Du spieltest sonst C&C, oder?
Wie würdest Du die 5E im Vergleich dazu einordnen? Ich bin ja kein Verfechter der OSR, daher würde mich Dein Urteil dazu mal interessieren.
Würdest Du auch sagen, dass sich schon sehr früh (mal wieder) gewisse Skills als no-brainer herausstellen?
Welche Kritikpunkte hast Du bisher konkret am Regelwerk?
Ja, wir haben nach der 3.5 in unserer Runde lange Jahre C&C gespielt. Für uns war es damals weg vom Regelballast, hin zum mehr (Aus-)Spielen. Einigen Spielern gefiel dabei aber eben nicht, dass die Entwicklungsmöglichkeiten der Charaktere von Regelseite dann doch eher gegen Null tendierten. Auch die Regelbasis von C&C (die Siege-Engine) erwies sich so manches Mal sowohl als Segen, wie auch als Fluch. Es war sehr robust für die Einführung von Hausregeln, allerdings musste für unseren Geschmack auch viel gehausregelt werden. Trotzdem war das recht einfache Regelsystem von C&C für uns der richtige Weg zu mehr Spaß am Spieltisch und vereinfachte die Arbeit des SL enorm.
Nach einer 5E-Sitzung, vor allem bisher nur in niedriger Stufe, ist es schwer einen wirklichen Vergleich zwischen C&C und 5E zu ziehen. Tatsächlich hatte ich den Eindruck, dass der Spielfluss noch angenehmer geworden ist. Das liegt meiner Meinung nach in erster Linie an der Regelbasis von Advantage/Disadvantage. Es ist sehr leicht nachvollziehbar und umsetzbar. Das Nummerngerechne ist auf ein Minimum reduziert und lässt sich vom SL ohne großes Nachschlagen im Regelwerk (wieviel Boni gibt das Manöver jetzt?) on-the-fly und für jedem am Spieltisch transparent umsetzen. Und ähnlich wie bei C&C die Siege-Engine scheint mir diese Regelbasis sehr robust zu sein. Nur hat die 5E einen deutlich besseren Mechanismus gefunden, das Spiel einfach zu halten.
Ein weiterer Aspekt, mit dem die 5E punkten kann, ist die viel zitierte Bounded Accuracy hinsichtlich der Rüstungsklasse und Angriffswurf. Ohne exorbitant hohe Rüstungsklassen, einem schon auf erster Stufe hohen Bonus auf Angriff und der Möglichkeit recht schnell, viel Schaden auszuteilen, spielen sich die Kämpfe dynamischer, schneller, aber eben auch tödlicher. Gerade bei C&C, wie bei vielen anderen OSR-Varianten auch, sind Kämpfe aufgrund des einfachen Regelwerks und der by the book wenigen Handlungsoptionen eher zäh und beschränken sich auf das monotone Runterschlagen von Trefferpunkten, sofern nicht ein Spruchwirker in der Nähe ist. Nicht zuletzt deshalb hatten wir bei C&C auch Manöver eingeführt, um diese Monotonie aufzubrechen. Auch hier kann die 5E deutlich punkten.
Nahezu jede Klasse hat genügend Optionen, auf dem Schlachtfeld zu glänzen und gegebenenfalls viel Schaden auszuteilen, ohne dabei aber wie ein Klon der anderen Klassen zu wirken. Ähnliches gilt aber auch für die Gegner. Selbst ehemals recht harmlose Gegner wie Goblins sind gerade in größeren Zahlen oder bei Hinterhalten zu einer ernsthaften Bedrohung geworden. Fast jedes Monster hat Fähigkeiten, die es bei bestimmten Bedingungen ungleich gefährlicher machen. Das macht die Kämpfe zuweilen unvorhersehbarer, aber vor allem spannender. Das habe ich in dieser Form so noch nicht erlebt, zumal auch hier gilt, dass diese Fähigkeiten kein umfassendes Regelstudium erfordern, sondern diese meist on-the-fly nachvollziehbar einsetzbar sind.
Allerdings, und jetzt kommen wir zu den Kritikpunkten am Regelwerk, befürchte ich, dass es vor allem auf hohen Stufen schwer sein wird, Encounter auf die Gruppe abzustimmen, geschweige denn Monstertemplates zu entwickeln. Die Bewertung eines annehmbaren Herausforderungsgrades scheint mir angesichts der zahlreichen, zuweilen sogar einzigartigen Fähigkeiten von Monstern und auch Charakteren sehr viel problematischer als in vorangegangen D&D-Editionen oder eben auch bei C&C zu sein. Bei C&C genügt ein Blick auf Schaden, Angriffs- und Rüstungsboni und gegebenenfalls Zauber und schon hat man sehr schnell einen Eindruck davon, wie schwer das Monster zu erledigen ist. Das traue ich mir bei der 5E so nicht zu und müsste auf die Richtwerte im Monsterhandbuch vertrauen und selbst da bin ich mir nicht sicher.
Der Advantage/Disadvantage-Mechanismus ist zwar sehr elegant und einfach zu handhaben. Allerdings ist er auch in gewissen Situationen etwas zu grobkörnig, um beispielsweise Situationen abzubilden, in denen eigentlich mehrere positive oder auch negative Effekte auf einen Erfolg einwirken. Mehr als Advantage/Disadvantage geht halt nicht. Vor diesem Hintergrund ist dann wohl auch Cover anders abgebildet worden. Problematisch wird es dann wenn der Rogue ins Kampfgetümmel schießen will. Mit den RAW darf der Rogue ins Kampfgetümmel schießen und seinen Sneak anbringen, obwohl das Ziel von einem Verbündeten Cover bekommt. Ich habe unter anderem deshalb den Sneak des Rogue gehausregelt.
Das Skillsystem der 5E ist eher rudimentär und vielerlei Hinsicht etwas zu grobkörnig. Das ist allerdings schon sehr viel mehr als bei C&C. Und mit den RAW kann es ähnlich wie bei C&C zu Situationen kommen, in denen zum Beispiel der Kleriker mit hoher Weisheit die Spuren besser lesen kann als der Waldläufer. Das ist einigen Spielern dann auch gleich negativ aufgefallen. Folge ist eine Hausregel, dass eine DC von 20 nur von Charakteren mit der jeweiligen Proficiency bewältigt werden kann.
Perception ist ein No-Brainer, Stealth fast ebenso...