Die Beispiele für Stories mit Identitäts-Thema sind alle enorm interessant. Mein Problem mit EP: Wenn Egocasts bereits als Reisemethode mehr oder weniger Routine sind, dann gäbe es im Verlauf eines normalen Szenarios so viele Punkte, an denen man sich über diese Identitätsprobleme den Kopf zerbrechen müsste, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass man noch dazu kommt, andere Elemente des Settings/des SC anzuspielen, wenn man das Thema halbwegs ernst nehmen will.
Klar. Das Setting beabsichtigt sicher nicht, dass jeder Egocast/Resleeve zu einer existenziellen Krise wird. Man spielt (Biokon-SCs mal ausgenommen) transhumans, für die all das zumindest in die Nähe von Routine rückt, wenngleich immer noch unangenehm und mit verdrängten Ängsten besetzt (Alienation/Continuity-Tests). So wie das Setting geschrieben ist, hatten die meisten transhumans ohnehin keine Wahl als während des Fall zu egocasten, d.h. die Frage "Egocasting: Ja oder Nein" steht AF10 natürlich nicht mehr im Mittelpunkt. Es geht stattdessen um die Implikationen dieser Spielwelt-Realität - und da wird es dann dunkel bis zynisch.
Wenn man seiner Runde/sich selbst nun aber den Zwang auferlegt, Egocasting immer (quasi aus der Biokon Perspektive) als existenzielle Bedrohung zu behandeln, spielt man gegen Eclipse Phase as written und kommt nicht mehr zum Rest des Settings. Dass das allerdings, wie du sagst, unbedingt notwendig ist, um dem Thema gerecht zu werden, es "halbwegs ernst [zu] nehmen", sehe ich nicht. Vielleicht verstehe ich dich da auch falsch.
Da hätte ich das Ego-Thema lieber gelegentlich und dann richtig im Spotlight, und das geht eben besser, wenn es in dem Setting nicht Common Sense ist, dass man dauernd castet, forkt und zu Backups zurückgeht. Es ist ja nicht gesagt, dass man in einem Setting, wo der Morph-Wechsel kritisch betrachtet und von den meisten nicht unbedingt als direktes Fortleben des eigenen Ich verstanden wird, deshalb niemals auf ein Backup zurückgehen oder Forken würde. Aber für die meisten wäre es halt keine leichtfertige Entscheidung, so was zu tun. Und wenn dann der gleiche (selbe?) SC vom Backup in einem Klonkörper zurückkehrt, gäbe es für ihn und die anderen SC halt zumindest den Anlass, sich zu fragen, ob er jetzt die selbe Person, die gleiche oder nur eine ähnliche ist. Das scheint mir bei EP halt nach der offiziellen Settingbeschreibung erst mal nicht so zu sein - da wäre es für die meisten ganz normal, davon auszugehen, dass die Kontinuität der anderen Person gewährleistet ist, auch, wenn ihr vielleicht zwei Wochen fehlen und sie in einem völlig anderem Körper auftritt.
Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, was du meinst bzw. sehe nicht, wie sich EP da groß von unterscheidet.
Bei deinem Backup Beispiel fragen sich die SCs vielleicht, ob Klaus in seinem neuen Körper auch noch der echte Klaus ist. Aber am Ende wird doch auch weitergespielt, solange Klaus nicht plötzlich diesen merkwürdigen Glanz in seinen Augen hat. Dasselbe Spotlight hast du bei EP, wenn ein Backup von Karla sich plötzlich an merkwürdige Dinge "erinnert" oder Heinz nach dem Merge mit einem Alpha-Fork "ganz komisch wird". Continuity als offizielles Szenario befasst sich sehr intensiv mit der Backup-Problematik und im Settingmaterial wird angeregt, gerade Forking zu problematisieren. Wenn man Aussagen von Jack Graham oder Adam Jury berücksichtigt, ist es eher die "Shadowrun in Space mit Savepoints"-Fraktion, die das Setting nicht so ausschöpft, wie es beabsichtigt ist. Das Ganze ist also aus meiner Sicht eine Frage der Umsetzung im Spiel und nicht grundlegender Setzungen des Settings. Deswegen habe ich ja auch gefragt, was die Leute in ihren EP Runden in praktischer Hinsicht aus den Themen machen (würden).
Ich stelle mir halt vor, dass man sich, wenn man diese Setting-Prämisse annimmt, im Spiel entweder in diesem Identitätskram verzettelt oder dann doch dabei landet, die Körper wirklich nur als Ausrüstung zu behandeln und die Implikationen des Forking, Morph-Wechsels und Backups wenn überhaupt viel seltener anspielt, als es durch das InGame-Geschehen eigentlich angezeigt wäre.
Ich würde das umdrehen und sagen: Morphs sind (verdammt teure!) Ausrüstung, Backups macht jeder, Forks jeder Dritte. Die (oftmals nicht schönen) Implikationen eines solchen Settings im Spiel umzusetzen (unter der Prämisse eines
roleplaying game of transhuman conspiracy and horror) ist die (auch regeltechnisch unterstützte) Aufgabe einer Eclipse Phase Runde [as written - wer das Ding anders spielen will, auch super].
Was du mit "durch das InGame Geschehen angezeigt" meinst, verstehe ich nicht. Wie gesagt, wenn ich einen Scum-Morphdesigner oder einen Oversight Auditor spiele, der nebenbei auch noch für Firewall arbeitet, zeigt mir das InGame Geschehen doch an, dass ich resleeven und forken sollte bis der Arzt kommt. Dass das Implikationen hat und nicht "Friede, Freude, Eierkuchen - wir leben in einer geilen transhumanen Zukunft und unsere Technologie ist auch ganz bestimmt nicht gefährlich oder so" herrscht, kann man, glaube ich, erwarten, wenn man EP gelesen hat.