die 4E hat viele der Probleme die Spieler früherer Editionen regelmäßig ansprechen gelöst. Teils mit genau den Maßnahmen die in derlei 3.5 Diskussionen angesprochen werden. Was auch heute noch lustig ist, weil man oft in 3.5 "Problemthreads" Lösungen posten kann die aus der 4E stammen. Und dann durchaus positive Kritik bekommen.
Doch statt dies in Details zu schildern gab es nur kurze oberflächliche Sprüche die mehr Leute verletzten als dass sie neugierig machten. Aber durch die Art und Weise wie man das sagte hatte man den Effekt dass sich auch jede Menge Spieler mit dem System beschäftigten (oder besser gesagt mit den Diskussionen) die eigentlich gar nicht unbedingt wechseln oder das ganze ausprobieren wollten. Sondern sich nur von derlei Aussagen angegriffen fühlten und glaubten "ihren" Spielstil nicht mehr machen zu können. Und die dann natürlich auch genau in dieser angegriffenen Weise reagierten. Es gab eine Phase so gegen 2008, da war die Quote 4E Spieler zu 4E Diskutanten etwa 1 zu 10.
Wenn man da etwas sagt wie "ach übrigens, die Jungs von WotC haben auch jede Menge tolle neue Möglichkeiten für Sachen außerhalb des Kampfes geschaffen" und auf Leute trifft die ihr System davon angegriffen fühlen endet das ziemlich aggressiv und polemisch.
Die (schon damals vorhandenen) detaillierten und sachlicheren Kritiken gingen dann eben in den lauteren und oberflächeren etwas unter.
Und dann gingen halt Diskussionen los ala: "4E ist XYZ" die dann der nächstbeste mit "aber schau mal auf Seite ABC, da steht das ganz anders, das stimmt doch gar nicht" konterte. Wenn man sich die Regeldiskussionen anschaut sind diese eben sehr häufig davon geprägt dass es überhaupt nicht um konkrete Regeln geht sondern um (vermutete) Ausrichtungen des Systems, irgendwelche Designerkommentare und "ich hab gehört..."
Da gabs dann sogar Kommentare wie: Ja klar steht das da im Buch, aber so wird das ja nicht gespielt! Inklusive natürlich der Aussage das genaue Gegenteil des Buchinhalts wäre der Fall.
Das klingt sicher alles als ob es nun die bösen, bösen Kritiker gewesen wären die alle Schuld tragen. Aber ganz so ist es natürlich nicht. Ich glaube es hatte sich insgesamt einfach zu einem Flamewar entwickelt und irgendwann waren alle Diskussionen sehr grundsätzlich, sehr verhärtet und für außenstehende kaum verfolgbar. Ich habe mir vor einiger Zeit mal eine alte Diskussion durchgelesen, und im Prinzip erschreck ich mich da halt nicht nur vor teilweise abstrusen Argumenten der "Gegenseite" - ich erschreck mich auch wie oft ich eigentlich anhand dessen die leisere, ernst gemeinte Kritik selbst übersehen habe oder die Möglichkeit ungenutzt lies dort einzusteigen bloß weil mal wieder irgendwer anderes etwas besonders angreifendes schrieb. Flamewars sind von beiden Seiten befeuert, natürlich nicht nur von dem der versucht eine provozierende Aussage zu machen sondern auch von dem der darauf einsteigt. Ich war es ja selbst oft genug.
Wie stark diese Onlineforendiskussionen dann das Bild prägen sieht man wenn man versucht eine neue Runde aufzumachen. Selbst von Leuten die sich nicht in Foren wie dem hier herumtreiben gab es dann Aussagen wie: "Aber ich hab gehört das ganze ist nur WoW" oder "das ist mir viel zu sehr Brettspiel!".
Wohlgemerkt ohne das Spiel selbst zu kennen gab es dort schon von vornherein sehr große Vorbehalte die dann auch dafür sorgten dass neue Spieler sehr vorsichtig und teils wirklich verzerrt das Spiel angingen. Ich hatte dort jemandem dem ich gerade erzählte dass ich sehr viel auch mit improvisierten Aktionen spiele und wie er sie nutzen könnte der dann (vor seiner ersten Spielrunde) meinte das wäre sicher eine coole Hausregel aber auch doof dass ich sowas einbauen und "selbst ausdenken muss" weil ja das System sowas "verbietet". Und selbst hier hab ich vor noch gar nicht langer Zeit eine Diskussion gehabt die ungefähr so ging:
"Wenn einer seine Fertigkeit nutzt und die anderen daneben sitzen und warten ist das doof, darum gibt es das so selten."
"Deshalb ist es besser wenn man Fertigkeitsherausforderungen als Gruppe macht"
"Ja, wäre cool wenn es sowas gäbe, aber das gibt's ja in D&D nicht!"
"ähm doch..."
"Wirklich? Cool, muss ich mir mal ansehen."
In einem Thread über die 4E ^^
Mit den Jahren hat sich dies natürlich gewandelt. Es gibt immer noch 4E Diskussionen, immer noch "Gegner" und "Befürworter", aber inzwischen ist es einfach viel seltener dass jemand das System nicht oder nur vom drüberblättern kennt. Und das verbessert natürlich zum einem die Qualität der Kritik, welche nun viel mehr auf tatsächliche Buchinhalte gerichtet ist, als auch die Möglichkeit sich Regeländerungen anzuschauen und neutral zu bewerten.
Ich kenne eigentlich nur sehr wenige Leute mit denen ich eine tatsächliche konkrete 4E Regeländerung diskutiert habe die dann sagten: Hey, das macht ja gar keinen Sinn!
Sowas hat man halt eher wenn man die Regeln sein lässt und nur über schwammige Dinge wie "das Spiel ist gemacht für XYZ" oder ähnliches redet. Du kannst das auch heute noch sehen. In jedem Thread in dem jemand eine Intention der Designer diskutiert wird es immer noch schwammig und geht teils hoch her. Und in jedem in dem die Regeln diskutiert werden gibt es zustimmende ( und wenn nicht zustimmend dann zumindest konstruktive und sachliche) Kommentare.
Wenn wir das alle irgendwie schon früher hinbekommen hätten - und natürlich nicht nur wir - wäre das System sicher deutlich erfolgreicher gewesen. Die Regeländerungen für sich genommen sprechen durchaus viele Leute an.