Das Problem ist, dass Nolan keine kritische Distanz zu seinen Figuren aufbaut, sondern der Film beim Zuschauer eine Identifikation mit den fragwürdigen Ansichten und Verhaltensweisen der Protagonisten aufbaut.
Sicher kann man wertvolle Diskussionen über die im Film angesprochenen Themen führen. Im Film werden diese Themen aber nicht diskutiert.
Edit:
Noch mal ein wenig ausführlicher, damit man es versteht.
Ich habe den Anspruch an Filme, dass sie ein Thema, dass angesprochen wird, in angemessener Form diskutieren, d. h. es gibt Figuren, Ereignisse usw., die bestimmte Sichtweisen zu dem Thema einnehmen, es werden verschiedene Sichtweisen vorgestellt und der Zuschauer hat die Möglichkeit, sich mittels des Films eine Meinung zu bilden oder seine Meinung zu dem Thema zu überprüfen. Wenn dieser Anspruch erfüllt ist, finde ich den Film anspruchsvoll
.
Interstellar macht das nicht. In diesem Film gibt es keine Figur, die die Meinung vertritt, dass man versuchen sollte, die Umweltprobleme auf der Erde zu lösen. Vielmehr wird die Notwendigkeit des Exodus als gegeben hingestellt, quasi achselzuckend, und es geht nur noch um die Frage, wie viele mitfliegen dürfen.
Man könnte ja vielleicht auf die Idee kommen, dass der familientechnische Vollversager Cooper bewusst zum Ausrufer amerikanischer Familienideologie gewählt worden wäre, um diese fragwürdige Sauce zu karikieren. Aber hey, der Typ wird total sympathisch gezeichnet, ist bereit, sich für das Wohl aller zu opfern, rettet am Ende sogar die Welt und kriegt Anne Hathaway. Und Hans Zimmer orgelt Heldenmelodien drüber. Ich kann da beim besten Willen keine Ironie oder kritische Distanz erkennen. Und selbst wenn sie gewollt wäre, wenn man sie nicht erkennt, war's halt schlecht gemacht.
Eine interessante Thematik hätte auch die psychologische Situation von Dr. Mann (Matt Damon) sein können. Hier hätte man die Frage aufwerfen können, ob die Herangehensweise, einsame "Helden" auf Planeten zu schicken und dort mit hoher Wahrscheinlichkeit den Opfertod zu sterben, nicht zutiefst unmenschlich und in ihrer amerikanisch-patriotischen Verblendung von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Was macht Nolan? Er lässt Dr. Mann zum Mörder und Verräter an seinen Rettern werden, also letztlich zu einem charakterlichen Fiesling. Nix mit Opfer der Verhältnisse, der Typ ist einfach unamerikanisch und hat das Leben nicht verdient (weshalb er dann ja auch durch eigene Missetaten ein verdientes Ende findet. Meh.)
Es ist ja o.k., wenn dieser Film zu Diskussionen anregt. Das ist aber dann nicht das Verdienst der Filmqualität. Man kann auch die HoGeSa-Demos zum Anlass nehmen, um gehaltvolle Diskussionen über das Zusammenleben der Religionen in Deutschland, über die Geißel des Rassismus und die Sinnlosigkeit von Gewalt zu führen. Die HoGeSa-Leute bleiben trotzdem hohle Nazis.
Das beste, was man über Interstellar vielleicht sagen kann, ist, dass er so schlecht ist, dass man angeregt wird zu überlegen, wie man die angesprochenen Themen gescheit hätte verfilmen können. Und das ist mir deutlich zu wenig.