Ich liebe die Telltale Games, weil sie sozusagen die Story Games unter den Videospielen sind. Das sind Anti-Open-World-Spiele. Das Reizvolle: Die lassen dieses ganze überflüssige, halbdurchdachte Gameplay weg und schneiden direkt an die juicy Spots. Die meisten Open World-Spiele langweilen mich, weil sie beliebig sind, weil man sie irgendwie nie durchgespielt hat, weil sie überhaupt kein Pacing haben. Telltale will direkt Entscheidungen von dir und ich habe das Gefühl, dass diese Entscheidungen viel mehr Gewicht haben, als welches Attribut ich skille, oder was ich mit was jetzt genau kombinieren muss, um die Kettensäge zum Laufen zu kriegen.
Ich finde es auch total kurzsichtig, zu sagen, Telltale Games seien keine echten Videospiele. Das ist, als würde ich sagen: OSR-Spiele oder Fiasco oder so seien keine Rollenspiele. Telltale-Spiele sind über ihre Entscheidungen hinreichend spielerisch.
Warum? Puh. Ich glaube die Möglichkeit des Scheiterns macht es aus. Du kannst ein Telltale-Spiel auch verkacken. Und am Ende ist dann alles Scheiße. Nicht beim Prototyp Walking Dead 1. Aber bei den anderen schon.
Gerne wird vergessen (und das macht ihren Reiz für mich auch aus): Telltale Games sind zwischenmenschliche Spielwiesen. Oft spielt es für den Fortgang einer Geschichte keine Rolle, was du entscheidest. Aber wie dein Umfeld dich wahrnimmt, wer Freund ist und wer Feind und was du selbst für eine Person bist: Nur bei Telltale (oder Telltale-ähnlichen Spielen wie „Live is Strange“ oder „Hidden Agenda“) wird dir das in der Drastik vor Augen geführt. Und das genieße ich einfach: Ein Spiel zu haben, wo es nicht darum geht, welche tollen Kräfte ich rumwerfe oder welche hochtextuierten Dungeons ich schon besucht habe. Ein Spiel, wo es einzig und allein darum geht, wie ich mit anderen Menschen umgehe. Und dabei eine gute Geschichte präsentiert bekomme.
Clementine aus Walking Dead fühlte ich mich näher als irgendeinem anderen Videospielcharakter zuvor. Nicht weil das Spiel mich mit ihr hat umgehen lassen, wie ich wollte. Sondern weil es mir nur eine Auswahl gab: Das sind deine Optionen. Und jede davon hat soziales Gewicht.
Und das es noch eingeschränkter geht, gameplay-technisch, zeigt „To the Moon“. Was auch eine tolle Geschichte erzählt, mit minimalen Mitteln. Das muss ein Assassin‘s Creed erstmal erreichen.