Eine typische RR-Situation scheint also dann aufzutauchen, wenn die Abenteuer von den Spielern verlangen, dass diese ihre Charaktere speziell nach einem Genre oder einer typisch fiktionalen Charakterrolle spielen, während die Spieler in der Vorstellung spielen, ihre Charaktere frei - auch frei von Genretypen - und vorsichtig spielen zu können.
Am Beispiel mit dem Portal: In einem (Old School?) Dungeoncrawl ist es angebracht, bei solchen Sachen extrem umsichtig zu sein, denn dahinter warten Fallen und Gefahren, die einen TPK auslösen können, bei dem der SL völlig zurecht sagt: Ihr hättet mehr aufpassen müssen, vorsichtiger sein sollen, Informationen gewinnen sollen. Niemand hat euch gezwungen, da hinein zu springen.
In einer eher cinematisch-storyorientierten Runde kann es dagegen selbstverständlich sein, dass die Charaktere sich waghalsig sofort ins Zentrum der Gefahr stürzen, weil sie einfach erwarten, dass DIE STORY dort weitergeht.
Eine ähnliche Sache ist es, wenn von den Charakteren bestimmte genrekonforme Handlungen abverlangt werden, um das Abenteuer voran zu treiben. Beispiel: In Verschollen in Al Anfa wird bereits vor den anderen RR-Passagen davon ausgegangen, dass die Charaktere die (vorgetäuschte) Misshandlung von Sklaven verhindern, weil sie edle Helden mit Moralvorstellungen des 20. Jahrhunderts sind. In einem anderen (systemunabhängigen) Abenteuer, dessen Name mir nicht einfällt, wird davon ausgegangen, dass ein Charakter vom Typ Barde, Schwertmeister, Glücksritter, Barbar usw. mit einer Dorfschönheit flirtet, die später ermordet wird.
Solche Abenteuer bauen darauf auf, dass die Charaktere mit einer bestimmten Motivation erstellt und gespielt werden, die nicht selbstverständlich ist. Wer z.B. in der Annahme spielt, dass der SL ein paar sauschwere Hindernisse aufgebaut hat, die nur durch kluge Planung, umsichtiges Vorgehen und sparsamen Verbrauch der Ressourcen bewältigt werden können - also wettkampforientiert spielt - der erachtet genretypische Anforderungen als Zwang. Gleiches gilt, wenn ein genretypisch orientierter Spieler (oder ein Spieler vom Typ Storyteller oder Method Actor) sich plötzlich mit wettkampforientierten Situationen konfrontiert sieht.