Wir haben am letzten Wochenende die zweite Sitzung "Türme im Eis" (oder so?) gespielt mit Xemides als SL, diesmal mit Kampf. Ich möchte nachfolgend mal meinen Erst- und Zweiteindruck zum System bisher darlegen - ebenfalls ausdrücklich NICHT als Review.
Zuvor sei angemerkt, dass ich ein Freund schneller, storyorientierter Systeme bin und als ehemaliger DSA-Spieler leidgeprüft von DSA4.1 eigentlich keine große Motivation mehr verspüre, mich in große komplexe, monolithische Systeme einzuarbeiten.
Nichts destotrotz siegte doch die Neugier, insbesondere weil ich vor 2 Jahren bereits auf der Nordcon mal in einer Testrunde SpliMo das System ausprobieren konnte und doch recht angetan war. So habe ich mich dann doch entschlossen, zumindest das erste Abenteuer mal mitzuspielen um mal selbst einen Eindruck vom fertigen System zu bekommen. Außer mir und Xemides hatte meines Wissens nach keiner SpliMo vorher ausprobiert. Nun denn.
Zum RegelwerkIch nutze NATÜRLICH das freie PDF und muss hier nochmal schreiben, wie _grandios_ ich das finde, dass ein Verlag diesen Weg geht! Nicht nur, dass man das PDF für umme bekommt, das Ding ist auch noch astrein nutzbar: Inhaltsverzeichnis, Index, Verlinkungen im Dokument - das nenne ich vorbildlich, so macht das Spaß!
Zur CharaktererstellungEin langes Lesen und Blättern in umfangreichen Regelwerken liegt mir nicht, also wurde nur kurz der Teil zur Charkatererschaffung überflogen - muss reichen. Trotzdem kann ich es nicht lassen und versuche gern, den Charakter zumindest soweit zu optimieren, wie ich die Regeln bis dahin verstanden habe. Ob sich das nicht beißt? Meistens schon
Aber schauen wir doch einfach mal.
Ein Konzept ist schnell gefunden: Ein magisch begabter Geograph und arkaner Forscher soll es werden, gerne ein Gnom (habe dabei an die Asura aus Guild Wars gedacht). Dann schauen wir doch mal... Rasse "Gnom" passt, Kultur "Iora" (magisch geprägt, Magieschule und Arkane Kunde: check), Abstammung selbstverständlich "Zauberer", Ausbildungen passten mir alle nicht - also doch schnell noch eine eigene angelegt mit den entsprechenden Werten in Länderkunde, Arkane Kunde, Magieschulen usw.
Dabei wird sehr schnell klar, dass die Charaktererschaffung zwar schnell geht, wenn man die Vorlagen nutzt aber doch eine erstaunliche Tiefe und Möglichkeiten zum Basteln offenbart, sobald man in die freie Erschaffung geht. Durch die Meisterschaften ist man geneigt, möglichst viele Werte auf 6 anzuheben- und schon geht das hin- und herschieben los...
Am Ende bekommt man aber genau den Charakter, den man haben wollte. Im Vergleich mit anderen Charakteren aus der Grupp allerdings hatte ichd dann doch das Gefühl, beim Optimieren nicht weit genug gegangen zu sein. Aber schauen wir mal.
Zu Proben und SubystemenDie erste Sitzung war geprägt von Standardproben, wobei sich schnell gezeigt hat, wie mächtig doch der Risikowurf ist. Der SL sollte allerdings auch dafür sorgen, dass ein kritischer Patzer dementsprechend möglichst katastrophale Auswirkungen hat - andernfalls würden die Spieler sich irgendwann darauf verlassen, im Falle eines Falles "doch irgendwie damit durchzukommen" und das Risiko grundsätzlich in Kauf zu nehmen. Im Falle einer aussichtsreichen Probe, von deren Ergebnis viel abhängt wägt man aber auf jeden Fall ab, ob man nun die beiden Würfel dazu nimmt oder nicht - das fühlt sich schon nach "Zocken" an und bereichert das Spiel.
Schön sind hier auch die Subysteme wie Soziale Konflikte, deren Regeln kurz und knapp beschrieben sind.
Auch positiv: Herstellung von Artefakten, Schriftrollen und Tränken funktionieren zwar ähnlich, aber im Detail nicht gleich. Natürlich könnte man hier auch den Weg gehen, dasselbe System für alle zu verwenden, aber wir sind hier ja nicht bei Savage Worlds - und im Rahmen eines detaillierten, simulierenden Regelsystems hat SpliMo hier einen schönen Kompromiss gefunden, den sogar ich verstehen kann
Ein Nachteil der ganzen Subsystem - der allerdings für alle komplexen Regelsystem gleichermaßen gilt: Die Regeln müssen sitzen, damit es schnell geht. Und bei der Vielzahl der Regeln ist das für einen SL ohne extrem gutes Regelgedächtnis faktisch unschaffbar. Kurze Zusammenfassungen im SL-Schirm sind hier unumgänglich. Weiterhin steht jeder Spieler hier in der Pflicht, die für seinen SC relevanten Subsysteme aus dem FF zu beherrschen oder sich zumindest einen Spickzettel zu machen, um dem SL hier unnötige Arbeit abzunehmen!
Zum ReisesystemDie zweite Sitzung begann mit der Reise zur Eiche und darüber hinaus. Wir haben die Reise mit den detaillierten Regeln ausgespielt, allerdings nur pro Abschnitt, nicht pro Tag. Die unterstützenden Proben haben dabei sehr zum Erfolg beigetragen - durch die Erleichterung beim Unterstützen konnte man auch mit nicht allzu hohen Fertigkeiten Erfolge beisteuern - hier hat sich mal wieder jemand Gedanken gemacht bei den Regeln!
Zum KampfWährend der Reise kam es dann auch zum "Pflichtkampf": Ein paar Räuber im Wald sehnten sich nach einer Tracht Prügel, also hieß es: "All hail to the mighty Tick-Leiste"
Von DSA kenne ich bereits die Initiative-Übersicht, die in unserer G7-Runde ebenfalls genutzt wurde und den Kampf beschleunigt hat. Die Tatsache, dass man eine Art Bodenplan für die INI hat ist also kein Novum - auch wenn es dafür Platz auf dem Tisch für einen echten Bodenplan wegnimmt - aus meiner Sicht einer der gravierendsten Nachteile!
Was sich ebenfalls als eher schwierig herausgestellt hat war, die Marker auf der Tickleiste zu verschieben - wir haben kleine Papieraufsteller genommen und diese falls nötig überinander gestapelt, was sich doch als etwas unpraktikabel herausgestellt hat. Die Tickfelder waren sehr schnell voll - und dabei waren es "nur" 6 Gegner und 2 Elementare... wenn dazu noch Feuerbälle, Zustände und diverse andere Dinge kommen, die auch Platz darauf brauchen: Na herzlichen Glückwunsch - da ist schnell Ende mit Übersicht. Vielleicht machen da runde, platte Marker (Pokerchips) eher Sinn, wie sind da so die Erfahrungswerte?
Der Kampf hat glaube ich ~1,5h gedauert, was bei 6 ungeübten Spielern aus meiner Sicht durchaus OK ist. Ein vergleichbarer DSA4-Kampf mit denselben Spielern wäre vmtl eher langsamer. Langeweile kam allerdings nicht auf bei mir - was mit Sicherheit daran liegt, dass mein Charakter als Supporter im Kampf ausgelegt war und dementsprechend eher viele kleine Aktionen gerissen hat. In der ersten "Runde" habe ich als gnomischer Magier zunächst "Stoß" genutzt, den niedergeworfenen Gegner mit einer Redekunst-Probe in die Flucht geschlagen und einen Schockangriff auf den nächsten Gegner durchgeführt. Dadurch war ich dreimal schnell hintereinander an der Reihe während die Kämpfer mit schweren Waffen nur einmal am Zug waren und danach zugucken mussten. Ich habe allerdings auch das Gefühl, dass wir die eine oder andere Sache noch nicht bedacht haben und einige Aktionen evt. mehr Ticks in Anspruch genommen hätten...
Den meisten Schaden haben dann aber doch die eigentlichen Kämpfer verursacht, auch wenn sich gezeigt hat, dass Effekte wie "am Boden liegend" merklichen Einfluss auf das Kampfgeschehen haben.
Insgesamt war der Kampf nicht unspannend, taktisch aber auch nicht sehr anspruchsvoll. Das Ticksystem hat an der Stelle keinen spielerischen Nachteil (bis auf die haptische Komponente, s.o.) aber auch keinen erkennbaren Vorteil gebracht. Mal sehen, wie das bei komplexeren Kämpfen aussieht - ich kann mir vorstellen, dass die Flexibilität der Kampfaktionen mit einer deutlich unübersichtlichen Tickleiste erkauft wird.
Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass man auch mit einem kurzen Überfliegen der Regeln einen brauchbaren, funktionierenden Charakter erstellen kann - eine Tatsache, die ich sehr beeindruckend finde wenn man sich die Regeltiefe vor Augen führt, die sich bei detaillierteren Blick offenbart.
Fazit: Für ein komplexes, simulierendes Regelsystem macht SpliMo viele (alle...?) Dinge richtig, die in vergleichbaren Produkten schon weitaus schlechter umgesetzt wurden. Hätte ich heute nochmal Lust auf ein Fantasy-System mit tiefen Regelstudium, detaillierte Charakererstellung mit Abwägen verschiedener Optionen, komplexerer Kämpfe - ich glaube, dann könnte ich mich bei Splittermond wohlfühlen.