Ich bezog mich da also auf einen Gegensatz zwischen dem was auf dem Charakterblatt steht (was kann der Charakter denn so ungefähr?) und dem was am Spieltisch ausgespielt wird.
Tja, da ist die 3E der 4E sogar dank des detaillierteren Skill-Systems theoretisch überlegen. Theoretisch, weil es in der Praxis kaum einen Unterschied machen dürfte. Da müsste ja DSA das Non-Plus-Ultra sein, und ich kenne kaum ein System, wo das Regelwerk aus Gründen des Spielflusses so oft ignoriert wird wie dort
Sondern darum dass eine detailliertere Vorbereitung und Ausgestaltung solcher Szenen Spielleitern dabei helfen kann auf die Improvisationen ihrer Charaktere zu reagieren.
Stimme ich prinzipiell zu. Sehe allerdings auch mehrere Probleme. Erstens erwarten die Spieler, dass der Regelmechanismus dann auch genauso eingesetzt wird. Man muss sich also die Arbeit machen, die Skill Challenge explizit auszuarbeiten. Was zusätzlicher Arbeitsaufwand bedeutet, der noch dazu vielleicht vergebens ist, wenn nämlich die Spieler dann an der Skill Challenge vorbeispielen. Bedenkt man, dass man sich so was auch einfach situationsadäquat aus dem Ärmel schütteln kann, halte ich die Skill Challenges sogar für kontraproduktiv. Zweitens ist meine Erfahrung und Beobachtung halt gerade die, dass es die Improvisation der Spieler beeinträchtigt, weil die nämlich im Wissen um den Regelmechanismus plötzlich herauszufinden versuchen, was der Spielleiter nun wohl wollen könnte. Statt einfach drauf los zu spielen. Verstärkt noch dadurch, dass man oft irgendeinen unpassenden Blödsinn ausprobiert, weil man von vorneherein weiss, dass man soundsoviele Skill Checks schaffen muss. Und schon steht der Spielleiter wieder wie der Ochs vom Berg, weil seine Vorbereitung auf diese Versuche der Spieler gar nicht vorbereitet war.
Wenn ich als Spieler weiß, der Spielleiter will das ganze eigentlich nur fix in einem Wurf abhandeln improvisiere ich weniger, überlege mir weniger Lösungen als wenn ich von vornherein weiß das man ein Problem nur in mehreren Schritten lösen kann. Und umgedreht ist es für den Spielleiter leichter Ideen anzunehmen wenn sie nur ein Schritt auf dem Weg zum Ziel sind, und nicht etwas umschmeißen was der Spielleiter eigentlich ganz anders erdacht hatte.
Ich kann mir eigentlich gar nicht vorstellen, dass euer Spiel prä-4E so fürchterlich eindimensional war, wie du immer tust. Schrittweises Vorgehen über das Abhandeln mehrerer Skill Checks gabs schon immer seit Einführung fertigkeitsbasierter Systeme und wurde auch an den Spieltischen, die das wollten, so gehandhabt. Das ist ein fürchterlich alter Hut. Das einzige, was die 4E gemacht hat, war, diese Spielweise in eine feste Mechanik zu zwängen und einen Titel drüberzuklatschen. Die einen mögen die Mechanik, die anderen nicht. Diejenigen, die sie sinnvoll nutzen, haben das auch vorher schon gekonnt. Die anderen würfeln sie nur runter, ohne dass dadurch irgendwas besser wird.
Aus meiner Sicht ist die Skillchallenge bei der 4E ganz sicher keine der Sachen, die schief gelaufen sind.
Hab ich ja so auch nicht geschrieben, sondern von der problematischen Einführung der Regel gesprochen, und da stimmst du ja zumindest in Teilen durchaus zu.
Mal ganz ehrlich, soziale Situationen waren oft das Langweiligste, was einem in D&D-Abenteuern (und auch anderen RSPs) passieren konnte: Entweder die Zauberer haben alles mit Charm Person geregelt (oder vergleichbaren Tricks in anderen RSPs), oder man hat so lange am Tisch 'rumgelabert, bis der SL zufrieden/mit den nerven am Ende war und mit den gewünschten Informationen herausgerückt ist oder die NSC-Handlungen dem Spielerwunsch entsprachen. Oder, wenn der SL das nicht wollte, dann wurde ewig gelabert, weil es keine mechanische Grenze gab. Spannung? Unterschiedliche mögliche Ausgänge? Pustekuchen! Schlimmstenfalls gab es dann noch Diskussionen zwischen SL und rest der Gruppe, ob ein NSC sich "realistisch" verhalten habe, wenn er sich anders verhält, als die Spieler wünschen (ja, alles erlebt).
Irgendwie muss ich unglaubliches Glück gehabt haben, nur in Gruppen gelandet zu sein, wo so etwas nie stattfand bzw. ein spielspassstörendes Problem daraus wurde. Allerdings lese ich bei dir einen unterschwelligen Vorwurf heraus, der mich unglaublich stört, leider aber zum Mainstream geworden zu sein scheint, was ja letztlich auch einer der Gründe dafür ist, dass die 4E so wurde, wie sie geworden ist.
Nämlich: Spielleiter sind pinzipiell unfähig oder unwillig, das Spiel auf die Spieler auszurichten, sondern zwingen diesen im Gegenteil immer ohne Rücksicht auf Verluste ihren eigenen Stil auf. Also müssen sie durch Regelkonstrukte dazu gezwungen werden. So gesehen wären Skill Challenges kein Mechanismus, der dem SL etwas erleichtern soll, sondern eine Zwangsjacke, der den Spielern garantiert, dass der SL auf keinen Fall etwas unerwartetes tut.
Immerhin kann man bei dir noch rauslesen, dass die Spieler auch nicht besser sind, das lassen die meisten anderen einfach weg.
Wie gesagt: Da hab ich wohl unglaubliches Glück gehabt. Bei uns waren (ganz unabhängig vom System) gerade die sozialen Situationen das, was mit dem größten Spassfaktor verbunden war und aus dem die meisten Anekdoten entstanden, über die noch Jahre später geredet wurde.
Nur um das noch mal klarzustellen: Mir gehts gar nicht drum, die Skill Challenges schlechter zu reden als sie sind. Wenn ich mir das Spukhaus aus Paizos zweitem Runenfürsten-Abenteuer Skinsaw Murders anschaue, dann wäre das in der 4E wohl als riesige Skill Challenge umgesetzt worden. Ich werde sicher nicht behaupten, dass dadurch das Spielerlebnis in irgendeiner Form gelitten hätte, natürlich hätte es das nicht. Allerdings gilt auch das umgekehrte: Die Qualität des Spielerlebnisses wäre dadurch auch kein bisschen besser geworden.
Fällt mir gerade noch so als Nachsatz ein:
So dass Abenteuer schonmal auch nach der Anzahl ihrer Skillchallenges beurteilt werden, und der Anteil dieser Situationen insgesamt stark gewachsen ist. Eigentlich kenne ich praktisch keine Runde welche nicht regelmäßig solche Aufgaben einstreut.
nuja, ich beurteile Abenteuer lieber nach der Anzahl der enthaltenen Nichtkampfsituationen. Und die ist in nahezu jedem Paizo-Abenteuer höher als in jedem WotC-Abenteuer (den mir bekannten natürlich). Was für mich eher eine Formatfrage darstellt, da die Beschreibung von Skill Challenges (bzw. das Encounter Format natürlich) einen gewissen Platz verbraucht, der bei Paizo anderweitig zur Verfügung steht und entsprechend genutzt werden kann. Ob das dann immer so ausgespielt wird, ist eine andere Frage aber bei einem bin ich mir zu 100% sicher: Zieht man einen generellen Vergleich von 4E-Runden mit Pathfinder-Runden, findet in der 4E weder mehr Charakter- noch Story-Spiel statt. Trotz der Skill-Challenges, trotz der Quest-Awards. Da findet man auch nicht mehr Nichtkampfsituationen.
Was für mich nur zwei Schlussfolgerungen zulässt: Eine populistische (PF-Spieler könnens halt einfach besser
) und eine wahrscheinliche (der Einfluss dieser Regelmechanismen auf den Spielstil ist global gesehen vernachlässigbar).