Autor Thema: Drama und SL  (Gelesen 4458 mal)

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Offline Bad Horse

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Drama und SL
« am: 11.08.2014 | 23:48 »
Hier wurde von Arkam die Theorie aufgestellt, dass Drama einen starken SL braucht, der das Drama forciert (er stützt sich dabei auf Florian Berger).

Crimson King und ich sind anderer Meinung - wir sind beide Drama-Spieler und kennen diese Spielweise eher mit schwachem oder gar keinem SL.

Dann folgte der Verweis auf Vampire: The Masquerade, wo ja ein starker SL Handwerkzeug bekommt, mit dem er Drama forcieren soll, gefolgt von dem Argument, die meisten Vampire-Spieler würden gar kein Drama spielen, sondern Antihelden mit Fangzähnen. Daraus entstand der Hinweis, das würde keine Rolle spielen, weil Vampire ja anders gedacht war.

So, jetzt meine Meinung dazu (in einem eigenen Thread, weil das mit Railroading nichts zu tun hat und ich das Thema interessant finde):

Erstens: Drama heißt für mich, dass der zentrale Konflikt sich mit dem Innenleben der Charaktere beschäftigt - mit ihren Gefühlen, Obsessionen, alten Wunden und so weiter. Scheitern ist durchaus üblich und muss nicht unbedingt vermieden werden. Ich persönlich schätze es am meisten, wenn die Konflikte zwischen den SCs bestehen und zwischen diesen ausgetragen und aufgelöst werden; aber es geht natürlich auch mit SCs gegen NSCs. Polaris wäre für mich ein klares Beispiel für Dramaspiel.

Zweitens: Drama ist erstmal nur ein Fokus und kann punktuell auch bei anderen Spielstilen  vorkommen. Wenn ich aber vom Drama-Spiel rede, meine ich ein Spiel, das primär darauf ausgerichtet ist.

Drittens: Auf Drama-Spiel muss man sich als Spieler einlassen, eben weil "Der Charakter scheitert" keine suboptimale Option darstellt. Der Charakter möchte vielleicht gewinnen, aber der Spieler nicht unbedingt.

So, jetzt will ich wissen: Geht unter diesen Prämissen ein Drama-Spiel mit starkem SL? Ich persönlich mag das nicht, aber ich mag generell keine zu dominanten SLs.
« Letzte Änderung: 11.08.2014 | 23:50 von Bad Horse »
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Re: Drama und SL
« Antwort #1 am: 11.08.2014 | 23:55 »
Ich denke, es geht mit einem " qualitativ guten" SL. Also jemanden der seine Spieler kennt und zwischen denen eine starke Vertrauensbasis herrscht.
Der kann seine Position, viel mehr aber sein Verständnis für die Spieler und sein Einfühlungsvermögen nutzen um Drama und Emotionen zu erzeugen und das bringt dann tolle Ergebnisse hervor.

Damit meine ich nicht die Holzhammer-Methode sondern ein Gespür dafür haben Szenen so subtil zu beeinflussen das entstehende Konflikte so richtig hochkochen und ausbrechen können, dann aber auch ggf. als Moderator zwischen den Spielern (nicht Charakteren) zur Verfügung zu stehen.

Disclaimer: Ich schließe mich da btw. aus, hatte aber schon das Vergnügen das erleben zu können.
« Letzte Änderung: 12.08.2014 | 00:03 von Slayn »
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Re: Drama und SL
« Antwort #2 am: 11.08.2014 | 23:59 »
Ich zitiere mich mal selbst von drüben:
Zitat
Die Dreiteilung halte ich für sinnvoll - aber genauso wie Crimson King und Bad Horse würde ich Drama anders definieren:

a) Taktik: Regeln haben eine herausragende Rolle, Spieler und SL müssen sich daran halten
b) Drama (=Impro-Theater): Spieler-Entscheidungen haben herausragende Rolle, SL ist zum "ja, und..." sagen da
c) DSA*: SL hat herausragende Rolle, Spieler dürfen "mitspielen" um die dramatische Geschichte zu erleben die der SL erzählt

Aus meiner Sicht liegt das Problem darin dass die Typen b) und c) leicht zu verwechseln sind: beide stellen die Story vor die taktischen Regeln. In beiden dürfen und sollen die SCs manchmal scheitern.

Trotzdem halte ich b) und c) für zwei grundverschiedene Spielarten.

Kann man mit Typ c) dramatische Geschichten haben? Ja, vermutlich schon. (übrigens auch mit Typ a), glaube ich)
Kann man mit Typ c) auf das Innenleben der SCs eingehen? Vielleicht - aber diese Innenleben wäre dann entweder ohne Konsequenzen für die Story, oder unter SL-Kontrolle.

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Re: Drama und SL
« Antwort #3 am: 11.08.2014 | 23:59 »
Wenn ich es richtig verstanden habe, dann geht das, ja. Ich habe schon entsprechende "One-Man-Shows" erlebt, bei denen ein starker SL das Drama gegenüber den Charakteren forciert hat (@Bad Horse: Wenn ich es richtig verstanden habe, dann waren die Runden mit Kaymac als SL und jeder Menge Zuschauer entsprechende Beispiele).
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Re: Drama und SL
« Antwort #4 am: 12.08.2014 | 00:07 »
Drama funktioniert am besten, wenn die Protagonisten mit einander interagieren. Klar, kann SC sich auch von einem NSC das Herz brechen lassen, aber richtig interessant wirds erst, wenn das unter den SCs passiert.

Die SL ist ganz ursächlich dafür da, die Monster im Dungeon zu spielen, die man als Team angeht. Wenn sich die Protagonisten hinreichend gegenseitig in die Eier(stöcke) treten, ist die SL weitenteils arbeitslos. Bleibt höchstens noch Atmosphäre oder der ein oder andere Stubser.

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Re: Drama und SL
« Antwort #5 am: 12.08.2014 | 00:12 »
@1of3:

"Wollen" und "Ermöglichen" sind unterschiedliche Dinge. Wenn du so willst: Aktives Verhalten vs. Passives verhalten.

Du redest darüber das Spieler (mittels ihres Charakters) aktiv in einen Konflikt treten wollen um Drama zu erfahren. Das will und/oder kann aber nicht jeder. Dann bedarf es den SL um die Charaktere für den Spieler in den Konflikt zu lotsen.
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Re: Drama und SL
« Antwort #6 am: 12.08.2014 | 00:19 »
Das will und/oder kann aber nicht jeder.

Naja, einen unwilligen Spieler per SL-Fiat in ein Drama zu involvieren, funktioniert vermutlich nur bedingt. Für Spieler, die willig sind, sich aber mit der Umsetzung schwer tun, akzeptiere ich dein Argument aber.

@6: Gutes Beispiel. Jetzt weiß ich, warum Kaymacs Runde für mich nicht so recht funktioniert hat. Überhaupt hab ich in keiner von den Drama-Runden mit starkem SL so viel Spaß gehabt wie in denen ohne oder mit nur einem Stups-SL. Dankeschön. :)
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Re: Drama und SL
« Antwort #7 am: 12.08.2014 | 00:22 »
Ich kann mir Drama auch mit starken SL vorstellen. Ich glaube, was der Jörg D. mit Game of Thrones bei uns gemacht hat kann man durchaus als Drama bezeichnen. Da hat er unsere Charaktere in Situationen gestürzt, aber wir konnten entscheiden, wie wir damit umgehen. Was zu neuen Situationen geführt hat, die er provoziert hat.

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Re: Drama und SL
« Antwort #8 am: 12.08.2014 | 00:35 »
Naja, einen unwilligen Spieler per SL-Fiat in ein Drama zu involvieren, funktioniert vermutlich nur bedingt. Für Spieler, die willig sind, sich aber mit der Umsetzung schwer tun, akzeptiere ich dein Argument aber.

Was anderes meinte ich auch nicht. Aus heutiger Sicht ist das natürlich etwas unverständlich, weil wir mit unseren Techniken etwas weiter sind, etwa indem wir gelernt haben gezielt Spaß am "In die Scheiße/In den Konflikt reiten" zu haben.
Ich würde so VtM (1st) heute nicht mehr spielen wollen, aber ich bin bereit anzuerkennen das es uns zu unserem heutigen Verständnis gebracht hat.
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Re: Drama und SL
« Antwort #9 am: 12.08.2014 | 08:02 »
Ich würde Slayns Argument sogar noch weiter konkretisieren: Eines starken SLs bedarf es dann, wenn zwischen den Spielern keine Offenheit bezüglich der Agendas, Emotionen und Probleme der Spielercharaktere herrscht. Wenn die anderen Spieler nicht wissen, wo sie bei meinem Charakter drücken müssen, damit es weh tut, dann muss der SL, der in der Regel eher eingeweiht ist, Situationen herbeiführen, in denen diese Dinge durch die Umstände oder andere SCs getriggert werden können. Je mehr Geheimnisse die Spieler voreinander haben, desto eher muss ein SL das Drama "auf Linie bringen".

Interessant finde ich, dass das Gegenteil ja wohl möglich zu sein scheint. Drama geht, meiner Erfahrung nach, auch trotz einem starken SL, oder besser an einem starken SL vorbei. Solange ein SL Drama nicht aktiv blockiert, kann es passieren, ohne dass er es anstrebt, zumindest zwischen den SCs. Auch wenn die Spielführung sonst klar ihm unterworfen ist, kann sich Drama entfalten.

Es wäre also auch durchaus denkbar, dass ein SL in allen Bereichen des Spiels AUßER des Dramas mit Autorität agiert. Das kann sogar Absicht sein. Wenn ich zum Beispiel Drama in einem Horrorszenario haben will (z.B. Zombiekalypse), dann erwarte ich sogar, dass der SL möglichst hart in seinem Aufgabenfeld ist (solange er dabei nicht unfair ist), aber eben das Drama den Spielern überlässt. Härte ist also nicht gleich Härte, sondern es kommt darauf an, bei was genau der SL hart ist.
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Re: Drama und SL
« Antwort #10 am: 12.08.2014 | 08:11 »
Ich glaube schon, dass ein SL Situationen konstruieren kann, die sich für Drama eignen, also Situationen, die im Sinne der klassischen Tragödie zwei (im RSP mehr) unangenehme Auswege haben, die beide (alle) berechtigt sind. Das normale Problemlösungsrollenspiel funktioniert ja auf der Unterscheidung richtig - falsch oder taktisch klug - taktisch unklug, jeweils mit dem Hintergrund, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Drama entsteht daraus, wenn die Entscheidung nicht eindeutig ist. ja nicht einmal Präferenzen offen liegen. Solche Situationen kann ein Spielleiter provozieren. Dazu muss er allerdings nicht besonders "stark" sein.
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Offline Slayn

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Re: Drama und SL
« Antwort #11 am: 12.08.2014 | 08:22 »
Dazu muss er allerdings nicht besonders "stark" sein.

Ich bin mir da nicht so sicher.
Es ist eine Sache ein Dilemma zu planen. Das ist für z.B. immer schon der Kern von Samurai-Drama gewesen, also Situationen zu konstruieren bei denen man sich bewusst nur zwischen Pest und Cholera entscheiden muss.
Die Frage ist ja immer was kommt wenn sich die Spieler nicht darauf einlassen oder einen Plan aushecken diese Entscheidung zu treffen zu müssen. Wenn es aber der Kern des Spiels ist, darf der SL die Situation dann erzwingen?
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Offline Sid

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Re: Drama und SL
« Antwort #12 am: 12.08.2014 | 08:30 »
ich nehme an mit "starkem SL" ist jemand gemeint, der gern bestimmend spielt und sich selbst viel Spotlight nimmt?


Ich begreife den SL "nur" als einer der Spieler am Tisch mit der Zusatzfunktion eines Moderators, Regisseurs und auktorialen Erzählers.

Ich glaube kaum, dass jemand mit dem Umstand heute den SL zu miemen automatisch seine Fähigkeit verliert
dramatik zu zelebrieren und zu erleben.

Eventuell ist die Überlegung darin begründet, dass zwei Spieler von einer entsprechenden Situation überrascht sind (im Gegensatz zum SL, der diese geplant haben könnte) und diese deshalb vermeintlich intensiver erleben?

--

Lasst mich dagegenhalten, dass Spieler ebenfalls Pläne schmieden, Aktionen ausführen und dass der SL wie auch das ganze Spiel an sich von den Handlungen aller Spielteilnehmer am Tisch lebt.

...

Selbst wenn man sehr klassisch leitet und nicht mit den Spielern gemeinsam eine Geschichte erzählt, sondern die Spieler eine vorgegebene Geschichte nacherleben lässt (zB: Borbarad) steckt sehr viel Drama darin zu sehen wie und ob die SL-Pläne aufgehen und die vorgegebenen Momente nachzuerleben. Das einzige was ich sehen kann ist, dass der SL weniger häufig Momente der Überraschung erlebt als die Spieler im Gegensatz dafür mehr dramatische Momente a la "Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert."

Frage an euch:
Wenn ihr den Spielleiter-Job übernehmt, sind dann die Erlebnisse automatisch weniger dramatisch im Vergleich zu euren Erlebnissen als Spieler?
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Re: Drama und SL
« Antwort #13 am: 12.08.2014 | 08:32 »
Die Frage ist ja immer was kommt wenn sich die Spieler nicht darauf einlassen oder einen Plan aushecken diese Entscheidung zu treffen zu müssen. Wenn es aber der Kern des Spiels ist, darf der SL die Situation dann erzwingen?
Das ist dann eher die Frage nach der richtigen Kommunikation. Wenn Du als SL einen Plan hat und die Spieler diesen beabsichtigt oder unbeabsichtigt umwerfen, dann wird es Zeit direkt mit den Spielern darüber zu reden. Also darüber, dass die Spieler gerade im Begriff sind die Pläne des SLs über den Haufen zu werfen.
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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Re: Drama und SL
« Antwort #14 am: 12.08.2014 | 08:33 »
Hier wurde von Arkam die Theorie aufgestellt, dass Drama einen starken SL braucht, der das Drama forciert (er stützt sich dabei auf Florian Berger).

Ich habe Florians Sachen nicht mehr gelesen, aber bei ihm mal eine Drama-Runde gespielt. Da war von einem starken SL nix zu spüren.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

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Re: Drama und SL
« Antwort #15 am: 12.08.2014 | 08:36 »
Frage an euch:
Wenn ihr den Spielleiter-Job übernehmt, sind dann die Erlebnisse automatisch weniger dramatisch im Vergleich zu euren Erlebnissen als Spieler?
Nein. Mein Leitstil ist allerdings verdammt "antiautoritär". Sprich: Ich gebe den Impulsen der Spieler sehr viel Freiraum. Das geht teilweise so weit, dass ich selber als SL fast garkeinen Einfluss auf die erlebte Geschichte habe.
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Re: Drama und SL
« Antwort #16 am: 12.08.2014 | 08:43 »
Ich würde mich bei der Definition von Drama an die von Bad Horse anschließen.

Situationen in denen man Drama im Rollenspiel erlebt, kann man dieses meiner Erfahrung nach nicht erzwingen. Das Erleben von Gefühlen für den Char muss aus dem Spieler kommen, und kann daher nicht erzwungen werden. Erzwunge Situationen enden meiner Erfahrung nach vor allem in einem: Albernheit.

Tiefes Drama und tiefe Gefühle kann die Runde nur erreichen, wenn die Spieler mitgehen. Dazu ist es aber meiner Meinung nach nicht wichtig, ob es ein starker SL ist, oder ein schwacher, sondern ob Gruppe und SL zusammen harmonieren.

Das heißt mit der richtigen Gruppe kann ein starker SL absolut tolles Drama erzielen, mit der richtigen Gruppe kann ein schwacher SL absolut tolles Drama erreichen. Tauschen aber die beiden SLs die Gruppe wird er vermutlich für beide in einem Disaster enden.


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Re: Drama und SL
« Antwort #17 am: 12.08.2014 | 08:45 »
Die besten Dramamomente, die ich erlebt habe, gingen immer von Mitspielern aus, ob nun SL oder nicht. Es geht dabei nur ums Drücken von Knöpfen. Dazu braucht es einfach jemanden, der/die ein Gespür für die richtigen Knöpfe hat. Stark muss der/die allerdings nicht sein.
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Re: Drama und SL
« Antwort #18 am: 12.08.2014 | 09:06 »
ich nehme an mit "starkem SL" ist jemand gemeint, der gern bestimmend spielt und sich selbst viel Spotlight nimmt?

Frage an euch:
Wenn ihr den Spielleiter-Job übernehmt, sind dann die Erlebnisse automatisch weniger dramatisch im Vergleich zu euren Erlebnissen als Spieler?

"Stark" bedeutet in dem Zusammenhang eher welche Mittel man dem SL zugesteht und wie gewillt er ist diese auch zu nutzen.

Klassische Beispiele sind etwa das Recht zu haben die Regeln zu missachten, das Recht zu haben zu Railroaden, das Recht zu haben auf einen Spielercharakter einzuwirken, etc.
Er kann auch mit spezifschen Aufgaben betraut sein, etwa Drama oder Action zu forcieren und dabei die Plausibilität der Spielwelt ignorieren.

Und ja, für mich als SL sind die Erlebnisse weniger dramatisch weil ich von ihnen nicht überrascht werde und selber keine "Stakes" im Spiel habe.
Korknadel beschreibt das ganz gut mit "Knöpfchen Drücken". Das ist einem "Dramaspiel" dann mein Job auf den ich mich zu konzentrieren habe.
« Letzte Änderung: 12.08.2014 | 09:10 von Slayn »
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Re: Drama und SL
« Antwort #19 am: 12.08.2014 | 09:12 »
Wenn ich Drama im Mittelpunkt haben möchte (was nicht soo oft vorkommt), dann möchte ich möglichst gar keine SL (im herkömmlichen Sinn).

[@ Ausführungen von F. Berger: Damit kann ich gar nix anfangen. Seine Analysen und Grenzziehungen sind klug gedacht, aber weit weg von meiner Wirklichkeit.]

« Letzte Änderung: 12.08.2014 | 09:17 von Strohmann-Hipster »
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Re: Drama und SL
« Antwort #20 am: 12.08.2014 | 09:26 »
Das ist dann eher die Frage nach der richtigen Kommunikation. Wenn Du als SL einen Plan hat und die Spieler diesen beabsichtigt oder unbeabsichtigt umwerfen, dann wird es Zeit direkt mit den Spielern darüber zu reden. Also darüber, dass die Spieler gerade im Begriff sind die Pläne des SLs über den Haufen zu werfen.

Total richtig, geht aber an der Realität sehr viele Gruppen vorbei, fürchte ich.
Ich habe sehr viele Spieler kennengelernt die sich für das Spielen weit von der Meta-Ebene entfernen wollen um ihre Immersion ins Spiel besser erreichen zu können. Für diese Spieler ist genau diese Kommunikation weitaus "schädlicher" als der Eingriff des SL ins Spiel.
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Re: Drama und SL
« Antwort #21 am: 12.08.2014 | 09:50 »
Total richtig, geht aber an der Realität sehr viele Gruppen vorbei, fürchte ich.
Ich habe sehr viele Spieler kennengelernt die sich für das Spielen weit von der Meta-Ebene entfernen wollen um ihre Immersion ins Spiel besser erreichen zu können. Für diese Spieler ist genau diese Kommunikation weitaus "schädlicher" als der Eingriff des SL ins Spiel.
Und das denken viele SLs und knallen dann mit der Gruppe zusammen. Immer wieder aus Erzählungen und aus eigenen Erfahrungen erlebt (wohl gemerkt. Wir reden hier über Zwang gegen unwillige Spieler).
Es ist da viel sinnvoller einen Cut zu machen und den Spielern zu sagen "Stop. Wenn Ihr das macht, dann geht mein Plan/Abenteuer den Bach runter. Können wir das nicht anders regeln?"
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Re: Drama und SL
« Antwort #22 am: 12.08.2014 | 10:06 »
Und das denken viele SLs und knallen dann mit der Gruppe zusammen. Immer wieder aus Erzählungen und aus eigenen Erfahrungen erlebt (wohl gemerkt. Wir reden hier über Zwang gegen unwillige Spieler).
Es ist da viel sinnvoller einen Cut zu machen und den Spielern zu sagen "Stop. Wenn Ihr das macht, dann geht mein Plan/Abenteuer den Bach runter. Können wir das nicht anders regeln?"

Ich kann mit deiner Aussage so nicht wirklich etwas anfangen. Das ließt sich für mich als hätte der SL bestimmt: "Ok Leute, auf der Wochenkarte steht diesmal Drama. Also ran da".
Das steht aber im klaren Widerspruch zu dem worüber hier gerade geredet wird, also eine Gruppe die sich zum Drama Spielen bei einem SL einfindet.
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Offline Lord Verminaard

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Re: Drama und SL
« Antwort #23 am: 12.08.2014 | 10:12 »
Die fixe Idee, Drama (gerne auch umschrieben mit "eine gute Geschichte") könne nur mit einem starken SL funktionieren, ist meiner Meinung nach einer der ärgerlichsten und am schwersten totzukriegenden Irrtümer der Geschichte unseres Hobbys. Zugrunde liegt ein solcher Sumpf von Missverständnissen, dass es einer Herkulesaufgabe gleichkommt, ihn trocken zu legen. Das größte aller Missverständnisse aber ist dieses:

"Die Spieler sind die Feinde des Dramas. Wenn man den Spielern ihren Willen lässt, machen sie alles kaputt. Deswegen braucht man den SL, um die Spieler unter Kontrolle zu halten." Natürlich, wenn man mal kurz drüber nachdenkt, ist das absurd. Wenn die Spieler kein Drama wollen, warum sollte man es ihnen dann aufnötigen? Wer hätte denn etwas davon? Und warum wollen die Spieler das Drama nicht? Kann natürlich sein, dass es einfach nicht ihr Ding ist, aber vielleicht ist es schon ihr Ding, nur eben nicht so, wie der SL es macht. All diese traurigen Negativbeispiele beruhen im Wesentlichen darauf, dass also der SL den Spielern nicht zutraut, ein ordentliches Drama zu spielen, und die Spieler dem SL dasselbe ebenso wenig zutrauen. Und manchmal vielleicht sogar zu Recht.

Wenn du hingegen Mitspieler hast, die ein gutes dramaturgisches Gespür haben, die kreativ und auf einer Wellenlinie sind, die bereit sind, einander zu vertrauen und Kontrolle abzugeben, dann ergibt sich alles Weitere von selbst. Dann hängt es von den Erfordernissen der Handlung ab, wer wie dominant ist. Es gibt spielergetriebenes Drama, hier verfolgen die SCs eigene Ziele und fechten ihre eigenen Konflikte aus. Und es gibt SL-getriebenes Drama, bei dem NSCs und äußere Umstände eine wichtige Rolle spielen, bei dem es auch ohne ein Eingreifen der SCs eine Handlung gibt, die dann in der Regel böse enden würde. Vielleicht hat der SL eine relativ klare Vorstellung davon, was die SCs dann wohl dagegen unternehmen und wie alles ausgeht, und vielleicht kommt es dann auch genau so, weil die Spieler dabei mitziehen, aber der SL muss die Spieler dafür begeistern, und er muss die Ideen und Beiträge der Spieler so aufnehmen, dass sie sich in das Drama einfügen, dass sie ein Bestandteil davon werden, und nicht bloß an der vom SL inszenierten Handlung abperlen. Und natürlich gibt es auch Mischformen, bei denen beides parallel stattfindet.

Ich persönlich bevorzuge auch eher spielergetriebenes Drama oder Mischformen gegenüber dem rein SL-getriebenen Drama, habe aber neulich auch mal wieder letzteres geleitet und es war auch gut.

Wer übrigens glaubt, dass das ursprüngliche Vampire auf SL-getriebenes Drama bis hin zu Railroading ausgerichtet war,  der liegt so falsch, wie man nur liegen kann. Ich empfehle die Lektüre des Artikels "The Art of Storytelling" von Mark Rein-Hagen im V:tM Storyteller's Guide, 1st Edition.
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Re: Drama und SL
« Antwort #24 am: 12.08.2014 | 10:22 »
Ich kann mit deiner Aussage so nicht wirklich etwas anfangen. Das ließt sich für mich als hätte der SL bestimmt: "Ok Leute, auf der Wochenkarte steht diesmal Drama. Also ran da".
Das steht aber im klaren Widerspruch zu dem worüber hier gerade geredet wird, also eine Gruppe die sich zum Drama Spielen bei einem SL einfindet.
Das ist viel zu weit oben betrachtet. Ich rede von Schlüsselszenen, die einen bestimmten Ablauf erfordern, die dann zu der eigentlichen dramatischen Szene hinführen. Die Spieler sind zwar willens dramatisch zu spielen und den SL entsprechend agieren zu lassen, aber irgendwas am Ablauf stört sie. Entweder kommt ihnen etwas vollkommen unplausibel vor oder die Handlungen zu denen die Charaktere getrieben werden, geht ihnen komplett gegen den Strich (Extremes selbst erlebtes Beispiel: Ein Charakter einer Spielerin sollte geschwängert werden und sie wollte das nicht erleben). Wenn Du da Zwang anwendest um Deinen Plan zu retten, explodiert Deine Runde, obwohl alle Spieler Drama wollten.
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
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Nicht Sieg sollte der Zweck der Diskussion sein, sondern
Gewinn.

Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist