Nach einer
Spritztour mit dem SpliMobil und dem
Wühlen in der SpliMo-Kiste bleibt eigentlich nur noch eine Frage: Wie spielt sich das Ganze denn nun eigentlich?
SpliMo und die harte RealitätEin Disclaimer: Ich benutze die Regeln AS WRITTEN. Hausregeln oder ignorierte Regeln sind schön und gut, aber wenn auch andere von einer Meinung profitieren sollen, ist das offizielle Material interessanter. Weil, ich will ja was über Splittermond schreiben, nicht über das Splittermond deiner Spielrunde oder das Splittermond meiner Oma. Deine Spielrunde und meine Oma spielen zweifelsohne zwei verschiedene Splittermond…s (Splittermonde?), weshalb wir einen kleinsten gemeinsamen Nenner brauchen, von dem alle wenigstens ein bisschen was haben. Und hey, da bieten sich die offiziellen Regeln doch eigentlich ziemlich gut an.
Okay, meine Oma spielt kein Splittermond. Der Punkt bleibt.
Dann wiederum ist das Disney-Logik, die Damsel in Distress, die böse Königin und am Ende einfach ein bisschen zu simpel gedacht. Rollenspiele
werden verändert, sie werden unterschiedlich gespielt, und wenn man diesen Fakt in einem Text über ein Rollenspiel ignoriert, sollte man vielleicht besser Bücher review… ups, nope, selbst einen Roman liest jeder anders. Zwei Konsequenzen:
1. Wenn es eine Sache gibt, die gefühlt JEDER kacke findet oder hausregelt, sollte man sie zwar kritisieren, aber es wäre irgendwie genau so naiv und weltfremd, die tatsächliche Realität (Die Spieler scheißen drauf!) zu ignorieren. Hier kann man aber Entwarnung geben: Wenn man die verschiedenen Foren verfolgt, scheint Splittermond keinen Teilaspekt zu haben, der durchgängig von den meisten Spielern ignoriert oder verändert wird. Zwar gibt es relevante Fraktionen, die Probleme mit a) der generellen Komplexität, b) dem Tick-System als Ganzem und c) gewissen Aspekten des Tick-Systems haben, aber es gibt keine allgemeingültigen „Deal Breaker“. Diesen Punkt hätte ich mir also eigentlich auch sparen können. Na toll.
2. Ich werde öfter mal darauf eingehen, wie gut oder schlecht man Splittermond den eigenen Bedürfnissen anpassen kann. Das ist nämlich der erheblich interessantere Aspekt.
Zwei Textteile, die in etwa dem Spielgefühl entsprechen: Es gibt den Kampf, und es gibt den ganzen Rest.
Nicht Kampf - Was man tut, wenn man … nicht kämpft.Tolle Überschrift, ich weiß. Erinnern sich alle daran, dass SpliMo ein durchaus komplexes Spiel sein will, ja? Gut. Dann akzeptieren wir das nämlich von hier an als Fakt. Wer Probleme damit hat (wie ich, gelegentlich), geht einfach noch etwas in der SpliMo-Kiste wühlen.
tl;dr - Außerhalb der Kämpfe flutscht SpliMo wie ein Eigelb, das beim Trennen eigentlich in der Schale bleiben sollte. Und diese Metapher passt, denn tatsächlich hätte ich einen solchen Flutschfaktor von einem Spiel dieses Komplexitätsgrads nicht unbedingt erwartet.
Der Internet-Praise für die Charaktererschaffung war lang und laut, und so halte ich mich kurz: Die Mischung aus Modulen und Punkten ist klasse. Beide für sich allein wären nicht ganz optimal, weil die Module ähnlich wie bei DSA und Konsorten recht einschränkend sind und die alleinige Punktverteilung wahnsinnig mühsam werden kann. Zusammen allerdings fühlt man sich wie im Lego-Charakterbastelwunderland, weil die Übergeneralisierung, die natürlich mit den Modulen einhergeht, problemlos durch die einzeln ausgetauschten Charakteraspekte entschärft werden kann, ohne dass man gleich alles selbst verteilen muss. Meine Spieler haben im Lauf der Erstellung sicher dreimal gefragt, ob das JETZT AUCH WIRKLICH GEHT, weil es wohl in den meisten ähnlichen Systemen die Balance zerhauen hätte.
Die Quotenseltsamkeit ist vielleicht das aufeinander folgende Verteilen von Bonuspunkte und extra Erfahrungspunkten am Ende der Erstellung; man schnallt zwar bald, warum das so ist (nicht alles geht mit Bonuspunkten), aber es fällt trotzdem etwas aus der Intuitivität der sonstigen Erstellung.
Für den Probenmechanismus kann man fast die Copy-and-paste-Kombo bedienen. Wie schon oft erwähnt bringen Risiko und Sicherheit eine durchaus unterwartete Menge an Abwechslung ins Spiel, und die Regeln drumherum funktionieren ebenso einwandfrei. Auch die damit zusammenhängenden Mechanismen (Verfolgungsjagden, Soziales etc) klappen genau so gut, wie sie sich lesen.
Eine Sache allerdings hat mich etwas überrumpelt: Es ist gerade anfangs sehr schwierig, stinknormale Proben intuitiv zu behandeln. Durch die hohen Werte muss man praktisch immer einen Schwierigkeitsgrad festlegen und die Erfolgsgrade hochzählen (oder rausrechnen), um wirklich ein Bild davon zu bekommen, wie gut oder schlecht das Ganze gelaufen ist; die feingranularen Unterschiede beim Würfelergebnis tun ihr Übrigens dazu, dass SpliMo auch außerhalb der Kämpfe ein sehr regelintensives Spiel bleibt - vielleicht regelintensiver, als man erst denkt. Eine kleine Konsequenz daraus ist, dass zumindest ich nach kürzester Zeit weniger gewürfelt habe. Der modernen SL-Logik „Say yes or roll the dice!“ wird in diesem Kontext ein ganz neues Feuer unter dem Hintern gelegt.
Mein größtes Problem mit den tatsächlichen SpliMo-Regeln allerdings ist die MASSE an ganz unterschiedlich funktionierenden Modifikatoren (vor allem durch die verschiedenen Charakteraspekte), die genau diese Proberei wahnsinnig in die Länge ziehen, und zwar meistens mit, nun ja, Pillepalle-Werten. Das hat schon beim Lesen seltsam gewirkt und im Spiel noch ein bisschen mehr genervt. Mal gibt eine Stärke +1, +2 oder +3 auf eine Probe, mal erhöht eine Meisterschaft die Erfolgsgrade, mal gibt es einen Malus für den Gegenüber. Wer in die Stärken-Sektion eines durchschnittlichen Charakterblatts guckt, kann sich tendenziell wohl schon vorstellen, was ich meine.
Jetzt könnte man natürlich sagen, dass das nichts Neues ist, dass das einfach fucking normal im Mainstream-Rollenspielbereich ist. Und hey, das stimmt, leider. Macht es aber nicht besser. Ich bin nun mal verwöhnt von Mechanismen wie „intuitiv vergebener Bonus zwischen +1 (nett!) und +3 (geil!)“, „ein Bonus gibt immer +2“ oder etwa dem „würfle 2w20 und nimm den höheren“ Advantage-Mechanismus der neuen D&D-Edition. Aber selbst auf dem Komplexitätsgrad von Splittermond ist es möglich, denke ich, klarere Richtlinien und Schablonen für Boni zu verwenden. Vielleicht gibt es sie sogar und ich hab sie nur noch nicht durchschaut? Kann gut sein. Über „High Contact“ reden wir später sowieso noch mal, aber ich will jetzt schon mal erwähnen, dass ich nicht für mich beanspruche, das System wirklich gänzlich gecheckt zu haben.
Tatsächlich kann man diesen Nachteil auch nur wenig entschärfen, weil er so tiefgehend mit den Charakteren verwoben ist. Kleinscheißboni sind am Ende eben einfach wichtig, leider. Also rechnet man.
Das Gesamtbild bleibt trotzdem sehr gut, und sehr charakteristisch. Das ist ein Pluspunkt, den Reviewer selten ansprechen: Splittermond fühlt sich wie ein eigenes Spiel an, nicht wie die nächste Klamotte für das alte Mainstream-Skelett. Das ist jetzt kein wahnsinnig rationales Urteil, aber hey, wir stellen uns gerade vor, wie wir als Feengnome und Furry-Krieger durch eine Fantasy-Welt rennen. Ein bisschen irrational dürfte also klar gehen, Feeling ist wichtig. Letztendlich wäre Splittermond außerhalb des Kampfes für mich persönlich so ein typischer 4/5-Fall: Ich finde Sachen zum Kritisieren, aber es funktioniert in der Summe trotz allem einwandfrei. Und Spaß macht es auch noch.
Kampf - KAMPF KAMPF KAMPF KÄMPFEN!Um einzuschätzen, ob SpliMo in den Kämpfen gut funktioniert, muss man zuerst mal schauen, was es überhaupt will. Dabei ignoriere ich das Genre, die Illustrationen, irgendwelche Angaben auf der Verpackung, die Aussagen der Entwickler, den Einführungstext des Kampfkapitels, kurze Atmosphäre-Texte und irgendwelche Ego-Monologe von „Internet-Experten“ (lol) wie mir. Es geht mir weder darum, die Marketing-Kampagne zu bewerten, noch darum, das Selbstbewusstsein der Autoren auf die Probe zu stellen, sondern um die Regeln und das Spiel, das daraus entsteht. Das kann man anders sehen - viele Reviewer messen Rollenspiele an dem, was sie sein SOLLEN - aber ich gucke mir lieber die Fakten an. Alles andere ist mühsam, und ich habe oft genug vorgewarnt, dass diese Reihe hier keine Reviews enthält. Deal with it.
1. SpliMo will offensichtlich
Taktik. Gamey Stuff. Man macht einfach kein verdammtes Tick-System, wenn man nicht irgendwo Taktik will, und zwar ziemlich feingranulare Taktik; auf Anhieb kenne ich kein Tick-System, das seine Zeiteinheiten dermaßen klein aufstellt. Und wenn die drei Köpfe der Hydra an verschiedenen Stellen agieren, ist das eindeutig ein Videospiel mit Zelda-God-of-WOAH!-Effekt.
Fun Fact am Rande: Einige Leute meinten, dass SpliMo das Tick-System nur hätte, um sich von DSA abzusetzen. Jedes Mal, wenn ich das lese, muss ich aufpassen, dass ich nicht belustigt meinen Orangensaft gegen den Bildschirm spucke - so was ist vielleicht eine
Ursache, eine Motivation in der Konzeptionsphase, aber niemals ein echter Grund für ein komplettes Regelsystem. Wenn man sich von DSA absetzen will, kann man auch mit den proverbialen brennenden Hamstern würfeln und muss nicht so einen Riesenaufwand betreiben. Das Thema DSA und Ticks ist dementsprechend in meinen Augen also gänzlich langweilig. Ich bevorzuge die Hamster.
2. SpliMo will
Realismus, wenigstens ein bisschen. Die potenzielle Tödlichkeit hat viele überrascht (auch mich), man braucht Ticks für das Wechseln von Waffen, Schilde geben nicht einfach nen Bonus, sondern können blocken etc etc etc … Jap, das ist ansatzweise Realismus. Spätestens, wenn man die Regeln für das Unterbrechen der Bewegung sieht, ist klar, dass hier ein Kampf simuliert werden soll.
3. SpliMo will
cool stuff. Die Meisterschaften, mit denen auch ein Krieger sonst was für Sachen anstellen kann, die Zauber, die wirklich reinhauen, wenn sie durchkommen, die Manöver und die Sondereffekte durch Erfolgsgrade. SpliMo will, dass du dich cool fühlst.
Das sind drei (mindestens implizite) Spieldesignziele, die ich hinter den Regeln sehe. Man könnte jetzt natürlich versuchen, das Ganze mit Gewalt in irgendein pseudo-etabliertes Genre zu drängen („Heroic Superhero Fantasy!“, „Dramatic Gritty Grimdark!“, „Hotzenplotz 2014!“), aber das würde komplett übergehen, dass Rollenspiele ein eigenes Medium mit eigenen Konventionen und Erwartungshaltungen sind, und dass einzelne Werke damit sowieso machen, was sie wollen. Also lass ich es gleich. Wie so viele Mainstream-Rollenspiele entziehen sich die Splittermond-Regeln einer Einordnung in zwei Sätzen, und wer versucht, genau das trotz allem zu tun, wird den Punkt des Systems („ein bisschen hiervon, ein bisschen davon, und hey, ein Gesamtbild!“) höchstwahrscheinlich völlig verfehlen.
Viel interessanter ist doch die Frage: Schafft es SpliMo, seine verschiedenen, teilweise nicht unbedingt gut harmonierenden Ziele zu erfüllen? (Zur Erklärung: Coolness und Realismus zusammenzubringen, ist nicht unbedingt die einfachste Aufgabe. An Wundbrand in einem Schützengraben zu verrecken, ist höchstens cool, wenn Michael Bay das Ganze mit dem Geld der Army inszeniert. Aber eigentlich ist es auch dann noch nicht cool. Oder realistisch, was das angeht.)
Meine persönliche Antwort nach einigen Runden lautet: Unter Umständen. Das Tick-System als taktisches Tool, um irgendwo realistische Kämpfe mit coolen Charakteren darzustellen, kann funktionieren, wenn einige Voraussetzungen erfüllt sind. Und das sind gar nicht mal allzu wenige.
Voraussetzung 1: Alle kennen das Spiel - vor allem der SL!
Ernsthaft. Liebe angehende SLs: Spielt mit euch selbst. Damit meine ich nicht die gesellschaftlich verpönte Variante, sondern die … andere gesellschaftlich verpönte Variante, die mit Würfeln und Tickleiste. Ich hab ohne Übertreibung eine gute Stunde gebraucht, eh ich die Kampfregeln in der Praxis wirklich „gecheckt“ habe, und es hilft ungemein, einen Beispielkampf mit zwei Charakteren und einem stärkeren Gegner selbst durchzuspielen. Aber selbst dann sollten die Spieler wissen, dass SpliMo kein Rollenspiel ist, das man nach einer einzelnen 6-Stunden-Runde beherrscht. Hier ist viel System Mastery angesagt, viel Übung. Natürlich ist dieser Fakt auch einer der Punkte, die das Spiel am Anfang so tödlich machen. Wenn erstmal alle geblickt haben, wie das Ganze funktioniert, kommt die „Coolness“ zunehmend besser durch. Weil, von einer Gruppe Rattlinge gefickt zu werden, während man ständig daneben haut und kaum zum Zug kommt, ist nur begrenzt cool. Da muss man dann die taktischen Kniffe rausholen, und die erfordern Übung.
Voraussetzung 2: Das Setup des Kampfs passt zum System.
Das Splittermond-Kampfsystem kann NICHT alles, nicht mit den momentanen Regeln. Tatsächlich realisiert es so einige Sachen eher suboptimal, und das ist ein handfester Nachteil, eine Schwäche, die man nicht untergehen lassen sollte. Ich rechne persönlich stark damit, dass im angekündigten Kampfbuch zusätzliche und optionale Regeln für entsprechende Situationen kommen, aber momentan ist es beispielsweise ein Krampf, gegen mehr als pi mal Daumen drei oder vier Gegner zu kämpfen, vor allem wenn diese auch noch über taktische Optionen wie Umreißen, Entwaffnen oder gar das Verteilen von Zuständen verfügen. Gerade für Anfänger. Oder gegen gleichartige Gegner in einer Gruppe, das wird ziemlich schnell ziemlich langweilig. Dieser Aspekt hat natürlich auch viel mit dem Abenteuerdesign zu tun, und gerade die offiziellen Abenteuer müssen hier einen Gang zulegen - oder sich einfach ihrer Regeln noch bewusster sein (SpliMo-Team? Vielleicht ein kleiner Leitfaden für Abenteuerdesign und Kampfdesign?). Für mich ist es bspw. ein kleines Unding, einem Standardgegner in vierfacher Ausführung eine so komplexe Regel wie das Umreißen zu verpassen, die man wahrscheinlich fünf Mal nachschlagen muss, bevor man sie sich langsam merkt.
Es gibt Sachen, die machen richtig Spaß mit SpliMo, und als SL tut man gut daran, sich auf solche Situationen zu fokussieren: Kämpfe gegen wenige Gegner. Kämpfe gegen Gruppen aus ganz unterschiedlichen Gegnern, mit unterschiedlichen Fähigkeiten (und vor allem auch mal ganz ohne Sonderfähigkeiten! Mut zu langweiligen Schergen!). Und so weiter. In der Praxis merkt man dann auch relativ schnell, was funktioniert und was nicht.
Ein Praxistipp: Von den kleinen, kostenlosen Abenteuern finde ich "Die Nacht der Toten" mit Abstand am besten, obwohl es beizeiten unter den genannten Problemen im Kampfdesign leidet. "Die Türme im Eis" gefallen ebenfalls, aber sie sind halt ziemlich lang und eignen sich daher nur beschränkt für Testspiele.
Voraussetzung 3: Alle sind gut vorbereitet.
Ohne die Tickleiste geht gar nichts, aber auch die Regelzusammenfassung ist ein Muss. Dazu kommen die Meisterschaften der Gegenspieler (unbedingt vorher raussuchen!), mindestens ein Schmierzettel für die Positionierung und ähnlicher Kram. Die Spieler sollten die Wirkung ihrer Zauber u.ä. aufschreiben.
Es ist nicht unüblich, dass Mainstream-Spiele eine gewisse Vorbereitung erfordern, und SpliMo ist hier keine Ausnahme (und manchmal nagt es sogar am Maximalkuchen). Das sollte man wissen.
Das Gute: Uhrwerk weiß das. Wenn man in die Ankündigungen guckt (SL-Schirm! Tick-Leiste! Marker! etc!), wird schnell klar, dass man den Spielern hier unter die Arme greifen will. Das ist nicht nur notwendig, sondern auch vorbildlich. Eine besonders große Rolle spielt hierbei auch die Gratis-pdf des Grundregelwerks. Was auf den ersten Blick erstmal nach „lol, gratis“ aussieht, kriegt eine ganz neue Bedeutung, sobald zwei Spieler mit Tablets am Tisch sitzen, die nebenbei ihren Kram nachschlagen können. Ich empfehle also Freunde mit Tablets!
Voraussetzung 4: Alle haben die richtigen Erwartungen.
Ich hoffe mal, niemand erwartet einen wirklich cineastischen Kampf. Oder einen ernst zu nehmenden Kampf, der wesentlich weniger Zeit als eine Stunde benötigt. SpliMo fühlt sich auch mit System Mastery eher wie ein relativ trockenes Taktikspiel an. Improvisation ist möglich, aber wie so oft wären an der Stelle mehr Richtlinien nötig gewesen. Spaß und Spannung gibt es selbstverständlich trotzdem, aber man sollte diesen Spaß und diese Spannung eben in der Taktik suchen, nicht in großen Drama-Regeln. Oh, und in diesem Funken Realismus, der dich Ticks dafür aufwenden lässt, deinen Bogen zu ziehen.
Sind diese Voraussetzungen allerdings erfüllt (was nicht unbedingt immer eine leichte Aufgabe ist, sein wir ehrlich!), kann das SpliMo-Kampfsystem so richtig glänzen. Mich hat es streckenweise sehr positiv an D&D4 erinnert, mit seinen durchgestylten, von vorn nach hinten quer gerechneten Kämpfen und seinem coolen Ressourcen-Mechanismus, der bei SpliMo in der Form von Mana und Leben genau so gut klappt, wie er sich liest.
Hätte ich so ein System gemacht, hätte ich den Realismus trotzdem um eine Stufe heruntergeschraubt, was eventuell die momentan recht massiven Anforderungen an SL und Spieler gesenkt sowie die anderen Designziele unterstützt hätte. Aber gut, persönliche Vorliebe. Es gab einen Playtest, und da war ja sehr deutlich, dass der Großteil der Spieler darauf steht.
Was die Kämpfe angeht, bin ich also durchaus etwas hin- und her gerissen. Sind die Anforderungen erfüllt, die das System an Spieler und SL stellt, kann der Kampf locker bei einer 4/5 landen, eventuell sogar höher. Dann ist es einfach ein gut durchdachtes, fein ausbalanciertes System, das in seiner Taktik wahnsinnig Spaß macht, trotz kleiner Schwächen und „toten Winkeln“ in den Anwendungsmöglichkeiten der Regeln. Sind besagte Anforderungen allerdings nicht erfüllt, kann die Gesamtwirkung sehr schnell sehr tief den Bach runtergehen, und damit auch der Spielspaß. Dessen sollte man sich also bewusst sein.
Apropos „sich bewusst sein“ ...Falls es noch nicht deutlich geworden ist: SpliMo ist HIGH CONTACT. Aber so richtig. Kein Spiel für zwischendurch, kein Spiel zum „mal anspielen“ an einem Abend, sondern High-Contact-Hardcore-Rollenspiel-Stuff, den man über Jahre hinweg jede Woche Dienstag spielt. Das drückt sich in den ganzen genannten Punkten, aber auch in dem Aufstiegssystem aus, das bei Mainstream-Spielen nur sehr, sehr selten so durchdacht wirkt und auch auf späteren Levels noch gut funktionieren sollte (ich gebe zu, ich habe es noch nicht auf höheren Levels gespielt, aber es liest sich faszinierend simpel). Sogar am Produktplan von Setting- und Regelbänden merkt man, welche Spielkultur hier die Zielgruppe ist.
Und auf derselben Schiene ist es ausdrücklich kein Regelsystem, an dem man einfach mal so herumtinkern kann (der Vergleich mit D&D4 liegt abermals nah). Alles hängt irgendwie zusammen, und ein Tick weniger kann durchaus die Balance zerhauen. Dementsprechend wäre sogar ich als alter Regel-Weglasser vorsichtig, was das Weglassen von Regeln angeht. Aber hey, das passt. Schließlich sind die Regeln ziemlich wasserfest, solang man sie nicht kopfüber und mit losem Verschluss in den Rucksack steckt.