Schwarzpulverwaffen stehen noch nicht zur Verfügung. Genau genommen handelt es sich versatil ausgebildeten Schwertadel, nicht ganz identisch mit Rittern, geht aber in die Richtung. Bevorzugte Kampfweise ist der gerüstete Nahkampf, aber alle können explizit mit Langbögen und Armbrüsten umgehen. Entsprechende Waffen stehen erstmal auch so weit zur Verfügung, wie sie die Reise überstanden haben.
Ah, stimmt, das habe ich überlesen. Also, verstehe ich es richtig, dass das gesamte militärische Personal im Grunde gar nicht aus Soldaten besteht, sondern mindestens aus niederem Adel? Falls das der Fall ist, ändert das Einiges, ist aber immer noch brauchbar: Die Jagd ist eines der natürlichen Vorrechte des Adels; sprich, die Leute wissen nicht nur, wie man Bogen und Armbrust im Kampf, sondern auch wie man sie bei der Jagd benutzt.
Auch von Landwirtschaft könnten sie durchaus etwas mehr Ahnung haben. Je geringer der Adel, desto mehr mussten auch die Adeligen selbst mit anpacken. In den Militärdienst gingen ja auch meistens die "überzähligen" Söhne, diese dürften also bis zur Schwertleite (oder äquivalenter Initiation) durchaus schon mal echte Landarbeit getätigt haben. So wie du es beschreibst, ist es ohnehin eher mit den Nordmännern zu vergleichen, bei denen es ja auch keinen Widerspruch darstellte, edler Abstammung und ein Krieger zu sein und und sich trotzdem in Friedenszeiten auf dem eigenen Hof die Hände schmutzig zu machen.
Allerdings müsstest du auf diesem Techlevel eventuell auch noch einmal die Kapazitäten der Segelschiffe überdenken. Selbst wenn man etwas in der Art einer Karacke oder Karavelle annimmt, ist da bei 40 Mann Besatzung Schluss und für Passagiere kein Platz mehr. 200 Personen und Proviant für diese konnte erst mit deutlich moderneren Schiffen bewegt werden.
Was ich vorher irgendwie überlesen habe:
Die Entführer haben genau eine Nacht zur Ausführung Zeit und vielleicht einen halben Tag zur Planung vorher, wollen ihre Aktion aber geheim halten. [...] Sie müssen in dieser Zeit die freiwilligen und unfreiwilligen Passagiere und Besatzungen an Bord des/der Schiff(e) bringen (das/die Schiff(e) sind im Hafen festgesetzt, es ist maximal eine Rumpfmannschaft zur Instandhaltung an Bord), die Vorräte und notwendige Ausrüstung verladen und die Anker lichten. Die Winde stehen im Zweifelsfall gut.
Es ist ohne moderne Verladetechnik absolut unmöglich, binnen eines halben Tages ein oder mehrere Schiffe für eine längere Reise vorzubereiten; schon gar nicht dann, wenn es unbemerkt geschehen soll. Letzteres erfordert nämlich, dass man die Zahl der Ladearbeiter klein hält, also im Grunde nur Eingeweihte daran arbeiten, die niemals die Leistung zahlreicher geübter Dockarbeiter erbringen - und selbst die brauchten zum Beladen eines Schiffes gerne mal den ganzen Tag (Je nach Art der Ladung, den Wegen zu den Lagerstätten etc.). Üblicherweise wurde den Tag über beladen, entweder mit Hilfe der Besatzung oder nur durch Dockarbeiter, am Abend durfte sich die Besatzung noch einmal an Land austoben und musste zu einem bestimmten Zeitpunkt an Bord sein und im Morgengrauen lieft man mit der ersten Flut aus.
Du schreibst, die Entführer hätten die Stadt im Griff, das macht einiges leichter. Sie könnten also erst einmal eine offizielle Version platzieren, für welchen Zweck die Schiffe angeblich reisefertig gemacht werden. Dann kann das problemlos vor aller Augen geschehen.
Nun braucht man unter den Seeleuten pro Schiff zumindest so viele willige Helfer, dass man morgens auslaufen kann, alle anderen lockt man unter irgend einem Vorwand (zum Beispiel Nachzahlung des Handgeldes) unter Deck und setzt sie dort fest.
Abzüglich der Wachen gehen die willigen Seeleute und die Soldaten (die sich als Seeleute verkleiden) von Bord und machen zum Schein das, was man von Seeleuten am letzten Abend vor einer großen Reise erwarten würde. Tatsächlich platzieren sie sich aber so, dass sie in den frühen Morgenstunden nach Mitternacht (wenn die Stadt am tiefsten schläft) möglichst viele der vorher ausgewählten Entführungsopfer einsacken. Eventuell legt man ein paar Brände, das erzeugt Verwirrung, lockt Leute aus den Häusern und erklärt auch, warum man vermeintliche "Bewusstlose und Verletzte in Sicherheit bringt". Ein paar Entführungen misslingen womöglich, aber das darf nicht stören.
Die Leute werden an Bord geschafft, ebenfalls eingesperrt und mit der Flut läuft man aus. Erst wenn man auf hoher See und bekanntes Land außer Sicht ist, holt man die unsicheren Teile der Besatzung frei, droht mit Sanktionen für Ungehorsam und mit Belohnungen für Folgsamkeit und lässt sie Treue schwören.
Generell sehe ich übrigens auch kaum Grund, warum Seeleute
überhaupt unwillig sein sollten: Es reicht üblicherweise, wenn man ihnen sagen kann, dass die Reise ein konkretes und bekanntes Ziel hat, dann steht Meuterei erst einmal nicht auf dem Plan, insbesondere dann, wenn die Heuer in Ordnung ist. Normalerweise stören sich Seeleute, insbesondere wenn sie in anderen Städten angeheuert wurden, auch nicht daran, wenn Passagiere an Bord gefangen gehalten werden. Man kann ja immer noch erzählen, es handele sich um Sträflinge und/oder Verschwörer gegen die Krone und deren Familien, die zur Strafe deportiert werden und verbietet es ihnen, mit den Leuten zu reden. Dass das eingehalten wird, dafür sorgen die Wachen.
Brenzlig wird es erst, wenn die Seeleute erfahren, dass sie ebenfalls als personeller Grundstock der Kolonie vorgesehen sind. Aber da gibt es zahlreiche Möglichkeiten, wie man das deichseln kann. Gibt man ihnen allen beispielsweise nach Ankunft allen Landgang, sagt kein Seemann nein. Wenn dann die unfreiwilligen Siedler auch von Bord sind und die Schiffe brennen, sind vollendete Tatsachen geschaffen und wenn jemand weiß, dass Überleben erst einmal wichtiger ist als Revanche, dann sind es Seeleute. Intelligenterweise könnte man sie beim Aufbau der Kolonie auch von ein paar der lästigeren und schwereren Arbeiten befreien, um die Gemüter der größten Problemgruppe ruhig zu halten. Eventuell hat man auch einfach genug Prostituierte eingesammelt, die erst einmal Leute bei Laune halten und die später per Generalerlass von allen Sünden freigesprochen werden und an die ledigen Mannspersonen verheiratet werden.
Generell ist der Trick, den Leuten die Sache schmackhaft zu machen. So nach dem Motto: "Hört mal zu, jetzt geht es erst einmal um Überleben. Bis das gesichert ist, sagen wir an, was gemacht wird, beschützen euch aber auch vor allen Gefahren, die in dieser neuen Welt lauern könnten. Haben wir es uns erst einmal häuslich eingerichtet, seid ihr alle freie Menschen und könnt Land in dieser neuen Welt besitzen." - Die Angst vor dem Unbekannten und die Aussicht auf ein Leben als eigener Herr auf eigenem Land dürfte die Leute in die Spur bringen.