Autor Thema: Typische Railroad-Situationen...  (Gelesen 47757 mal)

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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #150 am: 11.08.2014 | 23:17 »
@Arkam: Wow, das ist ja wirklich die Horror-Liste des schlechten DSA-Rollenspiels (aber für mein Empfinden ist vieles davon schon weit jenseits von gut, böse und Railroading).

Die Dreiteilung halte ich für sinnvoll - aber genauso wie Crimson King und Bad Horse würde ich Drama anders definieren:

a) Taktik: Regeln haben eine herausragende Rolle, Spieler und SL müssen sich daran halten
b) Drama (=Impro-Theater): Spieler-Entscheidungen haben herausragende Rolle, SL ist zum "ja, und..." sagen da
c) DSA*: SL hat herausragende Rolle, Spieler dürfen "mitspielen" um die dramatische Geschichte zu erleben die der SL erzählt

Ob der SL jetzt ein fertiges DSA-Abenteuer erzählt oder eine eigene Geschichte nach demselben Strickmuster erfindet macht keinen Unterschied - ist beides derselbe Spieltyp c).

*: Sorry, ich will wirklich kein DSA-Bashing hier betreiben. Aber mir fällt gerade kein anderes Beispiel ein was diese Spielweise so exemplarisch darstellt - und auch kein anderer Begriff für c) den man nicht mit b) verwechseln könnte.

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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #151 am: 11.08.2014 | 23:23 »
Tatsächlich haben Systeme, die ihren Fokus auf Drama legen, eher schwache Spielleiter, oder gleich gar keinen. Im dramatischen Rollenspiel ist die Entwertung von Spielerentscheidungen generell äußerst ungern gesehen.

Für Florian Berger spielt man, wenn man railroadet oder einfach nur partizipiert, aber auch kein Rollenspiel, da aus seiner Sicht Ergebnisoffenheit eine Grundvoraussetzung ist (er kommt da vom englischen Gaming-Begriff).

In seinem Kontext macht das ursprüngliche VtM aber auch einen Sinn.
Dem SL werden hier alle Mittel in die Hand gedrückt um Drama zu erschaffen und er hat die Pflicht dieses durchzuführen.

@Ucalegon:

Es gibt doch in dieser ganzen Diskussion noch eine Trennlinie zwischen subjektiven (gefühlten) und objektiven Railroading. Gerade das subjektive Railroading entsteht meist daraus das der jeweilige Spieler nicht sehen kann warum seine Aktion jetzt blockiert wird (und es somit nicht verstehen kann).
Gerade in der Welt-zentrierten Sicht können halt mehr Dinge geschehen die zwar plausibel sind, beim Spieler aber ohne Meta-Erklärung nicht ankommen und genau das subjektive Railroading auslösen können.
Die Frage ist: Ist es dann Railroading und hilft der Sprung auf die Meta-Ebene dem Spiel weiter oder soll der Spieler halt Schmollen und gut ists?
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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #152 am: 11.08.2014 | 23:27 »
In seinem Kontext macht das ursprüngliche VtM aber auch einen Sinn.
Dem SL werden hier alle Mittel in die Hand gedrückt um Drama zu erschaffen und er hat die Pflicht dieses durchzuführen.

Eine beträchtliche Zahl an VtM-Runden spielt kein Drama, sondern Antihelden mit Fängen. Wieviele Runden, die funktionierendes Vampirdrama produzieren, sich tatsächlich auf die Regeln und die starke SL stützen, weiß ich nicht.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #153 am: 11.08.2014 | 23:32 »
Eine beträchtliche Zahl an VtM-Runden spielt kein Drama, sondern Antihelden mit Fängen. Wieviele Runden, die funktionierendes Vampirdrama produzieren, sich tatsächlich auf die Regeln und die starke SL stützen, weiß ich nicht.

Das sind doch aber zwei unterschiedliche Paar Stiefel. Wozu es gedacht ist und wozu man es nutzt können da jetzt nicht so verglichen werden.
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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #154 am: 11.08.2014 | 23:35 »
Es gibt doch in dieser ganzen Diskussion noch eine Trennlinie zwischen subjektiven (gefühlten) und objektiven Railroading. Gerade das subjektive Railroading entsteht meist daraus das der jeweilige Spieler nicht sehen kann warum seine Aktion jetzt blockiert wird (und es somit nicht verstehen kann).
Auf das aufbauend würde ich noch eine andere Kategorie einführen in die man Railorading einteilen kann:

Typ A: Railorading als Mangel an Alternativen (es gibt nur einen roten Hering dem die Spieler folgen können, nur einen näher beschriebenen NPC in der Kneipe, nur einen sinnvollen nächsten Schritt)

Typ B: Railroading als Verbot (scheinbare Spielleiter-Willkür, Entwertung von Spieler-Entscheidungen, ...)

Ich wage zu behaupten, Railroading vom Typ B wird von den Spielern subjektiv als schlimmer eingestuft - und eher als böswillige Absicht interpretiert werden - als Railroading vom Typ A. (Obwohl auch Typ A Railroading in Wirklichkeit wohl keine böse Absicht ist sondern oft nur das Symptom eines kurzfristig überlasteten SL.)

Offline Bad Horse

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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #155 am: 11.08.2014 | 23:51 »
Ich habe mal eine eigenes Thema für die Drama-Diskussion aufgemacht.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

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Ucalegon

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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #156 am: 11.08.2014 | 23:57 »
@Ucalegon:

Es gibt doch in dieser ganzen Diskussion noch eine Trennlinie zwischen subjektiven (gefühlten) und objektiven Railroading. Gerade das subjektive Railroading entsteht meist daraus das der jeweilige Spieler nicht sehen kann warum seine Aktion jetzt blockiert wird (und es somit nicht verstehen kann).
Gerade in der Welt-zentrierten Sicht können halt mehr Dinge geschehen die zwar plausibel sind, beim Spieler aber ohne Meta-Erklärung nicht ankommen und genau das subjektive Railroading auslösen können.
Die Frage ist: Ist es dann Railroading und hilft der Sprung auf die Meta-Ebene dem Spiel weiter oder soll der Spieler halt Schmollen und gut ists?

Beim Thema subjektives RR stimme ich dir schon zu. Wenn der Spieler nicht versteht, warum er jetzt mit seiner Aktion keine Erfolgsaussicht hat, kann ein kurzer Sprung auf die Metaebene das klären. Wir reden aber bisher aneinander vorbei, weil es mir ja gerade nicht um die subjektive Spielerperspektive geht. Meine These war, dass ein Spielleiter mithilfe der Plausibilität innerhalb der Spielwelt und einem bewusst konstruierten Setup objektiv railroaden kann und es dabei auch keinen Unterschied macht, ob man auf die Meta-Ebene geht bzw. der Spieler den vollen Einblick in die Verhältnisse innerhalb der plausiblen Spielwelt bekommt. Für mich ist das eine Frage des Abenteuer/Szenario-Designs. 

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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #157 am: 12.08.2014 | 00:32 »
Sagt mal, vertraut ihr euren SLen alle so wenig, das ihr mißtrauisch werder und Railroading vermutet, nur weil ihr nicht alle Entscheidungen nachvollziehen könnt ?

Muss man denn wirklich alles wissen als Spieler und erklärt bekommen was in der Welt vorgeht ?

Ich will gar nicht alles erklärt bekommen, sondern will die Zusammenhänge im Spiel entdecken. Und ich vertraue meinen SL soweit, das sie in der Regel sich überlegen, was hinter den Kulissen passiert.

Auch das beschreiben von Gefühlen kann ich akzeptieren, wenn es nicht meine Handlungen beeinflussen soll. Zum Beispiel wenn man ein vor einem Gebirgsmassiv steht oder in einen dunklen Wald geht. Da lasse ich mich gerne drauf ein, solange es meine Handlungen nicht beeinflusst.

Und wie schon gesagt, ist vieles Absprache-Sache.
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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #158 am: 12.08.2014 | 01:18 »
Es geht weniger darum Entscheidungen nicht nachvollziehen zu können, als das einem eine oder mehrere Entscheidung(en) den Spaß vergällen.

Das man, anstelle gespannt zu sein wie die Lösung ist, oder am Story fortgang interessiert, anstelle sich motiviert zum Handeln zu fühlen, anstelle mit dem Charakter zu fühlen sich gerade nur vom SL gegängelt fühlt.
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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #159 am: 12.08.2014 | 04:53 »
Könnt ihr mir noch mal ein Beispiel geben, was dieses objektive Railroading sein soll? Und mir dann noch erklären, was Objektivität an der Stelle bedeutet?

Objektiv kann doch nur sein, wer unbeteiligt ist. Das ist schon für bloße Beobachter nur schwer zu erreichen. Bei einer Spielgruppe kann aber zweifelsfrei niemand Objektivität beanspruchen. Die haben alle mitgemacht!

Also bitte, was soll objektives Railroading sein?

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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #160 am: 12.08.2014 | 07:44 »
Sagt mal, vertraut ihr euren SLen alle so wenig, das ihr mißtrauisch werder und Railroading vermutet, nur weil ihr nicht alle Entscheidungen nachvollziehen könnt ?

Muss man denn wirklich alles wissen als Spieler und erklärt bekommen was in der Welt vorgeht ?

Ich will gar nicht alles erklärt bekommen, sondern will die Zusammenhänge im Spiel entdecken. Und ich vertraue meinen SL soweit, das sie in der Regel sich überlegen, was hinter den Kulissen passiert.

Auch das beschreiben von Gefühlen kann ich akzeptieren, wenn es nicht meine Handlungen beeinflussen soll. Zum Beispiel wenn man ein vor einem Gebirgsmassiv steht oder in einen dunklen Wald geht. Da lasse ich mich gerne drauf ein, solange es meine Handlungen nicht beeinflusst.

Und wie schon gesagt, ist vieles Absprache-Sache.

Man geht in der Regel mit einem gewissen Vertrauensvorschuss in ein neues Spiel und nimmt nicht direkt Üböes an, aber der Vertrauensvorschuss kann eben auch sehr schnell verbraucht sein, insbesondere bei ungeschickterem/dreisteren Verhalten des SL.
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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #161 am: 12.08.2014 | 07:57 »
Muss man denn wirklich alles wissen als Spieler und erklärt bekommen was in der Welt vorgeht ?
Zumindest will ich wissen, warum die Welt, die mich betrifft, so funktioniert, wie sie es tut.

Ich hatte mal den Fall eines SL, der uns dreimal in Folge auf Quests "der Regierung" geschickt hat - ohne Belohnung und ohne, dass wir da überhaupt angestellt wären. Als wir fragten, warum andere NSCs das machen, erklärte der SL, dass die das tun, um ihrem Staat zu helfen und ihre Welt zu retten. Wir SCs entschlossen uns dann nach langer Diskussion, jemandes anderes Staat zu retten.

Der SL muss in manchen Situationen durchaus klar darlegen, warum seine Welt so funktioniert, wie sie es tut, sonst muss er sich nicht wundern, dass die SCs rebellieren und auf sein Railroading keine Lust haben.

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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #162 am: 12.08.2014 | 08:19 »
Könnt ihr mir noch mal ein Beispiel geben, was dieses objektive Railroading sein soll? Und mir dann noch erklären, was Objektivität an der Stelle bedeutet?


Es gibt zwar kein objektives Railroading, aber objektive Umstände oder Merkmale, die dazu gehören. Ein RR-Merkmal sind Zwangsmaßnahmen (Force). Das kann man objektiv von außen feststellen. Genauso Linearität einer Story, Unausweichbarkeit von Szenen, geskriptete Szenenabläufe, Regelbrüche durch den SL. Man kann auch objektiv überprüfen, ob das mit der Gruppe abgesprochen wurde. Ob die Spieler sich dadurch gegängelt fühlen ist zwar subjektiv, aber die Zwangsmaßnahmen sind objektiv - oder zumindest intersubjektiv überprüfbar.

Dass Problem ist, wenn man Railroading nur auf den subjektiven Tatbestand begrenzt, ist nicht mehr ganz auszumachen, ob eine frustrierende RSP-Runde ein Railroading-Problem hat, oder ob es andere Gründe für die Unzufriedenheit gibt. Railroading ist mMn nicht der einzige Grund, warum Runden manchmal nicht laufen.
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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #163 am: 12.08.2014 | 08:36 »
Das sind doch aber zwei unterschiedliche Paar Stiefel. Wozu es gedacht ist und wozu man es nutzt können da jetzt nicht so verglichen werden.

Das ist natürlich Mumpitz. Wenn ein System verstärkt anders genutzt wird, als es gedacht ist, ist das ein extrem starker Hinweis auf schlechtes Regeldesign im Sinne der eigentlichen Intention der Autoren. Für VtM würde das heißen, dass das Spiel zwar offiziell für Vampirdrama geschrieben wurde, gerade dafür aber (wegen des starken SLs oder aus anderen Gründen) nicht besonders gut geeignet ist. Das hat mit dem Thread hier allerdings fast nix mehr zu tun.
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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #164 am: 12.08.2014 | 08:44 »
Könnt ihr mir noch mal ein Beispiel geben, was dieses objektive Railroading sein soll? Und mir dann noch erklären, was Objektivität an der Stelle bedeutet?

Objektives Railroading ist der gezielte und klare Einsatz von Railroadingtechniken um etwas zu erreichen.
Beispiel: Die Runner können ihre Connection A nicht erreichen weil das den Plot sprengen würde.

Subjektives Railroading ist die Fehlinterpretation einer Situation, meinst aus mangelndem Hintergrundwissen.
Beispiel: Die Connection A hat eine eigene Timetable. Zu dem Zeitpunkt als die Runner angerufen haben ist sie beschäftigt und kann nicht rangehen. Hätten sie es später nochmals versucht wäre sie erreichbar gewesen.

Man kann hier den SL direkt fragen was Sache ist und eine Auskunft erhalten um was es sich gerade eben handelt. Gerade im "klassischen" Rollenspiel will man aber meist so wenig wie möglich mit der Meta-Ebene des ganzen zu tun haben, daher tritt dieses Dilemma häufiger auf.
« Letzte Änderung: 12.08.2014 | 08:47 von Slayn »
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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #165 am: 12.08.2014 | 08:44 »
Das ist natürlich Mumpitz. Wenn ein System verstärkt anders genutzt wird, als es gedacht ist, ist das ein extrem starker Hinweis auf schlechtes Regeldesign im Sinne der eigentlichen Intention der Autoren. Für VtM würde das heißen, dass das Spiel zwar offiziell für Vampirdrama geschrieben wurde, gerade dafür aber (wegen des starken SLs oder aus anderen Gründen) nicht besonders gut geeignet ist.
Richtig. Ich kannte einige Vampire-Runden, die deswegen das Regelsystem komplett über den Jordan geworfen haben und dann regellos geleitet haben.
Zitat
Das hat mit dem Thread hier allerdings fast nix mehr zu tun.
Das ist allerdings auch richtig. Von daher werde ich jetzt wieder ruhig sein. :)
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Nicht Sieg sollte der Zweck der Diskussion sein, sondern
Gewinn.

Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #166 am: 12.08.2014 | 08:53 »
Sagt mal, vertraut ihr euren SLen alle so wenig, das ihr mißtrauisch werder und Railroading vermutet, nur weil ihr nicht alle Entscheidungen nachvollziehen könnt ?

Ich muss gestehen, ich kann dieses Vertrauensargument nicht verstehen. Im Grunde lese ich da immer: "Euer SL meint es gut", ja, aber davon gehe ich aus, wenn ich mit jemandem spiele. Was aber nicht trotzdem bedeutet, dass er "scheiße" spielleiten kann.

Rollenspiel kann man gerne als SL zentriertes Spiel verstehen, wo der SL sich einen Plot überlegt, und die Spieler den mittels ihrer Charaktere erleben. Macht sehr vielen Spaß und ist definitiv nichts falsches.

Man kann Rollenspiel aber auch als Gruppen-zentriertes Spiel sehen, wo gemeinsam eine Geschichte erzählt, bei der es eben keinen wirklichen Plot am Anfang gibt, sondern erst am Ende. Macht auch sehr vielen Spaß und ist auch definitiv nichts falsches.

Womit wir dann wieder zum "scheiße" von oben kommen.

Erstmal nehmen wir die SLs aus, die es Handwerklich noch nicht können, dass kann man lernen. Die sind im "scheiße" nicht inbegriffen.

Bleiben also die SLs die es Handwerklich können. Beide fallen in eine der beiden oben genannten Kategorien (und einige wenige in beide). Entsprechend wenn ich der anderen Kategorie entspreche ist der andere SL natürlich "scheiße".

"scheiße" meint hier also letztlich weder Böswilligkeit oder fehlendes Handwerkliches-Können, sondern schlicht: Der SL und ich sind inkompatibel.

Falsch hat keiner etwas gemacht, sondern ich habe mich auf etwas eingelassen, was nicht funktioniert. Gut das es nur ein Hobby ist, ich kann aussteigen.

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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #167 am: 12.08.2014 | 09:07 »
Objektives Railroaden:
Der SL macht mehr oder weniger offen klar das es nur einen Szenenausgang gibt ( Offen: Es kommen wellen von Cops und Swat Beamten, ihr werdet Gefangengenommen. Weniger offen: Ihr habt die 6 Yeti umgelegt, da kommt die nächste Welle! (bis die Spieler Ko sind)


So beim Reflektieren,... Peril at Kings Landing (Song of Fire and Ice) ist extremes Railroading, weil man da bis zu einen gewissen Punkt zwar handeln kann, aber alles auf Schienen zu dem grossen Finale hin läuft bei dem man wegen diverser Fake-Anklagen angklagt wird. Das die Chars proaktiv den Strippenzieher wegräumen ist nicht vorgesehen.

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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #168 am: 12.08.2014 | 09:47 »
Ich muss gestehen, ich kann dieses Vertrauensargument nicht verstehen.

Das Vertrauens-Argument macht nur dann einen Sinn, wenn man auch den "Meta-Anteil" einer Runde betrachtet.
Ich vermute ganz stark das es sehr viele Spieler gibt die sowohl den "Meta-Anteil" an einer Runde sehr gering halten wollen als auch das  Gefühl benötigen ein Szenario von selbst erkundet zu haben.
Das sind dann aber auch die Spieler die 1) Illusionismus brauchen und 2) es nicht verstehen können wenn ein SL mal sagt: "Tolle Idee, baue ich sofort ein!".
Hier muss mehr oder weniger das Vertrauen bestehen das der SL das Szenario nur verwaltet und "Schiedsrichter" ist.
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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #169 am: 12.08.2014 | 10:11 »
@Slayn,

kurze Gegenfrage, hast du meine Ausführungen danach nicht gelesen? Oder habe ich mich so schlecht ausgedrückt?

Ich dachte, dass ich meine Bedenken und mein Unverständnis an diesem Argument danach ausführlich erläutert habe. Wenn das Unverständlich war, dann sagt es mir bitte.

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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #170 am: 12.08.2014 | 10:14 »
Objektives Railroading ist der gezielte und klare Einsatz von Railroadingtechniken um etwas zu erreichen.
Beispiel: Die Runner können ihre Connection A nicht erreichen weil das den Plot sprengen würde.

Subjektives Railroading ist die Fehlinterpretation einer Situation, meinst aus mangelndem Hintergrundwissen.
Beispiel: Die Connection A hat eine eigene Timetable. Zu dem Zeitpunkt als die Runner angerufen haben ist sie beschäftigt und kann nicht rangehen. Hätten sie es später nochmals versucht wäre sie erreichbar gewesen.

OK. Dann ist die Opposition aber eher "wirkliches" vs. "scheinbares Railroading". Objektiv heißt, dass subjektive Meinungen einem gewissen Verfahren unterworfen werden und dann als objektiv gelten. Welche Kriterien es da gibt, ist je nach Situation etwas unterschiedlich (Neutralität, Konsens, Vieraugenprinzip, Wiederholbarkeit, et audiatur altera pars usw.). Das meinst du aber gar nicht. Du willst nur sagen, dass es Dinge gibt, die wirklich Railroading sind und solche, die man fälschlich dafür hält. OK.

Inhaltlich interessant is nun auch, was du nebenan geschrieben hast:

Klassische Beispiele sind etwa das Recht zu haben die Regeln zu missachten, das Recht zu haben zu Railroaden, das Recht zu haben auf einen Spielercharakter einzuwirken, etc.

Ich glaube das zielt alles so in eine ähnliche Richtung und für das vorliegende Problem scheint es mir erhellend. Fangen wir mal vorne an:

Man kann kein Recht haben Regeln zu brechen, denn die tatsächlich geltende Regel bezieht jenes Recht offensichtlich ein, sonst wäre es Rechtsbruch. Du meinst wahrscheinlich: "sich von den Regeln im Buch entfernen". Hierzu kann es ganz verschiedene Positionen geben.

Nehmen wir mal an, ein Wurf geht schief, SL sagt: "Ach vergiss es, klappt schon."

Man könnte jetzt sagen, das ist Regelbruch. Man könnte aber auch zu einem gänzlich gegensätzlichen Ergebnis gelangen. Und zwar nehmen wir nämlich an, dass es immer akzeptabel ist von eigenen Rechten zurückzutreten. Wenn man den Ball ins Aus kickt, weil ein Gegenspieler am Boden liegt, gilt das sogar als ausgenommen fair.

Wenn im Buche nun steht: "Die SL kann einen Wurf fordern...", dann muss sie das nicht tun. Man kann sogar glauben, dass sie schon gelieferte Ergebnisse ignorieren, solange sie den Spieler nicht schlechter stellt.

Das erfordert aber, dass man die SL als Partei sieht. Nur eine Partei darf von ihren Rechten zurücktreten. Sieht man die SL dagegen im OSR-Jargon als "Referee", schließt sich solches Vorgehen aus. Die SL hat demnach keine Interessen und darf dies als neue neutrale Schiedsperson nicht. Je nachdem, ob man die SL als Referee oder als Storyteller sieht, ergeben sich hier schon relevante Unterschiede.

D.h., dass nicht nur die einzig wirklich geltende Regel jene ist, die in die Runde akzeptiert wird, im Buch also nur Regel-Vorschläge stehen, nein, in beiden Varianten spielt man Rules as Written.

Als drittes nennst du "Eingriffe in den Spielercharakter". Dass du es nennst, zeichnet es also als exzeptionell aus. Das kommt also anderenfalls nicht vor. Und das löst für mich jetzt, wie Leute auf die Idee kommen könnten, Railroading sei eine Sammlung von Techniken bzw. Regeln. (Techniken werden zur Regel, wenn man sie regelmäßig anwendet.)

Genauso wie also das Feld Charakterbesitz ein zu regelndes ist - man muss eben wissen, wer wann an welchem Charakter fuschen darf -, gilt das auch für Sachen wie Scene Framing (wo das Spiel weiter geht und wer da ist) oder eine eventuelle Differenz "SCs vs. NSCs" oder überhaupt alles, was die SL so tut. Die ist ja schließlich auch nur durch eine Regel erschaffen ("Es gebe eine SL!").

Innerhalb dieser disparaten Bereiche - Charakterbesitz, Scene Framing, NSCs, Ressourcenzugriff etc. - werden nun gewisse Setzungen als "Railroading-Techniken" bezeichnet. Das ist schon überraschend, denn eigentlich haben diese Dinge wenig mit einander zu tun.

Wie kann das kommen?

Die Leute, die das Wort Railroading erfunden haben, fanden diese Setzungen exzeptionell und negativ. (Das ist die typische Situation, wenn Menschen anfangen eine Situation zu analysieren.) Das erklärt auch, dass sie ein klar negative besetzte Metapher wählten: Fahrt auf Schienen, also unfrei, nicht wie mit dem Auto oder coolen Motorrad. Wäre dies dagegen ein freudiges Ereignis gewesen, hieße es heute Sightseeing oder Freizeitpark oder was auch immer. Aber dann hätten sie wahrscheinlich gar nicht erst ein Wort gesucht.

Damit ist dann auch klar, warum Railroading negativ betrachtet wird. Es war ursprünglich negativ und kann diese Bedeutung auch nicht loswerden. Wer sich positiv ausdrücken will, redet von Scene Framing, Bangs, Abenteuer mit Spannungsbogen usw. Dafür spricht auch, dass sich hier zu Boarde kein Thema findet "Wie werde ich ein besserer Railroader?" oder "Eure besten Railroading-Tipps".

Es ist also keine clevere Idee von "Railroading-Techniken" zu reden. Man sagt nämlich permanent Arschloch.

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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #171 am: 12.08.2014 | 10:27 »

Die Leute, die das Wort Railroading erfunden haben, fanden diese Setzungen exzeptionell und negativ. (Das ist die typische Situation, wenn Menschen anfangen eine Situation zu analysieren.) Das erklärt auch, dass sie ein klar negative besetzte Metapher wählten: Fahrt auf Schienen, also unfrei, nicht wie mit dem Auto oder coolen Motorrad. Wäre dies dagegen ein freudiges Ereignis gewesen, hieße es heute Sightseeing oder Freizeitpark oder was auch immer. Aber dann hätten sie wahrscheinlich gar nicht erst ein Wort gesucht.


Soweit ich verstanden habe, hat das Wort Railroading im Englischen schon vor der Forge und dem Rollenspiel existiert. Dass im Deutschen oft nur eine Übersetzung herauskommt, die den Einschienenverkehr im Rollenspiel sieht, ist eine Verkürzung des Begriffs. Die Übersetzung mit Gängelei oder Gängelung ist treffender, denn das Wort ist negativ besetzt. Deswegen mussten ja auch Begriffe wie Partizipationismus erfunden werden, um Situationen in Gruppen zu beschreiben, die strukturell sehr ähnlich oder gleich sind, aber nicht zu Frust bei den Spielern führen.
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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #172 am: 12.08.2014 | 10:31 »
@Slayn,

kurze Gegenfrage, hast du meine Ausführungen danach nicht gelesen? Oder habe ich mich so schlecht ausgedrückt?

Ich dachte, dass ich meine Bedenken und mein Unverständnis an diesem Argument danach ausführlich erläutert habe. Wenn das Unverständlich war, dann sagt es mir bitte.

Sorry, ich hatte deinen Beitrag nur als Aufhänger genommen. Ich hätte auch mit einem @Vertrauensfrage starten können. Das wäre praktischer gewesen. Mein Fehler.

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Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #173 am: 12.08.2014 | 10:47 »
Also für mich ist dieses Vertrauen etwas enorm wichtiges, zumal alle Mitspieler von mit auch meine Freunde oder gute Bekannte sind und keine Fremden. Außerdem, gerade wenn ich freier oder sandboxing spiele gehe ich davon aus, das in der Welt viel vorgeht, von dem ich nichts mitbekomme. Und das erfahre ich dann im Spiel, oder gar nicht. Das ist für mich völlig okay.

Und oft erklärt er es bei Shadowrun auch von sich aus, was mich dann schon fast ärgert, weil er mit die Spannung nimmt.

Sicher kommt man einem eine Entscheidung mal komisch vor, und es wird auch mal diskutiert. Mal wirft er eine Entscheidung um, und mal nicht. Und er erklärt auch viele Vorgänge in der Shadowrunwelt von sich aus, oder wenn er meint, etwas funktioniert oder passt nicht.
Evolution is just a theory? Well so is gravity but I don't see you jumping off of buildings.

ChaosAmSpieltisch

  • Gast
Re: Typische Railroad-Situationen...
« Antwort #174 am: 12.08.2014 | 10:51 »
@Xemides,

welches Vertrauen? Das der Spielleiter es gut meint, und weiß was er tut, und nur das gute für die Runde meint.

Davon gehe ich immer aus. Trotzdem heißt das doch nicht, dass ich mich nicht unwohl fühlen kann bei dem Spielleiter, weil er nicht meinen Stil spielt.

Das hat für mich aber nichts mit Vertrauen zu tun, sondern mit Verständnis von Rollenspiel.

Ich finde hier den Begriff "Vertrauen" absolut falsch gewählt, und eher ein Kampfbegriff als irgendein sinnvolles Argument.