Eineinhalb Jahre sind vergangen... eineinhalb Jahre Fate, was diese Runde angeht. Unsere Kampagne ist vorbei und es ist Zeit für einen kleinen Rückblick:
Für mich sieht´s nicht so aus, als ob Fate das richtige System für diese Gruppe ist. Dabei mag ich es und habe in dieser Zeit, während ich diese Kampagne geleitet habe, auch immer wieder auf Cons oder Oneshots versucht, auch als Spieler Fate zu spielen. Meine Erfahrungen dabei waren sehr unterschiedlich. Ich habe Gruppen erlebt, wo der Spielleiter mit maliziösem Lächeln vor den ziemlich passiven Spielern sitzt, abwartet und sagt: „Na los, ihr seid dran, wir spielen Fate!“ Das war dann eine Situation ähnlich wie bei der Wahl zum Elternbeirat. Ich habe Gruppen erlebt, da fühlte sich Fate fast so wie irgendein beliebiges klassisches Rollenspiel an. Und ich habe Fate erlebt, da ging es so dermaßen helterskelter gonzomäßig durchgeknallt her, dass uns die Fatepunkte nur so um die Ohren geflogen sind (an den mir namentlich unbekannten Spielleiter vom Hamster-Con 2015: Danke für dieses Erlebnis!).
Nun also meine alte Midgard-Runde. Wir haben uns bemüht. Und eine Weile sah es so aus, als seien wir auf einem guten Weg. Irgendwann aber sind die Spieler wieder bequem geworden und damit wurde das System zunehmend unbrauchbarer.
Ich will wenigstens den für meine Spieler wohl gravierendsten Hemmschuh beim Namen nennen: Aspekte.
Die goldene Regel von Fate heißt ja, zuerst kommt die Handlung, dann wird überlegt, mit welcher Regel sich das darstellen lässt. In dem Moment, wo eine Handlung aber sehr schwierig oder vielleicht sogar schon fehlgeschlagen ist, ist das Spiel schon einen Schritt weiter: ein Spieler muss sich jetzt überlegen, wie er den Karren noch aus dem Dreck bekommt... und das funktioniert bei Fate ja über Fatepunkte, Aspekte, Boni, Rerolls, u. ä. In aller Regel wird ein Fatepunkt ausgegeben und die Handlung irgendwie mit einem Aspekt verknüpft. Gerade Letzteres – das Anbinden eines Aspektes an das Ausgeben eines Fatepunktes – war für meine Spieler wohl nicht leicht.
Wenn es nur darum gegangen wäre Fate-Punkte auszugeben: Kein Problem!
Wenn es nur darum gegangen wäre, IRGENDETWAS mit den Aspekten anzustellen: Auch das hätte noch funktioniert.
Wenn es aber um einen Reroll oder einen Bonus geht und mit den Aspekten NICHT IRGENDETWAS angestellt, sondern ETWAS GANZ BESTIMMTES getan werden soll, was es logisch erscheinen lässt, dass eine Handlung doch noch gelingt... das ist meinen Spielern sichtlich schwer gefallen. Er kam so weit, dass streckenweise lieber der Teamworkbonus eingesetzt wurde, als dass ein Vorteil erschaffen wurde, obwohl der Bonus dort oft nur halb so groß ist. Warum? Weil beim Vortel erschaffen wieder neue Aspekte entstehen. Auch wenn deren Einsatz dort in der Regel einmal frei ist... schon die Tatsache, dass noch mehr Aspekte auf den Tisch kommen, die die Kreativität der Spieler herausfordern, hat irgendwann ablehnende Reaktionen hervorgerufen. Beim Teamworkbonus muss man sich über Aspekte jedenfalls keine Gedanken machen!
Ich habe lange Spielabende einen Ortsaspekt nach dem anderen auf den Tisch gelegt... nur selten wurde mit diesen Aspekten irgendetwas angestellt. Gegen Ende bin auch ich bequemer geworden und habe auf die Ortsaspekte weitgehend verzichtet.
Für die Konsequenzen haben sich relativ bald ein paar Klischeebegriffe etabliert. Das war in Ordnung... allerdings sieht Kreativität in meinen Augen doch etwas anders aus.
Ich habe eine Weile nachgedacht, welche Ursachen dieses Aspekte-Problem in unserer Runde hat. Irgendwie hat das etwas mit Kreativität und Regeln zu tun. Meine Spieler sind selbstverständlich nicht unbedingt unkreativ. Kreativität wird aber wohl irgendwie mit einem Ausbrechen aus dem System verbunden. „Ich mache jetzt ´mal was völlig Verrücktes, und wenn der Spielleiter das durchwinkt, dann brauchen wir gar nicht mehr zu kämpfen.“ So etwa. Bei Fate schien mir ein Unwillen vorhanden zu sein, weil selbst bei den kreativen Momenten noch Regeln berücksichtigt werden sollen. Vielleicht beschreibe ich hier auch genau das, was an Kritik an Fate öfter mal zu lesen ist: zu viel Spiel findet auf der Metaebene statt. Ich weiß es nicht. Ich kann nur feststellen, dass meine Spieler sich zwar ein bisschen stärker als sonst ins Spiel eingebracht haben, dafür gab es aber auch immer mal wieder Momente, in denen das Gefühl der Lähmung entstand, weil man an einem Punkt angelangt war, an dem man kreativ sein musste. Kreativität auf Knopfdruck... das geht bei meinen Spielern nicht so gut.
Es gab noch ein paar andere Probleme und ich darf auf keinen Fall vergessen, dass es natürlich auch ein paar Dinge gab, die gut funktioniert haben. Ich fand es beispielsweise sehr wohltuend eigentlich kaum im Regelwerk blättern zu müssen. Außerdem habe ich die Runden immer nur von einem Treffen zum nächsten geplant. Ich war vielleicht noch nicht ganz so frei, wie sich das die Fate-Macher so vorgestellt haben, aber schon wesentlich befreiter, als bei unseren ollen Midgard-Kaufabenteuern. Aber so angenehm mein kleiner Kreativitätsschub für mich selbst war, die aktive Mitgestaltung der Spieler ist sicher noch ausbaufähig.
Der nächste Schritt ist ein Treffen, an dem wir nicht spielen, sondern uns nur erzählen, was uns gefallen hat und was nicht. Dann kommt mal wieder so ´ne Findungsphase.
Habt ihr einen Tipp, mit welchem System es in dieser Situation weitergehen könnte? Ich will auf gar keinen Fall wieder zurück zum alten Fantasy-Railroading-Klassiker, der in dieser Gruppe lange recht dominant war. Ich weiß aber auch noch nicht, was meine Spieler an Feedback liefern werden. Ich selbst liebäugele mit einer Gumshoe oder eine pbta-Runde (wobei ich Gumshoe schon einigermaßen kenne, pbta aber eigentlich noch nicht so richtig). Haltet ihr das für möglich?